Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Sättel, Zaumzeug, Reiterbogen, Kompositbogenbau, usw.
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Snake-Jo
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von Snake-Jo »

Doch, doch, ich habe einige Erfahrung.... ;)
Hunnen habe ich bislang 4 Stück gebaut.
Alle Verleimungen am Knochen bzw. Geweihknochen:
Gut entfetten, ist bei der Spongiosa ziemlich schwierig, eventuell kurz in Waschpulverlauge kochen und dann nochmals mit Aceton, falls man mit Epoxy verleimt. Die auslaufenden Enden müssen sehr fein auf Fade-out geschliffen werden, eventuell Hirschhornteile heiß machen und Probepressung. Wenn kalt, abnehmen und mit Kleber erneut.
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Penumbra
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von Penumbra »

So noch schnell paar Bilder vom kleinerem Siyah bevor ich die nächsten 2 Wochen nach China verschwinde. Also etwas Geduld bis es weiter geht, bis ich genug Hirschgeweih für den großen Hebel und Zeit habe.

Das Holz läuft auf 0 mm aus und die Platten überlappen dann circa 15-20 mm und sind zusammen am Ende grade mal knapp 7mm dick.
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minifire
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von minifire »

Toll das es weiter geht mit dem Bogen durch die vielen Bilder und dir als Erklärbär ;-)) ist es extrem interesant da bekommt man echt Lust auf so ein Teil.
Ich wünsch Dir ne gute Zeit in China.
Gruß Mini
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Feanor1307
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von Feanor1307 »

Moin Moin,

erst einmal willkommen zurück aus China :). Wie geht es denn jetzt mit dem Hunnen weiter? Ist womöglich der erste Sehnenbelag schon drauf :)?

Grüße,
Feanor
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Penumbra
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von Penumbra »

Danke Feanor, sag mal was lunzt du in meine Werkstatt ;-) Stimmt die erste Lage ist drauf. Bei 6cm Breite gehen schon einige Hirsche auf so einen Bogen.

Von einem gutem Freund habe ist 2 schöne Abwurfstangen bekommen (Danke Torsten) und konnte dank ihm weiter machen.

• Den langen Siyah habe ich nun endlich auch mit den Beinplatten verleimt
• Nun wurde der ganze Bogen auf Endmaß gebracht, die Beschläge angetapert (Gewicht sparen) und alles gerundet und geschliffen.
• Der Bogen wird nun rückwärts aufgespannt und nachgetillert, wichtig der lange WA sollte sich um 1/3 mehr durchbiegen und später einen größeren Reflex aufweisen um die Asymmetrie später im aufgespannten Zustand auszugleichen.
• Die erste Doppellage Sehne wird aufgeklebt und die Übergänge Siyahs mit kurzen Bündeln Sehne unterfüttert. Die Sehne läuft getapert am Siyah bis zur Sehnenkerbe hoch.
• 1 Tag nach dem ersten Belag wölben sich die Wa´s nach innen zur Bauchseite 2-3mm Tiefe, da das Holz unter der Sehne aufquillt. Wenn alles trocknet, zieht die Sehne das Holz/Horn wieder gerade, deshalb ist es sehr wichtig dass der Sehnenbelag die Ränder umgreift! Sonst habe ich die Wölbung später auf dem Rücken und die Ränder werden beim Aufspannen mehr belastet und der Bruch ist vorprogrammiert.
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Snake-Jo
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von Snake-Jo »

• 1 Tag nach dem ersten Belag wölben sich die Wa´s nach innen zur Bauchseite 2-3mm Tiefe, da das Holz unter der Sehne aufquillt. Wenn alles trocknet, zieht die Sehne das Holz/Horn wieder gerade, deshalb ist es sehr wichtig dass der Sehnenbelag die Ränder umgreift! Sonst habe ich die Wölbung später auf dem Rücken und die Ränder werden beim Aufspannen mehr belastet und der Bruch ist vorprogrammiert.

Täusch dich man nicht, sowas kann auch bleiben. Ist auf jeden Fall ein Problempunkt, s. auch Skerm, der sowas auch beobachtet hat. Auch deswegen mache ich immer zuerst den Sehnenbelag und dann den Hornbelag. Falls nämlich das Holz verwölbt ist, kann ich es notfalls noch ein wenig plan schleifen oder über den Hornbelag ausgleichen.
Ansonsten: Sieht gut aus, bin gespannt. :)
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Penumbra
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von Penumbra »

@ Jo, hast mich falsch verstanden oder ich mich falsch ausgedrückt. Die Wölbung ist bei mir immer auf der Innenseite (Bauch), sprich Hohlraum im Horn, durch die Quellung/Dehnung des Holzes im Rücken durch das Wasser und dem Rückwärts-Aufspannen. Trocknet das Holz und die Sehne zieht es sich wieder zusammen und alles ist wieder gerade (meine Vorgehensweise). Damit die Sehne das Holz/Horn nicht in den negativen Bereich, sprich Hohlraum im Rücken, zieht und die Belastung duch den Zug später auf die Ränder vom Holzrahmen überträgt, wird ja die Sehne über den Rand geklebt um dem entgegen zu wirken. Der Sehnenbelag über den Rändern hat schon seinen Sinn: verhindert das abheben des Sehnenbelages und regelt die seitlichen Schrumpfprozesse/Kräfte.
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acker
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von acker »

Daumen hoch !
ich schreibe nicht viel dazwischen , aber ich lese (und gaffe) aufmerksam mit .
Gruß acker
Der junge Mensch lernt, was die Erwachsenen wissen und verlernt was er als Kind gewusst hat.
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Feanor1307
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von Feanor1307 »

Penumbra hat geschrieben:Danke Feanor, sag mal was lunzt du in meine Werkstatt ;-) Stimmt die erste Lage ist drauf. Bei 6cm Breite gehen schon einige Hirsche auf so einen Bogen.
Hmmm, so ein Blick in deine Werkstatt wäre schon was wert da lassen sich sicher viele Anregungen holen.

Die Sache mit der Wölbung musste ich mir auch 4-5 mal durchlesen bis ich (glaube ich zumindest) sie verstanden habe. Solche Dinge sind mir fremd allerdings habe ich auch noch nie einen Bogen mit mehr als 3 cm Breite gebaut. In diesem Zusammenhang erschließt sich mir eine Vorgehensweise die bei den Osmanen angewandt wurde obwohl sie aus "ingeneurtechnischen Gesichtspunkten nicht optimal" zu sein scheint (frei zitiert und übersetzt aus "Ottoman Bows"). Dort wurde der Kern konvex angelegt und natürlich viel schmaler. Durch die Dicke in der Mitte kann sich natürlich um die Achse nichts biegen und damit haben sich solche Probleme erledigt. Hach jaa die alten Osmanen ..., Bogenbaukunst in Vollendung :).
Wie auch immer, interessant hier weiterzulesen :).

Grüße,
Feanor
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von Snake-Jo »

@Penumbra: Ja, das war missverständlich.
Grundsätzlich ist es so, dass sich bei breiten Wurfarmen nach Vernässung die hölzerne Rahmenschicht
- am Rücken konkav wölbt (ausgehöhlter Rücken bzw. Rücken mit einer Längs-Rinne)
- am Bauch konvex wölbt (positive Wölbung, nach außen gewölbt)

@Feanor: Die Osmanen hatten grundsätzlich nicht so breite Bogen, was auch Nachteile hat. Ein breiter und entsprechend nicht so tiefer (dicker) Wurfarm hält seinen Reflex besser, weil:
weniger Schichtdicke = weniger Stauchmasse = weniger Stringfollow
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Feanor1307
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von Feanor1307 »

Snake-Jo hat geschrieben: @Feanor: Die Osmanen hatten grundsätzlich nicht so breite Bogen, was auch Nachteile hat. Ein breiter und entsprechend nicht so tiefer (dicker) Wurfarm hält seinen Reflex besser, weil:
weniger Schichtdicke = weniger Stauchmasse = weniger Stringfollow
Schon klar, deswegen hatte ich weiter oben von konvexen und "natürlich viel schmaler" (-eren) Wurfarmen gesprochen :). Der Verlust des Reflexes durch die schmale Bauform ist ja hinreichend belegt. Ich denke aber das Problem hatte die Osmanen weniger, da sie sicher 1.) mehr als einen Bogen pro Person und Feldzug zur Verfügung hatten und 2.) sicher genügend Baumeister dabei hatten welche sich um die Wartung des Materials kümmerten. Daher sollten bei den Osmanen die Vorteile einer schmalen Bauweise überwogen haben. Die letztgenannten sind sicher auch den Hunnen bekannt gewesen nur hatten sie sicher das Material nicht, wie z.B. breite gerade gewachsene Hörner, fehlerarmes Holz etc. . Und da fehlerbehaftetes Material einfach nicht so stark belastet werden kann, muss man Kompromisse eingehen, z.B. (zu) lange und (zu) breite Wurfarme, (zu) viel Material (Sehnenwicklungen, Geweihverstärkungen etc.). Wie auch immer, dieser Thread ist ja die Bühne des Hunnen, nicht die der Osmanen ;)

Grüße,
Feanor
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Penumbra
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von Penumbra »

Habe mal zum Verständnis ein Bild der Wölbung gemacht, momentan nur noch 1mm Tiefe, da die Sehne trocknet. Die Wölbung wird duch die Dehnung/Quellung des Holzes und durch das rückwärts Auspannen hervorgerufen und ist meiner Ansicht nach von Vorteil. Wenn der Belag trocken ist, sind die WA´s wieder parallel und die ich habe keine Wölbung auf dem Bogenrücken.

Breiter WA mit Sehnenbelag hält den Reflex viel besser, da kann ich Jo nur zustimmen und wirkt auch seitlichen Verwerfungen entgegen.

zum Hunnen:

- habe den ersten Sehnenbelag plan geschliffen und die zweite Doppellage aufgeleimt und die Übergänge Siyahs und Griff mit Dichtband abgesichert, um ein abheben der Sehne zu unterbinden.
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von Snake-Jo »

Sehr, sehr saubere Arbeit, Respekt. :)
Ich habe ja lange mit Wicklungen, Gummis etc. zum Halten und Glätten der Sehnenschicht experimentiert. ich verwende jetzt nur noch dieses Hosen-Elastikgummiband (mit Gewebe). Wenn man das einmal probiert hat, wird man nichts anderes mehr nehmen.
Vorteile:
- die Sehnenschicht trocknet unter dem Gewebeband wesentlich besser als unter reinem Gummi
- Das Elastikband läßt sich problemlos wieder lösen, klebt nicht fest
- die Sehnenschicht wird zusammengepreßt und dadurch dichter und stärker
- die Sehnenschicht erhält eine fantastisch glatte oberfläche

einfach mal probieren ;)
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Galighenna
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von Galighenna »

Du wickelst also das Hosengummi direkt auf die Sehnenschicht/den Kleber? Ohne was dazwischen? Sehr interessant... Konnte mir das vorher nie so recht vorstellen...
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skerm
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Re: Rekonstruktion/Interpretation hunnischer Kompositbogen

Beitrag von skerm »

Wenn bei mir mal ein Sehnenbacking so schön aussehen sollte, würd ich drauf anstoßen.

Gruß,
Daniel
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