Traditionell oder Optimierungs Wahnsinn?

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Archiv
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Traditionell oder Optimierungs Wahnsinn?

Beitrag von Archiv » 21.11.2002, 19:49

Sicher hatten die Jäger mehr Übung, mehr Motivation. Vor allem gingen sie wohl näher ans Wild als wir an die meisten Scheiben. Das Pirschen ist mehr als der halbe Erfolg des Bogenjägers, denke ich.
Sie haben sicher, bevor es losging, am Dorfrand auf ein Grasbüschel geschossen, und sie "kannten" ihre Pfeile. Sie wussten, welchen Pfeil sie nehmen mussten, wenn absolut nichts schiefgehen durfte.
Auch bei Steinzeitjägern nimmt man übrigens Arbeitsteilung an, d.h. dass zum Beispiel einer besonders gut Spitzen machen konnte und dann seine Kameraden mit versorgte. Also denke ich wir dürfen uns auch helfen lassen, von Freunden oder einem Gerät.
Stefan

jaberwok

Traditionell oder Optimierungs Wahnsinn?

Beitrag von jaberwok » 21.11.2002, 20:12

Ich glaube nachdem was ich bisher so gelesen habe (das ist eigentlich meine ganze Erfahrung ;-)) ) dass wir uns viel zuviel kopp machen um diese Sachen. Ich sehe das gleiche beim Voderladerschiessen: da gibts Leute die Ihre Kugel besprechen, auswiegen und die Pulverladung auf ein 1/100 grain genau wiegen um dann doch keine "Innenzehn" zu schiessen. Schiessen in jeder Form hat meiner Meinung nach sehr viel mit 'innerer Ruhe' und Konzentration zu tun... ( Yoga Marty ;-)) ) mehr als materialschlacht (wobei Schei... lässt sich nicht polieren .... ) und wenns material ganz ung gar murks ist hilft kein Talent Beten oder alles andere. Deswegen habt einfach Spass an der Sache, ich denke das Motiviert schon ganz gut und wenn dann auch noch ein gweisser Erfolg dazukommt hat jeder von uns mehr erreicht als der Weltmeister im Super-Compound-alles erlaubt-was-weis-ich-denn!  Hugh! ;-)

Jab  

Taubert
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Traditionell oder Optimierungs Wahnsinn?

Beitrag von Taubert » 21.11.2002, 21:49

Ich glaube, das mit der "Ruhe" und "innerer Konzentration" ist ein wichtiger Punkt. Denn hier beginnt ein Schiessen, das sich der inneren Erfahrung beim Tun öffnet, und das meine ich umfassender als nur das Überprüfen oder Einschleifen solche Grössen wie Stand, Ankern u.ä.. Besonders wichtig halte ich das z.B. im zusmmanhang mit dem Thema Jagd, auf das schon Bezug genomen wurde.
Eines Tages befand ich mich im Wald und machte Chi-Gong-ähnliche Übungen, bei denen ich mich in vglw. langsamer Bewegung befand. Als ich mich mal umschaue steht 15 Meter neben mir ein Reh, das sich erst genähert haben muss und mich nicht zu bemerken scheint. Ich schaus mir also ruhig an (2-3 Minuten) und bekomme irgendwann den Gedanken, dass ich es in der Entfernung eigentlich mit einem Bogen schiessen könnte (damals hatte ich noch nicht einmal einen Bogen, es war einfach nur der Gedanke). In dem Moment schreckt es hoch, sieht ziemlich verdutzt drein und rennt panisch davon.
Letztens im Schwarzwald: Ich sitze an einer Wegeinfahrt und bruzzle mir ein Mittagessen auf abgelagerten Holzstämmen sitzend. Hinter mir eingerodetes Stück Wald, in dem Jungholz, Stämme und Grasflächen sich abwechseln. Während ich sitze und koche denke ich immer wieder, was für eine schöne Rehwiese und krieg den Gedanken nicht aus dem Kopf, dass es ggf. etwas zu erjagen geben könnte. Ich schaue deshalb öfters auf das Flurstück, kann aber nichts entdecken. Trotzdem krieg ich das mit dem Erjagbaren nicht aus dem Kopf. Als ich mich nach dem Essen zum Scheissen begebe, springen 20 Meter hinter meinem Sitzplatz zwei Rehe auf und jagen davon. So jäh, dass ich bei dem Lärm einen guten Schreck bekomme.
Jetzt der Bogen zurück zu "Ruhe" und "Konzentration" beim Schiessen. Wenn  ich das Zielen inhaltlich zurückstelle und mich z.B. auf einen betont langsamen Auszug vor dem Körper (ähnlich wie beim Kyudo) mit so (locker wie möglich) hängenden Ellenbogen und Schultern einem geraden Rücken bemühe, entsteht ein etwas quälendes Gefühl im Körper, das aber gleichzeitig vom Gefühl einer energetischen Aufladung begleitet ist. Das Schiessen selbst klappt dabei vglw. gut, insbesondere wenn man den "gequälten" Körper seine eigene Endposition suchen lässt. Der Bogen spannt dabei den Körper und verwirklicht dabei ggf. etwas wie Yoga, im Sinne einer Dehnung des Körpers. Nach 5 solchen Schüssen kriege ich Schweissausbrüche und beende das Schiessen. Gleichzeitig kehrt eine eigentümliche Ruhe und ein Gefühl des "gross-Seins" ein. Vielleicht ist eine solche Betrachtung des Bogenschiessens (der Bogen trainiert den Körper in ähnlicher Weise wie vielleicht Yoga das täte) etwas, das beim Bogenschiessen gerne in den Hintergrund tritt, wenn man es mit leblosen 3 -D-Tieren zu tun hat oder eine Optimierung über Technikdetails sucht.
Dieser etwas längere Beitrag zielt auf den Punkt a im Eingangsbeitrag, der sich mit einer ggf. besseren oder vielleicht auch anders ausgerichteten Begabung unserer Vorfahren bei der Bogenjagd bezieht.

entman
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Traditionell oder Optimierungs Wahnsinn?

Beitrag von entman » 21.11.2002, 21:57

Also ich hab spass, hat sich geklärt Unicorn, bin dir nicht bös. also ich ahb Spass!
Tradition heisst nicht die Asche aufheben, sondern die Flamme weiterreichen.
(Ricarda Huch)

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Marty
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Beitrag von Marty » 21.11.2002, 22:02

Ich bin genau derselben Meinung. Ich habe aber schon Schimpf und Schande dafür bekommen wenn ich sowas gesagt habe. :-) Ich schliesse mich Hennings Spruch an.
Amicus certus in re incerta cernitur

Nullman
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Traditionell oder Optimierungs Wahnsinn?

Beitrag von Nullman » 21.11.2002, 22:12

Natürlich kann man seinen Fanatismus, was das Material angeht, ins Tausendstel treiben. Das muss nun nicht sein.
Nur: Um eine Serie genau hinlegen zu können, MÜSSEN die Pfeile wenigstens einigermassen gleich sein! Wie will man sich den etwas antrainieren, wenn der erste Pfeil, weil zu weich, nach links abweicht, der nächste Pfeil, nach einer instinktiven Zielkorrektur, aber nach rechts, weil er härter ist?
Ich glaube nicht, dass, wenn man einen von mehreren gleich aussehenden Pfeilen aus dem Köcher zieht, der Körper sagt: Aha, das ist jetzt der Pfeil mit diesem oder jenem Verhalten, da muss ich dann mehr hierhin oder dahin!
Nur bei gleich gespinten und ausgewogenen Pfeilen kann man effektiv an der Schusstechnik arbeiten, weil ein wesentlicher Fehlerfaktor ausgeschlossen werden kann.

Meine 5 cent.
Der Sch?tzenverein:
Schiessen lernen, Freunde Treffen.

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Beitrag von Marty » 21.11.2002, 22:42

Für mich ist es nicht wichtig ob ein Pfeil krummer als der andere ist. Ich zieh den Pfeil aus dem Köcher und schaue zu dass ich treffe. Ich will am schiessen Spass haben. Wenn ich Punktegeil wäre, würde ich zun den Fitaisten gehen.
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Traditionell oder Optimierungs Wahnsinn?

Beitrag von locksley » 21.11.2002, 23:24

Was bringt mir die schönst Serie mit meinetwegen zwölf oder mehr oder weniger Pfeilen möglichst immer unter gleichen Bedingungen geschossen, mal abgesehen vom Selbstbewusstsein. Ich muss dann aber in der Lagre sein dieses Selbstbewusstsein das Ziel zu treffen auch unter Turnierbedingungen zu haben.
Denn was habe ich davon wenn ich weiss dass ich in der Lage bin viele Pfeile so nahe wie möglich ins Ziel zu bringen und auf einmal vor der Aufgabe stehe einen Pfeil unter widrigen Bedingungen wie hang- auf oder abwärts oder mit kalten Händen die lieber in einem mollig warmen Handschuh stecken würden, Seiten- oder Gegenwind und anderes mehr, wenn ich  unter diesen Bedingungen das Nervenflattern bekomme, da keiner der einstudierten Parameter mehr Gültigkeit besitzt? Da hilft dann nur Gelassenheit und das Wissen dass man in der Lage ist ein Ziel das man erreichen will auch erreichen kann. Man sollte sich dabei mehr auf sich selbst als auf sein technisch ausgereiftes Material verlassen. Wer nicht in sich selber ruht wird auch nie ein guter Bogenschütze werden, denn man muss auch in der Lage sein Niederlagen einzustecken und bereit sein aus seinen Fehlern zu lernen. Schliesslich gehe zumindest ich nicht auf ein Turnier um allen zu zeigen, dass ich der Beste bin, sondern um auszuloten wie gut oder schlecht ich im Vergleich zu anderen abschneide.
So jetzt genug des ernstes in erster Linie sollte der Spass stehen nicht das Material oder der Erfolg.
Ein grosser Mann wird weder vor dem Kaiser kriechen, noch einen Wurm zertreten (Benjamin Franklin)

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Traditionell oder Optimierungs Wahnsinn?

Beitrag von PeLu » 23.11.2002, 11:10

Jagen: Ich bin ja doch einiges im Wald und in den Bergen und zeitweise begegnen wir scheuem Wild viel näher als es die Jäger schaffen. Und das Wild erkennt Jäger als solche, auch wenn die die Waffe zerlegt im Rucksack haben. Das ist an und für sich eh seit Jahrhundertausenden bekannt. Die wahre Kunst der traditionellen Jagd ist eben das Wild nicht zu alarmieren.
Beid er heutigen Jagd geht es halt freilich genauso dahin wie bei allen anderen Sachen, nämlich mit Brachialgewalt in Form von Technik. Ich glaub', dass in meinem Hauptarbeitsgebiet die durchschnittliche Gams auf 150m geschossen wird, wenn nicht weiter.

Eigentlich sollt' ma einen Jagdthread machen (einen rein theoretischen freilich).

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Beitrag von PeLu » 23.11.2002, 11:47

@ taubert:
Was du von den Rehen erzählst, das sind tolle Erlebnisse! So etwas kennen sicher viele von uns, die öfter im Wald unterwegs sind.
Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder die Viecher können Gedanken lesen, oder wir bewegen uns anders, senden andere Körpersignale, wenn wir ans Jagen denken.
Es gibt ja auch das Phänomen, dass Zebras usw. immer genau wissen, ob der Löwe jagen will oder nicht. Eine satte Löwin kann ganz nah an die Herde ran.
Jetzt was Lustiges: Wenn ich im Sommer Fliegen erschlagen will, klappt's bei mir auch besser, wenn ich versuche, dabei an nichts oder etwas ganz anderes zu denken. Entweder ich bewege meine Hand entkrampfter und damit schneller, oder die Viecher können doch Gedanken lesen...
Stefan

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Beitrag von PeLu » 23.11.2002, 12:44

'Die Viecher können Gedanken lesen' ist m.E. nur wieder ein Versuch das Ganze in eines unserer Schemata zu pressen.

Wir (zumindest die meisten von uns .-) haben doch auch ein Gefühl dafür ob einem wer anderes an den Kragen will oder nicht. Nur Leut' die sich zuweit von der Natur (im weitesten Sinne) entfernt haben müssen sich dauernd fürchten.
Ich hab' es schon mehrfach geschafft in kritischen Situationen so aggressiv zu wirken, dass es zu nix Ärgerem gekommen ist....

Grad heute hatten wir beim Frühstück ein Gespräch, wie man unauffällig wirkt.

Um auf des Einhorns Anfang zurückzukommen:
In dieser Hinsicht waren die Altvorderen sicher von Natur aus besser als wir.

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Beitrag von locksley » 23.11.2002, 16:43

Wir haben ja im Prinzip die gleichen Instinkte wie unsere tierische Verwandschaft, nur gehen die in unserer heutigen technisierten Umgebung halt verloren. Wer kennt nicht das Gefühl beobachtet zu werden. Wir haben praktisch den gleichen "sechsten" Sinn für Gefahren wie ein Wildtier nur halt oft nicht mehr so ausgeprägt.
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Beitrag von PeLu » 25.11.2002, 13:32

Eben so ist es. Einerseits die Aufnahme der 'Daten' durch die Sinnesorgane und dann die Weiterverarbeitung. Was man benützt wird trainiert, alles andere verkümmert. Blinde Menschen haben nicht von Haus aus einen besseren Tastsinn, entwickelt sich eben (Binsenweisheit).
Naja und die Instinkte sind schon tw. ein bisserl unterschiedlich asugeprägt .-)

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