Messer aus Latene- Schlacke

Hier kommt alles rein, was in irgendeiner Form mit der Herstellung von Messern zu tun hat.
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Wicheler
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Messer aus Latene- Schlacke

Beitrag von Wicheler » 30.12.2016, 21:05

Hallo,

vor vielen Jahren (40/45 Jahren?) haben wir mal mit einem Archäologen zusammen einen Rennofen aus der Latene- Zeit (450 vor Chr.) ausgegraben. Damals hab ich mir einige Schlacken, die noch ziemlich schwer waren, als Erinnerung mitgenommen.
Die hab ich jetzt mal , ganz profesionell mit so einem Leitungssuchgerät, getestet. Das leitungssuchgerät zeigte auf jeden Fall Metall an. Da ich schon immer mal aus den Schlacken etwas "dengeln" wollte, hab ich mal einen Versuch gestartet, das Eisen auszuschmelzen. Die Schlackenstücke hab ich dann so gut es ging zerschlagen, mit einem Magnet alles magnetische heraus gesucht, händisch dann noch alles "schwere" und hab das alles in ein rundrum verschlossenes "Lehmgefäß" eingeschlossen. Das Ganze habe ich dann im Schmiedefeuer, für meine Begriffe, heiß genug erhitzt. Nachdem ich die Lehmkugel zerschlagen habe (ich dachte, die wäre hart gebrannt, war aber sehr "bröselig") hatte ich immer noch meine Schlackenstücke.
Also das ganze Spiel von vorn, aber jetzt ein Feuer auf der Feldschmiede, da wurde mir langsam richtig Angst, mit der Kohle hätte ich die Wohnung 2 Tage heizen können..... Meine Lehmkugel mit der Schlacke war weißglühend, schmerzte schon fast in den Augen.
.......und nach dem zerschlagen (wieder recht "bröselig") hatte ich wirklich einen geschmolzenen Eisenklumpen. Gerade soviel, das ich ein Messerchen schmiede konnte.
Da natürlich alles nicht so funktionierte, wie ich mir das vorgestellt hatte, hab ich natürlich auch keine Bilder gemacht. War ja auch ein ganzer Tag rumprobieren und rumbasteln, egal, hat aber Spaß gemacht!
Eben hab ich dann mal den "Rohling" nach dem Ausschmieden und Feilen, ja, wirklich Feilen, nicht mit Maschinenkraft schleifen, photographiert.

K640_Latene.JPG


Muß ich jetzt noch ein wenig polieren und dann Härten und Anlassen. Irgendwann hab ich mal ein Rehgehörn gefunden, das wird wohl der Griff werden.

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Haitha
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Re: Messer aus Latene- Schlacke

Beitrag von Haitha » 30.12.2016, 22:01

Schöne Entstehungsgeschichte, Bilder vom Prozess wären klasse, wenn du welche hast.

Gruß

H
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Re: Messer aus Latene- Schlacke

Beitrag von eddytwobows » 30.12.2016, 22:53

Schließe mich Haitha´s Meinung an, eine entsprechende lückenlose Bilderdokumentation wäre extrem klasse gewesen... :)

Das gute Stück wäre dann fast schon so gut wie Unbezahlbar und zu recht und ohne weiteres mit dem Atribut
"Authentischer ist nur noch ein Originalfund" versehbar...!! :) :)

LG
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Re: Messer aus Latene- Schlacke

Beitrag von killerkarpfen » 30.12.2016, 23:14

interessante sehr schöne Arbeit.

Meinst Du das wird etwas mit dem Härten?
Eisen aus dem Rennfeuer hat eigentlich keinen Kohlenstoff und ist nach herkömmlichen Verfahren mit abschrecken nicht härtbar.

Mit dem Glühen entspannt sich aber die Oberflächenvergütung, die "Schmiedefasern" entspannen sich und das Eisen wird weich.

Versuch macht kluch ;) wird mich interessieren ob es etwas gebracht hat
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Re: Messer aus Latene- Schlacke

Beitrag von reni.n » 30.12.2016, 23:23

Wow.
Cooles Projekt. Kann mich nur anschließen, dass Bilder klasse wären. Aber auch so schon toll.

LG Verena
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Re: Messer aus Latene- Schlacke

Beitrag von Wicheler » 30.12.2016, 23:55

Hallo,

das Ganze hat ja noch eine kleine Vorgeschichte, ist halt ein Langzeitprojekt. Ich hab letztes Jahr angefangen, einen "Minirennofen" zu bauen. Der war aber erst 30cm hoch. Also noch ein altes Ton- Drainagerohr draufgesetzt, schön mit Lehm eingeschmiert und einen Tag mit immer wieder ganz kleinen Feuerchen getrocknet. Dann mit Holzkohle gefüllt, angezündet und meine Schlackenstücke versucht, einzuschmelzen. Der hat aber, auch mit Gasbrennerunterstützung, nicht funktioniert. Die Gasflamme hat scheinbar der Holzkohle den Sauerstoff entzogen, also wurde die Temperatur nicht erhöht.
Da ich mal irgendwo etwas von Tiegelstahl gelesen hab, der versuch mit den Schlacken, eingeschlossen in einem Lehmball. Der Lehm ist auf jeden Fall so heiß geworden, das er außen glasig wurde. Die "Ausbeute" war ein Stückchen Metall, Menge, vielleicht ein gutes, halbes Schnapsgläschen voll. Gerade genug für ein kleines Messerchen.
Ob sich das Metall härten läßt, keine Ahnung. Mir geht es einfach nur drum, dieses uralte Metall zu verarbeiten und etwas Einmaliges zu haben. Zum Schärfen gehe ich dann mal mit einer feinen Feile drüber, dann merke ich ja, ob es härter geworden ist. Die richtige Schärfe mach ich dann mit meinem Lansky.
Ich hab im 3-2-1 mal einen Jagdnicker, einen total verrosteten Bodenfund, ersteigert, so soll das Messerchen mal aussehen. Die grobe Form ist soweit da, aber ich denke mal, alle "Katschen" bekomme ich nicht mehr rauspoliert.

K640_Latene2.JPG

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Re: Messer aus Latene- Schlacke

Beitrag von schnabelkanne » 31.12.2016, 06:31

Servus, bin auch der Meinung interssantes Projekt.
Hab auch mal bei einer Übung Expermimentelle Archäolgie in einem Rennofen Eisen verhütet.
Nach ca. 25 Säcken Grillkohle gemischt mit Erz ist ein kleines Stück Eisen übriggeblieben (Eisensau).
An den Bierverbrauch kann ich mich nicht mehr erinnern.

Kann mir vorstellen wie anstregend es war, aus der Schlacke genug Eisen zu gewinnen.
lg Thomas
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Re: Messer aus Latene- Schlacke

Beitrag von fatz » 31.12.2016, 09:06

killerkarpfen hat geschrieben:Eisen aus dem Rennfeuer hat eigentlich keinen Kohlenstoff und ist nach herkömmlichen Verfahren mit abschrecken nicht härtbar.

Das was er da gemacht hat ist ja kein Rennofen. Das ist Tiegelstahl (insofern ist's damit auch nicht authentisch ;) ). WIeviel Kohlenstoff da drin ist kann man anscheinend durch Zugabe von Kohle zum Ausgangsmaterial bestimmen. Zumindest hab ich das mal so gehoert oder gelesen.
Noch eine Frage zum Rennofen: Wenn da kein C drin ist, wie kriegen die Japaner dann ihre Katanas gehaertet. Das Ausgansmaterial ist auch ausm Rennofen.
Haben ist besser als brauchen.

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Re: Messer aus Latene- Schlacke

Beitrag von eddytwobows » 31.12.2016, 09:40

Aus- u. Einschmieden, Aufkohlen, Verschiedene Stücke unterschiedlichen C Gehaltes Feuerverschweißen / verschmieden (wilder Damast z.B.), gegebenenfalls wieder alles ein-/ zusammenschmelzen, wieder Aus-Einschmieden, Aufkohlen, usw. usft. ... :)

Deswegen u.a. hat es ja in damaligen Zeiten so extrem lange gebraucht,
bis ein entsprechend qualitativ hochwertiges Schwert fertig war...Und dann natürlich auch einen entspr. Preis hatten... :)

Außer natürlich man hatte rel. unbegrenzten Zugriff auf bereits ohnehin sehr hochwertige Roherze
mit entspr. hohen C Gehalten und anderweitigen Veredelungs-Anteilen an Nickel etc. Metallen...
Das "Ferrum Noricum" möge hier als Paradebeispiel dienen...

Dann hat´s möglicherweise nicht ganz so lange gedauert...

LG
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Re: Messer aus Latene- Schlacke

Beitrag von killerkarpfen » 31.12.2016, 10:09

Jep, um Kohlenstoff ins Eisen zu bringen muss man auch Kohle in den Tiegel geben. Davon hat Wicheler nichts erwähnt. Steinkohle enthält auch Schwefel also besser Koks oder Holzkohle. Bei genügend Hitze und Luftabschluss bildet sich freies Kohlenmonoxyd das sich im flüssigen Eisen löst. erst dann erhält man härtbaren Stahl. (so eine Abfolge von Austernit, Zementit und Martensit)

Man kann auch Kohlenstaub auf den Amboss streuen und darauf das Eisen schmieden. So erhält man Einsatzstahl. An der Oberfläche Diffundiert auch etwas Kohlenstoff ins Eisen. Durch falten, Damaszenerstahl werden die Schichten mit Kohlenstoff in den Kern eingearbeitet.

Es ist bekannt, dass die meisten der Messer und Schwerter damals eben nicht hart waren. In den beiden Links ist die frühe Eisen und Stahlherstellung sehr gut beschrieben

http://www.tf.uni-kiel.de/matwis/amat/mw1_ge/kap_4/advanced/t4_1_1.html#Magie

http://www.tf.uni-kiel.de/matwis/amat/mw1_ge/kap_4/advanced/t4_1_3.html

Frohes neues Jahr
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Re: Messer aus Latene- Schlacke

Beitrag von Wicheler » 31.12.2016, 11:10

Hallo,

scheint ja ein interessantes Thema zu sein. Deshalb schreibe ich den Vorgang mal genau auf.

Rennofen, die wurden im mit Holzkohle betrieben und lieferten schmiedebares Eisen. Ich habe verschiedene Berichte über Rennofenreisen gelesen, da wurde das "teigige" Eisen noch glühend in eine erste Form gebracht und durch verdichten die restliche Schlacke ausgetrieben.

Mein "Minirennofen" ist scheinbar zu klein. Ich hatte den mit normaler Grillholzkohle angeheizt. Allerdings sind 10cm Durchmesser zu klein, es kam kein richtiger "Zug" nach oben auf. Das lag vielleicht auch an der zu feinen Kohle und der fehlenden Höhe.

Die Schlackenstücke waren so "streichholz- bis zigarettenpackungsgroß" und wiesen kleine Eisenklümpchen auf. Das wird Eisen gewesen sein, das nicht bis ganz nach unten gekommen ist. Nachdem das Schmelzen im Rennofen nicht nicht funktionierte, hab ich die Schlacken ziemlich klein zerschlagen und das Eisen möglichst vollständig rausgesucht. Da war auch eine Menge "Gries" dabei, der an einem Magneten haften blieb. Ich wollte eben nichts verschwenden, hatte ja nicht viel. Da wird auch noch ein Teil Holzkohle angehaftet sein, hat vielleicht gereicht.
Manchmal ersetzt der Zufall vielleicht fehlendes Wissen oder schlechte Vorbereitung......

Ich wollte mit dem Rennofen einfach mal versuchen, Eisen aus Erzstücken zu schmelzen, schließlich leb ich hart an der Grenze zum Siegerland, hier findet man immer noch Erzstücke an der Oberfläche. Hab solch einen Rennofen mal auf einem Messertreffen in Betrieb gesehen, das ist schon faszinierend!

Das Messer sollte auch nicht historisch korrekt geschmiedet werden, ich wollte nur das Eisen der Schlacke verarbeiten, die Schlacken lagen schon so lange im Keller und wurden langsam immer weniger......und ein Messer aus einem solchen Metall mit "Vergangenheit" das hat doch was.

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Ilmarinen
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Re: Messer aus Latene- Schlacke

Beitrag von Ilmarinen » 31.12.2016, 12:20

fatz hat geschrieben:
killerkarpfen hat geschrieben:Noch eine Frage zum Rennofen: Wenn da kein C drin ist, wie kriegen die Japaner dann ihre Katanas gehaertet. Das Ausgansmaterial ist auch ausm Rennofen.

Die Aussage, dass in dem Eisen aus dem Rennofen kein Kohlenstoff enthalten ist, stimmt so pauschal nicht.
Der C-Gehalt hängt von verschiedenen Komponenten während des Verhüttungsprozesses hab. Vor allem das Verhältnis an eingebrachter Luft.

Es kann sogar vorkommen, dass beim Rennofen Gusseisen entsteht, das hat einen "zu" hohen C-Gehalt und ist auch nicht schmiedbar. Bei den Tatara-Öfen der Japaner entsteht Eisen mit unterschiedlichem C-Gehalt. In den Randschichten ist viel Kohlenstoff. Der erfahrene Schmied erkennt den Kohlenstoffgehalt der Bruchstücke und "mischt" die entsprechend.

Grüße

Jörg
„Der archimedische Punkt, von dem aus ich an meinem Ort die Welt bewegen kann,
ist die Wandlung meiner selbst.“ Martin Buber

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Re: Messer aus Latene- Schlacke

Beitrag von Wicheler » 31.12.2016, 18:23

Hallo,

das Härten hat leider keine gute Härte ergeben. Ich habe vorher an der Angel mit einer Schlüsselfeile einige Probestriche gemacht. Nach dem Härten in Öl (hab das eingebrannte Öl vorher mit Schmirgel entfernt) meint man, die Feile hat ein wenig weniger "pack- an". Das Anlassen hab ich mir dann gespart, soll ja kein Gebrauchsmesser werden.
Damit ich das Messer beim Polieren besser halten kann, hab ich schon mal den Griff montiert. Ich hatte noch ein kleines Rehgehörn.

K640_Latene3.JPG


Liegt eigentlich ganz gut in der Hand, der kleine Finger paßt genau in die Gabel. Weil das Gehörn etwas trocken aussah, liegt schon länger im Keller, hab ich es mit einem Gemisch von Bienenwachs, Harz von Nadelbäumen und etwas Distelöl (macht das Gemisch streichfähig) eingerieben.
Ich denk mal, ich hab das obige Muster ganz gut getroffen. So eine Zierhülse, die oft zwischen Messer und Griff sitzt, fand ich irgendwie unpassend, ich mag es eigentlich eher schlicht und einfach.

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Bausch & Bogen
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Re: Messer aus Latene- Schlacke

Beitrag von Bausch & Bogen » 31.12.2016, 20:01

Moin,
die "Zierhülse" nennt sich Zwinge.
Soll verhindern, daß der Griff an der Stelle mit dem größten Hebel einreisst, oder beim Stechen durch die konische Angel gespalten wird . Haben eigendlich alle Steckangeln, vom Beitel bis zum Kochmesser.
Die gute Nachricht, wenn die Belastung hinreichend klein und das Griffmaterial ausreichend stabil ist, klappts trotzdem.
Ich lass sie gelegendlich auch weg. Bis jetzt ist noch alles heil und manchmal siehts ohne wirklich besser aus :D

Nicker und naturbelassene Geweihe sind eher nicht so meins, da fehlen mir wohl die bayrischen Gene :'( , aber handwerklich und gestalterisch überzeugend O0 .
Eine sauber polierte Wate wäre evtl ein schöner Kontrast zum Klingenfinish, btw hast Du mal über Ätzen nachgedacht? Wenn der Stahl noch genug inhomogen ist, könnt das hübsch aussehen.

Danke fürs Zeigen,
Christian
Die Geschichte lehrt die Menschen, daß die Geschichte die Menschen nichts lehrt. (Gandhi)

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