Durchschlagskraft: Geschwindigkeit oder Gewicht?

Fragen zu Pfeilen zum Bogenschiessen. Keine Fragen zum Pfeilbau.
lonbow
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Re: Durchschlagskraft: Geschwindigkeit oder Gewicht?

Beitrag von lonbow »

...echt kompliziert das ganze!
Meine Gedanken zur Panzerformel (Link auf erster Seite dieser Diskussion) : Wie kann man das Kaliber einer Bodkinspitze festlegen? Das wird doch während dem Eindringen ins Metall größer, da das Metall auseinandergeschoben wird.
Dann habe ich noch ein Problem mit dem Stahlblech, da es ungehärtet ist. Gerade im Jahr 1415 wurden Rüstungen gehärtet. Das heißt, man braucht bei gleicher Materialstärke 40% mehr Energie, um gehärteten Stahl zu durchdringen. Zusätzlich wird das Material durch den Schmiedeprozess nochmals verdichtet.

Abgesehen davon gehen wir von dem Fall aus, dass der Pfeil mit einem Winken von genau 90 Grad die Rüstung trifft... dies ist in der Realität sehr unwahrscheinlich, da diese stark gewölbt waren. Das heißt, der Pfeil kann in den Meisten Fällen nicht seine komplette Energie abgeben, da er in einem zu flachen Winkel auftrifft. In der Realität war also ein Durchdringen des Pfeiles nicht sehr wahrscheinlich (ich sage nicht unmöglich). Abgesehen davon waren die meisten verwendeten Spitzen Broadheads, man hat also versucht, auf ungepanzerte Stellen (Pferde!) zu schießen... Ich kenne einige Bilder, auf denen man das sehen kann. Der Sieg der Engländer in Azincourt beruht nach neuerer Forschung nicht so sehr auf die Leistung des Langbogens, sondern auf große taktische Fehler der Franzosen, sowohl auch den Stellungsvorteil der Engländer (auf dem Hügel, die Franzosen kommen dichtgedrängt nach oben, haben kaum Platz, um zu kämpfen)
Letztendlich gewannen die Franzosen den 100 jährigen Krieg!!! Die Schlachten, bei denen die Engländer gewannen, waren Ausnahmen.

Obwohl ich selbst ein begeisterter Bogenschütze bin, glaube ich also nicht, dass der Langbogen die ultimative Fernwaffe war!

grüße,

David
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Stamperl
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Re: Durchschlagskraft: Geschwindigkeit oder Gewicht?

Beitrag von Stamperl »

Puh, schwieriges Thema,...

mein Beitrag, ich hoffe er hilft:

Ich hab rein interessehalber vor eine halben Jahr auf einen 12 Meter entfernten Schießsack(gefüllt mit Plastiktüten)mit verschiedenen Pfeilspitzen beschossen.
Bogen: Ragim Wolf 45#
Pfeile: 30", Zeder, Spine ca 42#(+/-3), 5 Zoll Shield Befiederung, Plastiknocken, 11/32
3 verwendete Pfeilspitzen: 100 gr TopHat Messing Bullet, 125 gr TopHat Messing Bullet und 2 Needlebodkins.

Natürlich habe ich keine Messungen vorgenommen, kann aber mit absoluter Gewissheit sagen, das, je schwerer die Spitze, desto größer war die Eindringtiefe. Und die war vor allem bei den Needlebodkins höchst beeindruckend!

Beste Grüße, Stamperl
lonbow
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Re: Durchschlagskraft: Geschwindigkeit oder Gewicht?

Beitrag von lonbow »

Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass eine Bodkin ein Gambeson (Rüstwams) zuverlässig durchschlägt! Ein Gambeson ist eine Weste, die aus ca. 20 Leinenschichten besteht, also wirklich gut gepolstert sind. Ich habe einen Bericht über einen Beschusstest mit der Armbrust gelesen und selbst hier durchbohrte der Pfeil nicht immer diese Schichten.
Ich könnte mir vorstellen, dass sich eine Broadheadspitze im Gegensatz dazu einfach durch die Leinenschichten schneidet und somit mehr Schaden anrichtet!
Langsam frage ich mich echt, für was man die Bodkins verwendet hat... ging es hier lediglich um die günstigere und schnellere Herstellung?

Grüße,

David
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Heidjer
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Re: Durchschlagskraft: Geschwindigkeit oder Gewicht?

Beitrag von Heidjer »

Ja, das frage ich mich auch. ;D
Ich denke die Bodkins sind die am einfachsten zu fertigende Spitzen für einen Schmied. ;)
Es werden in der Hauptsache Trainingsspitzen bzw Scheibenspitzen gewesen sein, damals übte man bevorzugt auf Ziele in frischen Lehmscheiben oder Lehmwänden und da dringen Bodkinspitzen nur sehr wenig ein. Eine Drehbank zur Metallbearbeitung gab es noch nicht, so das eine billige Herstellung von runden Spitzen gar nicht möglich war.
Das eine Bodkinspitze sehr gut Kettenhemden aufsprengt, nützt ja auf Grund des Gambesons ja nicht viel, auch ist die "Wundwirkung" relativ gering.
Auf den Schlachtfeldern wurden zu 90% auch nur Typ 16 Spitzen und Tudorbodkins gefunden und die richten erheblich mehr Schaden an.


Gruß Dirk
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Re: Durchschlagskraft: Geschwindigkeit oder Gewicht?

Beitrag von Galighenna »

Diese Leinenpanzer kenne ich. Das ist sowas wie das Kevlar aus der altvorderen Zeit. Sehr effektiv! Die halten wirklich verdammt viel aus, sind aber nicht weich sondern durch den Leim ziemlich stabil und sehr fest.
Ich denke, die einzige Möglichkeit da durch zu schießen wäre, mit wahnsinnig viel Zuggewicht, schwerem Pfeil UND einer rasierscharfen Pfeilspitze. Eine Needle-Spitze wir da kaum durchkommen und eine normale Bodkin erst recht nicht. Diese sind kaum in der Lage die Fasern zu schneiden, denn es gibt keine sehr scharfen schneiden sondern "nur" eine 90° Kante. Die Fasern werden also entweder beiseite geschoben oder zerrissen. Beiseite schieben geht nicht, weil der Leim das verhindert und Zerreissen frisst sehr schnell die gesamte Energie des Pfeiles auf.

Ich weiß nicht mehr wo, aber irgendwo habe ich da mal einen Beschusstest gesehen und nach meiner Erinnerung war so ab 30 Lagen Leinenstoff quasi Schluss mit Durchschuss. Oder höchstens ein paar Millimeter, was kaum Verletzungen verursacht.
Übel übel sprach der Dübel,
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Re: Durchschlagskraft: Geschwindigkeit oder Gewicht?

Beitrag von Heidjer »

Galli Du verwechselst einen Gambeson mit einen Linentorax. ;)
Der Gambeson besteht aus zwei bis zwanzig Schichten losen Stoffes, die gesteppt werden, bei den einfachen Ausführungen werden zwischen die Schichten lose Wolle mit eingearbeitet. Er dient zum Polstern unter anderen Schutzwesten wie Plattenpanzern, Schuppenpanzern und Kettenhemden, die sollten die Kräfte auffangen und der Gambeson alles dämpfen.
Der Linentorax war früher, zur Zeit Alexanders und der Griechen, er bestand aus verklebten Leinenschichten und sollte beide Aufgaben erfüllen, Schützen und Polstern.


Gruß Dirk
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Re: Durchschlagskraft: Geschwindigkeit oder Gewicht?

Beitrag von Stamperl »

Kurz OT:

In ein bis zwei Monaten, wenn hier die nötigen Werkstücke fertig sind, wollte ich eh mal einen Beschußstest machen.
Verschiedene MA-Spitzen auf verschiedene MA-Rüstteile aus verschiedenen Entfernungen. Das Einzige was mir noch fehlt, ist ein Stück vernietetes Kettenhemd, das kann ich nicht selber herstellen(noch nicht) und will auch kein dementsprechendes Kettenhemd
zerkleinern. Vielleicht gibts ja einen Spender;).

Beste Grüße, Stamperl

OT- Ende
Wer im Leben selbst kein Ziel hat, kann wenigstens das Vorankommen der Anderen stören.
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Galighenna
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Re: Durchschlagskraft: Geschwindigkeit oder Gewicht?

Beitrag von Galighenna »

Ohje ^^ Ähm ja da hab ich dann wohl was verwechselt ^^ *HUST* Ich nehm alles zurück *gg*

*wegschleich*
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