Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

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traditional archer
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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von traditional archer » 19.07.2007, 20:43

für kleinere tiere ist auch ein blunt tödlich, die aufprallenergie zerbröselt die knochen und lässt die adern platzen was dann zum tod führt.

bei größeren tieren ist dann ja muskelmasse da die die aufprallenergie absorbiert.
aus diesem grund hat man ja früher auch gambesons getragen die die aufprallenergie absorbiert haben. den was nützt einem den eine intakte rüstung aber gebrochene rippen.
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menhir
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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von menhir » 21.10.2007, 18:05

Nur noch ein kleiner Nachtrag zu archäologischen/experimentellen Untersuchungen an Kolbenpfeilspitzen.

Ich beziehe mich dabei auf Band 33 der Haithabu Publikationen, wo dieses interessante Thema sehr ausführlich behandelt ist.

Es gibt einen gefundenen Kolbenpfeil unter dem Fundgut von Haithabu an dem eine gebrochene Stelle zu erkennen ist (längsseits des Kolbens mit einer kreisförmigen Form ist ein Stück abgespalten gewesen). Im Nachhinein ist dieser Kolbenpfeil mit einer rund herum verlaufenden Nut versehen worden, an der offensichtlich eine Schnürung befestigt wurde.
Fazit: irgendjemand hatte sich die Mühe gemacht, diesen geborstenen Pfeil aufwendig zu reparieren. Wohl ein Hinweis darauf, dass diese Pfeile sehr wohl ein "wehrtvolles" Gut darstellten und kein "Einwegprodukt".
Eine Reko eines konischen Kolbenpfeils hat -mit einem Replikat eines Haithabubogens abgeschossen- einen Schweinekadaver durchbohrt...
Die Tödlichkeit eines solchen Pfeiles ist meiner Meinung nach unbestreitbar.

traditional archer
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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von traditional archer » 21.10.2007, 20:53

menhir hat geschrieben:Fazit: irgendjemand hatte sich die Mühe gemacht, diesen geborstenen Pfeil aufwendig zu reparieren. Wohl ein Hinweis darauf, dass diese Pfeile sehr wohl ein "wehrtvolles" Gut darstellten und kein "Einwegprodukt".

Dass kommt sicherlich auf die art des pfeiles bzw des besitzers an.

ich denke das leute die der unteren bevölkerungsschicht angehört haben ihr zeug auch repariert haben. leute der oberen bevölkerungsschicht werden sich denke ich halt neue pfeile gekauft haben.
allerdings bezweifle ich ob leute der oberschicht tiere gejagt haben die eine bluntspitze nötig gemacht hätten.

grüße roman
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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von menhir » 21.10.2007, 22:21

Ich frage mich hingegen ob Angehörige der unteren Bevölkerungsschichten überhaupt Zeit für die Jagd hatten... Sicherlich eine Frage die schwer zu beantworten ist und die möglicherweise den Rahmen dieses Threads sprengt...
Aber man muss bedenken, dass der Hauptbedarf an Fleisch wohl eher aus der Viehzucht kam (laut Analyse der Knochenfunde auf dem Boden von Haithabu) was die Bogenjagd nun eher zu einer Freizeitbeschäftigung machen würde, als zu einer sinnvollen Möglichkeit des Nahrungserwerbs. Erst recht wenn es um die Jagd auf kleine Tiere geht... das klingt für mich alles eher nach Oberschicht.
Freilich ist es auch vorstellbar, dass ein Bauer - der im Winter ja praktisch arbeitslos ist - sich einen Bogen schnitzt und auf die Jagd geht... und da Stahl als Rohstoff eben teuer ist, kommt dann halt ein Kolbenpfeil zum Einsatz...
Beides denkbar, meiner Meinung nach.

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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Alamannic_Michael » 26.10.2007, 14:55

Servus Leute!

Hab mir den Thread mal gut durchgelesen und einige interessante Sachen gelesen. Und auch gute Denkansätze gefunden.

Ich hab auch das Buch von H. Riesch gelesen und muß dazu sagen...naja manches ist gut nachvollziehbar...anderes...sollte man vielleicht überdenken.

Die von ihm angesprochene Sandwichbauweise...hmmm...ich hab mir seine Veröffentlichung mit dem Gefügeschliff angesehen und halte es für sehr gut möglich. Bzw. würde sagen: ja ist so.
Im Endeffekt erinnert einen die Spitze im Schliff stark an die japanischen Klingen, oder die skandinavischen 3 Lagen Messer.

Als Grund kann ich mir vorstellen, dass man a) den teuren Stahl sparen wollte und eben nur die Schneidenschicht daraus herstellte (sei es nun wie bei Riesch eine Ummantelung, oder wie bei H. Cole zu lesen einen Schneideneinlage) und das man evtl. b) wie der liebe H. Riesch es schrieb die duktilität des Weicheisens mit der Härte des Stahls kombinieren wollte.

Was ich dem Mann aber absolut nicht abkaufe sind die gemessenen Härtewerte. Es sei denn, der Pfeilspitze ist irgendwas zugestoßen (Feuer, oder ist nur ein ungehärtete Rohling).
Ich arbeite selber im Bereich Werkstoffprüfung und seine Gefügeanalyse und die Härtewerte sind mehr oder minder ein Witz. Vor allem seine Aussage warum die Härte so eingestellt wurde, bei welcher er sich in seiner Veröffentlichung in einer archäologischen Zeitschrift sogar widerspricht.

Auch seine Aussage dass man die Pfeilspitze nicht gehärtet hat, weil man lieber nen weichen aber sicheren Stahl hat, anstelle eines harten "spröden" Stahls... Hallo? Man konnte da schon gute Schwerter schmieden die auch nicht gleich bei jedem Schildkontakt zerbröselt sind! Außerdem warum sollte ich mir dann überhaupt die Mühe eines Laminats machen?

Aus eigener Erfahrung (Beschuß eines Hochmittelalterlichen Stahlschildes aus Federstahl) weiß ich dass bei unzureichender Härte, die eben mit zu geringer Festigkeit einhergeht, der beschoßene Stahl sich einbeult, evtl. noch (sofern möglich) ein Stück einfedert. Die Spitze verformt sich dabei ebenfalls und so wird die ganze Energie absorbiert.
Wohingegen eine gehärtete Stahlspitze (sagen wir mal grob 500-600HV30 was einem gut gehärteten C45 entspricht, der noch einmal leicht angelassen wurde) die leicht ballig geschliffen ist (wie eine Fällaxt, um der Schneide mehr Stabilität zu geben) kurzen Prozess mit Stahlblechen von 2-3mm macht, sofern diese nicht auch gehärtet wurden.

Von daher finde ich seine Spitzenrekonstruktion hinsichtlich der Schmiedetechnik gut...aber hinsichtlich der Werkstoffwahl etwas unglücklich...

zum Thema Lamellenrüstung: diese Rüstungen müssen schon recht guten Schutz und Komfort geboten haben, aufgrund ihrer Flexibilität werden sie zusammen mit einem Polsterwams ne Menge Energie absorbieren. Die meisten Völker die so gerüstet waren trugen keinerlei Schild als Schutz.

Zum Thema Kolbenpfeil: Ich hab selber schon mal gesehen was so eine Klotz anrichtet. Ein Archäologe hat damit mal ne dicke freistehende Spanholzplatte beschossen...Ergebniss: Durchschuß und zwar sauber!
Also das Ding macht schon mit einem entsprechenden Bogen 45lbs aufwärts muß aus den Knochen.
Ich hab selber mal mit meinem Oberflachtbogen (der wirklich ab ner gewissen Auszugslänge sehr steif wird wie bei Riesch beschrieben, aber keineswegs sofort bei mehr als 40cm Auszug knackt) mit Gummibluntpfeilen ein Stück Kiefernholzbohle beschossen, dass absolut nicht eingespannt war, also beim Treffen umkippte...Ergebniss: schöne kreisrunde ca. 2mm eingedrückte Vertiefungen. Und das nur durch die Massenträgheit des Holzes!
Also ich möchte auch Distanzen von bis zu ca. 30-50m keinen soclhen Pfeil abkriegen. Das gäbe übelste Hämathome und ich denke auch fiese Brüche.
Ein Karnickel wär vermutlich schon Matsch innerlich.
Der wahnsinnige Vorteil dieser Spitzen ist, dass sie eben Fehlschüsse verzeihen...naja..solange der Schaft es mitmacht!  ;)

Und da ein Karnickel ein kleines Ziel ist und man es also auf Distanzen um die 10m Jagd...schießt man auf ein sich schnell bewegendes und richtungsänderndes Ziel...da is ein Kolbenpfeil schon ganz gut, da er nicht gleich bis zum anschlag im Boden steckt, oder knackst falls man nen Stein trifft.
Für die Vogeljagd könnte ich mir als Vorteil vorstellen, dass dieser Pfeil eine geringere Gefahr darstellt, wenn er runterfällt...außerdem wird wirklich die gesamte Energie absorbiert...wenn ich ne kleine schlanke Spitze nehme um nen Vogel zu treffen und nicht gleich Geschnetzeltes vom Himmel zu hohlen, wie es ne breite Jagdspitze verursachen würde, dann hätte ich mit Sicherheit ne glatten Durschuß...und 2 Probleme...der Vogel fliegt evtl. weiter und geht irgendwo runter wo ich ihn evtl. nicht finde...und mein Pfeil ist auch noch weg...und bleibt evtl. irgendwo stecken wo ich es nicht will...z.B. meinem Nachbarn, der gerade irgendwo im Unterholz 100m entfernt Pilze sammelt.

Naja...alles nur Gedankenspiele...wenn auch ne Menge.
Linke Reihe jede nur ein Kreuz!

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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von menhir » 26.10.2007, 18:36

Hallo Michael!
Prinzipiell finde ich die meisten deiner Gedankengänge sehr einleuchtend!
Allerdings enthält dein Text auch eine Kleinigkeiten, die bei mir Fragen offen lässt...

Aus eigener Erfahrung (Beschuß eines Hochmittelalterlichen Stahlschildes aus Federstahl) weiß ich[...]

Nun habe ich selber das Buch nicht gelesen und weiss daher nicht um was für Pfeile (Verwendungszweck, Zeitalter) es sich handelt. Wenn es um Hoch/Spätmittelalterliche, oder Frühneuzeitliche Kriegsspitzen geht gebe ich dir uneingeschränkt recht (Falls sich da übrigens jemand näher interessiert: hier zwei sehr interessante Videos zum Thema Beschussversuch mit gehärteten Spitzen). Wenn es um Jagdspitzen, oder um Kriegsspitzen früherer Zeitalter geht, sollte man bedenken, dass die Spitze einfach nicht dafür gedacht ist, auf ein festes Hindernis zu treffen, sondern dafür in ein weiches Ziel einzudringen (-> Fleisch), dafür reicht eine ungehärtete, oder stark angelassene Spitze völlig aus, und man hat den Vorteil, dass sich eine Spitze bei einem Fehlschuss "nur" verbiegt und nicht in mehrere Stücke zerspringt.
Dann reichts nämlich auch die Spitze wieder auf Schmiedetemperatur zu bringen und neu zu formen und man muss nicht Feuerschweißen.

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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Alamannic_Michael » 29.10.2007, 12:15

Hallo menhir!

menhir hat geschrieben:Hallo Michael!
Prinzipiell finde ich die meisten deiner Gedankengänge sehr einleuchtend!


Danke für die Blumen! ;-)

menhir hat geschrieben:Nun habe ich selber das Buch nicht gelesen und weiss daher nicht um was für Pfeile (Verwendungszweck, Zeitalter) es sich handelt. Wenn es um Hoch/Spätmittelalterliche, oder Frühneuzeitliche Kriegsspitzen geht gebe ich dir uneingeschränkt recht (Falls sich da übrigens jemand näher interessiert: hier zwei sehr interessante Videos zum Thema Beschussversuch mit gehärteten Spitzen). Wenn es um Jagdspitzen, oder um Kriegsspitzen früherer Zeitalter geht, sollte man bedenken, dass die Spitze einfach nicht dafür gedacht ist, auf ein festes Hindernis zu treffen, sondern dafür in ein weiches Ziel einzudringen (-> Fleisch), dafür reicht eine ungehärtete, oder stark angelassene Spitze völlig aus, und man hat den Vorteil, dass sich eine Spitze bei einem Fehlschuss "nur" verbiegt und nicht in mehrere Stücke zerspringt.
Dann reichts nämlich auch die Spitze wieder auf Schmiedetemperatur zu bringen und neu zu formen und man muss nicht Feuerschweißen.


Ich geb dir recht...wenn ich weiche Ziele beschieße, dann brauch ich nicht unbedingt eine harte Spitze...siehe Messingspitzen bei manchen Scheibenpfeilen...

Aber wenn ich mir den Aufwand eines Laminates antue, wie es bei dieser großen Rautenspitze aus der Merowingerzeit zu sehen ist...warum härte ich sie nicht? Selbst wenn ich sie gut anlasse ist sie bei weitem härte als 200HV!
Außerdem sollen auch Spitzen für weiche Ziele oftmals nen scharfe Schneide besitzen...und wer seine Messer selber schärft weiß, dass das mit nem harten Stahl angenehmer ist als mit nem weichen...es dauert länger, aber die Arbeit ist nicht für die Katz und man hat weniger Gratbildung...und 200HV sind verflucht weich!

Ich zweifel ja nicht daran dass es weiche Spitzen gab...auch nicht, dass die nicht unbedingt 600HV hatten...aber bei ner laminierten Spitze, die in ihrer Art an eine Kobuse Klinge erinnert...wär es nonsens sich die Mühe eines Laminates zu machen und das Härten wegzulassen.

und wenn du die Begründung vom Riesch liest...dann merkst du dass er sich zeitweise widerspricht und dass er einfach nur seine bestehende Meinung bestätig sehen will...
Linke Reihe jede nur ein Kreuz!

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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von Wilfrid (✝) » 31.10.2012, 10:22

Auweia ..
Ich lese den Thread erst jetzt, und nichts ist älter , als die Zeitung von gestern.

Das mittelalterliche Pfeilspitzen aus "Laminat" bestehen, sprich Raffiniereisen, liegt am Herstellungsverfahren.
Renneisen verschiedener Reisen wurde mittels Falten/Verdrillen zu größeren Stücken verarbeitet. Mache ich nun aus sowas ne Pfeilspitze, naja, dann ist die aufgebaut wie ein teures Samurai-Schwert.

Und gestern , 30.10.2012, durchschlug ein Pfeil mit einer Pfeilspitze , Blattform, aus St37 , geschliffen, ein 1 mm Blech aus St37 bis Anschlag. Abgeschossen mit ~65#@28", Entfernung ~7m. Hinterher war die Spitze stumpf. Manchmal ist die Erklärung viel einfacher, als ein Akademiker denkt

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Re: Pfeil&Bogen/Merowingerbuch

Beitrag von stefanpaul65 » 25.11.2013, 09:10

Auch wenn dieser Fred älter ist...Blunts sind bei der Vogeljagd auch deswegen sinnvoll, weil viele Vögel die Angewohnheit haben, auf Bäumen zu sitzen und auch sitzen zu bleiben, wenn unter ihnen, in vermeintlich sicherer Entfernung, eine Gefahr ist (Hund, Jäger...).
Beim Schuß nach oben in den Baum ist es nun sehr unpraktisch, den Vogel mit einen "normalen" Jagdpfeil an den Baum zu nageln, die Klettertouren sind möglicherweise nicht so lustig...und bei einem Fehlschuß (soll ja vorkommen, oder?) mag der Pfeil ja trotzdem im Baum stecken bleiben, ein Blunt fällt höchstwahrscheinlich einfach runter, egal, was/ob ich getroffen habe...und der getroffene Vogel wahrscheinlich gleich mit.

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