kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

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windling
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kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von windling » 11.04.2008, 10:28

eine aussage von toni (sundance) im fred von den laminierten grózerbögen hat mich zu einer diskussionswürdigen historischen frage geführt.

wie sieht es mit der logistik des bogenbaus aus, wenn mehrere tausen kompositbögen gebaut werden mussten, um eine komplette armee auszurüsten?

sundance hat geschrieben:...
Grózer hat sich Gedanken gemacht, wie damals Bogenreiter-Armeen mit 10.000 und mehr Kriegern mit Bögen ausgerüstet werden konnten. Er denkt, sie müssen damals schon eine Art "Sektionsbau" angewandt haben, d. h. es gab Spezialisten, die die Hörner vorbereiteten und andere, die Sehnenbeläge kleben, während der Bogenbauer nur noch die Endbearbeitung macht und die Teile entsprechend zusammensetzt.
...


gibt es in irgenteiner form geschichtliche hintergründe dazu?

aus der rein logischer sicht ist eine andere form den bogenbaus zu diesen zeiten ja eigentlich nicht denkbar.
ein kompositbogen von beginn des schaffens bis zum fertigen bogen, dauert ja mehrere monate, wenn nicht jahre.

bei mehreren tausend zu bauenden bögen, muss es ja eine art "fertigungsstrasse" gegeben haben die in einzelschritten mit experten auf ihrem gebiet (hornvorberietung, rahmenbau, kleben, etc.) besetzt gewesen sein musste.

oder habt ihr da andere ideen zu diesem thema (denke da speziell an die cracks die schon kompositbögen gebaut haben (snake jo. eldoro, etc.)?
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Peter O. Stecher
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Re: kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von Peter O. Stecher » 11.04.2008, 10:41

Ich würde eher darauf tippen, dass die Reitervölker ihre Bögen hatten, und in Friedenszeiten aufrüsteten, so wie es heute auch gemacht wird.
Auch bin ich mir gar nicht sicher ob jeder Reiter einen Bogen hatte, möglicherweise gab es auch Lanzenreiter etc. und es wurden solche Leute als Bogenschützen eingesetzt die Bögen hatten ... .

Natürlich ist eine Art von Serienproduktion auch möglich.
https://classic-archer.com/

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Snake-Jo
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Re: kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von Snake-Jo » 11.04.2008, 11:20

Natürlich läßt sich ein Komposit nicht so schnell herstellen wie ein Eibenbogen, den man zur Not in ein paar Stunden fertig stellen kann.
Man kann davon ausgehen, das es regelreche Kriegsmanufakturen gab, in denen die Bogen in Serie produziert wurden. Dabei entstanden die Bogen nicht hintereinander, sondern die einzelnen Arbeitsschritte wurden parallel vollzogen, d.h. ein Satz Bogen wurde gerade mit Sehnen belgt, ein anderer trocknete, ein dritter Satz wurde gerade mit Horn belegt etc. Mit Sicherheit wurden auch die einfacheren Arbeiten, wie z.B. Horn zurechtsägen, von irgendwelchen "Arbeitsklaven" verrichtet.
Nach einer gewissen Vorlaufzeit, sagen wir 1 Jahr, wurden dann praktisch jeden Tag Bogen fertig.
Dazu kommt, das ein Komposit sehr haltbar war (wenn er nicht gerade bei Regen geschossen wurde) und tatsächlich ein Leben lang halten konnte. Auf dem Schlachtfeld verstorbene Schützen fanden dann auch sicher sehr schnell einen "Erben" für ihren kostbaren Bogen.
Belege: Man fand in einigen Gräbern Unmengen von ziemlich ähnlichen "Beinplättchen" für den Belag von Hunnenbogen, Literatur such ich noch raus.

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captainplanet
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Re: kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von captainplanet » 11.04.2008, 15:08

Snake-Jo hat geschrieben:Belege: Man fand in einigen Gräbern Unmengen von ziemlich ähnlichen "Beinplättchen" für den Belag von Hunnenbogen, Literatur such ich noch raus.

Beinplättchen? Es müßten doch eher Hornplättchen gewesen sein, oder? Und ob man aus deren Ähnlichkeit schon auf eine Massenproduktion schließen kann... hmmnaja.  :-\

Ich glaube nicht daß die Bögen speziell vor einem Krieg in großer Stückzahl gebaut wurden. Die wurden eher kleinweise nach und nach gefertigt. Die hunnischen Reiter waren Spezialisten die auch noch auf große Entfernungen präzise trafen mit Zuggewichten wo unsereinem wohl die Arme abfallen würden. Das waren keine Leute denen man vor der Schlacht schnell einen frischen Bogen aus der Manufaktur in die Hand gedrückt hat. Die haben ein Leben lang geübt, also müssen auch die Bögen in dieser Zeit schon da gewesen sein. Ich könnte mir gut vorstellen daß viele der eingesetzten Bögen schon damals mehrere Generationen alt waren.

Georg
Zuletzt geändert von captainplanet am 11.04.2008, 15:13, insgesamt 1-mal geändert.
Bester Rindengrapscher von FC!!!

Esteban
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Re: kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von Esteban » 11.04.2008, 15:19

Snake Jo's Bemerkung mit den Arbeitssklaven fand ich interressant.

Wurden nicht bei den Zügen und Überfällen auch immer Spezialisten entführt ? Der Rest war für den Sieger praktisch "wertlos".

Die Sklaven bauten dann daheim oder im Lager Asurüstung oder hüteten Vieh,.... damit war der edle Krieger für andere Aufgaben freigestellt.

Also warum soll ein Art Massenfertigung unwahrscheinlich sein ? Fehlen halt noch die Beweise 8)

Gruß

Esteban

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kra
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Re: kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von kra » 11.04.2008, 17:05

Ich kann mir vorstellen, das die Beschaffung der Ausgangsmaterialien (Horn, Sehne, besonders Holz für den Kern)  Teil des Handels zwischen den Yurten war, ein direkt manufakturähnliches Arbeiten scheint mir bis auf wenige feste Siedungen (Samarkant u.ä. oder Siedlungen am Rande der Weidebereiche der Nomaden) für die nomadisch lebenden Steppenvölker selber unwarscheinlich.

Da die nomadisch lebenden Stämme auch immer auf Austausch mit festen Siedlungen angewiesen waren (für Getreide, Metall usw) werden sesshafte Handwerker-Strukturen vorhanden gewesen sein.

Ich vermute, ohne es belegen zu können - also eine Arbeitshypothese  ;D,  das es darüber hinaus in den einzelnen Gruppen/Stämmen Handwerker gab, die im Sommer Bögen bauten, die über die Wintermonate trocknen konnten und dann im darauffolgenden Sommer entweder in der Gruppe verwendet oder als Teil der Handelsgüter eingesetzt wurde.
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sundance
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Re: kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von sundance » 12.04.2008, 01:18

Fakt ist, dass es wenig Fakten gibt. Leider.
Negley hat geschrieben:Auch bin ich mir gar nicht sicher ob jeder Reiter einen Bogen hatte...

Ich gehe mal davon aus, dass mehr Reiter Ersatzbögen hatten als keinen. Dass Kompostbögen bei Regen kaputt gehen, ist eine oft wiederholte und trotzdem falsche Theorie. Die wussten schon, wie sie die Dinger wasserfest bringen. Csaba Grózer, der enorm viel experimentiert auf diesem Sektor, hat uns eine trübe Flüssigkeit gezeigt. Eine Mischung aus Fichtenharz und Pferdeurin. Gibt einen hervorragenden Lack. Und das ist mit Sicherheit nicht alles, was es an verlorenem Wissen aufzuholen gibt.
kra und snake-jo sind eher auf dem richtigen Weg. Schon die Hunnen hatten ein Reich von der chinesischen Grenze bis Mitteleuropa. Das erleichtert die Materialbeschaffung. Dann noch die Arbeitsabläufe rationalisieren, die Sehnenbeläge schichtweise vorher verleimen, damit man sie nachher nur noch für die Endfertigung übereinander kleben muss. Billige Arbeiter hatten sie ja genug (fast so wie heute ;D)
So organisiert braucht man etwa 30 Bogenbauer (Endfertigung) um 10000 Komposits pro Jahr zu bauen, da sie vermutlich mehr Zeit hatten, reichen weniger und wie schon gesagt, ein Komposit hält normal ein Leben lang.
Wer "O..." sagt, muss auch "...sage" sagen

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Re: kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von Jan_Kieser » 26.05.2008, 17:40

Zitat:Die Sklaven bauten dann daheim oder im Lager Asurüstung oder hüteten Vieh,.... damit war der edle Krieger für andere Aufgaben freigestellt.

Ich könnte mir denken,dass jeder Bogenschütze seinen Kram selber zuammengezimmert hatte.ihr lasst ja den Aspekt das die Hunnen eine nomadisch Lebensweise führen komplett weg,d.h. sie hatten keinen festen Standpunkt oder Manufakturen zum Fertigen der Bögen.
Ich denk jeder junge Mann is raus gegangen hat sich so nen Vieh geholt dem die Hörner abgeschlagen,den anderen Kram geholt und sich sein Ding dann selbst gemacht
Die Hunnen hatten keine große Kultur oder so

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Esteban
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windling
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Re: kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von windling » 26.05.2008, 22:13

Jan_Kieser hat geschrieben:...
Die Hunnen hatten keine große Kultur oder so



na wenn du das sagst, wird es wohl stimmen...
aus welchen quellen nimmst du denn diese neuartige erkenntnis?
nur das wir da mal selber nachlesen können wie kulturlos die osteuropäischen vorfahren denn so waren.
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Re: kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von Squid (✝) » 26.05.2008, 22:33

Stimmt, das ist ne spannende Frage.
Wie hat wohl dieses kulturlose Volk eine Armee aufgebaut, die den Armeen der damaligen Zeit taktisch weit überlegen war?
Haben die den bis dato weitgehend unbekannten Steigbügel eigentlich gestohlen?
Und die Idee mit einem effizient funktionierenden Nachrichtenwesen, das letzlich alle einzelnen Stämme in ganz Asien umspannte haben sie wohl auch von O2 oder Vodafone geschenkt bekommen?
Hat Attila nicht auch einige Jahre als "Gast" und "Ausleihoffizier" in Rom verbracht? Sein funktionierendes Herrschafts- und Militärsystem wird er wohl auch nur von dort mitgenommen haben.
Naja, und Kompositbögen wachsen bekanntlich an Bäumen... aber die Herstellung einer bis heute in ihrer Form kaum übertroffenen Waffe braucht auch keine Kultur...
Abgesehen davon, dass ein gesundes "Nationalbewusstsein" vorhanden gewesen sein muss, denn sonst würden nicht so viele einzelne Sippen und Stämme als "die Hunnen" an einem Strang gezogen haben. Trotz vormaliger miliärischer Unterwerfung.
Und irgendwas war da auch mit Grabbeigaben... kiloschwere Bronzekessel, Goldschmuck, Metallspiegel, etc.
Ganz schön kulturlos, die Hunnen...

Ich Kulturmensch tauge übrigens nicht zum Hunnen. Denn selbst wenn ich dem Hochlandrind um die Ecke die Hörner absägen würde, könnte ich mir da leider noch immer keinen Komposit draus zusammenzimmern, der mehr als erhebliche Verletzungen beim Benutzer verursacht. OBWOHL ich Ahornkern, Hautleimgranulat und Sehnenstränge hochkulturell bei Ebay ordern könnte und FC als Informationsquelle habe...
Zuletzt geändert von Squid (✝) am 26.05.2008, 22:43, insgesamt 1-mal geändert.
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.

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Re: kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von jerryhill » 26.05.2008, 23:11

Ich vermute bei nomadischen Stämmen eher den Mittelweg. Sicher waren viele in der Lage, notfalls so recht und schlecht eine Kompositbogen herzustellen, wie z.B. Plains-Krieger Pfeilspitzen aus Stein oder Knochen. Aber sicher gab es bei jeder Gruppe Spezialisten, die die  wirklich guten Bögen bauten, speziell bei den anspruchsvollen Hornkompositbögen. Sogar bei den Indianern gab es gefragte Spezialisten für ihre einfacher herzustellenden Sehnenkomposits oder Vollholzbögen. Warum sollte es bei den Hunnen anders gewesen sein. Allerdings haben sicher etliche Leute da Zuarbeiten geleistet und der Star die Feinarbeit um die erforderlichen Stückzahlen zu erreichen. In der hohen Zeit der großen Reiche von Hunnen oder Mongolen usw. gab es sicher auch hochqualifizierte Sklaven.
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Re: kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von Squid (✝) » 26.05.2008, 23:22

Die Mongolen haben sogar gezielt Spezialisten in eroberten Gebieten gesucht, diese verschleppt und später in Städten wie Smarkand angesiedelt und sich auf diese Weise die Errungenschaften der eroberten Völker zu eigen gemacht.

Ich glaube, wir unterschätzen sehr oft die Möglichkeiten von nomadischen Völkern, weil unsere Kultur sich immer auf feste Städte begründet hat.
Zuletzt geändert von Squid (✝) am 26.05.2008, 23:24, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von Jan_Kieser » 27.05.2008, 16:44

ich meine mit nicght so großer Kultur,eine nicht so weit entwickelte!!!!!!!
Ja es sei den im Bogenbau

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Re: kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von Jan_Kieser » 27.05.2008, 16:47

außerdem bin ich pazi und zähle die Kriegsführung nicht als Kultur es ist vielleicht ne Wissenschaft für sich aber nene....

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Re: kompositbogenbau in hoher stückzahl zu kriegszeiten

Beitrag von kra » 27.05.2008, 18:48

Werter Jan, bitte verdeutliche doch mal, über welche Völker (Parther, Mongolen, Hunnen, Ungarn, Skythen usw) in welchen Zeiten (750 vC bis ca. 1500)  du hier räsonierst.

Das würde sehr helfen, den Sinngehalt deiner Postings etwas besser einzuschätzen. Ohne erhellende Details schneidest du hier nicht sehr gut ab.
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