Messerbau aus Rentiergeweih

Hier kommt alles rein, was in irgendeiner Form mit der Herstellung von Messern zu tun hat.
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Rado
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Rado » 09.11.2014, 00:32

Aceton finde ich ja eben nicht mehr im Baumarkt.
Meine letzte Flasche hatte ich von POCO und die haben wohl irgendwo Restbestände aufgekauft.
Ein ´Bauhaus´ ist bei mir direkt in der Nähe aber gib dort mal Aceton in die Suche ein. Nüscht.
Auch nicht bei Toom und nicht bei Obi. Hornbach hat noch welches und wer weiß wie lange.
Ich habe gestern nach meiner nervigen Erfahrung ein bißchen im Netz rumgeschaut. Und da stand irgendwo auf einer Chemikerseite dass eben Wasserstoffperoxid zusammen mit Aceton und einer dritten Flüssigkeit, die ich hier nicht nennen will, damals in der londoner U-Bahn benutzt wurde. (Damit mein Anfangspost etwas klarer wird)
Jetzt stell Dir vor ich marschiere zur nächsten Apotheke und frage nach beidem. :o 8)
Und man wird halt entweder für zu dumm oder pauschal für gemeingefährlich gehalten.
Es sind Standardsachen im Messerbau und bis vor kurzem überall erhältlich, seit Jahrzehnten ohne Probleme in Gebrauch.
Und diese "Ich beschütz Dich bis zur Überlebensunfähigkeit" Mentalität in der Gesellschaft geht mir so dermaßen auf den Zeiger.
Bogenschiessen ist auch potenziell gefährlich und 15 lbs sollten doch für jeden reichen... >:)

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shokunin
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von shokunin » 09.11.2014, 08:16

Ich stimme Dir da zu…
Es gibt Dutzende derartige Allerwelts-Produkte, die aus dem Handel verschwunden sind und nur noch an Gewerbetreibende abgegeben werden können.
Irgendwie nervt das...

Ich denke das liegt alles am Internet,… früher musste man selbst auf dumme Ideen kommen, und war dann auch für seinen Unfug verantwortlich. Heute verbreiten sich jedermanns gesammelte dumme Ideen sekundenschnell rund um die Welt und es gibt eben immer wieder unbedarfte Leute die dann irgendwas lesen und einfach machen… und wer ist dann verantwortlich…? Das bleibt dann bei uns hier z.B. am Händler hängen - wieso haben sie dem Herrn Rado 30% H2O2 überhaupt verkauf wenn er doch gar nicht ausgebildet ist damit zu arbeiten…?
Warum ist Borax z.B. in diese Produktkategorie gerutscht…? Weil eben das Netz voll ist mit Rezepten und Empfehlungen was man damit alles “traditionell” und in der guten alten Zeit und bla bla bla… von Waschmittel bis Holzschutz, Rasierwasser oder auch für die Küche. Stand vor 20 Jahren in unserem chinesischen Supermarkt in London in 1kg Gebinden auf dem Regal…
Das Problem ist, gewisse Leute lesen, dass irgendwas “traditionell" als weiss-ich-was benutzt wurde und meinen es muss, weil es ja “traditionell” ist, besser und sicherer sein als all die “Chemie” die man heute verkauft...
Die Leute muss man mitunter wirklich vor sich selbst schützen.

Das gesagt, bei 10% halte ich moderates Erwärmen nicht für ein Problem. Meine Empfehlung für Knochen usw war ja auch Erwärmen z.B. im Weck-Glas im Wasserbad auf 60-70 Grad …wenn man denn meint man muss… eigentlich braucht es das ja auch nicht.

Aber den Hinweis jetzt nicht 3 Liter 30% H2O2 auf die Herdplatte zu stellen und mal ‘nen Nachmittag lang richtig ein zu heizen muss man aber heute, und gerade im Netz, wohl etl schon dazu geben…
Raketentreibstoff wird man so schnell nicht draus kochen, denke ich, aber die Konzentration kann sich erhöhen - und H2O2 ist ein ohnehin schon sehr starkes Oxidationsmittel und reagiert bei 100° C eben ca 200 mal schneller als bei 20° C…

Da hat Neumi natürlich auch recht mit seiner Warnung… bei unsachgemässem Gebrauch kann Wasserstoffperoxid richtig gefährlich sein.
Wir hatten dieses Gespräch hier ja vor Kurzem im Zusammenhang mit selbst gemachten Beizen. Da wollt’ ich jetzt nicht wieder mit dem erhobenen Zeigefinger kommen, aber klar, H2O2 ist Raketentreibstoff und in 30%er Potenz verursacht es in Sekunden sehr schmerzhafte Verätzungen. Mit dem Zeug ist nicht zu spassen. Sichern des Arbeitsbereiches hatte ich ja scherzhaft am Rande erwähnt, aber es versteht sich von selbst, dass da Vorsicht, Schutzbekleidung, gute Lüftung usw angesagt sind.
Und bei 30% H2O2 wäre ich mit Erwärmen auch vorsichtig und wild herumexperimentieren braucht man mit dem Zeug natürlich sowieso nicht (hab’ ich zwar als Kind… kann man aber nicht mal mit eigenem Schutzengel wirklich empfehlen :-\ ).

Gruss,
Mark
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Rado » 09.11.2014, 10:53

Ja und von mir aus sollen grundsätzlich Sicherheitsbelehrungen beim Verkauf stattfinden. Aber danach liegt die Verantwortung beim Käufer und ich möchte sie mir nicht aus angeblich gutem Willen wegnehmen lassen.

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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Radon » 09.11.2014, 13:10

Hallo Leute,
Ursprünglich wurde ja gefragt welche Methoden es gibt um Geweih zu bleichen.
Hat mich auf die Idee gebracht mal wieder in "Antlerknife" von Ulf Avander zu schmökern.
Er lehnt chemische Methoden ab, da die ein "unnatürliches, tot aussehendes" Ergebnis bringen.
Stattdessen schlägt er vor Geweih in Sonne und/oder Schnee liegen zu lassen.
Um zusätzlich zu bleichen schmeißt er das Geweih für ein Jahr in einen Bach.
Sicherlich nicht für jeden praktikabel aber es wurde nach Methoden gefragt ;-)
Gruß
Stefan

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Rado
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Rado » 09.11.2014, 13:27

Sehr willkommen.
Das wird auch in Bo Bergmans Schwedenmesser-Buch erwähnt.
Dann wiederum steht bei den Pflegehinweisen hier: http://www2.mehr-als-werkzeug.de/content/produktinfo/material_geweih/material_geweih.html
"Nicht zu lange trockener Hitze (Scheinwerfer, Sonne) aussetzen." und auch "Nie in die Spülmaschine".
Wasserstoffbleichen wird seit langer Zeit von Tierpräparatoren angewendet und daher denke ich dass es die professionellste und sicherlich effektivste Lösung wäre.

Aber ich wüsste zu gern was dieser Satz in der Beschreibung des Bleichens genau bedeuten soll?:
"Dabei werden die trockenen Knochen mit Wasserstoffperoxid behandelt (bepinselt oder mit Watte beträufelt). Bei dieser Arbeit muss darauf geachtet werden, dass kein Wasserstoff auf das Geweih oder Gehörn kommt." ???

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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von bulletknives » 09.11.2014, 13:54

Na weil dann die braune Farbe vom Geweiht abgeht. Die ist ja nicht von Anfang an drauf sondern bildet sich bedingt durch viele Einflüsse quasi wie eine Pathina. Pflanzensäfte beim Fegen z. B.
Gruß aus der Schmiede

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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Rado » 09.11.2014, 14:10

Ich verstand das so dass man das Material vor ausgasendem Wasserstoff (aus dem Wasserstoffperoxid) abschirmen soll und fragte mich wie das in der Praxis aussieht.
Und die braune Aussenschicht bekommt man damit wohl angeblich nicht weiss(laut eines Beitrags in einem Präparatorenforum und SnakeJoes Aussage hier). Wäre mir auch egal, denn die werden in Form gefeilt und geschliffen. Die äussere Schicht geht bei allen vier geplanten Messern runter. Was ich bei dem einen Geschenkmesser so gut es eben geht entfernen wollte, sind die Flecken die ich für Schäden von Witterungseinflüssen halte.

Ein weiterer Verwendungszweck könnte der sein: Ich brauche drei Rosen für die Knäufe meiner Saamimesser. And dem Geweih sind eh nur zwei dran und zudem hat ein Schlaumeier Schrauben durch diese gejagt um es an einem Brett zu befestigen.
Ich werde wohl letztendlich drei Rosen von verschiedenen Tieren an den Messern haben und entsprechende Farbunterschiede.
Vielleicht wird es auch noch nützlich sein da ein bisschen Harmonie reinzubleichen.

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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von shokunin » 09.11.2014, 14:51

Bei Einwirkung von Sonnenlicht auf Wasser entsteht auch Wasserstoffperoxid.

Das ist der Grund wieso Haare z.B. beim Badeurlaub heller werden - starke Sonne auf nassem Haar... O0
Der selbe Effekt entsteht wenn man Knochen, Geweih usw in die Sonne legt... durch Regen und Sonne bildet sich Wasserstoffperoxid und das Material wird gebleicht.
Natürlich wirken in der Natur auch noch Mikroben und andere Verwitterungsprozesse, das Bleichen ist aber eben da auch eigentlich mit Peroxid...

Bei Baden in Wasserstoffperoxidlösung passiert also nix viel Anderes als in der Sonne - nur halt schneller.
Ich hatte ja geschrieben: ...an einem sonnigen Plätzchen ziehen lassen... weil eben die Sonne hilft (auch wegen Wärme) und das eigentlich der natürliche Prozess ist.


Gruss,
Mark
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Roby-Nie » 09.11.2014, 18:07

@rado,
nur der Richtigkeit halber:
Bei Wasserstoffperoxid wird nie Wasserstoff ausgasen (mal ganz abgesehen davon, dass Wasserstoff Horn und oder Knochen nicht angreifen würde). Das Wasserstoffperoxid zersetzt sich in Wasser und Sauerstoff. Der entstehende Sauerstoff bleicht dann das zu bleichende Gut.
Gruß
Roby
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Balatus
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Balatus » 09.11.2014, 18:55

Nur zur Info,

die Sättigungsgrenze für Wasserstoffperoxid in Wasser ist, theatralische Pause... ~33%.

Zum Desinfizieren reichen 3% locker aus, 10% ist schon deutlich stärker als das Zeug mit dem man Warzen auflöst. Ich kenne nur wenige chemische Reaktionen, die wirklich eine Konzentartion höcher 15% brauchen.
Alle oxi-Scheuermittel werden wahrscheinlich zum Bleichen ausreichen. Von Chlorbleich die Finger lassen (gibt es eh nicht mehr zu kaufen)

Gruß

Balatus

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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Roby-Nie » 09.11.2014, 19:12

Nur der Richtigkeit halber:
Wasserstoffperoxid ist mit Wasser in jeden Verhältnis mischbar ;)
Ja, die Chemiker wieder ...
Roby
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Stoeckchendepp
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Stoeckchendepp » 09.11.2014, 20:01

Sorry, ich muss jetzt mal Partei für die Deppen der Nation - die Apotheker - ergreifen! Diese Spielverderber sind gemäß aktueller Rechtssprechung voll verantwortlich für jeden Mist und Unfall, der mit bei ihnen gekauften Chemikalien passiert. Es sei denn, der Erwerber konnte sich vorher als sachkundig ausweisen. Dazu kommt, dass für Apotheker scheinbar ein Haufen Gesetze gelten, die für alle anderen Menschen in diesem Land nicht gelten. Beispiel?

Aceton: Das ist nicht nur ein super Fettlösemittel, sondern wird auch gerne als Lösemittel bei organischen Synthesen und Aufreinigungsprozessen verwendet. Hier sei mal "Drogenherstellung" erwähnt. Außerdem bildet Aceton hochexplosive Gemische mit Luft, was auf Grund der sehr geringen Siedetemperatur verdammt schnell geschieht. Aceton unterliegt dem Grundstoffüberwachungsgesetz, auch GÜG genannt, Kategorie 3. Nun ist erst eine Handelsmenge ab 50kg "strafwürdig", aber ich gehe jede Wette, dass es die Apotheker hart treffen wird, wenn irgendein Pseudochemiker in 50 Apotheken jeweils 1kg erwirbt, und dann anschließend damit z.B. nen Bahnhof anzündet.

Diethylether: siehe Aceton, bloß schon ab 20kg. Ether ist zu dem auch noch einschläfernd bei passender Exposition in der Atemluft.

H2O2 30%: Auch Wasserstoffperoxid 30% unterliegt meines Wissens nach in der Zwischenzeit dem GÜG, weil irgend ein Idiot mal versucht hat, mit größeren Mengen einen Bahnhof in die Luft zu sprengen. Seit dem handeln auch Baumärkte nicht mehr damit - wie mit allem, was dem GÜG unterliegt oder was bei Abgabe in ein Gefahrstoffbuch eingetragen werden müsse. (z.B. Reinstoffe der ehemaligen Kategarie T und T+). Sowas kostet nämlich Aufwand, Zeit, geschulte Mitarbeiter und damit GELD. Son Baumarkt will aber Geld verdienen und nicht ausgeben.

Mal ein paar Beispiele aus meiner täglichen Arbeitspraxis gefällig?
- 1 Liter konzentrierte Phosphorsäure (96%) zum Cola machen. Im Verlaufe eines längeren Gesprächs kam dann raus, dass damit ein Brunnen desinfiziert werden sollte.
- Salzsäure 99% für Lötarbeiten. HCl kann man unter Normalbedingungen nur auf max. 36% bringen, und dann raucht sie schon und ist schweinegefährlich.
- 5kg Kaliumnitrat (auch "Salpeter" genannt) für ein Experiment, der Chemielehrer schickt uns, sagten die zwei ca. 14-Jährigen.
- Bariumchlorid (hochgiftig) zum Einfärben der Kaminflammen. [Hier sei erwähnt, dass ein Kamin wohl kaum die erforderlichen 2000°C erreicht, die eine solche Flammenfärbung erfordert. Und auch, dass Holz als Brennstoff viel zu viel "Natriumflamme" produziert, um überhaupt was grünes erkennen zu können.]
- Kaliumpermanganat in kristalliner Form, weil man damit so toll violett malen kann. KMnO4 zersetzt sich zu Braunstein, auch unter längerer Lichteinwirkung. Im passenden Lösungsmittel und auf passendem Maluntergrund hat man auch noch gute Chancen auf einen brandheißen Kunsterfolg.
Die Liste läßt sich locker fortsetzten.

Ja, ich bin so ein Apotheker-Spielverderber. Und wenn mir jemand erklärt, H2O2 setzt Wasserstoff frei, zeigt er mir - dafür, dass ich für seine anschließenden Unfälle verantwortlich sein soll - nicht genug chemisches Grundwissen zum Verkauf. Hierzu muss man wissen, dass eine Apotheke bei Chemikalien keinen "Belieferungszwang" hat wie z.B. bei Rezepten. Ganz im Gegenteil - ICH BIN VOLL VERANTWORTLICH!

So, und nun noch mal zu H2O2: Wasserstoffperoxid zerfällt in Wasser und ein freies Sauerstoff-Radikal - ein Atom mit einem ungepaarten, freien Elektron. Wenn letzteres keinen anderen Partner findet, sucht es sich ein zweites und sie verbinden sich zu einen Sauerstoffmolekül (unter Wärmeentwicklung). Ansonsten ist es eines der effektivsten Oxidationsmittel überhaupt, worauf ja auch die Bleichwirkung zurückzuführen ist. Blöder Weise zersetzt sich (auch stabilisiertes) H2O2 unter Wärmeeinwirkung spontan und explosionsartig. Der dabei frei werdende Sauerstoff dient dann in Zweifelsfall bei der Wärmequelle als weitere Sauerstoff-Zuführung, so dass ein eventueller Brand BESCHLEUNIGT wird. Bei der explosionsartigen Freisetzung werden Flüssigkeitsspritzer im ganzen Raum verteilt, und diese verätzen dann gerne Dinge wie Wandvorhänge, Haustiere und Augen unkonzentrierter Hobbychemiker. Mindestens alle zwei Jahre warnt die Apothekenkammer vor der Abgabe von H2O2 30%, da es immer wieder zu Explosionen der Lagerungsgefäße aufgrund unsachgerechter Lagerung sowie Nichtvorhandensein eines Druckausgleichsventils an der Flasche (ja, solch Deckel gibt es wirklich!) kommt. Die Stabilisierung hat halt auch ihre Grenzen.

Und als allerletztes: Ich war ja nicht dabei gewesen, aber wie man in den Wald rein ruft, so schallt es auch oft heraus. Wer mir die Welt und meine "Pflichten" erklärt, und das auch noch hahnebüchen falsch, dem zeige ich halt auch die kalte Schulter. Wir Apotheker sind IMMER die Bösen. Aber wenn jemand weder das GÜG, noch die GefStoffV oder die ChemVerbotsV kennt, und nicht mal weiß, wie viel Macht in H2O2 steckt - damit kann man ganze U-Boote betreiben! -der wird bei mir auch auf Granit beißen. Und mehr Tipps als in meiner ersten Antwort kann ich dazu nicht geben, nur dies: Wenn man eine schlüssige "Bedienungsanleitung" dabei hat, zeigt man zumindest schon mal, dass man sich mit dem Unsinn ne Weile auseinander gesetzt hat, und nicht völlig ahnungslos in das Experiment geht. So ein Vorgehen wirkt durchaus wie ein Katalysator.

Und noch ne Anekdote zum Schluss: Ich wollte mal 100g einer Fotochemikalie bei SigmaAldrich kaufen (via Apotheke), die nicht mal unter das Gefahrstoffrecht fällt. Meine Sachkenntnis reichte so weit, dass man mir vorschlug, ich solle erst mal eine notariell beglaubigte Verwendungserklärung einreichen, dann würde man über meine Bestellung nachdenken.

Sorry, das mußte jetzt mal raus. Ich bitte alle Kunden und Hobbychemiker in meinem Namen und im Namen aller Apotheker um Verzeihung, dass wir unseren Job erst nehmen.

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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Rado » 09.11.2014, 20:16

Ja, der in dem zitierten Satz verwendete Begriff ´Wasserstoff´ statt des vollständigen Wortes hatte mich verwirrt. Sollte man bei Anleitungen für solche Chemikalien auch nicht machen sondern präzise bleiben, finde ich. Ist aber jetzt geklärt.
Danke.
Und zur Konzentration: Die Profis benutzen das 30%ige und das wird wohl seine Gründe haben.
Wenn irgendwie möglich, hätte ich gern dieses. Die Klingen werden auch ´echt und scharf´ sein. Und ich werde damit entsprechend vorsichtig umgehen. ;)

@Stöckchendepp: Jede Belehrung und Anleitung zum Gebrauch hätte ich mir gerne angehört. Mich dürstet es geradezu danach zu erfahren wie es professionell und mit allen Sichherheitsaspekten gemacht wird. Ich sagte ihm wofür ich es brauche und wie ich es anzuwneden gedenke(Anleitung aus einem Präparatorenforum). Es kam nur "Mehr als 10%iges kann ich ihnen nicht verkaufen."
Und sorry, da komme ich als Kunde nicht umhin zu denken: "Freund, dann sauf Dein Zeug doch. Ich gehe zur Konkurrenz und werde es mir schon irgendwie beschaffen. Nur dann halt nicht bei Dir."

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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Stoeckchendepp » 09.11.2014, 20:29

@Rado:
Wenn ich gerade etwas heftig reagiert habe, möchte ich um Entschuldigung bitten. Bloß ich kann es einfach nicht mehr hören, dass mir einerseits die Politik vorwirft (und im Zweifelsfall auch der Staatsanwalt), dass ich einen (bzw. DEN) unwissenden Endverbraucher nicht genug vor sich selbst beschütze, und andererseits alle Menschen dieses Landes bevormunde... Vielleicht hat der fragliche Kollege einfach die Faxen dicke, weil er schon zu viel Mist erlebt hat. Vielleicht hat er auch das letzte Schreiben der Kammer zu diesem Thema zu erst genommen, wo das so ziemlich im gleichen Wortlaut drinne stand. In so einem Fall -> siehe meine allererste Antwort in diesem Fred.

Ich selber halte es so, dass ich die Abgabe "nach Bauch" entscheide, vorausgesetzt ich tangiere nicht Gesetzte wie das GÜG. Und mein Bauch sagt mir meist ziemlich gut nach 2 oder 3 dummen Fragen, wer da halbwegs weiß, was er macht, und wer nicht. Ich selber wurde aber auch schon schief angeschaut, als ich vor 10 Jahren 10ml 30% H2O2 haben wollte in einer Apotheke, weil im Urlaubsdomizil die Liebste-meine immer vollgesaugte Mücken an der Wand breit schlug, und ich die dicken roten Flecken entfernen wollte vor Zimmerrückgabe... ;D

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Rado
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Re: Rentiergeweih bleichen. Welche Methoden gibt es.

Beitrag von Rado » 09.11.2014, 20:42

Kein Problem. Ich bin da toleranter als es die Moderation erlaubt. Ehrlichkeit ist mir lieber als Heuchelei und wenn Dir in einem emotionalen Moment danach ist mich ein A.loch zu nennen, dann tue dies. Ich bin nicht nachtragend. ;D
Ob ich das Zeug wohl bei Dir erwerben dürfte? Kleinstmenge von 100ml reicht mir schon.(Hoffe ich. Im schlimmsten Fall werde ich alle vier Messergriffe einmal Behandeln)
Was ich bisher in Erfahrung bringen konnte war die Anwendung mittels Taschentüchern und diese dann vorsichtig beträufeln und anschließend gut abspülen. Gummihandschuhe, Augenschutz und im Freien arbeiten. Für jedes weitere Wissen bin ich dankbar.

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