Re: Blutohr vs. Fahrradfahren
Verfasst: 09.08.2014, 08:09
Danke für den Link
Das ist ein offizieller Lehrfilm des japanischen Kyudoverbandes. Schon ein paar Jährchen alt, aber sehr gute klare Bilder. Einer der Übenden ist heute President des Kyudo-Weltverbandes und die Lehrerin im Film ist Japan's höchstgraduierte Schützin, die erste überhaupt, der man den 10. Dan verliehen hat, glaube ich.
Man muss nur etwas aufpassen, die Szenen im türkis-blauen Rahmen sind Fehler, die zu vermeiden sind.
Bei 8:10 sieht man aber z.B. sehr gut die Technik.
Da hat man einen sehr klaren Blick von hinten über den Pfeil und man sieht, die Sehne läuft so, dass das Ohr (und hier auch Brille) in der Schussbahn ist.
Und das ist natürlich völlig ok und korrekt so.
Wir hatten ja das Thema Körperspannung und Abschussgeschwindigkeit usw schon an anderer Stelle...
Ideal wäre, wenn der Schütze sich mittig in den Bogen stemmen könnte... so dass alle Kräfte sich gegenseitig aufheben. Das wäre quasi beide Arme fluchtend mit der Schulterlinie 180 Grad gesteckt... Dann bräuchte er das Minimum an Kraft sich selbst in der Waage, und die Spannung im Bogen zu halten. Praktisch geht das natürlich nicht.
Die Technik hier ist das Optimum, denke ich, das praktisch erreichbar ist.
Wäre es mehr, dann wäre zu viel vom Körper in der Schussbahn, und der Zugarm ist ja einfach etwas vor dem Körper, den kann man nicht in die Flucht mit der Schulterlinie bringen ohne die Schulter hinter zu ziehen. Dadurch würde aber der Torso in sich verspannt und die Fluchtung ginge auch wieder verloren...
Ist das System Bogen-Schütze in sich weniger "fluchtend", dann muss der Rücken mehr tun.
Je weiter der Bogen vor den Körper kommt, desto mehr muss der Schütze den Rücken einsetzen um sich zu stabilisieren und die Zugspannung zu halten.
Die ganze Idee hinter der japanischen Technik ist Effizienz.
Längst-möglicher Beschleunigungsweg, grösst-mögliche Körperstabilität, und damit Druck hinterm Pfeil...
Die Technik schont die Gelenke und bringt doch Dampf auf den Pfeil. Die Drehung des Bogens trägt da massgeblich bei - sie ist zunächst einfach notwendig, dass die Sehne nicht den Körper streif, sie korrigiert aber auch die Flugbahn und erlaubt ein "Auslaufen" des Bogens nach dem Schuss, was die Bogen-Eigenvibration dämpft. Und dann ist da noch die Möglichkeit der zusätzlichen Beschleunigung...
Klar, in gewissem Maße ist jede traditionelle Technik bestrebt "in den Bogen zu steigen", in Japan hat man das aber eben bis zum Letzten ausgereizt. Mehr in den Bogen kann man nicht und weiter ausziehen auch nicht, ohne sich selbst zu verspannen oder zu behindern.
In sofern ist die Technik hier eben für uns im Kyudo ein Absolut - weniger darf nicht und mehr geht nicht.
Der Vergleich mit Fahrrad und intuitiven Schiessen hinkt da wie immer, weil es eben nicht "intuitiv" gemacht wird, sondern ganz bewusst und mit höchster Sorgfalt. Und zum ich-weiss-nicht-wie -vielten Mal... wir zielen auch bewusst (zumindest beim Erlernen der Technik).
Die Sehne muss also hinters Ohr... nicht irgendwie sondern auf ganz bestimmte Weise. Und dann muss sie da eben auch wieder vorbei. Das ist Technik und wird auch so geübt - am Anfang nur mit Gummiband, damit es eben nicht zu Verletzungen kommt.
Trotzdem kommt es am Anfang gelegentlich auch mal vor, dass die Sehne den Schützen streift oder 'ne Brille mitnimmt.
Primär ist der Grund fehlende Torsionsspannung auf dem Bogen im Lösen, es kann aber auch an der Haltung liegen. Ist der Bogen zu stark (oder der Schütze ermüdet) dann kommt im Aufziehen gern mal der Kopf nach vorne... man hängt sich quasi in den Bogen hinein...
Ein eher selteneres Problem, denke ich, ist dass man den Kopf nicht genug dreht...kommt aber auch vor. Da schlägt die Sehne aber dann eher am Wangenkrochen an... Ich hatte das gelegentlich bedingt durch Probleme mit der Halswirbelsäule.
Gruss,
Mark
Das ist ein offizieller Lehrfilm des japanischen Kyudoverbandes. Schon ein paar Jährchen alt, aber sehr gute klare Bilder. Einer der Übenden ist heute President des Kyudo-Weltverbandes und die Lehrerin im Film ist Japan's höchstgraduierte Schützin, die erste überhaupt, der man den 10. Dan verliehen hat, glaube ich.
Man muss nur etwas aufpassen, die Szenen im türkis-blauen Rahmen sind Fehler, die zu vermeiden sind.
Bei 8:10 sieht man aber z.B. sehr gut die Technik.
Da hat man einen sehr klaren Blick von hinten über den Pfeil und man sieht, die Sehne läuft so, dass das Ohr (und hier auch Brille) in der Schussbahn ist.
Und das ist natürlich völlig ok und korrekt so.
Wir hatten ja das Thema Körperspannung und Abschussgeschwindigkeit usw schon an anderer Stelle...
Ideal wäre, wenn der Schütze sich mittig in den Bogen stemmen könnte... so dass alle Kräfte sich gegenseitig aufheben. Das wäre quasi beide Arme fluchtend mit der Schulterlinie 180 Grad gesteckt... Dann bräuchte er das Minimum an Kraft sich selbst in der Waage, und die Spannung im Bogen zu halten. Praktisch geht das natürlich nicht.
Die Technik hier ist das Optimum, denke ich, das praktisch erreichbar ist.
Wäre es mehr, dann wäre zu viel vom Körper in der Schussbahn, und der Zugarm ist ja einfach etwas vor dem Körper, den kann man nicht in die Flucht mit der Schulterlinie bringen ohne die Schulter hinter zu ziehen. Dadurch würde aber der Torso in sich verspannt und die Fluchtung ginge auch wieder verloren...
Ist das System Bogen-Schütze in sich weniger "fluchtend", dann muss der Rücken mehr tun.
Je weiter der Bogen vor den Körper kommt, desto mehr muss der Schütze den Rücken einsetzen um sich zu stabilisieren und die Zugspannung zu halten.
Die ganze Idee hinter der japanischen Technik ist Effizienz.
Längst-möglicher Beschleunigungsweg, grösst-mögliche Körperstabilität, und damit Druck hinterm Pfeil...
Die Technik schont die Gelenke und bringt doch Dampf auf den Pfeil. Die Drehung des Bogens trägt da massgeblich bei - sie ist zunächst einfach notwendig, dass die Sehne nicht den Körper streif, sie korrigiert aber auch die Flugbahn und erlaubt ein "Auslaufen" des Bogens nach dem Schuss, was die Bogen-Eigenvibration dämpft. Und dann ist da noch die Möglichkeit der zusätzlichen Beschleunigung...
Klar, in gewissem Maße ist jede traditionelle Technik bestrebt "in den Bogen zu steigen", in Japan hat man das aber eben bis zum Letzten ausgereizt. Mehr in den Bogen kann man nicht und weiter ausziehen auch nicht, ohne sich selbst zu verspannen oder zu behindern.
In sofern ist die Technik hier eben für uns im Kyudo ein Absolut - weniger darf nicht und mehr geht nicht.
Der Vergleich mit Fahrrad und intuitiven Schiessen hinkt da wie immer, weil es eben nicht "intuitiv" gemacht wird, sondern ganz bewusst und mit höchster Sorgfalt. Und zum ich-weiss-nicht-wie -vielten Mal... wir zielen auch bewusst (zumindest beim Erlernen der Technik).
Die Sehne muss also hinters Ohr... nicht irgendwie sondern auf ganz bestimmte Weise. Und dann muss sie da eben auch wieder vorbei. Das ist Technik und wird auch so geübt - am Anfang nur mit Gummiband, damit es eben nicht zu Verletzungen kommt.
Trotzdem kommt es am Anfang gelegentlich auch mal vor, dass die Sehne den Schützen streift oder 'ne Brille mitnimmt.
Primär ist der Grund fehlende Torsionsspannung auf dem Bogen im Lösen, es kann aber auch an der Haltung liegen. Ist der Bogen zu stark (oder der Schütze ermüdet) dann kommt im Aufziehen gern mal der Kopf nach vorne... man hängt sich quasi in den Bogen hinein...
Ein eher selteneres Problem, denke ich, ist dass man den Kopf nicht genug dreht...kommt aber auch vor. Da schlägt die Sehne aber dann eher am Wangenkrochen an... Ich hatte das gelegentlich bedingt durch Probleme mit der Halswirbelsäule.
Gruss,
Mark