Haithabubogen - Nocken

Themen zum Bogenbau
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Haitha
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Haitha » 02.11.2020, 18:09

Aaaah, pardon! :)
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Dongelong
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Dongelong » 03.12.2020, 18:48

Die Haithabu Bogenenden spucken mir auch im Kopf herum. Ihr unbekannter Sinn und Zweck macht mich doppelt Neugierig. Ich habe gehofft dass dieser Thread ein Paar neue Ideeen bringt.
Jetzt tut sich aber hier schon länger nichts mehr und so muss ich doch mal meine eigene Theorie dazu Preis geben.
Ich habe mir folgendes zurechtgelegt.
Ein Bogen beschleunigt den Pfeil am schnellsten direkt nach dem Ablass. Um so weiter die Sehne Richtung Standhöhe kommt umso weniger Schub kann sie dem Pfeil mitgeben.
Könnten die Haithabu Bogenenden nicht nach dem Lösen etwas Energie "speichern" und eben noch nicht an Pfeil abgeben. Um dann zum Ende, vor Standhöhe, noch mehr Wumms zu haben um dem Pfeil dann noch eins mitzugeben!?

Der Haken an meiner Theorie ist, dass das ja für alle (zu)schweren Bogenenden gelten würde und ich mir selbst nicht vorstellen kann, daß es so zutrifft ;D.
Und wenn doch... Würde das überhaupt etwas bringen den Pfeil zum Ende hin ein bisschen mehr anzuschieben?
Ist vielleicht der Pfeil sowieso schon so schnell dass gar nicht mehr besonders viel Kraft nötig ist um ihn weiter zu beschleunigen?
Fragen über Fragen.... Daß diese Enden nur dem Design wegen so gemacht wurden glaube ich nicht und bin deshalb auf der Suche nach dem Vorteil der zu diesem Detail geführt hat.

Bin gespannt weiteres hier zu lesen.

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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von fatz » 03.12.2020, 18:57

Dongelong hat geschrieben:
03.12.2020, 18:48
Könnten die Haithabu Bogenenden nicht nach dem Lösen etwas Energie "speichern" und eben noch nicht an Pfeil abgeben.
Jawohl, das koennen sie und das machen sie auch ganz von allein
Um dann zum Ende, vor Standhöhe, noch mehr Wumms zu haben um dem Pfeil dann noch eins mitzugeben!?
Das machen sie leider, wie alle schweren Bogenenden, nicht. Man kann sie auch nicht dazu ueberreden :-\
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Roby-Nie » 03.12.2020, 19:04

Dongelong hat geschrieben:
03.12.2020, 18:48
Ein Bogen beschleunigt den Pfeil am schnellsten direkt nach dem Ablass. Um so weiter die Sehne Richtung Standhöhe kommt umso weniger Schub kann sie dem Pfeil mitgeben.
Sicher?
Die meistens Bögen haben relativ lineare Auszugkurven.
Oft wird doch sogar die Standhöhe reduziert um den Pfeil noch schneller zu machen.
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Dongelong
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Dongelong » 04.12.2020, 16:40

@ fatz
Die Energie die in der Masse der Bogenenden gespeichert ist geht ja nicht verloren. Die muss ja auch noch irgendwo hin z. B. In den Handschock. Ich glaube aber das sich Handschock durch schwerere Pfeile verringert. Liegt da vielleicht ein Vorteil verborgen?
Ich hab keine Ahnung ob die Herren Wikinger besonders schwere Pfeile verschossen haben, aber schwerer als unsere heutzutage waren sie auf jeden Fall allein schon durch die Spitzen. Dann war das Thema Handschock vielleicht nicht mehr so gravierend.

@ Roby-Nie
Ich meine nicht direkt die Kraft die man anhand einer gleichmäßigen Auszugskurve sieht. Ich dachte eher an den "Kraftaufwand" und Sehnenwinkel.... Ich versuchs mal zu erklären.
IMG_20201204_160251.jpg
Der Kreis im Bild ist eine volle Wasserflasche. Die Sehne liegt auf dem Tisch. Wenn ich jetzt die Sehne in Pfeilrichting auseinander ziehe rutscht die Flasche auf mich zu.
In der Ausgangsposition im Bild unten muss ich sehr viel kräftiger ziehen um die Flasche zu bewegen oder schaffe es vielleicht auch gar nicht.
Da würde mir ein Plus an Kraft das beim auseinanderziehen hilft zugute kommen. Eben die "gespeicherte" Energie die die Bogenenden zu Anfang geschluckt haben.

Ich hoffe das ist verständlich was ich versuche hier zusammenzudenken ;)

Gruß
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von fatz » 04.12.2020, 19:21

Red's dir ned schoen, was mal an Energie in die Nocken gesteckt hast kriegst erst beim Handschock wieder raus. Da isses aber zu spaet und der Pfeil schon weg. Verlohren geht Energie natuerlich nicht, das weiss ich als Physiker auch....

Und ja, die Beschleunigung ist anfangs am groessten (ausser du hast so einen Fahradrahmenbogen). Da ist naemlich auch die Kraft am groessten (siehe Auszugskurve) und da Beschleunigung die Kraft geteilt durch die Masse ist....
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Ravenheart » 07.12.2020, 14:14

Oder simpler ausgedrückt:
Je schwerer eine Masse (hier: Bogenenden), desto mehr Energie benötigst Du, um sie zu beschleunigen.
Nach dem zweiten newtonschen Gesetz ist Kraft = Masse x Beschleunigung.

Bei gleichbleibender Kraft (Zuggewicht des Bogens) bedeutet das schlicht, dass bei steigender Masse die Beschleunigung im gleichen Verhältnis abnehmen MUSS!

Und was die Endphase der Bewegung angeht:
Richtig, eine einmal beschleunigte Masse lässt sich natürlich schwerer abbremsen.
Ein Energie-GEWINN kann sich daraus aber nicht ergeben.
Der Gesamt-Schubweg wird zwar tatsächlich etwas länger (die Wurfarme schwingen weiter nach vorne durch, ehe die Abbremsung so stark wird, dass der Pfeil die Sehne verlässt), aber da die Gesamt-Geschwindigkeit geringer bleibt (niedrigere Anfangsbeschleunigung!), ist die gesamt-Bilanz dennoch negativ.

(Wo sollte die zusätzliche Energie auch her kommen?)

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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Dongelong » 08.12.2020, 20:36

Ok. Danke das ihr meine Theorie durchleutet habt. Wie geschrieben, Ich hatte selbst Zeifel!
@Rabe
Ich hatte auch nicht an eine Energiegewinn gedacht. Ich dachte an ein Verschieben der Energie "Ausbeute" vom Anfang (Lösen) zum Ende (Standhöhe) hin.
Da war ich auf dem Holzweg.

Wie Fatz sagt kriegt man die Energie nichtmehr aus den Nocken raus!
Da ist mir mein Denkfehler klar geworden. Die "übrige" Energie aus den Nocken kann gar nicht mehr in den Pfeil,
weil die Sehne die Wurfarme stoppt, der Pfeil die Sehne verlässt und erst dann die Energie frei wird und durch den Handschock verpufft.

Bleibt für mich immer noch die Frage nach dem Warum dieser Bogenenden?
Irgendeinen Grund muss es doch dafür geben?
Niemand sonst eine Idee?

Gruß
Dongelong
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von fatz » 08.12.2020, 20:43

Dongelong hat geschrieben:
08.12.2020, 20:36
Warum dieser Bogenenden?
Irgendeinen Grund muss es doch dafür geben?
Nein muss es nicht. Es reicht wenn's nicht zu offensichtlich schadet
Haben ist besser als brauchen.

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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Kemoauc » 08.12.2020, 22:15

Schmuck.... ;) war zu der Zeit halt angesagt,wie ein Arschgeweih. Mehr nicht. ;)
Grüßle,
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Bowster » 09.12.2020, 08:10

Dongelong hat geschrieben:
08.12.2020, 20:36
Ok. Danke das ihr meine Theorie durchleutet habt. Wie geschrieben, Ich hatte selbst Zeifel!
@Rabe
Ich hatte auch nicht an eine Energiegewinn gedacht. Ich dachte an ein Verschieben der Energie "Ausbeute" vom Anfang (Lösen) zum Ende (Standhöhe) hin.
Da war ich auf dem Holzweg.

Wie Fatz sagt kriegt man die Energie nichtmehr aus den Nocken raus!
Da ist mir mein Denkfehler klar geworden. Die "übrige" Energie aus den Nocken kann gar nicht mehr in den Pfeil,
weil die Sehne die Wurfarme stoppt, der Pfeil die Sehne verlässt und erst dann die Energie frei wird und durch den Handschock verpufft.

Bleibt für mich immer noch die Frage nach dem Warum dieser Bogenenden?
Irgendeinen Grund muss es doch dafür geben?
Niemand sonst eine Idee?

Gruß
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von schnabelkanne » 09.12.2020, 10:13

@ Dongelong Mach doch ein paar Versuche und bau die Dinger mal nach mit und ohne den Nocken und dann mach ein paar Tests ob du einen Unterschied feststellen kannst.(Experimentuelle Bogenkunde oder so)
Lg Thomas
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Ravenheart » 09.12.2020, 10:19

Ich glaube, das wird überbewertet!

Schaut man sich alle gefundenen Bogen aus dem Kulturraum / der Zeit der Wikinger an, stellt man fest, dass nur ein kleiner Teil davon diese Enden hatte. Und selbst der Anteil im Verhältnis zum Rest (ohne) kann Zufall sein, indem z.B. zufällig die Bogen aus DER Gegend, wo das üblich war, sich besonders häufig erhalten haben... warum auch immer...

Als "Stilmerkmal" hat sich das in unseren Köpfen ja auch deshalb festgesetzt, weil es ein gut erkennbares Unterscheidungsmerkmal ist. Das muss aber noch lange nicht bedeuten, dass es zu der Zeit ein generelles "Konzept" war!

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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Dongelong » 09.12.2020, 13:24

@ Schnabelkanne
Ich glaub da sind keine Experimente nötig.
Und nach meiner Vermutung bin ich auch von richtig schwere Pfeile ausgegangen.
Aber wer will heutzutage schon schwere Pfeile schießen.... Durchschlagskraft steht bei mir nicht auf der Wunschliste.
Da wären mir Experimentalbögen zu viel arbeit.

Zu Mode der Nocken, tja wenns nur Deko war - fänd ichs schade.

Gruß
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Re: Haithabubogen - Nocken

Beitrag von Ravenheart » 09.12.2020, 16:52

Also ich stelle mir das ja so vor, dass der Stab des ersten derartigen Bogens am Ende nur DESHALB wieder breiter wurde, weil er jeweils kurz unterhalb eines Astes abgesägt war. Und Andere, die das dann als Vorbild genommen haben, haben es einfach so nachgebaut - nach dem Motto: "Irgend nen Sinn wird's schon haben"....
Für so ein eher Zufallsprodukt spricht, dass es aus der selben zeit / Region auch LB ohne die "Keulen" - sonst aber baugleich - gibt...

Rabe

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