Holzvögelchen-"Schnitzalong"

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Royal Judge
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Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von Royal Judge » 19.02.2011, 22:28

Hallo Leute,

im Thread "Schönes aus Holzresten" habe ich neulich meine geschnitzten Holzvögelchen vorstellen können (schau hier http://www.fletcherscorner.de/viewtopic.php?f=25&t=15797&sid=9fde39997bed292838d7d9f01c533771. Das hat manchem gefallen, einer hat sogar um eine Schilderung gebeten, wie man solche Vögelchen schnitzt. Das hat mich sehr gefreut. Snake Jo hatte es abstrakt schon so beschrieben "Schnitz einfach alles weg, was nicht zum Vogel gehört", was ja sicher nicht falsch ist, aber doch nicht recht ins Ziel führt und manche Frage offen lässt.

Ich versuche daher, hier in lockerer Folge einen "Schnitzalong" mit Bildern und einer Beschreibung des Weges vom Holzstück zum fertigen Vogel zu verfassen. Der Nachbau steht jedem offen.

An Werkzeugen kommen zum Einsatz:

- Beil und Säge (um ein geeignetes Stück Holz aus einem Stammabschnitt oder so zu gewinnen)
- Schraubstock und Ziehmesser (um am Anfang schnell überflüssiges Material abzutragen)
- Schnitzmesser (ist ja klar, oder ?), hier Marke "Frost" (Taschenmesser geht auch, ist aber bei Rundungen nicht so praktisch)
- Ziehklinge (nicht zwingend, man kann damit nach den Schnitzen Spuren glätten)
- diverse Schmirgelpapiere (von mittelgrob bis fein und möglichst ein altes, schön weiches zum Polieren)
- Pinsel, Lappen und Öl

Bald geht es weiter, dann mit den ersten Bildern, bis dann.

Gruß
Christian

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acker
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Re: Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von acker » 19.02.2011, 22:41

Sehr schön, ich freue mich ob der Dinge die da kommen , ein neuer Kandidat fürs How To board
Der junge Mensch lernt, was die Erwachsenen wissen und verlernt was er als Kind gewusst hat.

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Re: Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von Royal Judge » 19.02.2011, 22:51

So, schon geht es weiter.

Zuerst braucht man Holz. Welches ist geeignet zum Schnitzen ?

Einerseits will man eine schöne Färbung und Maserung, andererseits schnitzt man sich mit hartem Holz leicht einen Wolf, und zu lange Fasern sind unpraktisch, wenn man Kurven und Rundungen schnitzen möchte. Als geeignet haben sich bei mir erwiesen Linde (klar, das kennt man als Schnitzholz, ist aber ein wenig langweilig) und vor allem Eibe, und zwar die für den Bogenbau ungeeignete mit dicken Jahresringen. Ich habe auch schon mit Kirsche, Birne, Ahorn, Ilex, Rotdorn, Robinie und Zwetschge geschnitzt, aber dafür braucht man schon einen langen Atem und das macht man besser später.

Ich habe hier mal 4 Holzstücke zugerichtet:

Schnitzalong1.JPG

Schnitzalong2.JPG

Von links nach rechts: Götterbaum (ist ein Versuch); Wacholder; fertiger Vogel als Muster und zu Vergleichszwecken aus Eibe; 2 Mal Eibe.

Zum weiteren Vorführen hier habe ich eines der Eibenstücke ausgewählt:
Schnitzalong3.JPG


Die Stücke habe ich aus kleinen Stammstücken aus dem Brennholzstapel (was man da alles so drin findet...) rausgesägt und rausgespalten. Dann kann sicher jeder. Wichtig ist bei der Holzwahl, dass die Stücke möglichst astrein (im wahrsten Sinne des Wortes) sind. Man kann zwar auch mit astigen Stücken schnitzen, aber das ist eher schwer, zumal dann die Maserung leicht ausreißt. Klar, dass die Stücke keine Risse oder so aufweisen, wobei bei Eibe manchmal kleine Rissansätze oder im Splint erste Ansätze eines Pilzes drin sind, die stören nicht und ergeben später ganz interessante dunkle Striche.

So, bald geht es wieder weiter.

Bis dann

Christian

medicinewheel
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Re: Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von medicinewheel » 19.02.2011, 23:06

Super! Gefällt mir total gut, das Eibenvögelchen!

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Re: Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von Royal Judge » 19.02.2011, 23:25

So,

für den nächsten Schritt, bei dem schnell viel Material abgenommen wird, verwende ich Schraubstock und Ziehmesser. Es geht dabei darum, die äußere Form des Spaltlings schon möglichst nah an die groben Vogelumrisse zu bringen, damit man nicht alles mühsam mit dem Schnitzmesser wegschneiden muss (das geht auch, dauert aber und die Finger schmerzen). Mit dem Ziehmesser kann ich ziemlich schnell und sicher umgehen, das dauert bei mir pro Spaltling kaum 2 Minuten:

Schnitzalong4.JPG

Schnitzalong5.JPG

Schnitzalong6.JPG

Schnitzalong7.JPG


Das meiste Material trägt man am künftigen Schwanz ab, der hier schon ziemlich flach und schlank ausläuft (wird später noch flacher und spitz). Der Splint wird der Bauch des Vogels, der Kern bildet Rücken und Kopf. Ich platziere den Schwanz ungefähr zwischen dem ersten und zweiten Drittel des Vogels, der Schwanz ist also von der Seite gesehen eher unten als oben, irgendwo unterhalb der Mittellinie.

Am vorderen Ende, wo später der Kopf sitzt, nimmt man mit dem Ziehmesser rundherum nicht ganz so viel Material ab. Die Stirnseite sieht dann ungefähr so aus wie ein Ei, das auf der dickeren Seite steht. Der Vogelbauch ist ja auch dicker als der Vogelkopf. Achtung: am vorderen Ende sollte der Rohling jetzt möglichst einen Tick länger sein als der spätere Vogel. Denn man muss den Rohling beim Schnitzen immer sicher mit der Hand festhalten können. Am Schwanz lässt es sich ohnehin sicher festhalten, aber wenn der vordere Teil zu kurz wird, kann man ihm kaum greifen, wenn man am hinteren Ende schnitzt.

Da man hier nicht mehr als 4 Bilder draufbekommt, geht es gleich wieder weiter...

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Re: Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von Royal Judge » 19.02.2011, 23:32

...weiter geht es mit den restlichen Bildern mit dem Zwischenergebnis zum zuletzt beschriebenen Arbeitsschritt.

Links sieht man einen nicht weiter bearbeiteten Eibenrohling, in der Mitte den grob mit dem Ziehmesser zugerichteten und rechts wieder den Mustervogel.

Schnitzalong9.JPG

Schnitzalong10.JPG


Ich habe zur Illustration auch noch die drei anderen Spaltlinge grob zugerichtet. Vielleicht kann man den künftigen Vogel schon drin ahnen. Der Mustervogel sah auch mal so aus, er entstand mit anderen Exemplaren im Urlaub in der Toscana an heißen Mittagen im Schatten, die Rohlinge hatte ich so geformt wie hier zu sehen im Gepäck:

Schnitzalong11.JPG

Schnitzalong12.JPG


So, jetzt wird es ein paar Tage dauern, bis es weitergeht.

Beste Grüße

Christian

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Re: Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von walta » 20.02.2011, 07:10

Ein Schnitzalong - ist das geil.
Royal Judge hat geschrieben:So, jetzt wird es ein paar Tage dauern, bis es weitergeht.

Das ist jetzt ein Scherz, oder *ungeduldigwart*

walta

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Re: Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von SeKan » 20.02.2011, 10:23

Prima, kann`s kaum abwarten!...gehe schon mal Holz suchen............ .
LG
Sekan

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Re: Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von Snake-Jo » 20.02.2011, 11:26

@Christian: vielen Dank, gib Bescheid, wenn alles komplett ist, Acker schiebt es dann rüber und ich moderiere und moduliere dann den Schnitzalong.
Im Howto-Board könnte man alle nicht sachdienlichen Kommentare weglöschen; sie bleiben ja hier im Board erhalten.

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Re: Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von Galighenna » 20.02.2011, 12:51

Hey das ist eine tolle Sache :)
Ich bin zwar nicht so sonderlich begabt im Schnitzen, weil mir in der dirtten Dimension immer die Proportionen weglaufen, aber es ist schön hier mal so einen Werdegang zu sehen.
Bin gespannt wie es weitergeht!
Übel übel sprach der Dübel,
als er elegant und entspannt
in der harten Wand verschwand

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Re: Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von Royal Judge » 20.02.2011, 13:10

Freut mich sehr, dass Euch das hier gefällt !

Leider habe ich zur Zeit eine ganz üble Hals-Nacken-Blockade, die mich ziemlich einschränkt (ab Mitte 40 geht es bergab...) und die sich gerade in der etwas gebückten Schnitzhaltung schmerzhaft bemerkbar macht. :-\

Außerdem beginnt jetzt der Teil, der feineres Vorgehen erfordert und dementsprechend genauer zu beschreiben ist. Auch brauche ich jetzt beide Hände zum Schnitzen und gleichzeitigen Halten, weshalb ich meine Kinder zum Fotografieren der Arbeitsschritte gewinnen muss. Ich werde mir Mühe geben, einerseits nicht zu viele Worte zu machen, andererseits aber präzise und verständlich zu schreiben. Bis dahin werde ich die Vorgänge, die sich bei mir fast schon automatisiert haben ("es schnitzt") nochmal daraufhin durchdenken, auf was eigentlich ankommt.

Bis dann.

CR

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Re: Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von Ravenheart » 20.02.2011, 15:01

Super, toll gemacht die Anleitung, danke!!

(... freue mich auch, dass das Holzreste-Thema so viel "Nachhall" findet!)

Rabe

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Re: Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von inge » 20.02.2011, 17:07

Ganz tolle Anregungen hier. Ich glaube ich hole meine Schnitzeisen wieder Mal raus. Großes Dankeschön!
lg
inge
Am Ende stellt sich die Frage:
Was hast du aus deinem Leben gemacht?
Was du dann wünschst getan zu haben, das tue jetzt.
( Erasmus von Rotterdam )

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Re: Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von Royal Judge » 25.02.2011, 22:52

So, der Nacken ist nicht mehr so steif, Massagen und Ruhe wirken Wunder.

Nachdem ich die Messer geschärft habe (man kann jetzt die Haare am Unterarm rasieren, mit stumpfer Klinge macht schnitzen keine Freude), geht es nun weiter.

Der Rohling sieht jetzt im Verhältnis zum fertigen Vogel ungefähr so aus:
vorher.JPG
vorher1a.JPG


Der nächste Arbeitsgang wird sein, den Übergang Rücken-Schwanz ein wenig taillenartig zu verjüngen, die Kanten am Rücken zu brechen sowie den Schwanz zu spitzen und diesen gleichzeitig ein wenig dünner zu machen. Dabei erreichen wir noch nicht die Endmaße, sondern lassen noch Luft. Später sieht man dann am Vogel ohnehin die ein oder andere Stelle, an der noch Material weg muss. Wir arbeiten uns also weiter schrittweise vor. Im zweiten Bild oben habe ich mal die ungefähren Linien eingezeichnet, an denen jetzt weitergeschnitzt wird.

Zur Schnitztechnik:

Um kontrollierte Schnitte zu machen, greift der Rechtshänder den Vogelrohling mit der linken Hand, das Messer ist in der rechten Hand (das wird man geahnt haben...). Der Daumen der linken Hand hilft jetzt beim Schnitzen mit, indem er von hinten am Klingenrücken die Klinge bei der Schnitzbewegung nach vorne schiebt. Da die linke Hand gleichzeitig mit den übrigen Fingern den Rohling hält, ergeben sich so kontrollierte, kleine und langsame Bewegungen, bei denen man gleichzeitig einige Kraft auf das Messer ausüben kann. Die Rechte Hand bewegt das Messer auch nicht schwungvoll aus dem Arm heraus, sondern mehr aus dem Handgelenk, das dabei leicht drehende Bewegungen - etwa wie am Motorrad-Gasgriff - macht.

Das Ganze ist mit Worten schwer zu beschreiben, und auf Fotos sieht man die Bewegungen naturgemäß eher nicht. Einfach mal probieren, die Bewegung und das Schieben mit dem linken Daumen ergeben sich wie von selbst. Aber vielleicht erklären es die beiden Bilder doch ein wenig:
schnitzen.JPG
Schnitztechnik1.JPG


Gleich geht es weiter...

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Re: Holzvögelchen-"Schnitzalong"

Beitrag von Royal Judge » 25.02.2011, 23:13

...weiter geht es (blöde 4-Bilder-Regel...)

Es wird nicht allzu lange dauern, bis die zuvor beschriebenen Schritte geschafft sind. Beim Schnitzen der Taille am Übergang Rücken-Schwanz muss man natürlich beachten, dass man sicher nur mit der Faser und in diese hinein schnitzen kann. Gegen die Faser schnitzen aber kann man auch mit einem noch so scharfen Messer kaum. Man muss daher auch einige Schnitte vom Schwanz aus in Richtung Rücken machen, um die Taille schön gerundet hinzubekommen.

Der Rohling sollte jetzt im Verhältnis zum fertigen Vogel ungefähr so aussehen:

nachher.JPG

nachher2.JPG


Ein Sicherheitshinweis noch zum Schnitzen:

Die hier gebrauchten Schitzmesser von Frost sind nicht nur scharf, sondern auch ziemlich spitz zulaufend. Bei den ersten Vögeln habe ich mir fast immer in die linke Hand geschnitten, das bleibt halt nicht aus, weil man ja auf recht kleinem Raum schnitzt. Auch wenn es meist nur ganz kleine Schnitte waren, blutet es doch heftig. Das ist deshalb dumm, weil man dann erstmal nicht weiterschitzen kann, ohne das Holz zu verdrecken. Es bietet sich daher an, am Anfang an der linken Hand einen Handschuh zu tragen. Das wird einem auch der linke Daumen danken, der ja wie ausgeführt von hinten Druck auf die Klinge ausübt und dann irgendwann auch mal schmerzt.

Außerdem braucht man bei der Daumen-Klingen-Schiebetechnik keine große Angst zu haben, dass man sich mit einem falschen Schnitt den ganzen Vogel versaut. Da man dabei ja eher kleine Schnitte macht und sich schrittweise vorarbeitet, kann man eigentlich immer noch korrigieren. Zur Not wird der Vogel halt kleiner/kürzer/schmaler.

Bis die Tage. Dann geht es im nächsten Schritt darum, aus dem Rücken den Kopf herauszuarbeiten.

Gruß

Christian

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