ich war gerade bei einem Kollegen hier im Unternehmen der osmanische Bögen baut.
Die Bogenbauerwelt ist echt ein Dorf
Beim Fachsimpeln kam zur Sprache dass sein Bogen"projekt" gerade gebogen wartet dass ein Jahr rum geht.
Also ist sein Bogen gerade reflex rundgebogen und das soll man auch ein Jahr so lassen. Je länger desto besser wird empfohlen.
Jetzt mal meine Laienfrage:
Warum sooooo lange? Was passiert denn in dem Bogen in einem Jahr was nicht auch in ein paar Wochen passiert?
Ich hab zwar auch angefangene Bögen schon über 1 Jahr rumstehen aber da wäre meine Geduld echt auf eine Harte Probe getsellt
Neun von zehn Stimmen in meinem Kopf sagen ich bin nicht verrückt.
Die zehnte summt die Melodie von Tetris.
Also wenn das ein echter osmanischer Bogen werden soll, also mit Horn und Sehne, dann wird der mit Hautleim verleimt.
Man liest halt, dass die vollständige Verkettung der Proteinketten, vor allem von Sehne und Leim sehr lange dauern.
Deswegen geht man auf Nummer sicher und gönnt dem Bogen ein Jahr.
Es hat keinen Sinn zu versuchen einen Sinn im Versuchen des Menschen zu erkennen.
Es ist traurig zu glauben, dass der Mensch stets schlecht sei.
hallo. also im grund gibts ansätzen denen zufolge ein osmanischer/koreanischer/tartrischer...was auch immer horn/sehnen/holz/collagenleim bogen auch schneller gebaut werden kann. da die baumeister früher aber serienproduktion laufen hatten haben die das ganze übers jahr aufgeteilt. also verschiedene step zu verschiedenen zeitpunkten. unter idealbedingungen geht es sicher schneller.
bevor ich hier aber noch mehr blödsinn verzapfe sie bei "echtem interresse" das buch ottoman turkish bows von herrn karpowitz empfohlen http://www.ottoman-turkish-bows.com/
wenns ohne buch gehn soll: atarn.net dort scheint es neben hasardeuren wie überall auch extrempros al la snake jo hier...zu geben die sich supereingehend damit auseinandersetzen.
und ich glaub zu dem thema hier auch schon mal mehrere stunden gelesen zu haben - sprich: "wer suchet der findet"
Bei vielen chemischen Reaktionen haben wir einen Verlauf der am Anfang recht schnell ist mit der Zeit aber immer langsamer wird. Eine exponentielle Kurve.
Zum Beispiel das Aushärten von Lacken. Früher habe ich viel an Autos und Motorräder gebastelt. Da wurden die Lacke obwohl sie sich schon lange trocken angefühlt haben erst nach 6Wochen Benzinfest. Und in der Übergangszeit zu den neuen Acryllacken brauchte der Kunstharzlack mit Härter ungefähr ein Jahr bis man ihn mit dem aggressiveren Acryllack überlackieren konnte.
Das ist schon verblüffend lang.
Das gilt auch für Epoxi. Die Endfeste bekommt der auch erst nach einigen Tagen. Kann zwar durch Hitze beschleunigt werden, aber die Kurve ist die gleiche.
Bowa siehs einfach so. Im Smoker wird das Fleisch auch anders als in der Pfanne.
Grüße
Ng.
Glutinleime bringen Wasser in den Bogen, sprich in den Rahmen, in die Sehne und ein wenig auch in das Horn. Glutinleime werden kalt geleeartig und kleben dann schon. Aber richtig fest werden sie erst, wenn das Wasser raus gedunstet ist. Bei einer dünnen Klebefuge dauert dies mehr als eine Woche, bis sich Wassergehalt des Klebers und des Holzes auf ein niedriges Niveau reduziert haben.
Mein Swap-Bow hat eine Woche nach dem Aufleimen des Backings nach dem Tillern 45-46#@28" gehabt. Nach 2 Wochen waren es 55#@28" und es hat das Griffstück abgesprengt. Da sonst keine Variable sinnvoll erscheint schiebe ich dieses Verhalten auf den Feuchtigkeitseintrag durch den Kleber.
Das Holz zieht schnell Wasser aus dem Leim, so das er ziemlich fest wird, auch bereits nach einem Tag. Richtige Endfeste bekommt der Leim aber erst, wenn sich das Holz und der Leim auf ihre ausgleichsfeuchte eingestellt haben.
Chemische Reaktionen finden im Glutinleim beim Trocknen nicht statt. Sonst ließe er sich durch Wassereintrag nicht wieder lösen.
Übel übel sprach der Dübel,
als er elegant und entspannt
in der harten Wand verschwand
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Ich hab mich da mal bei unseren Biochemikern schlau gemacht und das Ergebnis der Recherche auch hier schon mal in einem Beitrag beschrieben. Kurzgefasst bei Sehne-Hautleimverbund gibts verschiedene Phasen beim Trocknen, die erste Phase ist bestimmt durch den Flüssigkeitsverlust (das eigentliche Trocknen) dabei legen sich die Proteinstrukturen von Sehne und Leim aneinander und es kommt zur Ausbildung der ersten Wasserstoffbrücken. In der zweiten Phase bilden sich weitere Wasserstoffbrücken aus die Gesamtanzahl der Wasserstoffbrücken steigt das Gefüge ist allerdings bei Belastung (im mikroskopischen Maßstab) noch verschiebbar. Überlastung in dieser Phase führt dazu dass Wasserstoffbrücken aufbrechen und sich durch die molekulare Dislokation auch nicht oder nur zum Teil wieder ausbilden können. Zu deutsch spannst du den Bogen in der zeit wird er dauerhaft schwächer. Die dritte Phase ist ebenfalls gekennzeichnet durch die Ausbildung weiterer Wasserstoffbrücken aber das Gefüge ist bereits fest genug das es auf mikroskopischer Ebene nicht mehr zu Verschiebungen der Proteinstrukturen kommt, das ganze Gefüge streckt sich, dabei werden zwar ebenfalls Wasserstoffbrücken aufgebrochen diese können sich aber wieder ausbilden da die Strukturen nach Entspannung wieder in ihre Ursprungslage zurückkehren.
Dies deckt sich auch gut mit den Erfahrungen mit Komposits, wenn du einen Kompsit 3 Monate in Ruhe lässt ist er stärker als in Phasen häufigen Gebrauchs.
Wie lang die einzelnen Phasen dauern ist ein wenig umstritten.
Erste Phase ist noch recht klar die dauert so eine Woche höchstens zwei.
Bei der zweiten und wichtigsten für den Bogenbau ist das schon schwieriger zu sagen, die Schätzungen der Biochemiker reichen von einem bis drei Monate.
Die dritte Phase dauert von 3 Monaten bis zu einem Jahr sozusagen.
Kurz gesagt nach 4 Monaten sollte es kein Problem sein einen Komposit fertig zu machen, wenn man ihn nach dem einschießen nochmal 3 Monate ruhen lasst nimmt er noch ein paar # zu die er aber bei jedem gebrauch nach 100 Schuß wieder verloren hat.
Die alte Regel ein Jahr abzuwarten dürfte auch mit Lieferzeiten zu tun gehabt haben aber es ist richtig das der Bogen nach den 4 Monaten noch an Stärke zulegt auch wenn es sich um einen reversible Zunahme handelt, von Biochemischer Seite spricht nichts dagegen einen Komposit in 4 Monaten zu bauen.
Ich werd übrigens bei meinem derzeitigen Kompositprojekt auf den fertigen Holzrahmen die erste Schichte Sehne aufziehen und dann nach einer Woche tillern, dann kommt das Horn drauf und dann der Rest der Sehne, dann ist für 3 Monate Ruhe und dann wird das Teil fertig gemacht.
Das die erste Sehenschichte dabei in der zweiten Phase belastet wird nehme ich in Kauf, die wird eh beim aufbringen der weiteren Sehenenschichten rehydriert und daher die Wasserstoffbrücken zu einem Großteil aufgebrochen, der Vorteil den ich dabei sehe ist dass ich die Sehnenschichte seitlich über die Bogenflanken bis aufs Horn führen kann und trotzdem den Rahmen mit der ersten Sehnenschichte tillern kann.
Chirion lehrt Pfeil und Bogen zugleich zu sein und eins mit dem Ziel zu werden
Den Bogen gespannt, durchstreifst du, der Beute entgegen, die Schattentäler der Nacht
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