Offener Release revisited

Technik und praktische Umsetzung
Benutzeravatar
Angela
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 864
Registriert: 26.02.2006, 18:35

Offener Release revisited

Beitrag von Angela » 28.04.2009, 14:35

Da die Frage im Maya-Thread aufkam, will ich diese Diskussion zum offenen Release mal wieder aufwärmen. Seit dem ich mit diesem Sport angefangen habe, frage ich mich, warum einige Ausbilder (nicht alle) den extremen offenen Release propagieren und stundenlang üben lassen. Ich habe schon öfters gefragt, was der (physikalische) Sinn dahinter ist - nie aber eine wirklich überzeugende Antwort bekommen. Kam mir immer ein wenig vor wie "der und der macht es, also wir es schon seinen Sinn haben".

Katharina bemerkte im anderen Thread, dass sie Schwierigkeiten habe, diesen Bewegungsablauf mit dem "Arm nach hinten werfen" zu verinnerlichen. Auch wenn sie nachher meinte, es sollte natürlich nicht als aktiver Bewegungsablauf einstudiert werden, so wird er aber oftmals beigebracht (habe ich jedenfalls das Gefühl). Jemand schießt - und dann "ach ja, der Arm muss raus!", als zusätzliche, oftmals gekünstelt wirkender Bewegungsablauf.

Beobachtet man aber die Schnellschützen, so hält sich deren Release aber sehr im Rahmen (Ellenbogen immer noch angewinkelt). Nur nach dem letzten Schuss wird "geöffnet". Ich habe ja mehr als genug Videomaterial zum BB, da kann man das schön beobachten. Wäre ja auch für's Schnellschießen kontraproduktiv, da die rechte Hand einen viel weiteren Weg zurück zum nächsten Pfeil hat.

Wenn ich es richtig verstanden habe, wäre ein solcher Release beim Langbogenschießen ein schwerer Fehler. Klar, Langbogen ist kein Reiterbogen. Aber dennoch sind die Abläufe in ihrem Prinzip die gleichen. Katharina meinte:

Könnte mir das mit dem Sinn nur so erklären, dass man dann einen Energieausgleich in beide Richtungen hat - frag nicht was das heißt....

Vielleicht nicht ganz weit hergeholt - böse Zungen behaupten, das Zurückwerfen der rechten Hand soll den Handschock ausgleichen, den so mancher der mit schweren Siyahs ausgestatteten Kassaibögen mit sich bringen. Wenn ich ehrlich bin, ist das für mich die plausibelste Erklärung bisher... Hat man aber einen handshockfreien Bogen wie den Windfighter oder den Türken, wäre diese "Gegenbewegung" überflüssig und würde damit nur zum Ungleichgewicht führen. 

Vielleicht kann man ja den Sinn und Zweck dieser Übung mal neu aufrollen - auch wenn es schon öfters angesprochen wurde, kann ich mich nicht erinnern, dass wir jemals zu einem brauchbaren (und für Einsteiger nachvollziehbaren) Ergebnis kamen...

Steppenreiter

Re: Offener Release revisited

Beitrag von Steppenreiter » 28.04.2009, 15:04

- böse Zungen behaupten, das Zurückwerfen der rechten Hand soll den Handschock ausgleichen, den so mancher der mit schweren Siyahs ausgestatteten Kassaibögen mit sich bringen. Wenn ich ehrlich bin, ist das für mich die plausibelste Erklärung bisher...


Mit schlechter Technik schlechte Bögen ausgleichen und dabei Spitzenergebnisse erzielen, das hat doch was.... ;)

Der offene Release kommt aus Asien und wird dort im Zusammenhang mit der Daumentechnik in manchen Stilrichtungen gelehrt. In wieweit er beim mediteranen Release seine Berechtigung hat, sollen Berufenere als ich beantworten. Die Osmanen haben den weit offenen Release spätestens um 17. Hundert aufgegeben, zumindest kann man das so aus den Lehrbüchern und Miniaturen herauslesen.

Wenn ich richtig informiert bin, wird im Kyudo eine für Laien rein äusserlich so(offener Release) erkennbare Technik gelehrt.

Den Schuss verbessern, tut es faktisch nicht, denn bis der Arm auch nur im Ansatz hinten ist steckt der Pfeil schon im Ziel. Hochgeschwindigkeitsaufnahmen zeigen, dass schon mit dem Öffenen der Finger bzw. des Daumens der Pfeil den Bogen VERLASSEN hat!!

Da wir viele Pfeile schnell hintereinander schiessen, können wir schnelle und flüssige Wiederholraten nur bei entsprechend ausreichender  Körperentspannung erzielen. Verkrampfungen blockieren den Schussablauf. Anfänger neigen dazu mit dem Lösen in der Lösehaltung einzufrieren und sich damit für den nächsten Schuß zu  blockieren. Ein anderer häufiger Anfängerfehler ist das Kriechen und beides läßt sich mit dem bewußten nach hinten Führen der Hand oder sogar des Arms beheben. 

Bei der Daumentechnik scheint mir ein physiologischer Automatismus für eine öffnende Bewegung zu bestehen, das hängt mit der etwas anderen Muskelanspannung im Releaseunterarm zusammen. Genaueres werde ich nach Schweden wissen, wenn ich mit Kyujin gefachsimpelt haben... ;) freu mich schon drauf.     
Zuletzt geändert von Steppenreiter am 28.04.2009, 15:08, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Angela
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 864
Registriert: 26.02.2006, 18:35

Re: Offener Release revisited

Beitrag von Angela » 28.04.2009, 15:24

Steppenreiter hat geschrieben:Der offene Release kommt aus Asien und wird dort im Zusammenhang mit der Daumentechnik in manchen Stilrichtungen gelehrt. In wieweit er beim mediteranen Release seine Berechtigung hat, sollen Berufenere als ich beantworten.


Wundert mich dann aber eigentlich, dass gerade bei koreanischen Freunden eigentlich nicht viel Release zu beobachten war, schon gar nicht in dem Maße, in dem es z.B. bei Kassai-Schüler zu beobachten ist. Ich weiß nicht, aber ich persönlich finde der weiten offenen Release passt irgendwie noch weniger zur Daumentechnik als zur mediterranen, weil sich dann die Hand ganz drehen müsste, oder der Release mehr nach oben als nach hinten müsste... Wenn du weißt was ich meine.

Ist der offene Release dann, deiner Meinung nach, eher als Art "Trainingsübung" (um Haltungsfehler zu vermeiden) zu betrachten, und weniger als "Ziel"?

Mit schlechter Technik schlechte Bögen ausgleichen und dabei Spitzenergebnisse erzielen, das hat doch was

Ist ein offener Release auf einmal schlechte Technik? ;)

Polvarinho
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1494
Registriert: 18.01.2005, 10:19

Re: Offener Release revisited

Beitrag von Polvarinho » 28.04.2009, 15:28

Angela hat geschrieben:Vielleicht kann man ja den Sinn und Zweck dieser Übung mal neu aufrollen - auch wenn es schon öfters angesprochen wurde, kann ich mich nicht erinnern, dass wir jemals zu einem brauchbaren (und für Einsteiger nachvollziehbaren) Ergebnis kamen...


Energieausgleich trifft die Sache schon recht gut.

Aber nicht um das Schiessen mit die Hände schockierenden Knüppeln zu erleichtern.

Das Auszugsverhalten wird durch diese Übung verbessert, der Auszug maximiert.

Das Problem, das Katharina und Steppi im Maya-Thread ansprachen (nicht vollständiger Auszug) und dessen Folgeprobleme (falsche Körperausrichtung, falsche Körperhaltung, verlassen der idealen Zuglinie) wird dadurch vermieden.

Aber: Steppi sagte: "..manche müssen ihre eigenen Fehler machen dürfen...."

So ist das leider!

Ich selber habe für das Fühlen der Sinnhaftigkeit dieser Über sehr lange gebraucht.

Ich denke (fast) zu lang. Denn ich mache immer wieder den gleichen Fehler und führe diese "passive Freisetzungsbewegung" nicht richtig aus....denn ich habe es jahrelang falsch gemacht und das ist das, an das sich mein Körper in der Aktion erinnert.

Er erinnert sich eigentlich generell nicht an das, was er in der betr. Situation tun soll. sondern immer nur an das, was er immer schon so gemacht hat.  ::)

->  Daher ist vernünftiges Grundlagentraining SO WICHTIG!! 
->  Eben bitte NICHT  falsch programmieren - denn das vergisst man so schlecht.

Denkt euch beim (schiess-) Training (am Boden) der Schuss bzw. die Freisetzung des Pfeils ist eine Explosion aus eurer Mitte heraus.

Die exakt gleiche Menge an Energie, die den Pfeil in die eine Richtung schickt, geht auch in die andere Richtung weg.

Ihr generiert diese Energie in euch, in eurer Mitte.
Sie geht gleichsam in ALLE RICHTUNGEN, besonders aber in die Richtung des Zieles und in die Gegenrichtung des Schusses

Dieses Bild, wenn es denn bei jedem Schuss in der Vorstellungskraft des Schützen erzeugt werden kann, hilft sehr dabei wichtige Grundvoraussetzungen für einen guten Schuss zu erzeugen.

- innere Losgelassenheit, eben keine Verspannungen im Kopf, kein Stress, keine Gedanken, keine mentale Einschränkung

- äußere Losgelassenheit, keine Verkrampfung im Körper, keine Haltungseinschränkungen, dadurch erfolgt diese    "Freisetzungsbewegung" fast von selber, denn der Körper ist völlig entspannt und nach Aufhebung der Spannung des Auszuges schwenkt der lockere und losgelassene Arm ganz von selber in diese Position, tut er das nicht, dann ist das Zeichen einer inneren oder äußeren verspannung, z.B. "Wie Kriege ich jetzt schnellst möglich den nächsten Pfeil in die Finger...? -> Gedanken, die Dich behindern, stressen, verspannen und langsam machen.....  Ich bin das lebende Beispiel für solche Verspannung!

Die (dann hoffentlich erworbene) Losgelassenheit hat Folgen:

- man wird schneller,
- die Haltung des Körpers idealisiert sich ganz von selber,
- die beste Zuglinie wird eingehalten,
- der Auszug erfolgt bis zum Anschlag
- der Pfeil ist viel schneller als ohne diese Vorstellung
- er fliegt gerade wie an einer Schnur gezogen
- er ist schon im Ziel bevor er überhaupt geflogen ist - das kennt jeder Bogenschütze
...............

Gaius möchte jetzt Brei essen, daher muss ich abbrechen und diese Aufzählung unvollständig zurück lassen.....

Es ergibt einfach ein geiles Gefühl....

Hilft das?
Claus
Wo es nur um das Gewinnen geht, dort gibt es zu viele Verlierer.

Polvarinho
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1494
Registriert: 18.01.2005, 10:19

Re: Offener Release revisited

Beitrag von Polvarinho » 28.04.2009, 15:45

Angela hat geschrieben:Ist der offene Release dann, deiner Meinung nach, eher als Art "Trainingsübung" (um Haltungsfehler zu vermeiden) zu betrachten, und weniger als "Ziel"?



Na das geht ja ganz schön ab hier.....

Ohne Steppi vorgreifen zu wollen:

Ja, Angela!

Am Anfang ist das eine sehr gute Trainingsübung (obwohl man kaum fühlt, wozu auch das jetzt gut sein soll...).

Später ist es äußerer Ausdruck innerer Losgelassenheit.

Und noch später kann man drauf verzichten (...weil es einfach schneller ist - Losgelassenheit nat. als Voraussetzung!)


In jedem Fall aber ist es besser erst später darauf zu verzichten und nicht schon von Anfang an - so wie wir es meistens praktizieren, weil wir es einfach nicht blicken...
Claus
Wo es nur um das Gewinnen geht, dort gibt es zu viele Verlierer.

Benutzeravatar
Angela
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 864
Registriert: 26.02.2006, 18:35

Re: Offener Release revisited

Beitrag von Angela » 28.04.2009, 15:57

Polvarinho hat geschrieben:Die exakt gleiche Menge an Energie, die den Pfeil in die eine Richtung schickt, geht auch in die andere Richtung weg.

Das ist aber gerade für mich etwas paradox. Wir schicken nicht, sondern lösen. Wir lassen schließlich den Bogen für uns schießen, oder nicht? Je mehr man sich das Ganze als aktiven Prozess vorstellt, und den Pfeil "auf seinen Weg helfen" will, desto eher kann es zum Verreißen kommen. Ist jedenfalls meine Vorstellung. Einen sauberen Release bekomme ich mit Daumentechnik und meinen Windfighter nur dann hin, wenn ich mir das ganze als passiven, entspannten Vorgang vorstelle, die Hand wird geöffnet und der Bogen macht den Rest (vernünftigen Auszug vorausgesetzt).

O.k., das als Trainingsbestandteil um Haltungsfehler zu vermeiden, ist nachvollziehbar. Aber so kommt es oftmals nicht rüber, sondern als Idealvorstellung des fertigen Produktes, wenn man so will. Ist manchmal etwas verwirrend - auch wenn man schon länger dabei ist...

Polvarinho hat geschrieben:Gaius möchte jetzt Brei essen... Es ergibt einfach ein geiles Gefühl....


;D
Zuletzt geändert von Angela am 28.04.2009, 16:08, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Kyujin
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 719
Registriert: 16.03.2004, 10:01

Re: Offener Release revisited

Beitrag von Kyujin » 28.04.2009, 17:25

Mein Verdacht ist ja, daß sich das über Kassai aus den japanischen Techniken in das moderne berittene Bogenschießen eingeschlichen hat.
Die Symmetrie der Energie- oder besser Impulsübertragung ist bei uns besonders wichtig, weil wir auf den den Bogen ja aktivst einwirken, wir "schicken" den Pfeil in der Tat.

Ich vermittle diese Bewegung gerne als follow-through, entsprechend der beim Golf, Tennis, Baseball etc üblichen Bewegung.

Die Idee ist, daß die "eigentlich überflüssige" große Weiterführung der Bewegung in dem kurzen Augenblick auf den es uns ankommt, ihre Wirkung über die Bewegungsplanung entfaltet: Ich löse anders (nämlich gerader und schneller), wenn ich mir schon vor dem Lösen vorstelle, die rechte Hand in der Pfeilachse schnell weit nach hinten zu ziehen, als wenn meine Vorstellung von dieser Bewegung schon unmittelbar nach dem Lösen abbricht. Stell dir einen Golfer vor, der sein Eisen unmittelbar nach dem Ballkontakt stoppt, dann wird es ganz offenbar.

Übrigens: Auch im Kyudo kann man diese Bewegung abhängig vom Anwendungszweck klein machen - wenn man sehr gut ist und die Hilfe der großen Bewegung nicht mehr braucht.

Weil das ganze in der Praxis viel einfacher zu verstehen ist, schlage ich vor, daß wir das Ende Mai in Schweden im Rahmen eines kleinen Workshops "japanische Technik zweckentfremdet" üben - ich habe da schon ziemlich konkrete Vorstellungen.
Zuletzt geändert von Kyujin am 28.04.2009, 18:04, insgesamt 1-mal geändert.
Johannes Kolltveit Ibel
Oslo Kyūdō Kyōkai オスロ弓道協会

Benutzeravatar
Katharina
Full Member
Full Member
Beiträge: 110
Registriert: 14.06.2005, 20:02

Re: Offener Release revisited

Beitrag von Katharina » 28.04.2009, 18:45

OK, das mit dem Golfer leuchtet mir tatsächlich ein! (aaaaber die müssen nicht schnell schießen...)

Als Hilfe nicht vom Pferd zu fallen könnte ich es mir noch vorstellen - wobei die meisten wohl auch ohne "offenen release" nicht vom Pferd fallen würden *grübel* Aber vielleicht kommt das Pferd so weniger aus der Balance?
LG
Katharina

Steppenreiter

Re: Offener Release revisited

Beitrag von Steppenreiter » 28.04.2009, 18:54

Das mit der Hilfe zur Balance auf dem Pferd beim Abschuss ist Humbug!

Das mit dem Durchziehen, wie beim Golf macht nur dann Sinn, wenn es sich beim weiten Öffenen auch um eine bewegungslogische Weiterführung des Lösevorganges handelt, sonst ist es bestenfalls eine Arabeske, ähnlich dem abgespreitzten Finger überspannter Damen beim Fünf Uhr Tee. 
Zuletzt geändert von Steppenreiter am 28.04.2009, 19:06, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Karnickel
Sr. Member
Sr. Member
Beiträge: 414
Registriert: 24.01.2007, 22:54

Re: Offener Release revisited

Beitrag von Karnickel » 28.04.2009, 19:20

@Steppenreiter, recht hast du!

@Polvarinho, im Prinzip hast du auch recht.

habe da mal zwei Videos, er schießt zwar BHR aber das Prinzip ist doch bei jedem Bogen gleich. Uns hat er es mit der Rückenspannung so erklärt, das es ein Gleichgewicht ist, zwischen den Muskeln im Rücken die ziehen (Zughand) müssen und den Muskeln des Bogenarms. Wenn die Spannung stimmt und die Zughand sich entspannt geht die Zughand automatisch nach hinten. Gleichzeitig "drückt" die andere Schulter nach vorne, die Spannung wird beibehalten bis der Pfeil trifft (Nachhalten). Das Nachhalten/Spannung halten verhinder das die Bogenhand herab fällt oder anderen Unsinn macht, wenn die Zughand nach dem lösen am Ohr/Gesicht entlang streift, ist der Schütze auch sicher das er nicht übertrieben Hellau sagt und sauber gelöst hat.

http://de.youtube.com/watch?v=zh_L28KU3wE

http://de.youtube.com/watch?v=XR5QM4GGOPk

wenn das trainiert wird, geht das auch sehr schnell!
Oneida Schütze CP Blank nix anderes!

Benutzeravatar
shewolf
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2202
Registriert: 12.09.2003, 11:22

Re: Offener Release revisited

Beitrag von shewolf » 28.04.2009, 19:41

Kyujin hat geschrieben:Ich vermittle diese Bewegung gerne als follow-through, entsprechend der beim Golf, Tennis, Baseball etc üblichen Bewegung.

Die Idee ist, daß die "eigentlich überflüssige" große Weiterführung der Bewegung in dem kurzen Augenblick auf den es uns ankommt, ihre Wirkung über die Bewegungsplanung entfaltet: Ich löse anders (nämlich gerader und schneller), wenn ich mir schon vor dem Lösen vorstelle, die rechte Hand in der Pfeilachse schnell weit nach hinten zu ziehen, als wenn meine Vorstellung von dieser Bewegung schon unmittelbar nach dem Lösen abbricht. Stell dir einen Golfer vor, der sein Eisen unmittelbar nach dem Ballkontakt stoppt, dann wird es ganz offenbar.



Im Langbogentraining wurde mit beigebracht, die lösende Hand (Anker im Mundwinkel) nach dem Release bis zu Ohr zu führen, also nachzuhalten.

Macht man das nicht, wird der geregelte Schußablauf (Atemtechnik, Stand, Zielen, Anspannung, etc.) u.U. vorzeitig beendet durch einen zu frühzeitigen Release.

Ist der Bewegungsablauf erst eingeschliffen, kann man ihn schneller und schneller werden lassen. Und auch wenn der Endpunkt dann nicht mehr ganz so artikuliert ausfällt, die vorhergehenden Techniken sind "drin"

Beim berittenen Bogenschießen habe ich ähnliches erlebt: kein Türme und Zinnen auf dem Bauwerk ohne ein gründliches Fundament...  ;) und am Fundament muß ich noch arbeiten  ::)
Thoughts are magnetic -
you attract what you think about most.

Polvarinho
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 1494
Registriert: 18.01.2005, 10:19

Re: Offener Release revisited

Beitrag von Polvarinho » 29.04.2009, 09:52

Kyujin hat geschrieben:Die Idee ist, daß die "eigentlich überflüssige" große Weiterführung der Bewegung in dem kurzen Augenblick auf den es uns ankommt, ihre Wirkung über die Bewegungsplanung entfaltet: Ich löse anders (nämlich gerader und schneller), wenn ich mir schon vor dem Lösen vorstelle, die rechte Hand in der Pfeilachse schnell weit nach hinten zu ziehen, als wenn meine Vorstellung von dieser Bewegung schon unmittelbar nach dem Lösen abbricht.


shewolf hat geschrieben:...keine Türme und Zinnen auf dem Bauwerk ohne ein gründliches Fundament...  ;)


Also, ich denke, besser und schöner kann man das kaum zusammenfassen......

Und um das Positive weiter zu umfassen:

Das war doch mal wieder einer von den produktiveren Threads.....Dank veränderter Kaffeemischung  ;D

Und für die Systematiker unter uns:

Zur besseren Orientierung wurde sogar ein neuer Thread erstellt!
Das gefällt Dir, Snake-Jo, nicht wahr!?!  ;D ;D ;D
Zuletzt geändert von Polvarinho am 29.04.2009, 09:55, insgesamt 1-mal geändert.
Claus
Wo es nur um das Gewinnen geht, dort gibt es zu viele Verlierer.

Steppenreiter

Re: Offener Release revisited

Beitrag von Steppenreiter » 06.05.2009, 18:10

Also können wir festhalten: Ohne Rückenspannung kein Lösen, sondern allenfalls ein Auf/Verreissen, doch wie geht's von da nochmal zum offenen Release??
Könnte mir jemand mal erklären, welche Muskeln wie ange/entspannt sein müssen, damit das automatisch und nicht automatisiert funktioniert??

Am Liebsten einmal für das Spannen der Sehne mit den Fingern...

Das ist das, was ich gefunden habe...
http://www.bogensport-zentrum.de/Spannung.pdf
Man muß ein bisserl zwischen den Zeilen lesen, weil es Compound Schützen sind, aber dann versteht man ziemlich genau, worauf es ankommt. Aber nirgendwo ein automatischer offener Release... Bei den Fitanesen scheint er sogar verboten, weil er ein Indiz für bewußtes Lösen und deshalb falsche Technik ist!

Anders die japanische Variante: Allerdings hier der offene Release in Verbindung mit dem Daumenrelease!..., wobei es auch hier Ausprägungen zwischen der Shomen und Heiki Schule gibt.
http://www.turnerbund-kyudo.de/wasistky ... newari.pdf

Benutzeravatar
Kyujin
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 719
Registriert: 16.03.2004, 10:01

Re: Offener Release revisited

Beitrag von Kyujin » 06.05.2009, 22:37

Im Wesentlichen geht es "ganz einfach" darum, die Öffnungsbewegung nicht durch Einsatz der Armbeuger und der Brustmuskulatur abzubremsen, sondern Schultern, Ellenbogen und Hände bis in die Endposition (zanshin) durchzuziehen.
Wir denken uns die höchste Spannung nicht vor dem Lösen (wir lassen eben auch nicht "los"), sondern eben am Ende dieser Bewegung.
Zuletzt geändert von Kyujin am 06.05.2009, 23:16, insgesamt 1-mal geändert.
Johannes Kolltveit Ibel
Oslo Kyūdō Kyōkai オスロ弓道協会

Benutzeravatar
shewolf
Hero Member
Hero Member
Beiträge: 2202
Registriert: 12.09.2003, 11:22

Re: Offener Release revisited

Beitrag von shewolf » 18.05.2009, 21:38

Kyujin hat geschrieben:Im Wesentlichen geht es "ganz einfach" darum, die Öffnungsbewegung nicht durch Einsatz der Armbeuger und der Brustmuskulatur abzubremsen, sondern Schultern, Ellenbogen und Hände bis in die Endposition (zanshin) durchzuziehen.
Wir denken uns die höchste Spannung nicht vor dem Lösen (wir lassen eben auch nicht "los"), sondern eben am Ende dieser Bewegung.


Vielleicht sollten wir diesen Begriff mangels eigener historischer Vorbilder "adoptieren"...  ;D

Mit den Worten der "normalen" bogenschützen zu beschreiben, was der berittene Bogenschütze macht, ist schwer. Aber obige Beschreibung deckt sich zu 100% mit den Ergebnissen vom Wochenende, wirklich interessant.
Thoughts are magnetic -
you attract what you think about most.

Antworten

Zurück zu „Bogenreiten praktisch“