Panikreaktionen

Alles zum Thema Pferde, Pferdeausbildung, etc.
Grey
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Re: Panikreaktionen

Beitrag von Grey » 06.06.2007, 13:34

Jetzt haben wir den Test 2 hinter uns: Daraufhin haben wir sie in den Hänger gepackt und nach Hause gefahren....und ich hatte ein langes Gespräch mit Züchter und Trainer (der nicht nur in finanziellem Interesse handelt, weil sie eh schlange bei ihm stehen  ;)). Fazit: Es ist gut wenn sie jetzt aus dem Training genommen wird. Sie bekommt jetzt 2 Monate Pause und dann wird sie (wenn der zeitpunkt paßt) als Handpferd ins Gelände gehen.....warum nicht ganz aufhöre für ein weiteres Jahr: Sie hat eindeutig ein Problem mit entgegenkomenden Pferden die zu schnell auf sie zukommen, nicht mit Menschen und sie hatte schon immer die Neigung anderen Pferden auszuweichen...vielleicht ist sie als Fohlen mal umgerannt worden. Sollte sie allerdings in zwei Monaten immer noch völlig von der Rolle sein, habe ich die Option sie einfach weiter auf der Wiese zu lassen.

Generelle Frage: Ihr seid ja alle der festen Überzeugung (außer einer Stimmenthaltung  ;D) der festen Überzeugung, daß Pferde erst mit 4-5 Jahren (rasseabhängig) unter den Sattel gehören....95 % der Jungpferdeleistungsprüfungen fangen zwischen 2-3 Jahren an.....und das nicht erst seit es "moderne" Turniere gibt.....sehr viele Pferde tragen keinen schaden davon, werden nicht verhunzt, weil trotz des zarten Alters vernünftig mit ihnen umgegangen wird.....selbst hervoragende Trainer aus vielen Jahrhunderten fingen/fangen früh an Pferde zu trainieren.....selbst die derzeitigen "Pferdeflüsterer" gehen davon aus, daß man ein Pferd entsprechend seinem Alter und seiner Entwicklung fördern soll (einschließlich reiten)....und die gehen auch nicht von 4-5 Jahren aus....

Ich finde daß paßt alles irgendwie nicht zusammen.....Prävention ist sehr gut, wenn sie nicht zu sehr präventiert....

In diesem Fall: Lina bekommt das was sie braucht, ich beobachte es sehr aufmerksam und kann entsprechend reagieren. Auch Timy werde ich sehr genau beobachten und genauso reagieren wenn es notwendig wird. Es ist eben doch irgendwie wie bei Kindern....die einen sind früher dran und machen später eine Pause, andere fangen später an und brauchen dann immer noch Pausen und manche haben eben wirklich einen an der Waffel. Pferd ist nicht gleich Pferd und Kind nicht gleich Kind.

Nur am Rande: Bei meinem Sohn haben mir vor 8 Jahren sehr viele versucht ein zu reden was für ihn richtig ist (einschließlich eines Therapeuten und eines Psychologen - er hat so gut wie nicht gesprochen) Ich habe dem zuwider gehandelt und auf meinen Bauch gehört. Heute hat er von seinen hormonellen Aussetzernabgesehen (die mit 15 normal sind) absolut überhaupt keine Probleme...weder mit sich, noch mit seiner Umwelt.

Vielleicht sollte ich es mit meinen Pferden machen wie mit meinem Sohn: Auf meinen Bauch hören.....

Auf jeden Fall danke ich Euch für Eure Meinungen und Ausführungen....es ist wie immer lehrreich!

Grüße und ein wunderbares Wochenende

grey
Gr?zzels Grey

Spring! Entweder Du f?llst oder es wachsen Dir Fl?gel!

Niels

Re: Panikreaktionen

Beitrag von Niels » 06.06.2007, 14:23

Da bin ich völlig Claus' Meinung. Solange man noch die Chance hat, Probleme zu vermeiden, sollte man es eigentlich auch tun. Nur entspricht das so gar nicht unserer durch die moderne menschliche Gesellschaft geprägten Denkweise. Da sind Dinge eben jetzt dran und werden durchgezogen. Alles wird als gut und vertretbar angesehen, solange man die Situation, die gar nicht so sein müsste, wie sie ist, beherrscht. Derjenige, der Ziele gegen alle Widerstände durchsetzt, ist der anerkannte Held und derjenige, der sich den Widerständen (wenn auch nur zeitweilig) beugt, ist der Looser. Wenn man souverän genug im Umgang mit Pferden und im Sattel ist, funktioniert beides. Das Beherrschen schwieriger Pferde schmeichelt sogar dem eigenen Ego. Den Weg des Lesens eines solchen Widerstands als Zeichen für vermeidbare Überforderung halte ich aber für den harmonischeren und pferdgerechteren.

Ein Beispiel:
Ich hatte mal zwei kleine Hengste (inzwischen 6-jährige Wallache). Mit beiden begann ich nach 3 Jahren mit dem Anreiten. Beide zeigten Anzeichen für Überforderung und ich brach erstmal ab. Dann musste ich leider beide verkaufen, weil es für mich als Privatperson einfach zu viele Pferde geworden waren. Der eigentlich coolere wurde vom neuen Eigentümer umgehend nach Redefin zum Profi-Beritt gebracht. Es wurde durchgezogen. Dem eigentlich ängstlichen ließ der andere neue Eigentümer noch viel Zeit. Erst mit 5 wurde das Anreiten fortgesetzt. Nun steht der ein wieder zweitweilig bei uns (auf Urlaub) und der andere in einem Nachbarstall. Jetzt mit 6 sind beide unterm Sattel. Aber: Der ursprünglich coole, tickt schon mal öfter aus und braucht einen sehr versierten Reiter. Der ursprünglich unsichere hat sich zu einem absolut coolen Verlasspferd entwickelt. Den kann jeder Anfänger reiten. Diese Entwicklung mag sicher die unterschiedlichsten und auch ganz andere Ursachen haben, aber ich vermute schon, dass es was mit der aufgebrachten Geduld bei dem einen und dem Durchdrücken bei dem anderen zu tun hat.

Letztlich hängt aber auch viel davon ab, was man mit dem Pferd eigentlich will. Ich kenne eine Menge Leute, die lehnen solche ruhigen, ausgeglichenen Pferde für sich ab (Schlaftablette, kein Ausdruck usw.) und wollen eher einen hibbeligen, tänzelnden Untersatz, auf dem ihre reiterischen Fähigkeiten erst so richtig deutlich werden. Und es ist ja nicht so, dass ich diesen Reiz persönlich nicht auch nachvollziehen kann. Aber dann gilt eben, wer das eine will, muss das andere (z.B. Stress auch dann, wenn man in mal gar nicht braucht) mögen.

Grey, gute Entscheidung. Und auf den Bauch, also das Gefühl, die Beobachtung hören ist sicher nichts schlechtes, zumal dann, wenn man damit schon gute Erfahrungen gemacht hat.

Zu Deiner Frage: Das ist ja gerade das Problem mit diesen Prüfungen. Das eine Pferd ist mit 2-3 Jahren noch ein "Baby" und das andere möchte doch schon gefordert werden und verträgt auch das Reiten (zumindest mental - fordern kann man ein Pferd ja auch ohne Sattel - der gehört ohnehin nicht zum natürlichen Pferdeprogramm). Das ist der menschlichen Prüfungsordnung aber egal. Die basiert doch auf schneller Auslese und zwar menschlicher an wirtschaftlicher Effizienz orientierter, nicht natürlicher. Das Baby kriegt dann zusätzlich zu den ohnehin zu erwartenden früheren Verschleißerscheinungen bei Sportpferden auch noch ein Problem im Kopf. Aus der amerikanischen Ecke bekam schon desöfteren den Tipp durchaus früh anzureiten (dann geht es einfach für den Menschen [!] leichter), dann aber erstmal wieder ein Jahr auf die Weide. Ist doch klar, dass sich auch die "Pferdegurus" in ihren Konzepten mit dem frühen Anreiten arrangieren. Alles andere würde ihnen doch zu viele Kunden verprellen. Nämlich die, welche eben diese Prüfungsordnungen im Nacken haben.

Ist aber nur meine Meinung. Und ich würde mich auch nur bedingt als Fachmann ansehen.

blobb
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Re: Panikreaktionen

Beitrag von blobb » 06.06.2007, 14:32

Nun sehe ich mich gezwungen doch noch ein paar Worte zu verlieren, und zwar zum scheinbaren Erfolg vom frühen anreiten und den Jungpferdeprüfungen. Wer züchtet um Geld zu verdienen und/oder Turnierreitet um Geld zu verdienen, der kann sich es nicht leisten, die Pferde erst mit 4/ 5 anzureiten, wir wissen ja alle, was ein Pferd im Jahr kostet. Das heißt ein 6-jähriges angerittenes / grundausgebildetes Pferd liegt dann halt ca 3000.- Euro teuer wie ein 3 bis 4 jähriges mit gleichem ausbildungsstand.
Zum anderen sehe ich meine Pferde (und ich züchte auch, zwar nur klein, aber erfolgreich) NICHT als Sprotgerät, ich möchte verlässliche Freizeit-Allrounder, keine spezialisierten Sportpferde.
Das Lebewesen Pferd steht im Vordergrund in all seiner Natur und Eigenheit und nicht des Menschen-Ego, der sich oder den anderen etwas beweisen will.
Gruß blobb

vinkona
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Re: Panikreaktionen

Beitrag von vinkona » 06.06.2007, 18:10

Wenn in der Fachpresse zu lesen ist, daß das durchschnittliche Alter eines Pferdes gerade mal 9! Jahre beträgt ....

Ich habe im Laufe der Jahre gerade mal 10 Pferde selbst angeritten / ausgebildet. Keiner wurde vor 4 1/2 geritten. Mit 4 beschlagen und ein Sommer als Handpferd mitgenommen. Da lernen sie die Welt kennen - werden gelassen, laufen einfach in ihrer Herde mit und bekommen Muskulatur und Kondition. Dann mit 4 1/2 sprich im Herbst irgendwann erstes Aufsitzen. Mangels Reitplatz gehen sie 2 x mit Reiter als Handpferd und werden auf dem Heimweg schon los gemacht. Durch den Sommer als Handpferd ist noch nie eines am Führpferd vorbei gestürmt - ging als Handpferd ja auch nicht. Anfangs wird vom Reiter nur die Geschwindigkeit bestimmt und die Gangarten genommen wie sie angeboten werden. (Alles außer Schweinepass).
Im Winter ist hier nix mit reiten - bis ich heimkomme ists längst dunkel. Also stehen sie über den Winter noch mal.
5jährig gehen sie abwechselnd unterm Reiter und als Handpferd. Was ich alleine sortiert bekomme - prima, sonst geh ich auch mit dem Jungpferd zum Kurs. Allerdings nur zum Trainer meines Vertrauens!
Mit 6 sind es dann "Reitpferde" und wir arbeiten an der Feinabstimmung.
Klar ging das mit Profiberitt schneller - nur obs für die Pferde vom Kopf her besser wäre?
Es sind alles gute spritzige und doch zuverlässige Reitpferde geworden.
Keine Schlaftabletten und keine Spinner. Pferde, denen der Wanderritt genauso viel Spaß macht wie mal ne abwechslungsreiche Reitstunde. Kennen Geschicklichkeitsprüfungen und haben Vertrauen. Sind bereit alles mitzumachen, was uns einfällt. Die Schnitzeljagd genauso wie Bogenschießen.

Unsere ersten eigenen Pferde - die waren allerdings noch nicht selbst ausgebildet - sind irgendwann mit 26 in Rente gegangen. Skjöldur ist mir 31 auf immergrüne Wiesen gegangen und Leslie ist jetzt 35 und lebt noch ganz gut.
Allerdings sind beide auch erst mit 4-5 eingeritten worden.

Klar, wer sein Geld mit der Zucht und Ausbildung verdienen muß, hat meist die Zeit nicht die Pferde in Ruhe reifen zu lassen. Aber - ich als Kleinzüchter muß diesen Weg des Hauruck-Verfahrens nicht mitgehen!

Jedes Jahr, das ein Pferd später eingeritten wird bekommt man im Alter mehrfach zurück ...

Grüßle

Vinkona

Steppenreiter

Re: Panikreaktionen

Beitrag von Steppenreiter » 06.06.2007, 19:47

Manchmal frag ich mich, ob das alles so seine Richtigkeit hat:

Wenn wir panisch sind, wie reagieren wir dann, was passiert dann mit uns...?

Wenn wir eigensinnig sind, wie reagieren wir dann, was passiert dann mit uns...?

Wenn wir gehorsam sind, wie fühlen wir uns, was passiert dann mit uns....?

Bei der Übertragung von Ursache Wirkungsketten, deren Begründung auf Gefühlen und Emotionen beruhen, auf zwei so ganz unterschiedliche Spezies wie Mensch und Pferd, hab ich so meine Bedenken.

Ich glaube nicht an Verallgemeinerungen, wie Anreiten erst mit 4 1/2 Jahren oder weil er zu früh angeritten  wurde, ist er heute ein Hektiker, oder oder...
Selbstverständlich heißt arbeiten für ein Pferd für den Mensch etwas tun, was dieser für gut hält und wenn diese Arbeit mit Leistungsniveaus gemessen wird, dann bedeutet das, dass es auch Pferde gibt, die diese Niveaus in der vorgegebenen Zeit nicht erreichen. Viele erfüllen die Aufgaben aber. Das Problem beginnt doch eher dann, wenn der Halter nicht frühzeitig erkennt, dass gerade sein Pferd das Niveau, die Reife, nicht hat und dann nicht nur den Bewegungsapparat sondern auch die Psyche des Tieres überfordert.

Es gibt leider viel zu viele schlechte Pferde, und dass das so ist, ist den Züchtern anzulasten. Eine Möglichkeit das zu verhindern sind Leistungsprüfungen. Wer sein Tun keiner Prüfung unterzieht, die seine Leistung mißt, kann herrlich über diejenigen schwadronieren, die sich der Aufgabe stellen, bringen tut es aber nichts, ausser vielleicht seinem Ego.
Zuletzt geändert von Steppenreiter am 06.06.2007, 20:39, insgesamt 1-mal geändert.

Polvarinho
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Re: Panikreaktionen

Beitrag von Polvarinho » 07.06.2007, 11:12

Der Steppenreiter hat geschrieben:Es gibt leider viel zu viele schlechte Pferde, und dass das so ist, ist den Züchtern anzulasten. Eine Möglichkeit das zu verhindern sind Leistungsprüfungen. Wer sein Tun keiner Prüfung unterzieht, die seine Leistung mißt, kann herrlich über diejenigen schwadronieren, die sich der Aufgabe stellen, bringen tut es aber nichts, ausser vielleicht seinem Ego.


Nein, Steppi, da bin ich absolut nicht Deiner Meinung!

Ich glaube (und sehe!) das es sehr viele gute pferde gibt!
Speziell in D werden extrem viele mitunter sogar SEHR gute Pferde gezogen! Warum kommen denn die Holländer, die Spanier und auch die Amerikaner zu uns um Pferde zu kaufen...?!?

Das in unseren Ställen oft sehr "schlechte" Pferde stehen liegt an den Menschen und an der Art und Weise, wie sie mit ihnen umgehen!
Es fängt mit der Kinderarbeit an, es geht weiter mit überzogenen Turnierambitionen und hört bei schlechtem und falsch verstandenem Reiten und nicht mehr vorhandenem Horsemenship (früher nannte man das im Rheinland "Pferdeverstand") immer noch nicht auf.

Bisher noch nicht gelistet die Zeitlosigkeit und die wirtschaftlichen Interessen zu denen ich mich hier nicht auslassen möchte.

DAS sind die Ursachen für die schlechten Pferde in unseren Ställen, nicht das Material, welches vom Züchter kommt. Das ist soger meist SEHR gut und besser als noch vor 20 oder 40 Jahren.

Was man den Züchtern ankreiden könnte wäre das sie uns mit ZU GUTEM Material ausstatten!!! Ja, denn immer weniger Menschen verstehen eben mit Pferden umzugehen und je feiner und sensibler ein Pferd ist (und das liegt in der Basis an den Züchtern, denn sie ziehen für den größeren Sport) um so weniger passt es in ein grobes,  von unwissenden Menschen formatiertes Schema und heraus kommt ein Problempferd oder eines, was sich zähneknirschend und unter Schmerzen beugt -> das ist z.zt. tatsächlich ein Zuchtziel!!!

Ich krieg jetzt beim Schreiben schon wieder die Krätze....    ;-) aber auch :-(

Für den interessierten Leser empfehle ich "Finger in die Wunde" vom Kollegen Heuschmann.

Dieses Buch klärt auf über wichtige Grundlagen der funktionellen Anatomie und bespricht auf dieser Basis die Funktionalität und Durchdachtheit unserer Reitlehre und zeigt auf, an welchen Abzweigungen sie enorm missverstanden wird bzw. was passiert, wenn man grundlegende Dinge nicht beachtet!

Ich finde JEDER Reiter müsste dieses Buch gelesen und (mit Erfolgskontrolle!) verstanden haben.....
...das das NICHT so ist, sehe ich jeden Tag im Stall......
Claus
Wo es nur um das Gewinnen geht, dort gibt es zu viele Verlierer.

Niels

Re: Panikreaktionen

Beitrag von Niels » 07.06.2007, 12:07

Der Steppenreiter hat geschrieben:Manchmal frag ich mich, ob das alles so seine Richtigkeit hat:

Wenn wir panisch sind, wie reagieren wir dann, was passiert dann mit uns...?

Wenn wir eigensinnig sind, wie reagieren wir dann, was passiert dann mit uns...?

Wenn wir gehorsam sind, wie fühlen wir uns, was passiert dann mit uns....?

Bei der Übertragung von Ursache Wirkungsketten, deren Begründung auf Gefühlen und Emotionen beruhen, auf zwei so ganz unterschiedliche Spezies wie Mensch und Pferd, hab ich so meine Bedenken.

Ich glaube nicht an Verallgemeinerungen ....


Steppi, das sehe ich eigentlich auch so. Nur komme ich offenbar zu geringfügig anderen Schlussfolgerungen.  ;)

Ganz kurz zu den den von Dir angeführten Verhaltensmustern.

Panik löst in etwa diesselben Reaktionen aus, wobei die Reizschwelle bei Fluchttieren eben deutlich niedriger liegt. Alos erst laufen dann schauen und zwar dann in erster Linie auf das Verhalten der eigenen Herde/Leittiere.

Eigensinn ist was zutiefst menschliches. Ich halte Äußerungen, wie "der ist aber heute wieder stur, der will mich ärgern" bei Pferden einfach nicht für richtig. Welchen Sinn soll es für ein Pferd ergeben, sein Leittier einfach nur mal so ärgern zu wollen.

Gehorsam und Unterordung ist bei Pferden sicher überhaupt nicht negativ belegt, ganz anders als bei uns Menschen. Ich muss immer über Besitzer lächeln, die ihren Pferden für einen Aufstieg in der Rangordnung die Daumen drücken oder dabei sogar helfen wollen.

Ich glaube ja auch nicht an Verallgemeinerungen, gerade was die mentale Entwicklung anbelangt (die körperliche Verschleißgeschichte ist hingegen schlicht veterinärmed. belegt, soweit ich weiss). Eben deshalb stehe ich Verallgemeinerungen in Form von Prüfungsordnungen für Jungpferde kritisch gegenüber (was im übrigen ja nicht heißt, dass ich nicht auch schon mal auf einem Dreijährigen gesessen habe). Wenn ich 10 jährige Kinder in den Bergwerkschacht zur Arbeit schicke, überstehen das sicher auch viele und einige werden vielleicht sogar abgehärtet. Aber einige schaffen eben nicht. Würdest Du da auch sagen, man muss eben nur intensiv beobachten und rechtzeitig selektieren oder würdest Du nicht auch eher fragen, warum das überhaupt sein muss?

Und wie hieß es schon in der Schule: "Nicht für Prüfungen, sondern für das Leben lernen wir ..."

AndreaSZB

Re: Panikreaktionen

Beitrag von AndreaSZB » 07.06.2007, 13:07

Panikreaktion  ... Ja und Nein

Es ist durchaus richtig, was Claus zum Pferdeumgang etc. sagt.
Auch, dass wir hier in Deutschland eine sehr gute Sportpferdezucht  haben.

Aber genau hier scheiden sich die Geister.  Sportpferde sind Spezialisten und die Zuchtauslese kenn nur Leistung!

Nun sind die so genannten Freizeitpferde meist ein „Abfallprodukt“ der Sportpferdezucht.  Auch Mixanpaarungen haben diese Eigenschaften inklusive.

Richtige gute Gebrauchspferde sind selten. Meist gibt es dafür hier auch keine „Leistungsprüfungen“ und schon gar keine gezielte Zucht. Jedenfalls habe ich noch nicht gehört, dass jemand zum Beispiel  Gelände- und Wanderreitpferde züchtet  und diesbezüglich eine Auslese betreibt.   

Diesbezüglich beispielhaft ist die Criollozucht in Südamerika.. 

Da bekommen z..B. Stuten erst Fohlen, wenn diese sich bei der Rancharbeit bewährt haben.
Oft erst mit 10 Jahren!

Alles was nichts taugt oder irgendwelche Probleme macht wird vom Caucho  sofort ausgemustert und kommt in die Wurst.

Nun gut, da könnte man sich nun streiten, ob das human ist?  Andererseits ist es auch nicht richtig alles hochzupäppeln.

Aber auch in Südamerika kann es passieren, dass die ausgemusterten Pferde der Cauchos, nach Italien verschiffen werden. Diese werden dann von findigen Pferdehändlern in Italien für den Schlachtpreis aufgekauft werden und in Deutschland als ruhige Freizeitpferde teuer verkauft.  Was diese Pferde durchgemacht haben ist kaum zu beschreiben.
Zuletzt geändert von AndreaSZB am 07.06.2007, 23:51, insgesamt 1-mal geändert.

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Angela
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Re: Panikreaktionen

Beitrag von Angela » 07.06.2007, 13:29

@Grey: Zum Thema "Jungpferdeprüfungen". Sowas wird natürlich so früh wie möglich gemacht, es steckt ja ein immenser wirtschaftlicher Faktor dahinter. Die Zucht von englischen Vollblütern und dt. WB's (bei Quarters kenn ich mich nicht aus, weiß nicht wie es dort ist) hat nicht viel mit "Liebhaberei" zu tun, das ist eine Industrie, wo es um viel Geld geht. Wer da als Züchter oben mitmischen will, muss sich den Altersvorgaben beugen. Und ich pauschalier hier mal ganz einfach: Wer im großen Stil züchtet, dem ist auch egal was mit den Pferden in 10, 15 Jahren ist. Die Erfolge müssen bald kommen, um Werbung für die jeweiligen Züchter und Vatertiere zu machen. Langlebigkeit ist kein Selektionskriterium (mehr).

Ich habe die erste hälfte meiner Lehr auf der Rennbahn absolviert, ich kann gar nicht mehr zählen wieviele 3-jährige Pferde nach einer mittelmäßigen Rennkarriere für den Schlachtpreis zum Verkauf standen. Die zweite Hälfte hab ich auf einem bekannten Holsteinergestüt gemacht, und da war's leider nicht viel besser. Für die Zucht zählen Erfolge in Jungpferdeprüfungen mehr noch als irgendwelche Grand-Prix Schleifchen. Klar, viele überstehen die Kinderarbeit ohne sichtbare Schäden. Viele Trainer sind ebenfalls auf den schnellen Erfolg angewiesen. Viele Pferdebesitzer erwarten, dass der Trainer aus einem rohen Pferd innerhalb von 3 Monaten ein turnierfertiges Dressurpferd machen. Und wenn man das nicht versprechen will, gehen die Leute zum nächsten Trainer. Schon oft erlebt.

Mein Hengst (Vollblutaraber) ist in Russland Rennen gelaufen, kam mit eindreiviertel Jahren ins Training. Als er sein erstes Rennen lief, war er noch 147cm groß. Heute ist er knapp 160cm. Man kann sich drüber streiten: Die Russen sagen, nur eine harte Auslese macht eine gute Zucht. Irgendwo ist da auch richtig, die russischen Vollblutaraber haben zumindest einen sehr guten Ruf bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit in Rennen und Distanzsport. In freier Wildbahn bleibt auch alles auf der Strecke, was nicht hart genug ist.

Aber diese Selektion ist eben einseitig, weil es an die Wirtschaftlichkeit (=kurzfristig) angepasst sein muss. Bei den Arabern gibt es glücklicherweise auch die Möglichkeit der HLP über Distanz, auf die Rennbahn dürfen AV's in Deutschland auch erst mit 4 Jahren. Bei Warmblüter gibt's auch immer noch die Möglichkeit der HLP über Turniersport.

Meine Meinung: Wir als Reiter/Pferdebesitzer/kleine Züchter sind eben nicht drauf angewiesen, die Leistungsfähigkeit frühstmöglich unter Beweis zu stellen! Wir wollen gesunde, gute, nervenstarke Pferde, die möglichst alt werden. Wir haben deshalb die Freiheit, unsere Pferde noch ein, zwei jahre zu schonen, bevor sie gearbeitet werden. Züchter, die ihr Lebensunterhalt damit verdienen, haben diese Freiheit nicht - das heißt aber nicht, dass ihr Weg besser für das Pferd oder sein späterer Besitzer ist.

Fazit: Hast dich richtig entschieden!  :)

Viele Grüße
Angela

Steppenreiter

Re: Panikreaktionen

Beitrag von Steppenreiter » 08.06.2007, 13:17

Greys Beitrag ist wirklich gemein, denn er greift voll in die Gefühlskiste und da werde ich immer ganz brummig...

Andrea hat mit ihrer Gebrauchspferdebetrachtung vollkommen recht, wir arbeiten mit den "Abfallprodukten" aus der Sportpferdezucht oder deren eigensinnigen Mischungen. Motto: wir probiern mal was passiert, wenn  wir einen Württemberger mit einem PRE kreuzt usw.

Was die Panikgeschichte angeht, und ich die Aufgabe habe sowas zu lösen, dann geht das nicht fernmündlich, sondern dann ist das eine Sache zwischen mir und dem Pferd, alle gesellschaftlichen Betrachtungen und andere Weisheiten sind mir dann ziemlich schnuppe, denn daran Arbeiten ist kein Zuckerschlecken. Wie es dazu gekommen ist, ist mir in solchen Moment auch vollkommen wurscht, sondern es geht allein darum den Weg heraus zu finden und meine Erfarhung ist, dass meine Intuition mir bisher am Besten geholfen hat.

Natürlich muß man auch mal richtig in die Scheiße langen, damit man seine Grenzen auch wirklich kennenlernt.

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Re: Panikreaktionen

Beitrag von vinkona » 08.06.2007, 18:15

Der Steppenreiter hat geschrieben:Es gibt leider viel zu viele schlechte Pferde, und dass das so ist, ist den Züchtern anzulasten. Eine Möglichkeit das zu verhindern sind Leistungsprüfungen.


Ich kenne von den "Züchtern" kaum schlechte Pferde - viel mehr stammen die von den "hinterm-Haus-Vermehrern". Denn - das Pferd hat ja sooooo schöne Augen - damit muß man unbedingt züchten ...

Wobei - ich auch ein Mini-Züchter bin, allerdings bisher kein schlechtes Pferd gezogen habe. (Ist nicht nur meine persönliche Meinung, sondern auch die von Profis).

Es kommt eher drauf an, was denn bei den einzelnen Rassen als Zuchtziel definiert ist und was die Züchter draus machen.

Wer kann es sich hier leisten seine Zuchtstute bis 10 leer zu lassen, um sie unter dem Sattel zu prüfen? Wobei die Grundidee nicht schlecht ist.

In Deutschland darf z. B. ein Isi frühestens mit 5 unter dem Sattel gezeigt werden - sei es Zucht oder Sport.

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Grey, laß Deinen Bauch entscheiden - dann passt das schon!

Grüßle

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Re: Panikreaktionen

Beitrag von zanabo » 13.06.2007, 14:25

Polvarinho hat geschrieben:Für den interessierten Leser empfehle ich "Finger in die Wunde" vom Kollegen Heuschmann.


Richtig guter Buchtipp, hab's gerade gelesen, Danke !

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Re: Panikreaktionen

Beitrag von Polvarinho » 13.06.2007, 15:16

zanabo hat geschrieben:
Polvarinho hat geschrieben:Für den interessierten Leser empfehle ich "Finger in die Wunde" vom Kollegen Heuschmann.


Richtig guter Buchtipp, hab's gerade gelesen, Danke !


Nicht wahr, Zanabo!?!

Wenn mans einmal in den Fingern hat, dann kann man es auch nicht so schnell wieder weg legen.....

Ich wünsche diesem Buch noch weiteste Verbreitung!

Es müsste in jedem Stall zur Einsichtnahme ausliegen.........
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Re: Panikreaktionen

Beitrag von Snake-Jo » 14.06.2007, 10:34

vinkona hat geschrieben:
Der Steppenreiter hat geschrieben:Es gibt leider viel zu viele schlechte Pferde, und dass das so ist, ist den Züchtern anzulasten. Eine Möglichkeit das zu verhindern sind Leistungsprüfungen.


Ich kenne von den "Züchtern" kaum schlechte Pferde - viel mehr stammen die von den "hinterm-Haus-Vermehrern". Denn - das Pferd hat ja sooooo schöne Augen - damit muß man unbedingt züchten ...
Vinkona


So kann man das leider nicht abhandeln; da habt Ihr schon wieder ein ziemliches Fass aufgemacht. Natürlich ist der Züchter für sein "Produkt", sprich Pferd, verantwortlich, wenn er es leben läßt.... Und hier mal ketzerisch gefragt: Wann ist ein Pferd schlecht, wann ist es gut? Klar, wenn das Exterieur fehlerhaft ist, wenn es einen schlechten Charakter hat, wenn es als Springpferd gezüchtet wurde, aber leider nur ein saugutes Trailpferd abgibt, wenn es absolut durchgängig ist, aber leider nicht spritzig genug.....
Dies ist ähnlich wie bei den sogenannten Rassehunden: Sehen super aus, entsprechen dem Standard zu 100 %, aber für die Gebrauchshundeprüfung beim Drogendezernat leider nicht brauchbar. Da ist der Waldi von nebenan einfach Super, sieht Sch.. aus, der arme Kerl, aber eine tolle Nase hat er.  So seh ich das auch bei den Pferden, aber das wäre jetzt mit Sicherheit eine neuer Thread: "Gute Pferde-schlechte Pferde?" Übrigens: Sogenannte "Weideunfälle" können ganz tolle Gebrauchspferde ergeben, weil die Natur oftmals die "besseren" Gene durchläßt.
;)

Steppenreiter

Re: Panikreaktionen

Beitrag von Steppenreiter » 14.06.2007, 12:34

Naja Snake, ich seh's mal so: In nördlichen und südlichen Amiland werden in manchen Gebieten riesige Pferdeherden gehalten. Die Hirten sind bis zu 16 Stunden täglich on horse, con cavallo und sie haben eine ziemlich unsentimentale Beziehung zu ihren Pferden. Taugt's den Job zutun, dann wird es ausgebildet, stellt sich aber heraus, dass es Schwierigkeiten macht, dann kommt es in die Dose.

Ungefähr diese Herangehensweise wünsche ich mir. Klar sind viele unserer Probleme hausgemacht, weil wir uns viel zuwenig Zeit für unsere Vierbeiner nehmen. Aber gerade deshalb sind "spinnerte" Pferde, ich nenn's mal so, nicht wirklich vorteilhaft in einem Sport, der sowieso schon viel Zeit in seiner Ausübung verlangt. Immerhin wollen wir nicht nur reiten, sondern auch noch Bogenschiessen und dabei treffen.

Und nur wirklich gute Reiter und Pferdeleute tun es sich an mit diesen Pferden zu arbeiten. Doch auch ihre Zeit ist begrenzt und wenn sie gut sind sogar teuer! Ergo.... ?

Unser Anspruch an das Pferd ist eher gering, um gesetzt zu Galoppieren, muß das Pferd gut bemuskelt sein, also trainiert, und um nicht in Raserei zu verfallen eher etwas phlegmatisch, wenn das kein Widerspruch ist. Weideunfälle können tatsächlich solche Gene haben. Ich habe so einen Unfall, kenn andere und denke mir, warum hat sie niemand beizeiten in einem geschmackvollen Soufflé genossen.... Jetzt sind sie zäh und ungeniessbar!

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