Klinge bricht - mein Herz

Hier kommt alles rein, was in irgendeiner Form mit der Herstellung von Messern zu tun hat.
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Bognhansl
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Bognhansl » 03.11.2013, 08:44

Das ist ziemlich sicher ein Härteriss. Ursache ist entweder das verspätete Anlassen, und der Riss ist in der Zeit nach dem Härten entstanden, oder vor dem Härten wurden die Bearbeitungsspuren und scharfen Kanten nicht ausreichend verrundet, denn daraus können Härterisse entstehen.
Zum Anlassen würde ich nochmal die Fritteuse empfehlen. Die gehen oft bis 190° und durch die größere thermische Masse des Frittierfetts gibts da keine so großen Schwankungen wie im Backofen. Oder man stellt eine Büchse mit (Raps-)Öl oder Frittierfett, in der sich die anzulassende Klinge befindet, in den Backofen. Das sollte bei 190-210° rauchfrei über die Bühne gehen. ;D

Gruß
Hans

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Wilfrid (✝)
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Wilfrid (✝) » 03.11.2013, 08:45

Schönes Foto von "so nicht"
Das Teil hat 2 Anrisse, wobei der an der Scheide der tödliche war, vom Raspeln, Feilen etc, ein sogenannter Dauer oder Schwingungsbruch. Der am Rücken stammt noch direkt vom Abschrecken und hat seine Ursache in nem Schmiedefehler.
Das Flattern beim Griff machen hat der Klinge nur den Rest gegeben.
Wirklich angelassen war die Klinge auch nicht ...

Nach dem Schmieden so ein Teil einfach warm machen und ins kalte Wasser schmeißen ist kein Härten, nur Abschrecken. Huch, sagt so´n härtbarer Stahl und alles zieht sich zusammen, dabei zerreißts ihn....
Warum man bei nem Schnitzmesser o.ä. unbedingt 60 + HRC als Härte haben will, entzieht sich meinem Verständnis, 50-55 reichen vollkommen. Stumpf wird so ein Messer ja auf jedenfall, und was man an Zeit beim öfteren Nachschärfen verliert, verliert man nach der doppelten Zeit, wenn das harte Teil stumpf geworden ist, mindestens. Wenn man so ein hartes Teil überhaupt wieder scharf kriegt. Solche Härten mit allen tricks der Spannungsarmut etc in eine Stahl gelogen, lohnen nur, wenn man Baustahl schnitzen will
Ansonsten, ein krummes, stumpfes Messer kann man gerade machen und schärfen, ein gebrochenes ist endgültig hin

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Robinie Jörg
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Robinie Jörg » 03.11.2013, 10:52

Es wird mir eine Lehre sein!!

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shokunin
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von shokunin » 03.11.2013, 13:04

Ach, Käsequatsch ;)
Das passiert halt :-\

Niemand hat die Temperatur so genau im Griff - besonders bei Tageslicht. Und niemand kann wirklich sagen ob der erste Riss beim Härten oder nicht evtl schon beim Schmieden passiert ist. (Nach dem Härten denke ich eher nicht wegen der Farbe - soweit würde ich mich hier schon aus dem Fenster lehnen.) Aber diese kleinen Teilchen werden halt schnell mal zu heiss oder verlieren auch gern mal zu schnell die Wärme. Im Silberstahl besteht ein "Übrschuss" an C - es können ja nur 0.8% permanent gelöst bleiben - der Rest lagert sich als Zementit an den Korngrenzen ab. Erhitzt man so einen Stahl oft und lässt ihn wieder abkühlen dann wird er brüchig. Wenn man dann einmal ein paar Sekunden zu spät doch noch mal dauf haut, anstatt ihn wieder ins Feuer zu stecken... dann hat man es oft schon geschafft... :-[
Brutales Abschrecken kann auch ein Grund sein - kann ich mir hier aber nicht vorstellen - nicht bei dem Querschnitt und man hätte da auch ein Verziehen feststellen müssen.

Naja, ist nun ja auch nur von akademischen Interesse... es passiert halt. :'(
und wenn's so leicht ginge dann hätte es ja auch keinen Reiz.


Was die RC Härte von Schnitzmessern angeht...
Hier ein paar derer die gewerblich angeboten werden:
Pfeil - 59-61RC
Stubai 58-60RC
Masui (jp) 62RC
Mora/Frosts 61RC
Hock 62RC
Sabatier 62RC

@Wilfrid
klar, mit 50RC kann man auch schnitzen. Und wenn Du gern so arbeitest dann alles Gute damit.
Kannst Du aber einen Hersteller nennen der seine Schnitzmesser mit 50-55RC liefert?
Man kann beim besten Willen nicht sagen eine Härte von 60+RC sei falsch ober unsinning.
Ganz Japan und so ziemlich alles was ich hier angeboten sehe arbeitet mit Härten um 60RC - und es scheint ihnen zu taugen.
Mir taugt es auch sehr gut - auch wenn es ja immer nur "gefühlte 60+RC" sind. Messen oder die Härte so genau kontrollieren kann es hier ja sowieso keiner.

Ich hab' hier aber Dutzende Werkzeug (Meissel, Stichel, Punzen, Presswerkzeuge,...) aus Silberstahl mit denen ich z.T schon seit Jahrzehnten arbeite. Ich hab' auch Pfeilspitzen daraus die man problemlos frontal in eine Eisenplatte schiessen kann - hab' ich an anderer Stelle auch schon gezeigt. Ich hab' weder Probleme beim Schärfen, noch wegen Brüchigkeit.
Für mich ist Silberstahl unter 58RC einfach verschwendet - was brauche ich Vanadium und 1,2%C bei 50RC. Da gibt es Stähle die einfacher zu bearbeiten sind.
Silberstahl ist kein leichter Stahl zum Schmieden - und auch nicht zu Härten. Alles ab ca 0.9%C wird schwierig.
Wenn man aber schon mal einen Stahl mit 1,2%C und V hat, dann macht es absolut Sinn die Möglichkeiten dieses Stahles auch aus zu nutzen. Man muss mit dem Ding ja dann nicht gerade Nägel aus dem Holz pulen.
Für Härten um 60RC bis 62-63 ist der Stahl optimal. Funktioniert auch gut für Drehwerkzeuge wo Querbelastungen und Rattern vorkommen - man muss die Geometrie halt drauf abstimmen, das ist alles.

Gruss,
Mark
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Wilfrid (✝) » 03.11.2013, 13:28

Shokunin, Du hast ja recht ....
Für Meißel, Stichel, Punzen etc ist das auch ganz bestimmt der richtige Werkstoff, bei Stecheisen wirds dann problematischer und ein Gebrauchsmesser zum Spitzen aus dem Baum pröckeln wird aus Silberstahl selten was ...
Hier sind ja denn auch keine Fachleute am Werk, sondern Hobbyisten ....
Abgesehen davon, beim Freiformschmieden ist grau die Theorie ...

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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Galighenna » 04.11.2013, 16:53

Der Trick dabei ist, wie schon angesprochen, dass das Messer nicht warm genug angelassen wurde. Die 2h waren durchaus okay, aber die 190°C nicht. Da warst du sicher noch ganz deutlich über 60HRC.
Eine Temperatur um 230°C wurde ja schon empfohlen. Ich sehe das auch so. Für gröberes Schnitzen könnte man vll auch bis 250°C gehen um vll bei etwa 58-59HRC raus zu kommen.

Das ist zwar immer nur Pi mal Holzauge, aber 190°C sehe ich klar als zu kalt an.
Übel übel sprach der Dübel,
als er elegant und entspannt
in der harten Wand verschwand

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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Bognhansl » 05.11.2013, 07:29

shokunin hat geschrieben:Brutales Abschrecken kann auch ein Grund sein - kann ich mir hier aber nicht vorstellen - nicht bei dem Querschnitt und man hätte da auch ein Verziehen feststellen müssen.


Das Datenblatt für 1.2210 (115CrV3) beim Abrams-Stahlhandel sagt zum Härten: Unter Ø15mm in Öl abschrecken. Könnte also schon zu schroff gewesen sein.

Gruß
Hansl

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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von shokunin » 05.11.2013, 15:59

Ja, kann schon sein...

Dass der Riss in Balatus' Klinge am Wahrscheinlichsten beim Härten entstand steht, glaube ich, ausser Frage. Was es aber im Detail genau war, oder ob er nicht doch evtl schon beim Schmieden passiert ist, kann nur ein Hellseher sagen denke ich.
Und ich kann mir eben z.B. nicht vorstellen, dass die Klinge unkontrolliert ins Wasser geworfen wurde...
Das meinte ich hier mit "brutalem Abschrecken".
Und ich härte auch immer in Wasser - auch kleine Teile, weil ich für vieles was ich mache eine extreme Härte brauche (Gravierwerkzeug für Metall z.B.). Ich habe eigentlich keine Probleme damit. Wasser oder Öl als Härtemedium ist meiner Erfahrung nach nicht soooo kritisch bei Silberstahl.
Mir hat es mal einen ganzen Schwung Teile zerrissen - alle gedreht, poliert, aus fabrikfrischem Material und 20-25mm Durchmesser. Da hätte laut Datenblatt in Wasser nix sein dürfen und doch hat es ein paar zerrissen während Gravierstichel mit 3mm Querschnitt eigentlich immer stand halten...

Prinzipiell hast Du aber absolut Recht.
Härten in Öl ist eigentlich immer sicherer und ist zu bevorzugen wenn man sich seiner Sache nicht absolut sicher ist. Wäre hier sicher auch gut gewesen.

Gruss,
Mark
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Robinie Jörg » 05.11.2013, 21:50

Die Klinge würde auf dem 3. SBBT von mir geschmiedet und gehärtet.

Ich härte Silberstahl schon immer in Wasser, mit unter hab ich auch aus diesem Grund Silberstahl gewählt weil ich kein Öl mitschleppen wollte und keine Umweltverschmutung verursachen wollte wenn was daneben geht.

Ein Anlassen vor Ort im Backofen war nicht möglich. ( Es war kein Backofen da)

Wie schon geschrieben kann nur ein Hellseher die genaue Ursache herrausfinden. Vielleicht liegt der Fehler auch bei mir ?!

Werde auf dem 4. SBBT für Ersatz sorgen ;)

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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Neugier » 05.11.2013, 22:06

Wer nichts macht macht nichts falsch.
Wer sich rührt macht auch mal Fehler.
Also ich glaube die Sache ist jetzt abgehakt.
Lasst uns nach vorne schauen.
Grüße
Matthias

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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Robinie Jörg » 05.11.2013, 22:13

So sehe ich das auch Matthias

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Balatus
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Balatus » 06.11.2013, 20:42

Neugier hat geschrieben:Wer nichts macht macht nichts falsch.
Wer sich rührt macht auch mal Fehler.


Da das Rühren Spaß macht nehme ich jeden Fehler den ich mache gerne in Kauf (tat aber trotzdem weh, das Herz).
Ich freue mich jedenfalls auf das nächste Treffen mit Jörg und die sicherlich interessante Nachbereitung/Inspektion dieses kleinen Risses ;)

Balatus

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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Neugier » 06.11.2013, 22:47

Du siehst das schon richtig.
Matthias

Rainer_K
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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Rainer_K » 06.02.2014, 23:22

hallo,
ich habe gerade mal nach einem Anlassdiagramm für Silberstahl gestöbert.
Bei 190°C hat sich da noch nichts getan, demnach müsste eine Anlasstemperatur von ca. 300°C gewählt werden, um eine Resthärte von 58HrC zu erhalten.
Ich lege mal die Daten bei

Rainer
Dateianhänge
12210.pdf
Werkstoffkennwerte und Anlassdiagramm für Silberstahl
(70.06 KiB) 80-mal heruntergeladen

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Re: Klinge bricht - mein Herz

Beitrag von Bognhansl » 07.02.2014, 07:42

Obacht, 300° ist schon kornblumenblaue Anlassfarbe. Da besteht die Gefahr von sog. Blaubruch. Ich würd den Bereich zwischen dunkelbraun und hellblau meiden. Das "Warum" muss ich erst suchen, das war irgenwas mit Kornvergröberung, glaub ich.

Gruß
Hans

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