Mittelalterliche Schießtechniken in Europa

Bogenschiessen in der Praxis, mediterran, Daumentechnik u.a.
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the_Toaster (✝)
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Mittelalterliche Schießtechniken in Europa

Beitrag von the_Toaster (✝) » 03.10.2008, 18:05

Alsooo...

Es scheinen ja immer wieder Diskussionen aufzukommen, welche Schießtechnik im Mittelalter die einzig Wahre gewesen sein mag.

Ich möchte nun einmal die These aufstellen, dass im Mittelalter auf alle möglichen Arten geschossen wurde.
Die Schiesstechnik war natürlich regional verschieden und hing vom geschossenen Bogen ab.

Anführen möchte ich hierbei die zahlreichen Abbildungen von Bogenschützen in diversen mittelalterlichen Darstellungen.

Es wird über den Handrücken geschossen.
Es wird über den Daumen geschossen.
Es wird mit zwei Fingern gezogen.
Es wird mit drei Fingern gezogen.
Es wird mit dem Daumen gezogen.
Die Händigkeit war auch nicht wichtig.
Es wird die Nock gezogen.
Es wird die Sehne gezogen.

Das Argument, dass die Zeichner der Illustrationen von der Sache keine Ahnung hatten lasse ich nicht gelten.
Im Gegensatz zu heute lebten die Menschen sehr dicht aufeinander schon allein um sich in der noch recht feindlichen Umwelt gegenseitig Schutz zu gewähren.
Ich denke daher, dass die Illustratoren sehr genau wussten wie das Bogenschießen funktionierte da sie bereits in ihrer Kindheit mitbekommen haben müssen wie andere Menschen trainierten falls sie nicht selbst mit dem Bogen umgehen konnten.

Und jetzt.
Diskussion:
Es hat keinen Sinn zu versuchen einen Sinn im Versuchen des Menschen zu erkennen.

Es ist traurig zu glauben, dass der Mensch stets schlecht sei.

Dominic Hopp
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Re: Mittelalterliche Schießtechniken in Europa

Beitrag von Dominic Hopp » 03.10.2008, 18:57

Das meiste klingt plausibel, außer des Ziehen der Nocke.
Der ganze Zug des Bogens müsste mit der Haftreibung Finger-Holz ausgeglichen werden. Spätestens ab 30# schafft man das nicht mehr: Entweder die Noche bricht oder der Pfeil haut ab, ohne dass man es wollte.

Die Darstellungen, bei denen der Pfeil selbst gezogen wird gehen vermutlich auf Fehlinterpretationen der Daumentechnik zurück.
Um ein Meistersch?tze zu werden, musst du aufh?ren einer sein zu wollen.

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the_Toaster (✝)
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Ergänzung: Mittelalterliche Schießtechniken in Europa

Beitrag von the_Toaster (✝) » 03.10.2008, 20:48

Kleine Ergänzung:

Immerhin war der Bogen ein ähnlich populärer Alltagsgegenstand wie heute das Auto.
Dem entsprechend wurde er nicht nur zur Jagd oder im Krieg eingesetzt sondern war auch ein Statussysmbol mit dem man auch ziemlich zweckfremd (wie mit dem Auto) umging.
Zuletzt geändert von the_Toaster (✝) am 04.10.2008, 09:03, insgesamt 1-mal geändert.
Es hat keinen Sinn zu versuchen einen Sinn im Versuchen des Menschen zu erkennen.

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Anuk
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Re: Mittelalterliche Schießtechniken in Europa

Beitrag von Anuk » 06.10.2008, 13:34

@toaster: Was genau meinst du denn mit "Alltagsgegenstand"? Das kann ich nicht so ganz nachvollziehen, jedenfalls nicht, wenn es die Allgemeinheit betreffen sollte, schließlich ist sowohl die Jagd als auch die Verteidigung nicht für alle freigegeben gewesen. Ansonsten würde ich sagen, wenn man sein Leben von der Verteidigung abhängig machen will, dann wäre ich in Hinsicht auf die Technik auch eher tolerant, bzw. sollte man mehr als eine drauf haben, falls mal ein Fingerchen verloren geht.
Und mein geflügelt Werkzeug ist mein Wort (F.S.)

Haben Sie die Lösung oder sind Sie selbst Teil des Problems?

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Re: Mittelalterliche Schießtechniken in Europa

Beitrag von skerm » 06.10.2008, 13:58

Nicht nur, daß irgendwie geschossen wurde, die englischen Kriegsbögen hatten auch den Splint am Bauch und das Kernholz am Rücken! Davon gibt es Abbildungen und die Zeichner hatten natürlich Ahnung von der Sache.

Daniel

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Re: Mittelalterliche Schießtechniken in Europa

Beitrag von skerm » 06.10.2008, 14:12

Hier noch eine vernünftige Abbildung, in der sich Franzosen und Engländer die Pfeile und Lanzen nicht fast gegenseitig in die Nasen bohren  :D

http://www.scortonarrow.com/forum.htm
(ganz unten das linke Bild)
Zuletzt geändert von skerm am 06.10.2008, 14:15, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Mittelalterliche Schießtechniken in Europa

Beitrag von Wilfrid (✝) » 06.10.2008, 17:20

Die Darstellungen, bei denen der Pfeil selbst gezogen wird gehen vermutlich auf Fehlinterpretationen der Daumentechnik zurück
Nö, absolut nicht!!
Mit den entsprechenden Mulden schieße ich selbst sicher 40# so
Sicher ist reproduzierbar.
Und unser Zimmermann hier hat auf Anhieb mit primitivrelease mit einem 45 ' Bogen 5 pfeile auf 10 m in einen 100mm kreid gestzt. Ablass vor der Brust, Zeit 30 sekunden höchstens!
Seit 20 jahren nicht mehr geschossen!
Also, es geht
Bogenschützen sind irgendwo alle Spanner, aber das Schießen entspannt definitiv
Der schönste Pfeil ist der im Centerkill

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Re: Mittelalterliche Schießtechniken in Europa

Beitrag von the_Toaster (✝) » 06.10.2008, 17:21

Vielleicht hinkt der Vergleich mit dem Auto.

Das mit dem Alltagsgegenstand ist natürlich auch regional verschieden.
In England war der Bogen wohl per Gesetz ein Alltagsgegenstand. Jeder Mann ab einem Alter von sieben Jahren musste jeden Sonntag mit dem Bogen üben.
In anderen Gegenden war der Bogen dem einfachen Volk dann wohl verboten.
Das hat dann jeder Fürst nach seinem Gusto gehandhabt, gell.

Wie auch heute gabts für jedes Thema Leute die Ahnung vom Thema hatten und solche die keinen blassen Schimmer hatten. Bei sehr offensichtlichen Fehlern läßt sich das ja klarstellen.
Es gab aber auch Zeichnungen, bei denen, wie in einem Comic, der Schlachtverlauf dem nichtlesenden Publikum dargestellt werden sollte.
Diese Zeichnungen hatten eine eigene "Sprache", die jeder gläubige Kirchgänger völlig selbstverständlich verstand, da die bieblichen Darstellungen in den Kirchen dem gleichen Muster folgten. Bei diesen Zeichnungen kam es weniger auf Realitätsnähe an.
Es hat keinen Sinn zu versuchen einen Sinn im Versuchen des Menschen zu erkennen.

Es ist traurig zu glauben, dass der Mensch stets schlecht sei.

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Re: Mittelalterliche Schießtechniken in Europa

Beitrag von Alzwolf » 14.10.2008, 16:35

Ich denke, die Leute zogen des halb am Pfeil, weil es für sie angenehmer war und der Griff war rein instinktiv. Als mein Bruder mit seiner Freundin da war, war sie neugierig auf das Bogenschießen. Ich habe ihr den Ablauf erklärt und vorgeführt.

Beim anschließenden Schießen griff sie immer an den Pfeil und zog daran.

Möglich ist alles.
Sie können unser Leben nehmen.
Sie können aber nicht unsere Ehre und Freiheit nehmen!
Til Valhall!

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Re: Mittelalterliche Schießtechniken in Europa

Beitrag von skerm » 14.10.2008, 18:42

Hubert hat geschrieben:Ich denke, die Leute zogen des halb am Pfeil, weil es für sie angenehmer war und der Griff war rein instinktiv. Als mein Bruder mit seiner Freundin da war, war sie neugierig auf das Bogenschießen. Ich habe ihr den Ablauf erklärt und vorgeführt.

Beim anschließenden Schießen griff sie immer an den Pfeil und zog daran.

Möglich ist alles.


Wie kommst du drauf, es als Tatsache hinzustellen, dass auf diese Art gezogen wurde?

Wenn alles möglich ist, dann wäre ich sehr neugierig, einen Bogen mit.. hmm.. sagen wir 60# so gezogen zu sehen.

Daniel

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