Rüstung der alten Griechen

Fragen und Antworten zu Gewandungen.
Lord Bane
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 434
Registriert: 27.06.2006, 17:10

Rüstung der alten Griechen

Beitrag von Lord Bane » 07.12.2006, 23:12

Ich las gerade bei einer älteren Ausgabe von "Pax et Gaudium" (der Titel:"Waffen und Rüstungen") nach, wie Hopliten gepanzert waren. Da stieß ich auf den Begriff Leinenpanzer als Torsoschutz. Bei der Abbildung sah ich nicht so durch und machte mir nun folgende Gedanken zu dem "Leinenpanzer".
Da es noch keine Stärke gab (wird ja aus Kartoffeln hergestellt), können die diersen Leinenschichten nicht wirklich hart und stabil gewesen sein. Also stellte diese oftmals mit Metallplättchen versehene Rüstung wohl eine antike Form eines "Gambesons mit Metallnieten" dar. Allerdings wäre es sinnvoll, wenn man nebst 4 Schichten groben Leinens (Kartoffelsack) noch ein oder zwei Schichten Leinwand mit einnähen würde. Dazu noch Messingplättchen von 40x60 mm obendrauf und gut ist. Das ganze würde nur den Torso schützen, also 2 Teile mit 2 Riemen über der Schulter verbinden und dann an den Seiten zusammengeschnürt. Zusätzlich könnte man ja diverse Schienen als "Lendenschutz" auf einen Gürtel raufschieben mittels entsprechender Laschen (siehe Römer).
Wäre eine solche "Rüstung" auch denkbar für ein Volk wie die Alamannen? Und in wie weit wäre eine solche, nun ja, Bekleidung kampftauglich?
Ich bin Star Wars Fan. Der Name "Lord Bane" leitet sich von einem Lord der Sith ab, n?mich von "Darth Bane". Dieser F?hrte das "immer nur 1Meister-1Sch?ler-System" ein bei den Sith.

wedumir
Newbie
Newbie
Beiträge: 46
Registriert: 08.06.2006, 21:35

Beitrag von wedumir » 08.12.2006, 09:03

Wie kommst Du denn auf das schmale Brett, dass es mangels Kartoffeln keine Stärke gab?
Stärke findet sich in allen pflanzlichen Produkten und Getreidekörner bestehen zu über 90% daraus.

Sei's drum, ich glaube nicht, dass jemand einen Panzer mit Stärke härtet, die sich im Regen in Kleister verwandelt.

Ich gehe davon aus - wenn das mit dem "Leinenpanzer" kein Blödsinn ist, den der Artikelschreiber verzapft hat - dass diese Panzer wenn dann mit Leim gehärtet wurden.
Gr??e vom Waldschrat

thorstain
Full Member
Full Member
Beiträge: 199
Registriert: 18.05.2006, 16:24

RE: Rüstung der alten Griechen

Beitrag von thorstain » 08.12.2006, 10:53

@Lord Bane: "Grobes Leinen" (bis 10 Fäden / cm²) wurde früher so gut wie nicht hergestellt - dafür ist der Aufwand bei der Produktion an sich einfach schon zu hoch. Bei der Fertigung eines Leinenpanzers (gab's übrigens nicht nur bei den Griechen) ist davon mal abgesehen ein feines Leinen (d.h. >20 Fäden/cm²) wesentlich besser geeignet, weil in der Kombination stärker.
Die Alamannen - so wie wir sie kennen - gehören im übrigen eine ganz andere Zeit (römische Eisenzeit und nicht Bronzezeit, wie die griechischen Hopliten). Denkbar wäre eine solche Rüstung hier theoretisch aber praktisch wäre sie sinnlos, weil die alamannenzeitliche Waffentechnik eine ganz andere gewesen ist und das Klima die Effizienz der Panzerung verschlechter (siehe unten).

@Wedumir: Auch aus Stärke läßt sich Leim bzw. Kleister herstellen (wurde früher auch zum Tapezieren benutzt). Ist allerdings, wie Du schon bemerkt hast, nicht ganz so wasserfest wie einige andere Leime. Die meisten Naturleime sind allerdings nicht gerade übermäßig wasserfest (die Türken hatten vor Wien auch ihre lieben Probleme damit). Es kommt dann wohl eher auf das Klima an, in dem diese Leime benutzt werden. Ist das Klima etwas arider als unser mitteleuropäisches (wir haben den Golfstrom, der Feuchtigkeit und Wärme bringt und hier abkühlt und Niederschläge verursacht), dann sind die Probleme, die sich durch wasserlöslichen Leim ergeben auch wesentlich geringer. In Vorderasien würde eine auf Stärkeleim basiernde Härtung also durchaus einen Sinn ergeben (wenn man nicht gerade tagelang im Regen stehen muß). Besonders, wenn man bedenkt, daß die Herstellung von Stärkeleim wesentlich weniger aufwändig ist, wie die Herstellung von Glutinleimen und sich dadurch ein weich gewordener Panzer auch relativ leicht wieder verstärken ließe.

Benutzeravatar
shewolf
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2202
Registriert: 12.09.2003, 11:22

RE:

Beitrag von shewolf » 08.12.2006, 16:42

Original geschrieben von Wedumir

Ich gehe davon aus - wenn das mit dem "Leinenpanzer" kein Blödsinn ist, den der Artikelschreiber verzapft hat - dass diese Panzer wenn dann mit Leim gehärtet wurden.


Der Leinenpanzer 490 vor Chr. bestand aus 15 Schichten Leinen, versetzt gelegt mit Wachs gehärtet und in Form gepreßt.

Regen mußte die Ausrüstung nur selten aushalten - im feuchten Mittel- bzw. Nordeuropa könnte es Probleme mit Schimmel geben, wenn das Leinen nicht komplett mit Wachs versiegelt ist.

Wir wollten immer noch einen Schußtest machen, denn laut zeitgenössischen Geschichtsschreibern sollte dieser Leinenpanzer Schutz gegen die persischen Pfeile bieten... eine Aufgabe für den nächsten Urlaub in GR :)

Bild



Und was die Alemannen angeht: na ja, das war ja nun eine gaaanz andere Zeit und ein gaaanz anderer Ort... ob die Rüstungstechnik der Hopliten da wirklich hinpaßt?!? :o
Thoughts are magnetic -
you attract what you think about most.

Ahenobarbus
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 745
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Beitrag von Ahenobarbus » 08.12.2006, 17:40

Hallöle,
der besagte Körperschutz nennt sich Linothorax und bestand aus bis zu 25 Lagen Leinen, die verleimt waren. Dazu benutzte man Knochenleim. Ich hab 11-lagige Panzer gesehen, die waren extrem widerstandsfähig gegen Schwerthiebe. Mit den Pfeilen der damaligen Zeit kam man fast nicht durch. Allerdings sagt man von Alexander, dass er den Persischen Panzer (eine Art Seidengambeson) vorgezogen haben soll, da der Linothorax sehr unbequem und unflexibel war.

Der Lendenschutz der Römer ist ja nun ein etwas ..., sagen wir mal vorsichtig, komischer Ausspruch. Lord Bane, wo hast Du denn solche Römer rumlaufen sehen :bash :bash
Ich möchte mich ja nicht in Schulmeistereien hinsichtlich der Ausrüstung und der Bekleidung römischer Legionäre ergehen, aber "... diverse Schienen als "Lendenschutz" auf einen Gürtel raufschieben mittels entsprechender Laschen (siehe Römer)..." finde ich als Angehöriger der zivilisierten foederati der verhassten Besatzer schon putzig. Sieh Dir mal die Jungs in Natura an ... ;-)

Ahenobarbus

hugin
Full Member
Full Member
Beiträge: 199
Registriert: 01.06.2005, 22:08

Beitrag von hugin » 08.12.2006, 18:08

ja , nun ich auch noch was dazu absondern. Ich habe einen linothorax aus 20 schichten leinen mit hautleim hergegestellt und gepresst. beim anschließebnden beschießen mit einem 55 lbs reiterbogen aus 20 meter entfernung ergab sich folgendes ergebnis:Alle mittelalterlichen Spitzen (die gabs ja noch nicht) waren ziemliche versager, außer den nadelspitzen gings nichts annähernd durch.mit durch meine ich nicht tief in den panzer.
mit 3 verschiedenen 3 flügeligen originalskythen spitzen von 1,3 gramm gewicht und damit 20 gramm pfeilgesamtgewichtjedoch voller durchschlag, der ca 4 cm in der haut gesteckt hätte. das ist ja meist überlebbar.( das wäre auch eine zeitgemäße spitze gewesen) die frage daher: was hat man evtl druntergetragen zum ausbremsen der restenergie?
andersherum habe ich mit den skythenspitzen hinterher noch problemlos ein vernietetes kettenhemd durchschlagen.erstaunlicherweise sind die antiken (schwitz) bronzespitzen fast unversehrt geblieben. nur vorne die vorderste spitze leicht umgebogen, aber das kennt man auch von vielen funden bei treffer auf hartziele. Bild 1.u. 2. v. links und ganz rechts hab ich genommen.

Lord Bane
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 434
Registriert: 27.06.2006, 17:10

Beitrag von Lord Bane » 08.12.2006, 18:31

Ja...zur Erklärung erstmal meiner Ausdrucksweise.
Ich hatte den gleichen Text vorher meiner Freundin gemailt, die sich mit Waffen und Rüstungen nicht auskennt....da schrieb ich das halt so rein, dass sie das versteht.
Ich bin mir schon im Klaren, dass Alamannen und Hopliten rund 1000 Jahre Zeitdifferenz haben, aber eines lehrt uns die Geschichte doch immer: Es wurde das gemacht und gebaut, was nützlich erschien. Und alles wäre denkbar, solange die entsprechenden Kulturen über die Herstellungsmittel verfügten (auch wenn es nicht archäologisch nachgewiesen wurde).
Die Kelten bauten zu Beginn ja auch zum Teil ihre Wälle mit trockenen Lehmziegeln...war ja nicht so sehr geeignet. Und Handelskontakt gab es mit den Römern (von alamannischer Seite aus) mindestens seit Mitte des 3.Jhr. n.Chr.
Und über Hörensagen wurden Früher viele Dinge übermittelt. Und um eine solche Spekulation handelte es sich bei meinen Überlegungen....
Und das mit den "Laschen und dem Gürtel" war so gemeint, dass ich den Gürtel nicht primär für diesen Zweck nehmen wollte und daher gesagt hatte "mit Laschen zum Draufschieben". Und aus Leder habe ich (vom Aussehen nach dem Anziehen her) in Internetshops bei römischer Ausrüstung entdeckt (bin Lateinanfänger, da hatte man außer gladius noch nicht viel Vokabeln aus dieser Richtung).
Ich bin Star Wars Fan. Der Name "Lord Bane" leitet sich von einem Lord der Sith ab, n?mich von "Darth Bane". Dieser F?hrte das "immer nur 1Meister-1Sch?ler-System" ein bei den Sith.

Benutzeravatar
Angela
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 864
Registriert: 26.02.2006, 18:35

RE:

Beitrag von Angela » 09.12.2006, 13:09

Original geschrieben von Lord Bane
Die Kelten bauten zu Beginn ja auch zum Teil ihre Wälle mit trockenen Lehmziegeln...war ja nicht so sehr geeignet.

Ist zwar off-topic, aber keltische Lehmziegelmauern sind die absolute Ausnahme, bei uns nur auf der Heuneburg zu finden. Ist zwar in unseren Breitengraden wesentlich aufwändiger wegen dem Klima, aber sie haben ihre Funktion bestens erfüllt: Die Mauer hielt wesentlich länger als andere in der Hallstattzeit errichteten Befestigungen, und hätte vermutlich noch länger gehalten wenn nicht irgendein Bösewicht den Laden abgebrannt hätte. ;-)

Ein Kommilitone von mir hat seine Diplomarbeit über die Panzerung der Kelten geschrieben und bezieht sich dabei natürlich auf die mediterranen Vorbilder. Falls es für jemanden interessant ist: Leif Hansen, Die Panzerung der Kelten. Eine diachrone und interkulturelle Untersuchung eisenzeitlicher Rüstungen (Kiel 2003).

hugin
Full Member
Full Member
Beiträge: 199
Registriert: 01.06.2005, 22:08

Beitrag von hugin » 09.12.2006, 16:59

moin nochmal, grundsätzlich muß man ja natürlich erstmal feststellen, wogegen eine panzerung gebaut wird.da ja immer ein gegenseitiges auf -und nachrüsten stattfand, ist der linothorax (für mich eine der besten panzerungen)ja für seine zeit ähnlich wie das kettenhemd auch nur schlagschutz gegen schwerthiebe im nahkampf gewesen.leider hab ich ein wissensloch bei den griechen und kenn deren kampftechniken nicht . würde mich intressieren , wie der panzer in die gesamtbewaffnung eingedacht war.

Taran
Forenlegende
Forenlegende
Beiträge: 4385
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Mutig!

Beitrag von Taran » 09.12.2006, 17:05

Hugin, du bist echt mutig, deine Spitzen für den Beschusstest herzunehmen. Meine Anerkennung! Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie spannend und überraschend Beschusstests ausfallen können.

Der Leinenpanzer ist sicher ziemlich zäh und schließt sich um die Spitze und den Schaft (viel Reibung), daher werden wohl die großen Spitzen so schnell abgebremst. Vielleicht haben ja die Skythen ihre Spitzen so gebaut, dass sie gerade gegen diese Panzer etwas ausrichten konnten?

Stell doch mal ein Foto von deinem Panzer rein! Wär echt interessant!

Der Pfeil in dem Foto oben ist sehr schön...

Ich habe irgendwo gelesen, dass Leinenpanzer irgendwann (Schweiß usw.) furchtbar zu müffeln anfangen...
Taran von Caer Dallben

... και δόξα τω Θεώ !

Ahenobarbus
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 745
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Beitrag von Ahenobarbus » 09.12.2006, 20:54

@Taran
es ist vielmehr so, dass eigentlich alles irgendwie anfängt zu müffeln, wenn man es länger trägt :D ... naja, vielleicht nicht gerade der eigene Name.

@Angie
da die Kelten mich ja auch "am Rande interessieren", wie hat sich denn Dein Mitstreiter zur Herkunft der Kettenhemden geäußert??? Ich bin ja ein Vertreter der These, dass die Skyhen die "Erfinder" waren, was der "Öko-Kelten/Germanen/Wiki-Fraktion" gar nicht in den Kram paßt.

Ahenobarbus

Benutzeravatar
shewolf
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2202
Registriert: 12.09.2003, 11:22

Übersetzungsfehler?!?

Beitrag von shewolf » 09.12.2006, 20:57

Original geschrieben von Ahenobarbus
...der besagte Körperschutz nennt sich Linothorax und bestand aus bis zu 25 Lagen Leinen, die verleimt waren. Dazu benutzte man Knochenleim...


Uff, hat mal bitte einer von Euch eine anerkannte Quelle dazu? Dann hätten nämlich die Griechen mit Ihrem "Wax" Unrecht (und der Museumsfuzzi, der ihnen das gesagt hat) auch.
Thoughts are magnetic -
you attract what you think about most.

Benutzeravatar
locksley
Global Moderator
Global Moderator
Beiträge: 5772
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Beitrag von locksley » 10.12.2006, 11:24

An alle, die sich für diese Art der Rüstung interessieren. Gebt einfach mal "Linothorax" bei Google ein, ich war selbst überrascht wieviele Bauanleitungen und Bilder, wissenschaftliche Berichte etc. darüber im Netz stehen.
Ein grosser Mann wird weder vor dem Kaiser kriechen, noch einen Wurm zertreten (Benjamin Franklin)

Wenn das Atmen schwieriger waere, haetten wir weniger Zeit um Unsinn zu reden.

Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd (Sprichwort)

Ahenobarbus
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 745
Registriert: 06.08.2003, 23:46

Beitrag von Ahenobarbus » 12.12.2006, 08:57

@shewolf
zum Verkleben dürfte Leim(Knochen-, Fisch- oder sonstiger Leim/Kleber) besser geeignet sein als Wachs. Ob man Wachs zum imprägnieren nimmt, ist ein anderes Thema. Zuerst mal muss man die verschiedenen Lagen verkleben!

Anerkannte Quellen musst Du wohl in Zeiten des Internets selbst raussuchen ... und den Museumsfuzzies glaube ich erst, wenn ich deren Aussagen an anderer Stelle bestätigt bekommen habe. Kleines Beispiel am Rande. Inzwischen findet jedes Jahr in Kalkriese bei Osnabrück eine kleine Schlacht/reenactment aus der Zeit der Varusschlacht statt - man erinnere sich, dort hat im Jahre 9 n.Chr. der grosse Rechtsanwalt und Sesselpubser Varus drei römische Legionen nebst Hilfstruppeneinheiten verschlissen, als er den Germanen die Vorzüge römischen Rechts nahebringen wollte. Im Zuge dieser choreografierten Auseinandersetzung gab ein bekanntes Mitglied der Museumsführung eine Einweisung in die damalige Lage vor Ort (wohlgemerkt, ein sehr hohes Tier der Museumsverwaltung) und bezeichnete den Herrn auf germanischer Seite mit Hermann - ich hab das ganze auf Film ... einfach grauselig :bash :bash

salbe
Ahenobarbus

Benutzeravatar
Angela
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 864
Registriert: 26.02.2006, 18:35

RE:

Beitrag von Angela » 12.12.2006, 10:58

Original geschrieben von Ahenobarbus
und bezeichnete den Herrn auf germanischer Seite mit Hermann - ich hab das ganze auf Film ... einfach grauselig :bash :bash


Hermann the Dschörman ;-) Wegen der Kettenpanzer schaue ich nach wenn ich das nächste mal im Institut bin, wird aber vor nächster Woche wahrscheinlich nix.
Gruß
Angela

Antworten

Zurück zu „Mittelalter Gewandung“