Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte 3

Bogenschiessen in der Praxis, mediterran, Daumentechnik u.a.
Sateless
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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von Sateless » 03.07.2017, 11:25

Janitschar hat geschrieben:Hmmm... 1000er Spine erscheint mir persönlich etwas zu weich.


Du denkst schon auch dran, wie wenig Standhöhe der Koreaner hat, oder? :-*
Ich schreibe ohne Autokorrektur lesenswerter. Du etwa auch?
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Goldfieber
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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von Goldfieber » 03.07.2017, 12:51

Janitschar hat geschrieben:Und das mit dem Gewürge, lass mal lieber ;)


??? Was meinst du damit?

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Janitschar
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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von Janitschar » 06.07.2017, 06:48

Ist mMn noch vernachlässigbar. Der Faktor "Schütze" ist noch mehr im Fokus. Und da ich eher von einer ausbaufähigen Schießtechnik ausgehe, sind robuste/weiche Schäfte der beste Weg um Pfeilschrott zu minimieren und doch einen guten Pfeulflug zu realisieren. Es ist eben ein Kompromiss.

Letztendlich können wir hier auch nur Tendenzen großräumig eingrenzen.

Gruß
Stephan
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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von Goldfieber » 08.07.2017, 21:50

Meinen neuen KTB XL habe ich heute mal mit den neuen Pfeilen Aurel Oryx 800 ausgiebig Schiessen dürfen. Durch das geringere Zuggewicht könnte ich mich mehr auf meine Technik konzentrieren, was mir definitiv schon etwas geholfen hat. Jedenfalls habe ich heute mal keinen Pfeil rechts an der Scheibe vorbeigeschossen.
Eine Sache ist aber deutlich negativ aufgefallen. Die Sehne schlägt nach dem Lösen gegen den Zeigefinger. Ich gehe mal davon aus, dass dies nicht normal ist. Wo könnte das Problem liegen?

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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von Eberesche » 08.07.2017, 23:56

An der Zughand selber: Der Zeigefinger sollte senkrecht nach unten zeigen und rechts von der Sehne bleiben. Wenn er schräg nach innen zeigt, kann er eher erwischt werden.
Bild
Einige Schützen drehen die Zughand während Halten und Lösen leicht mit dem Handrücken in Richtung Gesicht, dabei bekommt die Zeigefingerspitze mehr Abstand von der Sehne. Ich für mein Teil mache das nicht und habe das Problem trotzdem nicht.
Natürlich ist der Zeigefinger am wenigsten gefährdet, wenn das Lösen sauber nach hinten klappt, wofür sich die Zughand ein paar Zentimeter entgegen der Pfeilrichtung bewegt. Dann ist auch der Pfeilflug besser und eine Bogendrehung bei halbwegs passendem Spine nicht nötig. Die Voraussetzungen für ein gute Lösen schaffst du in einer günstigen Ausrichtung aller beteiligten Gelenke mit beiden Schulterblättern auf gleicher Höhe. Beim Auszug schon darauf achten, dass die linke Schulter nicht hoch geschoben wird (mit dem schwächeren Bogen fällt das leichter) und gegen Ende des Auszugs das rechte Schulterblatt ebenfalls nach unten innen ziehen. Das ist anfangs schwierig bewusst zu steuern, zahlt sich aber aus. Hier jemand der es gut kann: Video
Für Praxistraining weißt du, wie ich zu finden bin.
Viel Erfolg weiterhin!
Anna

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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von Windkanter » 28.08.2017, 15:27

Hallo,

nochmal zum Thema Drehen und Kippen bzw. Drehkippen:

das Drehen des Bogens bei Abschuss bzw. kurz davor ein Aufbringen von Torsionsspannung (Bogenlängsachse = Torsionsachse) bzw. ein Fassen des Bogens in bereits um ca. 10-15° um seine Längsachse gedrehten Bogens (Vorspannung, s. auch Benzi) und das resultierende verringerte/kein Anschlagen des Pfeils am Bogen sind für mich nachvollziehbar, auch praktisch.
Das folgende Video zeigt dies schön, die meisten dürften es kennen:
https://youtu.be/iDn7bb-OBPY

Meine Bogenhand ist dabei nicht gestreckt. Bleibende Deformationen/Sehnenverlagerungen kann ich bei meinen 3 Kompositbögen nicht beobachten. Mein Vergleich eines typisch osmanischen Griffs mit seiner Ausbauchung mit einem Griff fast ohne Ausbauchung zeigt mir, daß ein Griff mit Bauch ungleich besser für die Drehtechnik ist.

Ich habe mir ca. 15 Videos von Murat Özvery sowie einige türkische Bogenwettbewerbe angeschaut, meist wird nicht deutlich gekippt sondern viel häufiger gedreht (hat das nicht Janitschar auch bemerkt?).

Das Kippen kennt Murat Özvery auch, A. Swoboda kombiniert das Kippen mit einer Drehung der Hand um die Armachse (so verstehe ich es jedenfalls), teilweise auch mit einem Wegreissen des Bogenarms nach aussen.

Fragen:
was soll die reine Kippkomponente (beim Drehkippen oder reines Kippen) bewirken für die Beruhigung des Pfeilflugs? Ich habs bis jetzt nicht verstanden, aber vielleicht habe ich ja was übersehen. Unterstützt es die Drehbewegung? Geschwindigkeitserhöhung des Pfeils? (nicht als Kritik verstehen !!!)
In welcher Weise hilft die Ausbauchung bei osman. Bogengriffen in Verbindung mit dem Zug-Druck von Ringfinger und kleinem Finger für die Kippbewegung?

Vielleicht zündet mir ja mal jemand ein Licht an.

Grüße
Windkanter

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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von Sateless » 28.08.2017, 16:36

Windkanter hat geschrieben:was soll die reine Kippkomponente (beim Drehkippen oder reines Kippen) bewirken für die Beruhigung des Pfeilflugs?

Meiner Meinung und Erfahrung aus Experimenten und meinem alltäglichen Bogenschießen nach beruhigt "das Kippen (TM)" den Pfeilflug nicht.

Windkanter hat geschrieben:Unterstützt es die Drehbewegung?

Nein, da andere Muskeln genutzt werden, unterstützt das mMn nicht. Hindern tut es ebenso nicht genug, als dass ich das wahrnehmen würde.

Windkanter hat geschrieben:Geschwindigkeitserhöhung des Pfeils? (nicht als Kritik verstehen !!!)

Konte ich nie messen.

Windkanter hat geschrieben:In welcher Weise hilft die Ausbauchung bei osman. Bogengriffen in Verbindung mit dem Zug-Druck von Ringfinger und kleinem Finger für die Kippbewegung?

Alle für das Kippen benötigten Finger können den Griff gleichweit umgreifen. Außerdem bleibt beim 99er-Griff etwas Luft, zwischen Handfläche und den hornbelegten Teilen des Griffes. Beides halte ich für hilfreich beim Kippen.


PS: Ich finde das verlinkte Video nicht nachvollziehbar und unpraktisch.
PPS: Auf einem der vergangenen Wahrbergtreffen hatte ich zu dem Themenkomplex Folien gemacht, auf denen die ganze Thematik etwas runtergebrochen wurde. Diese wollte ich eigentlich kommentiert in einen Artikel packen. Die kommentare sind noch nicht fertig. Würden diese Folien unkommentiert helfen?
Ich schreibe ohne Autokorrektur lesenswerter. Du etwa auch?
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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von Janitschar » 28.08.2017, 22:40

Alsooo.....

Das Thema ob jetzt Kippen und/oder Drehen ist doch eigentlich, also für mich zumindest, geklärt.

(Im Folgenden ignoriere ich LH- SchützInnen...Sorry)

Wir sind uns einig dass es bei Zug des Daumens und ein Aufliegen des Pfeils auf der rechten Seite, zu einem Anschlagen des Pfeils am Bogengriff kommen kann. Dies kann zu kaum sichtbaren bis hin zu klar sichtbaren unruhigen Pfeilflügen von rechts nach links und andersherum, führen. Kurz um, es kann zum wedeln des Pfeils führen.

Warum ist das so?
Bei Daumenablass geht die Sehne dezent nach rechts und dann absolut gerade.

Warum ist das ungünstig bzgl des Pfeilfluges?
Der für das archers-paradox notwendige s-förmige Weg der Sehne gibt es nicht. Daher steht schlicht weg der Bogengriff im Weg um einen ruhigen Pfeilflug zu gewährleisten.

Was also tun?
Möglichkeit a
Ich sortiere mein Skelett und alle notwendigen Muskulaturen dahingehend, dass Sie biomechanisch absolut effektiv, währed deim Schießvorgang, arbeiten. Setze ich dies erfolgreich um, wird der Bogengriff beim Lösen sich ein Stückchen nach links bewegen. Es reichen 1-2mm vollkommen aus. Nachteil an der Sache: Das notwendige und konsequente Training, unerlässlich verbunden mit dem kognitiven und physischen Wissen über die korrekte Biomechanik. Letztendlich muss ich es fühlen können, wenn es passt.

Möglichkeit b
Ich ignoriere weitesgehend und dezent meine Biomechanik und zieh den Bogen einfach aus. Der Bizeps muss ja auch für was gut sein. Geh ich so vor, was ich jahrelang praktiziert habe, kommt es unweigerlich zu einem Zusammenbruch der Körperspannung etc pp wenn ich löse. Das hat wieder zur Folge das ich dadurch den Bogen sogar noch zusätzlich in den Pfeilflug drücke und der arme Pfeil nur durch die Federn am hubschrauberähnlichem Flug gehindert wird.
Um das auszugleichen, kann ich den Bogen gleich schräg greifen um eine Torsionsspannung gleich zu Beginn aufzubauen und/oder ich beginne vor dem Lösen den Bogengriff auf senkrechter Achse zu drehen. Natürlich vom Pfeil weg.
Dadurch kann ich es auch schaffen, dass der Bogengriff um die notwendigen 1-2mm nach links rutscht und ich ich daher einen sauberen Pfeilflug realisieren kann.

Möglichkeit c
siehe unten

Warum bin ich nun kein Fan vom Drehen des Bogengriffes auf der senkrechten Achse?
Warum sollte ich es tun wenn ich einen sauberen Pfeilflug auch ohne diese Drehung realisieren kann?
Leuchtet mir nicht ein.
Wenn meine Pfeile nicht sauber fliegen, weiß ich unweigerlich dass ich mein Biomechanik nicht im Griff hatte.
Ein großer Knackpunkt ist hier auch das Zuggewicht. Ist die einwirkende Kraft auf den Körper zu groß, kolabiert das System.
Ich hab es heute im Training mal probiert und meinen 50# Osmanen nochmal geschossen. Das sind eigentlich nur 5# mehr als mein aktueller Bogen, aber zum Einen passt der Bogengriff nicht, sodass ich keinen sauberen Druckpunkt am Bogengriff aufbauen kann und zum Anderen sind es doch 5#.
Durch diese zwei Umstände, konnte ich bei allen Bemühungen keinen sauberen Pfeilflug umsetzen. Dann drehte ich doch mal aus Neugier den Griff, und ja, der Pfeilflug war sauberer
Aber es ändert nichts daran, dass der Bogen nicht zu meiner Biomechanik passt.

Warum kippe ich aber den Bogen?
Weils da so ein schönes Bildchen bei Saracen Archery gibt... ;)
Nein, dass ist nicht der Grund.
Simon hat es ja schon beschrieben, beim Griff 99 (siehe Swoboda S.70) ensteht ein Zwischenraum zwischen Bogengriff und dem unteren Bereich der Bogenhand.
Stryczula009.jpg

Wie man eindeutig sieht ist das kein astreiner 99 Griff, der dem Bogengriff geschuldet ist, aber klar zu sehen ist das, absolut notwendige, gestreckte Handgelenk.
Und jetzt kommt die Magie: Durch den Zwischenraum, dem gestreckten Handgelenk, dem Druckpunkt an der Daumenwurzel, dem leicht angespannten Mittel-, Ring-, und Kleinemfinger. kommte es unweigerlich zu einem Kippen des Bogens. Je mehr ich den !heranziehenden! Druck der unteren drei Finger erhöhe, desto mehr kippt die Geschichte.
Wenn die unteren Finger aber den Bogengriff gleich einem Schraubstock festhalten kippt garnichts.
Für mich ist also ein adäquate Kippen des Bogens, ein Zeichen für mich, dass die Druckverhältnisse gepasst haben.
Auch löse ich im übrigen mit einem bewussten heranziehen der unter drei Finger den Schuß.

Warum jetzt aber dieser nach vorne gewölbter Griff?
Simon hats auch schon wieder gesagt. Ich erklär es mal anders. Da die unteren drei Finger nicht gerade unwichtig sind, ist es ja sehr sinnvoll wenn alle drei den annähernd gleichen Druck aufbauen können. Dies erreiche ich eben über diese Griffform, die es mir ermöglicht das meine Finger den Griff gleichweit umgreifen.

Warum praktizieren viele Bogenschützen inkl Murat Özveri dennoch diese senkrechte Drehung?
Ich konnte mich ja mit Murat in Polen unterhalten (Sehr netter Kerl im übrigen). Wir sind uns in allen Punkten einig was die Schießtechnik betrifft. Ohne passend genutze Biomechnaik des/der SchützIn wird auch mit der Drehung kein Schuh draus.
Und ich muss ihm da auch Recht geben. Es spricht nichts gegen eine Kombination von passender biomechanik und einer dezenten Drehung auf senkrechter (oder was dazwischen) Ebene.
In jedem Fall und da gibt es für mich keinen Zweifel, liegt bei den sehr guten türkischen SchützInnen genau diese Kombination vor.
Ich persönlich will aber einen unruhigen Pfeilflug wenn ich geschlampert habe, und möchte ihn nicht durch eine Drehung kompensieren.


So, ich denke das wars... oder?

Gruß
Stephan
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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von Windkanter » 29.08.2017, 06:51

Hallo,

wir haben hier viel Klein-Klein, aber das Problem steckt auch mehr im Detail.

@Simon
danke.

Hatte schon vermutet, daß die reine Kippkomponente den Pfeilflug nicht beruhigt, ich vermute auch, daß sie die Abschussgeschwindigkeit nicht relevant erhöht.

Deine Wahrberg-Folien hatte ich damals fotografiert, sie helfen natürlich. Wenn ich es (auch unser kurzes Gespräch damals) richtig verstehe, so ist historisch vor allem das Kippen mit den alten Texten belegt.

Das verlinkte Video wird auch von MALTA ARCHERY herangezogen. Es soll ja nicht zeigen, wie die richtige osmanische Bogenhandtechnik sein muss, bei MA setzt man auch auf Drehkippen, zumindest in einem der Videos recht klar. Das verlinkte Video setzt sich einfach nur mit der Drehkomponente auseinander und zeigt meiner Meinung schon recht gut, wie der Pfeil beim Drehen (um Bogenlängsachse) kaum/nicht mehr anschlägt, man muss das Video allerdings mehrfach und mit Stops anschauen.


@Simon und @Stephan (auch danke)

Den 99er-Griff habe ich vor ca. 1,5 Jahren mal einige Wochen durchexerziert und auch jetzt nochmal probiert, ein Positiveffekt ist im starken Gegensatz zum Drehen kaum erkennbar. Die aus dem 99er-Griff resultierende Bewegung kenne ich und stimme Euch hier auch voll zu. Der Bogen steht nach dem Abschuss in einer senkrechten Ebene mit der Sehne. Der Einfluss der Ausbauchung ist, wie es Sateless schreibt, auch klar.

Meine momentanen Bögen, mit denen ich auch lerne, sind um ca. 10# schwächer als vor 1-2 Jahren aus meiner Anfangsphase, bei deutlich verbesserter Rückenspannung und längerem Auszug, bisweilen schieße ich doch auch mal 55#.

Das das Kippen in Kombi mit Drehen von vielen sehr guten Schützen praktiziert wird, ….natürlich. Bei den gezeigten Videos ist die Kippkomponente halt in der Minderzahl (auch bei M. Özvery) und dann taucht eben wieder die Frage auf: was ist mit der Kipp-Komponente.

Was das Kippen bzw. der 99er-Griff nun wirklich bewirkt, ausser einer Bogenbewegung, die mit den alten Texten konform geht, kann ich jetzt immer noch nicht erkennen, auch wenn´s nervt, sorry.

Stephan, natürlich glaube ich Dir, daß Du mit diesem Griff gut fährst, in Kombination mit einer (sich wie ergebenden?) leichten Bogenhandbewegung nach links, die vielleicht gerade das Entscheidende ist. Das Resultat sollte dann sein, daß nach dem Abschuss Bogen und Sehne in einer senkrechten Ebene liegen? Oder drehst/drückst Du die Bogenhand im UZ-Sinn um die Armlängsachse?

Wenn ich mit dem 99er-Griff das Drehen (um Bogenlängsachse gegen UZ-sinn) kombiniere, kann ich den Bogen nicht mehr so fest in eine tordierte Position drücken/greifen und der Tip landet zusätzlich auf der Brust oder am Kinn. Kombiniere ich den 99er mit einer anderen Bogenhanddrehung, nämlich im UZ-sinn um die Armlängsachse, dann sieht es aus wie im Video von A.Swoboda oder Malta Archery.

Grüße
windkanter

Ralph
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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von Ralph » 29.08.2017, 07:10

Janitschar hat geschrieben:
Möglichkeit b
Ich ignoriere weitesgehend und dezent meine Biomechanik und zieh den Bogen einfach aus. Der Bizeps muss ja auch für was gut sein. [/b].



Das ist falsch:
Sowohl die lange, als auch die kurze Bizepssehne sind im Wesentlichen für die Flexion des Armes zuständig, nicht für eine bei der angesprochenen Bewegung u. a. auftretende Extension, Abduktion und Retraktion des Armes bzw. Schultergürtels.

Aufgrund der Funktion und Anatomie der Bizepssehne kommt es vielmehr durch die Bewegung zu einer unnatürlichen Belastung, insbesondere der langen Bizepssehne (umgangssprachliche Bezeichnung: "Muckimuskel"), resp. an deren "Aufhängung" im Schultergelenk (Gelenklippe).

Das kann, insbesondere bei untrainierten Personen, höheren Zuggewichten, ruckartigen Bewegungen schnell oder mit der Zeit (Stichwort: schleichende Abnutzung) zu Reizungen, Entzündungen in dem Bereich bis hin zur Auffaserung, Ein-, An- oder Abriß der langen Bizepssehne führen. Die Folgen dessen sind wenig erhebend bzw. reparabel.

Somit wird durch die Bewegung der Bizeps gerade nicht dazu benutzt, "wozu er gut ist" - und gerade dies wirkt sich auf ihn selbst ungünstig aus.

Dies ist ein Grund, von der Bewegung Abstand zu nehmen (unabhängig davon, welche Art von Bogen man benutzt).

Ralph
"Timur spricht:
Was ? Ihr missbilliget den kräftigen Sturm
Des Übermuts, verlogne Pfaffen!
Hätt' Allah mich bestimmt zum Wurm,
So hätt' er mich als Wurm geschaffen." - Goethe, West-östlicher Diwan, Buch Timur

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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von Janitschar » 29.08.2017, 08:57

Ralph, da bin ganz bei dir.

Die von mir beschriebene Möglichkeit b war ironisch formuliert und bezog sich ganz klar auf ein negatives Resultat im Pfeilflug und auf die Schießtechnik. Danke das du die physiologischen/medizinischen Risiken zusätzlich noch näher beleuchtet hast.

Letztendlich gilt für jede Kraftanstrengung das Selbe. Jede von außen wirkende Kraft gilt es muskulär und anatomisch so aufzunehmen, dass dem Körper so wenig wie möglich Schaden ensteht. Gilt in jeder Sportart, was mir jede/r PhysiotherapeutIn bestätigen kann. Und fängt schon beim Tragen eines Wasserkasten an.

@Dietmar
First... Murat kippt ebenso den Bogen. Wenn auch nur leicht nach vorne und eben kombiniert mit einer Drehung - Punkt

Was das Kippen bzw. der 99er-Griff nun wirklich bewirkt, ausser einer Bogenbewegung, die mit den alten Texten konform geht, kann ich jetzt immer noch nicht erkennen, auch wenn´s nervt, sorry.


Da ist der Fehler in der Fragestellung. Der 99-Griff hat keinen direkten Effekt auf den Pfeilflug, so verstehe ich zumindest deine generelle Fragestellung.
Vielmehr geht es darum, was der 99-Griff für einen Effekt auf den Schützen hat.
Wir sind uns einig, dass das KIppen aus den richtigen Druck und Zugverhältnissen des 99-Griffes entsteht.
Selbstredend nicht nur aus dem Griff alleine, sondern gerade durch einen intensiven Druck des Bogenarms und der angegliederten Muskulaturkette etc pp
Wir haben also eine Vielzahl an Faktoren die den Bogen nach vorne kippen lassen .
Klar könnte ich auch einfach mein Handgelenk bewusst nach unten kippen, aber da beschei.. ich mich dann selber.

Ergo:
Am Kippen des Bogens, kann ich analysieren, ob ein Großteil meiner Biomechanik adäquat funktioniert hat.
Und vielleicht bin ich ja mittlerweile "berufsblind", aber seine eigene Biomechanik aus sportlichen, schießtechnischen und vorallem medizinischen Gründen optimal zu nutzen, muss doch das Ziel sein, oder?
Oder anders gesagt, um Ralphs Schilderungen hier zu integrieren:
Was nützt mir ein sauberer Pfeilflug wenn mein Bizeps (vereinfacht ausgedrückt) abreißt?

Unabhängig davon, gibt es daneben einen anderen kleinen Effekt den ich als vorteilhaft empfinde.
Gleich wie beim olympischen Recurve, kippt der Bogen nach vorne um einen gleichbleibenden Abschusswinkel zu realisieren.
Allerdings löst sich der Vorteil schnell in Luft auf, wenn mein Handgelenk eben das KIppen auslöst und nicht eben das oben beschriebene, den dann reiß ich einfach den Arm nach unten, also ich zumindest.

Gruß
Stephan
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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von Sateless » 29.08.2017, 10:43

Windkanter hat geschrieben:Was das Kippen bzw. der 99er-Griff nun wirklich bewirkt, ausser einer Bogenbewegung, die mit den alten Texten konform geht, kann ich jetzt immer noch nicht erkennen, auch wenn´s nervt, sorry.


Nun, man kann das Ganze nicht wirklich gut zerteilen, weil es zu sehr miteinander verwoben ist. Ich probier trotzdem mal, dir deine gewünschte Antwort zu geben. Wir tun jetzt einfach beide mal so, als wär das das Resultat vom Kippen, aber es spielt doch einfach mehr mit rein, als dass das so klar wäre...

1. Verschieben der Nullpunktdistanzen.
2. Das passiert halt, wenn man den Bogen kraftvoll und mit gestrecktem Handgelenk schießt.
3. Notwendig bei osmanischem Tiller (vermute ich), und Bögen mit längerem oberen Wurfarm (sagt meine Erfahrung).
4. Das passiert halt, wenn man den Bogen zwar festhält, aber trotzdem den Daumen und Zeigefinger entspannt lässt, um den Pfeil nicht zu verreißen, solang er darauf aufliegt.

Es ist kein Muss, wenn du es nicht magst, lass es halt bleiben.
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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von Windkanter » 29.08.2017, 11:50

Hallo Stephan,

jetzt wird es heller.

Wir sind ja in einigen wesentlichen Punkten einig, auch mit Ralph bin ich einig, was die Muskulaturprozesse anbelangt, gerade diese Thematik muss ich persönlich seit längerem ohnehin genauer beachten. Das richtige Kippen vermindert bzw. verhindert Schäden an Muskulatur und Knochenbau, so verstehe ich es jetzt. Diese Erklärung habe ich halt so noch nirgends gefunden (oder übersehen ?). Meine Fragestellung danach war insofern schon richtig .

Was Murat Özvery anbetrifft, dessen Videos ich gerne sehe, so haben wir uns mit dem „leichten Kippen“ getroffen, so könnte man die Videos verstehen.

Die letzte Zeit habe ich mit der Swoboda-Griffweise 30 geschossen, allerdings nur mit geringem Drehen und nicht stark wie er es beschreibt auf Seite 73 und S. 75. Seit Juli probiere ich das ausschließliche Tordieren um die Bogenlängsachse, mit Vorspannung.

Also wäre die Swoboda-Griffweise 30, incl. der Rotation, die er (S. 75, rechts oben) für sehr wichtig hält, das, was ich jetzt weiter implementiere. Wieder was gelernt. Die MALTA ARCHERY-Videos kann ich vielleicht auch mit einbeziehen.

Gut, dann könnten wir erstmal einen Knopf dran machen und ich bedanke mich für die Diskussion.


@Simon
Du schreibst 29.08. : „Es ist kein Muss, wenn du es nicht magst, lass es halt bleiben“.

Also ich bin keinesfalls gegen das Kippen. Vielleicht Missverständnis. Ich wollte den Grund nur verstehen und mit den Antworten von Stephan und Dir ist nun einiges klarer, siehe oben.

Punkte 1, 3, 4: klar.
Punkt 2, Osmanischer Tiller: höre ich immer wieder mal, auch mal in Verbindung mit Grozer-Komposits als Vermutung. Gut, nochmal ein Thema. Ist zwar manchmal lästig, aber es wird nicht langweilig und man kommt weiter.
Danke Dir.

Grüße
Windkanter

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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von benzi » 30.08.2017, 14:50

hallo Stephan,

sei mir nicht böse, aber wenn ein paar Millimeter mehr Griffstärke im Bereich der Pfeilanlage Dich dazu bringen einen super Bogen wieder zu verkaufen, dann ist Deine Technik irgendwie noch.... ausbaufähig..... das schreibe ich nun keineswegs um Dich oder Deine Technik an den Pranger zu stellen, schließlich eiern meine Pfeile nun schon seit 10 Jahren.... aber irgendwie muss es doch auch möglich sein einen Pfeil aus einem Bogen mit dickerem Griff sauber rauszubekommen....

benzi, der gerade einen mongl. Bogen mit dickem Griff geschenkt bekommen hat....
"Du hast den Verstand verloren, weißt Du das?" "Dafür hab ich ein Leben lang üben müssen"
(Peaceful Warrior, Film)

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Re: Daumentechnik, Techniken, Veränderungen und Fortschritte

Beitrag von Janitschar » 30.08.2017, 17:25

Dann ist es mir ein vollkommenes Rätsel, und das mein ich auch nicht böse, warum Simon (er hat riesige Hände), wie auch andere sehr gute Schützen ihren Bogengriff, auf ihre Handgröße anpassen bzw lassen, um eine höhere Treffsicherheit zu ermöglichen.

Ich werde auch nicht zu meiner kleinen Tochter mit 5Jhr sagen, dass sie ein großes Fahrrad benutzen müsse und es an ihrer Fahrtechnik liegen würde, dass sie die Pedalen nicht erreicht.

Der Bogen, der Pfeil und der Daumenring muss zum Schützen passen und nicht anders herum.

Viel Spaß mit dem zu großen Bogengriff bzw mit deinen zu kleinen Händen.

Gruß
Stephan
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