Sehnenbacking-Anleitung

Sammlung von Bauanleitungen zum Thema Bogenbau
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Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von Snake-Jo » 10.12.2010, 15:08

Anleitung für ein Sehnenbacking

Diese Anleitung einschließlich der Bilder gab es schon einmal in Fletchers-Corner. Sie ist leider bei diversen Computer-Crashes im Nirwana verschwunden und wurde auch nie wieder hervorgeholt. Mein alter PC hatte jedoch noch die Datei, wenn auch die Bilder teilweise nur noch in "klein" vorhanden waren. Dies bitte ich zu entschuldigen. Aus aktuellem Anlass (s. Bogenbauertreffen bei Dirk) nun hier eine Neuauflage.

edit: Auch bei der Neuauflage sind die Bilder verschwunden, daher eine Version mit Bilder nur noch als PDF. Download hier:
Sehnenbacking.pdf
(234.52 KiB) 1114-mal heruntergeladen


Die Anleitung wendet sich an den fortgeschrittenen Bogenbauer; Fachausdrücke können im Fletchers-Corner-Lexikon nachgeschlagen werden.

Wann ist es sinnvoll, ein Sehnenbacking auf den Bogenrücken aufzutragen?
In erster Linie erhöht ein Sehnenbacking die Stabilität des Bogenrückens, indem es Zugspannungen aufnimmt, die von dem Bogenholz schlecht "verkraftet" werden. Darüber hinaus verhindert der Sehnenbelag, dass die Holzfasern an der Oberfläche des Bogenrückens aufbrechen. Ein Sehnenbacking bewirkt, dass man den Bogen kürzer bauen und/oder weiter ausziehen kann und nicht unbedingt einem Jahresring am Bogenrücken folgen muss. Weiterhin wird das Zuggewicht und die Leistung des Bogens erhöht. Ein Sehnenbacking kann jedoch kein schlechtes Bogenholz verbessern und die Gefahr des Bogenbruchs ist dadurch - trotz des großen Aufwandes - nicht gebannt. Für wuchtige und im Querschnitt tiefe Langbogen ist ein Sehnenbacking ebenfalls ungeeignet, da der Effekt kaum erkennbar wird.
Zuletzt geändert von Snake-Jo am 12.12.2010, 10:48, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von Snake-Jo » 10.12.2010, 15:13

1. Materialien: Beschaffung, Preise

1.1 Sehnen


Kostenlose Sehnen als Rohmaterial bekommt man vom Jäger: die unteren Läufe von Rehen, Hirschen und Damwild haben keinen verwertbaren Fleischanteil und werden in der Regel abgetrennt und weggeworfen. Daher besteht die Möglichkeit, für ein gutes Wort das begehrte Rohmaterial kostenlos zu bekommen. Wenn man die Läufe nicht sofort verarbeiten kann, sollte man sie einfrieren. Bei kühlen Temperaturen kann man die Läufe auch bis zu 2 Wochen lagern, ohne das sie "Geruch annehmen".

Sehnen aus dem Rücken mancher Haus- oder Wildtiere (Rind, Pferd, Hirsch, Damwild, Wildschwein u.a.) sind vergleichsweise schwieriger zu bekommen, da diese nur von fachkundigen Metzgern "herausgeschnitzt" werden können. Bei der heuti-gen Praxis, Schlachttiere gleich in Portionen zu zerlegen, muss man rechtzeitig Bescheid geben, um eine unzerschnittene, lange Rückensehne zu bekommen. Allerdings sind Rückensehnen z.B. vom Rind nicht so homogen aufgebaut wie Beinsehnen. Man benötigt sehr viel Kraft, um sie zu zerlegen und muss genau zwischen unbrauchbarem Sehnenscheidenmaterial und den eigentlichen Sehnenfasern unterscheiden können.
Eine weitere Möglichkeit, an Sehnenmaterial zu kommen, ist ein Einkauf im Tiermarkt: Im Regal "Kauknochen für Hunde" sind manchmal Sehnen-"Knochen" vom Rind versteckt. Man achte beim Kauf darauf, dass die Kauteile aus längsgestreckten Fasern bestehen und nicht aus homogenen Strukturen von Rinderhäuten.
Der Fachhandel bietet ebenfalls Sehnenmaterial an. Die Preise sind hoch, wenn man bedenkt, dass Sehnen Abfallprodukte sind. Aufbereitete (zerfaserte) Sehnen sind allerdings ihren Preis wert.
Zuletzt geändert von Snake-Jo am 12.12.2010, 10:50, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von Snake-Jo » 10.12.2010, 15:23

1.2 Knochenleim, Hautleim, Fischblasenleim

Über den Fachhandel, z.B. Restaurationsbetriebe, große Tischlereien oder im Internet-Handel erhält man verschiedene Leimsorten in Form von getrockneten Platten oder Pellets. Knochenleim ist für harte Verbindungen, z.B. von Holzteilen, Hautleim für elastische Verbindungen, und damit für unsere Zwecke bestens geeignet. Fischblasenleim (Hausenblasenleim) erfüllt hohe Festigkeitsansprüche und ist daher am hochwertigsten. Er ist jedoch aufgrund der eingeschränkten Fangquote von Stören (Hausen) sehr teuer. Hasenleim liegt irgendwo dazwischen.

Hautl-Platt.jpg

Hautleim-Plättchen und Plattenmaterial

Selbstverständlich kann man Hautleim aus alten Sehnenresten auch selber herstellen. Dies ist eine aufwendige Prozedur und nicht Thema dieser Anleitung, denn der geringe Preis und die hohe Ergiebigkeit von Hautleim rechtfertigt den Aufwand nicht.

1.3 Werkzeug- und Geräteliste zum Bearbeiten und Auftragen der Sehnen

    Sehnen herausarbeiten und trocknen: scharfes Messer, Salz oder Pökelsalz
    Fasern trennen: Hammer, Amboss (beides ohne scharfe Kanten), Karde (selber bauen)
    Leim zubereiten: Leimtopf, Wasserbadtopf, alte Herdplatte oder Wasserkocher, Thermometer
    Sehnen auftragen: Raspel, Sägeblatt, Wasserschüsseln und Handtücher, Heißluftpistole, eventuell Elastikband (Hosen-Gummiband), Mullbinden, Flachpinsel
Zuletzt geändert von Snake-Jo am 13.12.2010, 18:11, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von Snake-Jo » 10.12.2010, 16:35

2. Vorbereiten des Sehnenmaterials

2.1 Sehnen aus dem Unterlauf herausarbeiten


Ich verwende vorzugsweise Hirsch-Hinterläufe: diese ergeben bis zu 58 cm lange Sehnenstränge, während man aus dem Hinterlauf eines Rehes nur ca. 30 cm lange erhält.
Die Sehnen werden mit einem scharfen Messer aus dem Lauf herausgeschnitten. Dies geht relativ einfach, da die Läufe der genannten Tierarten faktisch nur aus Haut, Sehnen, Knochen und Hufschalen bestehen. Nach Entfernen des Fells sieht man die Sehnen blank am Knochen liegen: eine kleine an der Vorderseite, eine große an der Hinterseite. Will man die Sehnen in voller Länge herausarbeiten, muss man die durch die Gelenke ziehenden Stränge mit herauslösen. Für das Backing eines kurzen (130 cm) Reiterbogens mit doppelter Sehnenschicht benötigt man mindestens 8 Reh- oder 4 Hirsch-Hinterläufe (s.u.).
Hirschbeinsehnen.jpg


2.2 Sehnen trocknen

Die herausgetrennten Sehnen werden eingepökelt oder unbehandelt an einem warmen Ort (Heizung) getrocknet. Eingepökelte Sehnen verwesen nicht und riechen daher nicht so streng wie unbehandelte. Zudem werden sie nicht von Schadinsekten befallen. Anfangs zieht das Salz viel Luftfeuchtigkeit an und die Sehnen werden feucht, bevor sie trocknen. Zur weiteren Verarbeitung müssen die Sehnen hart und knochentrocken sein.

gepökelte Sehnen.jpg

Gepökelte Sehnen können Feuchtigkeit ziehen

Sehnengetrocknet.jpg

Getrocknete Sehnen müssen immer trocken gelagert werden
Zuletzt geändert von Snake-Jo am 12.12.2010, 10:54, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von Snake-Jo » 10.12.2010, 16:42

2.3 Sehnenfasern trennen

In einem Sehnenstrang sind die einzelnen Fasern relativ fest miteinander verbunden und von einer Sehnenscheide umgeben. Zum Lockern ist hartes Gerät aus Stahl erforderlich: Hammer und Amboss. Damit klopft man die Sehnenstränge so lange breit, bis sich die einzelnen Fasern von einander lösen.

Sehnen zerfasert.jpg


Mit der Hand werden sie grob auseinander gezogen und dann in einer Karde gekämmt bzw. aufgefasert, bis die einzelnen Fasern fadendünn sind.
Faserung.jpg
Von unten nach oben die verschiedenen Schritte zur Zerfaserung

Sehne-klopf.JPG

Aus der oben abgebildeten Sehne erhält man so ein ganzes Büschel von Fasern

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Re: Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von Snake-Jo » 10.12.2010, 16:47

Eine Karde kann man sich selbst bauen: Eine kleine Holzplatte wird mit Bohrungen versehen, die nicht ganz dem Durchmesser der gewählten Stahlnägel entsprechen. Die Stahlnägel (Bildernägel, Fußleistennägel) werden durch die Bohrungen geschlagen. Um ein Durchrutschen der Nägel zu verhindern, wird ein gleichartiges Brettchen gegen die Seite mit den Nägelköpfen geleimt.
Karden.JPG


2.4 Sehnen bündeln

Die einzelnen Sehnenfasern werden der Länge nach sortiert und gebündelt. Jedes Bündel besteht aus rund 5-10 Fasern mit ungleichmäßig hervorstehenden Enden. Diese sind später beim überlappenden Verleimen wichtig.
Bündel.jpg

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Re: Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von Snake-Jo » 10.12.2010, 18:07

2.5 Sehnenbündel wässern und sortieren

Die Sehnenbündel werden durch Wässern in Spüliwasser entfettet (10-30 min.) und danach sortiert und in Zeitungspapier eingeschlagen. Dadurch bleiben sie eine Zeit lang feucht.
Spülibad.JPG
Zeitung.JPG

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Re: Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von Snake-Jo » 10.12.2010, 18:11

3. Hautleim vorbereiten

Hautleimplättchen (für den ersten Arbeitsgang reicht eine Hand voll) werden in ein Marmeladenglas oder einen metallenen Leimtopf gegeben, mit Wasser in doppelter Schichthöhe überdeckt und eine Stunde gewässert. Plattenmaterial benötigt wesentlich mehr Zeit zum Aufweichen als Leimplättchen, weshalb ich letztere empfehle.
Wasserbad.JPG


Leimtopf bzw. Marmeladenglas werden ins Wasserbad gestellt und erwärmt (Stufe I auf der Herdplatte bzw. schwache Hitze einstellen), bis sich alle Plättchen in eine sirupartige Masse verwandelt haben. Wenn der Leim zu dünn geworden ist, reicht es meistens aus, die Flüssigkeit so lange zu simmern, bis genügend Wasser verdampft ist. Dabei nicht über 65° erhitzen. Die beste Konsistenz entspricht dünnflüssigem Honig.
Konsistenz.JPG

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Re: Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von Snake-Jo » 10.12.2010, 18:16

4. Bogenrücken vorbereiten

Vorzugsweise werden alle Bögen vor dem Belegen mit einem Sehnenbacking fertig getillert und rückwärts gespannt: die Sehne im Griffbereich sollte bei körperlangen Langbogen ca. 10-15 cm, bei Reiterbogen bis zu 40 cm Abstand vom Bogenrücken haben. Die Vorspannung erhöht den Wirkungsgrad des Bogens und verringert ein Stringfollow.
Der rückwärts gespannte Bogen wird am Rücken mit einer Raspel oder einem Sägeblatt aufgeraut. Wischen mit einem nassen Schwamm bewirkt, dass sich die Holzfasern aufstellen. Danach muss der Bogenrücken wieder trocknen.
Rücken-rauh.JPG


5. Aufkleben der Sehnen
Welche Teile des Bogens mit einem Backing belegt werden, hängt vom Bogentyp ab. Grundsätzlich sollten – um Gewicht zu sparen – nur die sich biegenden Teile der Wurfarme mit einer Übergangszone von ca. 7 cm mit Sehnen belegt werden. Bruchgefährdete Teile, wie z.B. dünne Wurfarmenden können allerdings auch mit einem Sehnenbelag stabilisiert werden (Tipps).
Der ca. 50-65°C heiße Hautleim wird mit einem Flachpinsel auf den trockenen Bogenrücken aufgetragen. Um eine bessere Verbindung mit dem Holz zu bewirken, sollte man den Bogenrücken nach dem Leimauftrag mit einem Heißluftfön erwärmen; dünnflüssiger Leim zieht tiefer ins Holz ein und schafft eine bessere Verbindung mit dem Sehnenbelag.
Einstreichen.JPG


Die Sehnenbündel werden in den rund 40°C warmen Leim getaucht. Achtung: Zu heißer Leim lässt die Sehnenfasern denaturieren, so dass sie ihre elastischen Eigenschaften verlieren. Man erkennt es am Kräuslen der Faser.
Nach dem Eintauchen wird überschüssiger Leim zwischen den Fingern abgestreift.
ausdrücken.JPG
Zuletzt geändert von Snake-Jo am 14.12.2010, 14:14, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von Snake-Jo » 10.12.2010, 18:26

Auf der Mittellinie am Griff beginnend werden nun Sehnenbündel neben Sehnenbündel in Richtung der beiden Seitenkanten parallel zur Mittellinie aufgetragen und mit einem nassen Finger glatt gestrichen.
Sehne-auf.JPG


Die Bündel sollten etwas ausfasern und auf unterschiedlichen Ebenen enden, damit die Überlappungsstelle (zwischen den roten Strichen) nicht zu sehr aufträgt. Das auf dem Bild sichtbare vordere Bündel wurde abgeschnitten, so dass die Fasern bündig enden. Dies ist nicht empfehlenswert. In Richtung Bogenende wird das nächste Bündel überlappend an das mittlere angeschlossen und zur Kante hin gearbeitet.
Schicht.JPG


Man kann dabei dem folgenden Legeplan nachgehen: In der Mitte des Wurfarms beim Griff beginnend arbeitet man zur unteren Kante hin. Dann wird Richtung Tipp angelegt und wieder nach unten weiter gearbeitet. Hat man den halben Wurfarm belegt, folgt die obere Hälfte sinngemäß und abschließend auch die seitliche Kante vom Wurfarm (grün = 9).
Legeplan.jpg
Zuletzt geändert von Snake-Jo am 14.12.2010, 14:17, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von Snake-Jo » 11.12.2010, 08:43

Legeplan2.jpg

Auch dieser Legeplan wäre sinnvoll. Grundsätzlich ist es aber egal, welchem Legeplan man folgt. Hauptsache: Gleichmäßig dick und schöne Übergänge bzw. Überlappungen. Der fertig aufgetragene Sehnenbelag wird nochmals mit verdünntem Hautleim eingepinselt, abschnittsweise mit der Heißluftpistole erwärmt und der Belag sofort mit einem nassen Finger nochmals geglättet. Dabei kann man schief verlaufende Sehnenstränge ein letztes Mal gerade rücken.


6. Trocknen der Sehnenschicht und zweiter Belag

Die fertige Sehnenschicht läßt man einige Tage im warmen Zimmer trocknen.
Wenn der Belag trocken ist, erkennt man schön die parallele Lage der einzelnen Fasern.
trockener Belag.jpg


Übrig gebliebenen Leim läßt man eintrocknen bzw. gelieren. Feuchter Leim ist jedoch ein guter Nährboden für Schimmelpilze. Einfrieren verhindert, dass der Leim schimmelt, verschlechtert jedoch die Qualität; daher ist es besser, jedes Mal neuen Leim aufzubereiten.
Um ein gleichmäßiges, 3 mm dickes Sehnenbacking (ideale Gesamtschichtdicke bei Reiterbogen bzw. Composit-Reflexbogen) zu bekommen, ist eine zweite oder auch dritte Schicht notwendig. Man verfährt wie bei der ersten Schichtung: Leim aufpinseln und leicht erwärmen, um die erste Schicht anzulösen; Bündel für Bündel auftragen und dabei gleichzeitig die Senken und Erhebungen der ersten Schicht ausgleichen.
Nicht grundsätzlich, sondern nur innerhalb geringer Grenzen gilt:
- Je dicker die Sehnenschicht ist, umso mehr Zugkraft gewinnt man.
- Wird die Schicht zu dick, wird der Bogenarm zu schwer und die Reaktion langsamer.
Es gilt daher, das richtige Mittelmaß zu finden. Erfahrene Bogenbauer bringen auf Reiterbögen in der Regel zwei bis drei Schichten mit einer Endstärke von 3 mm auf. Bei Langbögen mit dickeren Wurfarmen kann die Sehnenschicht durchaus auch dicker werden.
Die letzte Schicht sollte leicht ballig angelegt werden, sodass der Wurfarm eine leichte Wölbung von der linken zu rechten Kante aufweist. Diese Schicht läßt man ca. eine Stunde "an-gelieren". Dann kann man sie mit einem Elastikband (Gummihosenband für Pyjamas) umwickeln, so dass noch ein wenig Luft an den Leim kommt. Beim Wickeln des Gummis achtet man darauf, dass man nur auf der Unterseite Spannung erzeugt und dann über der Sehnenschicht nur mit wenig Zugspannung auflegt. Das verhindert ein Verrutschen der Sehnenstränge. Wenn man nun am fertig gewickelten Wurfarm nochmals mit dem Daumen in Längsrichtung streicht, erhält man später eine perfekte Oberfläche.
Das Gummiband kann man nach einem Tag entfernen. Den belegten Bogen trocknet man rückwärts gespannt ca. 1 Woche an einem warmen Ort.
Dateianhänge
Gummiband.jpg
Zuletzt geändert von Snake-Jo am 14.12.2010, 14:20, insgesamt 5-mal geändert.

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Re: Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von Snake-Jo » 11.12.2010, 08:55

Die Sehnenschicht ist trocken, wenn sie überall hornhart geworden ist. Durch Zusammenschrumpfen der Fasern beim Trocknen ist die Sehnenschicht in der Lage, einen dünnen Bogen in einen Reflex zu biegen. Die Rückspannschnur, die bei dem Reiterbogen (Bild oben) noch eingespannt zu sehen ist, fällt dann ab bzw. hängt durch. Ein Longbow aus ca. 15 mm dickem Eibenholz wird durch ein Sehnenbacking nicht gebogen.
Beim ersten vorsichtigen Aufspannen hört man ein Knistern. Das Geräusch wird von brechendem Leim an den Stellen hervorgerufen, wo er zu dick und ohne Sehnenmaterial vorliegt. Dieses Knister- und Knackgeräusch ist "gewöhnungsbedürftig", aber typisch für ein Sehnenbacking und verschwindet nach einigen Aufspannversuchen.

Die Rolle der Heißluftpistole
Die HLP kann man einsetzen:
- Zum Verflüssigen des Hautleims auf dem Holz, dadurch besseres Vernetzen und bessere Klebewirkung
- Zum Verflüssigen des Hautleims auf der Sehnenschicht, dadurch besseres Eindringen zwischen die Fasern und bessere Haltbarkeit des Bogens
- Anschmelzen der alten Leimschicht für die zweite oder dritte Sehnenschicht in Kombination mit Einpinseln von heißem Wasser oder dünnflüssigem Hautleim
- Immer dann, wenn der Hautleim zu früh geliert

7. Endbehandlung

Nach dem Trocknen der letzten Schicht kann man hochstehende Grate und Faserchen mit einer Schabeklinge oder Sandpapier leicht abtragen, die Oberfläche nochmals mit Hautleim einpinseln und mit einem nassen Finger eine glatte Abschluss-Schicht formen. Dies ist die Ausgangslage für ein Rohhaut- oder Schlangenhaut-Backing.
Schl-Haut.JPG

Schlangenhaut auf Sehnenbelag

Natternhemd.jpg

Natternhemd auf Sehnenbelag

Lederbacking.jpg

Dünnes Leder mit Bemalung auf Sehnenbelag

Das Vorbereiten der Sehnenbündel ist sehr arbeitsaufwendig und dauert - je nach Materialmenge - einige Stunden. Für das Aufkleben benötigt man nach einiger Übung und je nach Bogenbreite und Länge 1 bis 1,5 Stunden. Das Ganze ist außerdem eine sehr klebrige Angelegenheit, daher empfiehlt es sich, immer eine Schüssel mit Seifenwasser und ein Handtuch bereit zu stellen.
Eigentlich macht man folgendes: Man reißt die Sehnen aus ihrem Verband, trocknet sie, zerfasert sie, weicht sie wieder auf und klebt sie zu einem neuen Verbund wieder zusammen. Ziemlich umständlich, oder? Trotzdem viel Spaß!! :) :)

@Acker: Bitte warte noch bis Dienstag, muss nochmals alles durchschauen und Fehler rausnehmen!

@all: Möchte noch jemand speziell was eingebaut haben? Oder noch ein Bild? Noch können wir interaktiv dran arbeiten, bevor es endgültig fixiert wird.
Zuletzt geändert von Snake-Jo am 13.12.2010, 18:24, insgesamt 6-mal geändert.

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Re: Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von Snake-Jo » 12.12.2010, 09:39

Perfektion ist ein in letzter Konsequenz unerreichbares Ziel und der Weg dorthin führt stets über Irrtümer und Fehler.
Hartmut Laufer, Dipl.-Ing., Führungskräftetrainer und Managementautor
Quelle : »Vertrauen und Führung«, GABAL Verlag, 2007



So, das war das Wort zum Sonntag. ;)
Jetzt können noch Kommentare gepostet oder Wünsche bezüglich weiterer Bilder geäußert werden. Am Dienstag machen wir dann die Anleitung dicht. :)

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Re: Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von juma » 12.12.2010, 10:43

Wahnsinnig gute Anleitung! Schon gestern 2 mal durchgelesen und viele kleine neue Details entdeckt. Danke!

Muss eine riesen Arbeit gewesen sein und Bilder sind auch wie immer super. Bis auf Skerm seine Badezimmermethode: Luftfeuchtigkeit erhöhen, wenn Leim zu schnell geliert - fällt mir nichts ein.

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Re: Sehnenbacking-Anleitung

Beitrag von szuku76 » 12.12.2010, 13:13

Hallo Snake-Jo,

wusstest du, dass man auch so die Sehne rausziehen kann?

Hier ist ein kleines Vid, wie man schnell die Sehne aus dem Hirschbein rauskriegt:

http://www.youtube.com/watch?v=7czn8pcRmYU

Schön nachmachen, wenn ihr nicht ungarisch spricht :-)

Ich denke, das wird euch allem sehr viel helfen, weil man nicht den gesamten Bein auseineander nehmen muss...

Gruß

Laszlo

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