Bogen der Maya

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LemanRuss
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Bogen der Maya

Beitrag von LemanRuss » 29.06.2016, 17:09

Hallo FCler.

Ich habe gestern mal wieder den Film "Apocalypto" gesehen. Dort wird bei den Maya auch ein Bogen verwendet. Daraufhin hab ich mal etwas im Google nachgeschaut und nicht wirklich was Informatives darüber erfahren. Die einen sagen die Maya hatten eigentlich kaum Bögen die anderen sagen nur zur Jagd usw.
Hat denn jemand Informationen über Quellen wo ich noch nachsehen könnte oder hat vielleicht selber schon einmal einen solchen Bogen gebaut. Im Film ist er nicht wirklich lange im Bild zu sehen.

MfG

LR
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Bogenhannes
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Re: Bogen der Maya

Beitrag von Bogenhannes » 29.06.2016, 18:25

Meinst Du jetzt einen Bogen, wie er von den Maya gebaut und benutzt wurde?
Dann würde ich an deiner Stelle eher im Bereich der Anthropologie über mittelamerikanische Bewaffnung und Jagdwaffen forschen.
Atlatl und Blasrohr ist auch oft verwendet worden.
Oder meinst Du speziell den Bogen aus dem Film?
Da könnte es sich eher um ethnographisch inspirierte Glasfaserbögen mit entsprechender Maske drauf handeln.
Du denkst doch hoffentlich nicht "Apocalypto" wäre eine Doku? ;D
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Bogenhannes
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Re: Bogen der Maya

Beitrag von Bogenhannes » 29.06.2016, 19:01

So hab mich auch etwas schlau gemacht ...erwarte aber nichts, was Du nicht ohne weiteres selbst bauen könntest:
alamy stock photo.jpg
Hier ist Design und Tiller gut zu erkennen ;-)
Lacandon Maya

Indians with bows and arrows (Cl. J. et G. Soustelle).jpg
Foto aus den Dreissigern 20.H. von Lacandon Maya

These pictures were taken between December 12, 2012 and December 17, 2012, in Palenque and Lacanja Chansayab, Mexico..jpg
Modernere Gerätschaft aus der Gegend ... und wohl auch den aktuellen Erfordernissen angepasster!
Lacandon Maya/Mexiko Chiapas

Guter Literaturtip ist:
Bogen, Pfeile, Köcher aus sechs Kontinenten: die Charles-E.-Grayson-Sammlung. Angela Hörnig Verlach.

Spezieller Tip aus dem Verzeichnis des obigen Buches: The bows and arrows of the lacandon maya. In: Archaeology 36 (I) S. 36-43

Die Realität ist bitter, aber gut :)

PS: Auch interessanter Tiller aus Papua Neu-Guinea (Meakambut)
Meakambut.jpg
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Re: Bogen der Maya

Beitrag von LemanRuss » 29.06.2016, 19:40

Hallo Bogenhannes.

Mich würde generell das Thema Bogen bei den Maya interressieren um eventuell mal einen Nachbau ins Auge zu fassen. Natürlich weiß ich nicht wie authentisch ein Bogen aus einem Hollywoodfilm überhaupt ist. Es kann ja auch sein das die sich mal richtig Mühe gegeben haben...würde aber gegen meine Erfahrungen sprechen.

MfG

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Re: Bogen der Maya

Beitrag von Arry » 30.06.2016, 15:25

Das Thema würde mich auch interessieren. Hatte neulich Gelegenheit, mir das Völkerkundemuseum in Mexiko-Stadt anzuschauen. Es war ein einziger Bogen oder Pfeil zu finden, nur steinerne Pfeilspitzen. Dann gab's noch ein Steinrelief eines Bündels von Pfeilen mit Steinspitzen.
Wenn ich groß bin, will ich ne richtige Werkstatt.

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Re: Bogen der Maya

Beitrag von Roby-Nie » 30.06.2016, 15:36

Arry hat geschrieben: Es war ein einziger Bogen oder Pfeil zu finden, nur steinerne Pfeilspitzen.

Ich kaufe ein "K", oder?
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Primitive95
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Re: Bogen der Maya

Beitrag von Primitive95 » 01.07.2016, 08:08

In der Bibel des traditionellen Bogenbaus Band 3, im Kapitel "Bogen aus aller Welt, ist der "südamerikanische Bogen" im allgemeinen Beschrieben.
Da das Holz sehr hart war, waren die Bögen, wegen des Bearbeitungsauffandes, sehr schmal.
Wegen der hohen Luftfeuchtigkeit hatten sie eine Standhöhe von nur 1" und der Auszug war nicht so hoch, obwohl die Bögen lang waren(78"). Wobei der effektive Auszug ja durch die niedrige Standhöhe erhöht wurde.
Die Pfeile waren oft über 1,20m lang und sehr schwer. Das Zuggewicht betrug maximal 50lb auf 25".
Grüße,
Joshua

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Re: Bogen der Maya

Beitrag von LemanRuss » 01.07.2016, 08:53

Danke Joshua.
Das würde ja ungefähr zum ersten Bild von Bogenhannes passen. Schade das ich die Bibel 3 nich hab, mal sehen vielleicht bekomm ich mal eine günstig im Netz. Ich hab auch noch etwas nachgeforscht bei den Olmeken, Azteken usw. waren die Bögen auch relativ kurz aber die Pfeile erschienen mir kürzer als 1,20m. Da sich die Kulturen ja gegenseitig beeinflußt haben, wie man zB. an den Obsidianschwertern sieht, wäre es ja auch möglich das sie zumindest teilweise relativ gleiche Bögen gebaut haben.
Zuletzt geändert von LemanRuss am 01.07.2016, 09:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Bogen der Maya

Beitrag von fatz » 01.07.2016, 09:05

Dass es keinen "südamerikanischen Bogen" per se gibt, kannst du ohne weiteres Nachdenken als gegeben annehmen. Dazu ist das Dorf dann doch ein bissl gross..... :-\
Haben ist besser als brauchen.

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Re: Bogen der Maya

Beitrag von Primitive95 » 01.07.2016, 11:49

Es geht genau um die Bögen der Bari, es steht aber da, dass man, aufgrund des Klimas und der Verwendung, davon ausgehen kann, dass alle im Südamerikanischen Regenwald verwendeten Bögen in etwa dieses Design gehabt haben müssen.
Da die Indianer ja bekanntermaßen keine Fiberglasbögen bauten, mussten die Bogen in einem solchen Klima lang sein und eine geringe Standhöhe besitzen, da die Luftfeuchtigkeit sonst zu extremem Set oder zum Bruch geführt hätte.
Schmal erklärt sich eben daraus, dass extrem hartes Holz mit Steinwerkzeug bearbeitet werden musste, und die Pfeile erklären sich durch die Affenjagd.
Was jetzt noch Variieren kann sind die genaue Länge (170cm oder 200cm wären beides eher lang), die genaue Breite (der abgebildete Bogen der Bari ist am griff 3cm breit) und das Zuggewicht.
Beim Bogen der Bari läuft die Bogensehne auch noch auf dem Bogenrücken zurück zum Griff, was man vermutlich nicht als generelles Disign ansehen kann.
Jetzt hat man anhand eines Beispiels eine ungefähre Ahnung wie so ein Bogen in diesem Klima aussehen kann, und kann sich ja denken, dass sie keine sehnenbelegten Kurzbögen gebaut haben.
Ich denke also durchaus auch, dass sich einige Rückschlüsse auf die Bögen anderer Stämme machen lassen, zumal sich überall auf der Welt immer wieder gezeigt hat, dass Bogendesigns sich innerhalb einer Region sehr stark geähnelt haben (Asiatische Steppe: kurze Komposit-Recurve-Bögen; Mittel- und Nordeuropa: mittellange bis lange Selfbows; nordamerikanische Ostküste: lange Flachbögen; sibirische und amerikanische Inuit: Bögen aus was halt verfügbar war mit Kabelbacking ).

Grüße,
Joshua

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Re: Bogen der Maya

Beitrag von LemanRuss » 01.07.2016, 13:45

Also sind die Bögen ca. 200 cm lang, ca 3 cm stark am Griff. Bleibt die Frage nach dem Tiller der sieht zB. Im ersten Bild nach nem asynchronen Bogen aus. Der Querschnitt könnte rund oder eckig sein und zu guter letzt bleibt natürlich noch die Frage welches Holz verwendet wurde...oder was man für den Nachbau als Ersatz nehmen könnte...usw. ???

MfG

LR
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Re: Bogen der Maya

Beitrag von Primitive95 » 01.07.2016, 13:52

Die Bari verwendeten einen ovalen Querschnitt (3,0x1,6cm) und "sehr dichtes Palmholz".
Grüße,
Joshua

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Re: Bogen der Maya

Beitrag von Snake-Jo » 01.07.2016, 16:12

Primitive95 hat geschrieben:Da die Indianer ja bekanntermaßen keine Fiberglasbögen bauten, mussten die Bogen in einem solchen Klima lang sein und eine geringe Standhöhe besitzen, da die Luftfeuchtigkeit sonst zu extremem Set oder zum Bruch geführt hätte.
Schmal erklärt sich eben daraus, dass extrem hartes Holz mit Steinwerkzeug bearbeitet werden musste, und die Pfeile erklären sich durch die Affenjagd.
Grüße,
Joshua


Das ist nicht schlüssig: Auch bei hoher Luftfeuchtigkeit wird Holz irgendwann trocken, sonst könnte man ja auch nie ein gutes Feuer anmachen. Die Bruchneigung bei langem Auszug ist eher auf die verwendeten Holzqualitäten zurückzuführen. Die Affenjagd erklärt keine Pfeile! ::) ??? Was ist mit Vogeljagd oder Jagd auf die großen Fischarten?

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Re: Bogen der Maya

Beitrag von Bogenhannes » 01.07.2016, 19:59

Es gibt hunderte verschiedene Ausführungen, genauso wie es hunderte verschiedene Völker, aber auch Bogenbauer gibt!
Die Lacandon hatten wahrscheinlich ebenso wie alle anderen Völker auf der Welt einen Jagdbogen und einen Warbow.
Das im ersten Bild wird wohl eher die Jagdausführung sein und die War-Ausführung ist gegen MG ausgetauscht worden.

Ich bezweifele, dass es DEN Bogentyp von EINEM bestimmten Volk gibt.
Bogen-Typen sind eher nach Erfordernissen der Umwelt und der Benutzungsweise entstanden.
Im feuchten Dschungel baut man Bögen dann halt so, wie diese "Südamerika-Bögen" aussehen.
Wahrscheinlich sehen Bögen aus Peru ganz anders aus, als einer aus Argentinien.
Türkischer Flight sieht anders aus, als panzerbrechender ELB.

Am Ende kommt es auf den Bogenbauer und die Erfordernisse des Bogens an, wie der Bogen aussieht.

Übrigens von wegen Feuchte ... Ist Euch eigentlich aufgefallen, dass der Lacandon auf dem ersten Foto mit seinem Bogen in einem Wasserfall posiert? ;D Der Pfeil ist krumm, der Bogen vom Oppa... und jetzt nass, egal
Aber für den Touri mach ichs besonders eindrucksvoll.
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Re: Bogen der Maya

Beitrag von Primitive95 » 01.07.2016, 20:43

Die zur Affenjagd verwendeten Pfeile sind schwer und lang, damit sie nich so stark von den Ästen der Bäume abgelenkt werden, jedenfalls ist das die Theorie, die ich schön öffter gelesen und in Dokus gehört habe.
Auch die Bögen mit geringer Standhöhe werden normalerweise mit der Luftfeuchtigkeit erklärt. Das Holz soll laut Bibel des Traditionellen Bogenbaus jedenfalls hervorragend sein.
Das die Bögen auch innerhalb eines Volkes variieren habe ich nicht bestritten.
Aber das Grundsätzliche Design ist innerhalb einer Region meist sehr ähnlich. Wer mir einen Inuit zeigt, der aus dem Kayak mit einem englischen Langbogen Robben jagd, der überzeugt mich vom Gegenteil.
Aber gerade diese Variation innerhalb eines Bogentypus und einer Region zeigt ja auch, dass man sich nicht 100% an die historische Vorbilder halten muss (neulich wurde behauptet ein 170cm langer Bodman-Bogen wäre falsch, weil das Original nur 150cm lang war). Und gerade deshalb kann man diesen Bogen, der ja der einzige zu sein scheint über den wir hier genaue Infos bekommen können durchaus ein Ausgangspunkt ist um auf die Bögen der anderen Regenwald-Völker Südamerikas zu schließen.
Außerdem scheint das Design mit den anderen Bildern weitestgehen deckungsgleich zu sein.
Grüße Joshua

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