@ Rabe, Du hast natürlich Recht, ich hätte besser schreiben sollen: keine mich überzeugende Argumentation.
@ Bernhard Langbogen
4-6 Monate im Heuhaufen lagern ist kein Schnelltrocknen! Beim schnelltrocknen ist der Stamm oder Spaltling nach 4-6 Wochen fertig zum Bogenbauen.
Hast du es selber schon versucht mit dem Heuhaufen? Oder besteht die Gefahr, dass sie dir ein paar Geschichtchen erzählt haben?
Ich versuche es mal.ravenheart hat geschrieben: ...
Meckern, verreißen und kritisieren is nun mal einfacher, als selber konstruktiv etwas verbessern oder schöpferisch neu entwickeln.
...
Rabe
Mit Massenspektrographie, und Elektronenmikroskopie kann ich nicht dienen, doch ein wenig Ahnung von Pflanzenphysiologie habe ich schon, ein paar Bücher zum Thema auch, und so schreibe ich hier ein wenig davon zusammen.
Erst mal allgemeines und vereinfachtes zum Gehölz. Es besteht aus grob drei Schichten, der Rinde, dem Splintholz und dem Kernholz.
- Die Rinde besteht aus Borke zum Schutz des Baumes und aus Phloem, den Leitungsbahnen in denen die Assimilate zu den Abnehmern gebracht werden.
- Das Splintholz dient dem Wasser- und Nährsalztransport und hat Stützfunktion. es besteht aus toten (entkernten) Leitungszellen und aus lebenden Zellen (Strasburgerzellen, auch Strasburger-Zellen) die die Leitungszellen mit Energie und Baustoffen versorgen.
- Das Kernholz entsteht aus Splintholz das die Zellwände verstärkt und in die Zellen Lignin und Schutzstoffen gegen Pilze und Bakterien einlagert und dabei abstirbt. Das Kernholz hat nur noch Stützfunktion. Es findet kein Stoffwechsel mit dem Splintholz oder der Rinde statt.
Nun stellt sich die Frage, wie Eibenholz durch gute Lagerung an Leistungsfähigkeit zunehmen kann. Welche Schichten sind daran beteiligt, welche Stoffe sind beteiligt? Was passiert im Holz, wenn es von der Wurzel getrennt wurde?
Der Rabe geht von einer Steigerung der Leistungsfähigkeit durch Polymerisation von "Harze, Öle, Zucker, Eiweiße, etc." aus.
Die Rinde
Die Verfestigung von Eibenholz findet mit und ohne die Rinde statt. Es scheint egal ob ein Eibenstamm mit oder ohne Rinde getrocknet wurde. Die Verfestigung findet so oder so statt. Die Rinde mit ihren Inhaltsstoffen ist also nicht oder nur unwesentlich daran beteiligt. Ich behandle trotzdem z.T. beides, die Trocknung mit Rinde und die Trocknung ohne.
Das Wasser im Holz hat keinen Kreislauf. Das Wasser wird von der Wurzel aufgenommen, im Holz transportiert und zum größten Teil über das Laub verdunstet. Ein kleinerer Teil wird zur Assimilation und zum Assimilattransport benötigt. Die Assimilate werden in wässriger Lösung aktiv in der Rinde transportiert, doch das ist eine Sackgasse. Die Assimilatelösung darf nicht wieder in das Holz eingespeist werden, da sonst die Lösung mit den gelösten Nährsalzen reagiert, verklumpt und die Leitungsbahnen verstopft.
Die Ernährung der Zellen im Splintholz findet über Tüpfel, dünne Kanäle im Holz zwischen den Leitungsbahnen, statt.
Zucker, Polysaccharide und Stärke
Das Holz hat im Gegensatz zur Rinde keinen Speicher für Zucker, Polysaccharide und Stärke. Die ankommenden Zucker und Polysaccharide werden und die Stärke wird sofort verstoffwechselt (in der Reihenfolge). Wird der Baum gefällt, so werden Zucker und Polysaccharide und Stärke aufgebraucht und zu Wasser und CO2 verbrand.
Wird die Eibe mit Rinde getrocknet, so stehen für mehrere Monate Zucker, Polysaccharide und Stärke zum Überleben der Zellen und/oder zur Polymerisierung oder sonstigen Stoffwechselvorgängen zur Verfügung.
Wird die Eibe ohne Rinde getrocknet, so stehen keine Zucker, keine Polysaccharide und keine Stärke zum Überleben oder zur Polymerisierung zu Verfügung.
Und so ganz nebenbei, Cellulose ist kein Zucker, auch wenn es aus Zucker gemacht wird. Es sind andere C-Atome die da miteinander verbunden sind.
Öle
Ich konnte keine speziellen Informationen zu Ölen in Eibenholz finden.
Allgemein dienen Lipidtröpfchen in pflanzlichen Zellen als Energiespeicher und als Lösungsmittel für Wirkstoffe. Sie werden meist im Samen eingelagert doch auch andere pflanzliche Zellen enthalten kleine Öltröpfchen. Wird der Baum langsam getrocknet, so wird das Öl verstoffwechselt um die ja noch lebenden Zellen zu ernähren. Wird der Stamm schnell getrocknet so sterben die Zellen bevor der Lipidvorrat aufgebraucht ist. Das Öl könnte dann polymerisieren. In diesem Fall heißt das nur, dass aus den Tröpfchen Klumpen werden, winzige Klumpen die in der Rinde oder einer wesentlich größeren Strasburger-Zelle liegen. Wie das die Qualität von Eibenholz für den Bogenbau verbessern soll ist mir unbegreiflich. Eher erscheint es mir, dass das Eibenholz durch langsam trocknen und eben nicht polymerisieren besser wird.
Es gibt auch Gehölze die Öle als Wasserverdränger im Kernholz einlagern, die Eibe gehört nicht dazu.
Harze
ravenheart hat geschrieben: ...
Richtig ist, dass Eibe weder Harzkanäle hat noch Harzgallen ausbildet.
Ob dies tatsächlich gleichbedeutend damit ist, dass es keinerlei Harze enthält, könnte nur durch eine gezielte Laboranalyse festgestellt werden.
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Das wurde bereits gemacht. Harze schwimmen nicht frei in Holz oder Rinde herum, sondern sind an Kanalgefäße gebunden. Und eben diese gibt es im Eibenholz nicht. Das ist sogar ein mikroskopierbares Erkennungszeichen der Eibe. Die Archäologen haben es sehr schwer zu erkennen was für ein Holz sie da gerade ausgegraben haben. Ein Kriterium welches es ist, sind die Tracheiden und die Tracheen.
- Hat das Holz Tracheen (ein Typ Leitungsbahnen) ist es ein Bedecktsamer (Angiosperm), allgemein und ungenau auch Laubgehölz genannt.
- Hat das Holz nur Tracheiden (ein andere Typ Leitungsbahnen) so ist es ein Nacktsamer (Gymnosperm), allgemein und ungenau auch Nadelbaum genannt.
- Hat das Holz hier in Mitteleuropa dann keine Harzgallen oder Harzkanäle, so ist es eine Eibe.
- Hat es Harzgefäße, so muss weiter untersucht werden welches Gehölz es sein kann wenn man eine Bestimmung vornehmen will.
Ja, doch Wundverheilung geht auch ganz gut ohne Harze, denn die sind daran nicht beteiligt. Es ist ein ganzes Bündel von Phytohormonen und sonstigen pflanzlichen Wirkstoffen die da zusammenspielen und z.B. die „Blutung“ stoppen. Nur weil die anderen Nadelbäume Harz ausscheiden können, so muss Eibe das nicht auch. Es geht doch auch ohne Harze. So ganz nebenbei dient das Harz auch nicht direkt der Verheilung, sondern ist eher ein Infektionsschutz (=Pflaster) über der Wunde, denn eine Heilungsförderung (Naht) der Verletzung. Mit der Einstellung der „Blutung“ hat es wie oben schon gesagt nichts zu tun.ravenheart hat geschrieben: ...
Wunden verheilen bei Eibe hervorragend, schnell, und bluten fast gar nicht!
Irgend was MUSS sie nun ja aber verschließen, oder? Daher bitte vorsichtig mit "gegriffenen" Aussagen...
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Die Harze stehen dem Eibenholz nicht zur Polymerisation zur Verfügung.
Eiweiße
Ich konnte keine speziellen Informationen zu Proteinen im Eibenholz finden. Doch ein bisschen was allgemeines, Wissenswertes gibt es schon.
Eisweise bestehen aus den 24 Aminosäuren (die wiederum aus Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff und Stickstoff bestehen und zum Teil auch aus geringen Mengen Schwefel) die mit Peptidbindungen aneinander gebunden sind. Eiweiße sind in der Pflanze in Notzeiten mobil, das heißt, dass sie bei Bedarf wieder in Einzelteile (Aminosäuren und Teile von Aminosäuren) zerlegt werden können und zu Orten des Bedarfes hintransportiert werden. Dort werden die Aminosäuren wieder in anderen Reihenfolgen zusammengesetzt und ergeben dann neue Eiweiße, die vor Ort gebraucht werden.
Wenn ein Pflanzenzelle hungert, (und nichts anderes passiert beim langsam trocken,) dann kann sie auch die Eiweiße soweit reduzieren und verstoffwechseln, dass nur noch die wenigen Proteine übrig sind, die zur Synthese neuer Eiweiße nötig sind. Übrig bleibt beim verstoffwechseln NH3, nicht der Stoff für strukturstärkende Polymerisationen.
Ist die Rinde beim Trocknen noch am Stamm, so wird Eiweiß aus dem Holz gelöst und in die Rinde transportiert. Das geschieht nicht bei allen Pflanzen so, nur bei Pflanzen die zum Wiederanwurzeln von abgerissnen Ästen und Zweigen neigen. Dies schafft den
Evolutionären Vorteil
Das mit der Kartoffel und dem Ei war natürlich Klamauk, und ich bin sicher der Rabe weiß das.ravenheart hat geschrieben: ...
Ach ja, und der "evolutionäre Vorteil"... ?
Den Teil verstehe ich nun gar nicht!
Genau so könnte man sagen: "Ich glaube nicht, dass Eier durch Kochen hart (oder Kartoffeln weich) werden! Welchen evolutionären Vorteil sollte das den Hühnern/Kartoffeln bringen?"
Also manchmal wundere ich mich echt...
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Anpassungen, die das Überleben der Gene sichern, schaffen einen evolutionären Vorteil. In diesem Fall also hat der Ast, der auf den Boden fällt und dort seine restliche Energie in die Verfestigung seines Holzes steckt hat keine gute Anpassung an die Situation. Hingegen ein Ast der sein Restenergie einsetzt um Wunden zu verheilen und Wurzeln zu schlagen schon, denn er hat wesentlich größere Chancen zu Überleben und sein Gene weiter zu geben.
Zugegeben, nur wenige Äste fallen auf einen so guten Standort, dass sie wirklich überleben, doch die Auslese hat diese Typen bevorzugt, weshalb die Eiben auch aus Stecklingen vermehrbar sind.
Ich stelle also eine Gegenthese auf:
Durch langsames Trocknen von Eibenholz bleibt den Zellen genug Zeit die restlichen Nährstoffe und einen Teil der eingelagerten Proteine abzubauen und zu verstoffwechseln. Es kommt daher nicht zu Verklumpungen oder Kristallbildungen von eingelagerten Nährstoffen. Das Holz wird nicht in seiner Struktur durch eben diese Klumpen und Kristalle gestört und bleibt dadurch optimal arbeitsfähig für die Belastungen des Bogenschießens.
Als Unterfütterung meiner These (für die ich genauso wenig Beweise habe wie der Rabe für seine aber einige Hinweise habe ich schon, siehe oben.) nehme ich die letzten Beträge von Bernhard Langbogen. Hörensagen von irgendwelchen, namentlich nicht genannten Bogenbauern ist zwar wissenschaftlich sehr schwach, doch ein wahrer Kern scheint da zu sein.
Frisches Heu wird beim einlagern warm, es fermentiert vor sich hin. Wenn es nicht zu nass eingefahren wird, so erwärmt es sich auf ca. 30-40°C. Ein Stamm oder Spaltling der in fest gestopftem, frischem Heu liegt erwärmt sich mit, kann aber in der Umgebung fast keine Feuchtigkeit abgeben. In der warmen Umgebung ist der Stoffwechsel deutlich höher als in kalter Umgebung, die Nährstoffreserven sind schneller aufgebraucht, der Bogen kann getrocknet und gebaut werden.
Drei Wochen in den geheizten Raum würde ich ihn trotzdem nicht stellen! Bleibt doch unbestritten das Holz gleichmäßig trocknen soll. Die Feuchte im Holz soll sich gleichmäßig verteilen beim Trocknen, da sonst Spannungen auftreten zwischen gequollenem, feuchtem Holz und trockenem schon geschrumpften Holz. Diese Spannungen führen dann zu von außen unsichtbaren Rissen im Holz und versauen den Stave. Also, je dicker der Stamm, der Spaltling, desto länger dauert das Trocknen, auch wenn die Nährstoffe schon verbraucht sind.