Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Fragen zu Boegen zum Bogenschiessen. Keine Fragen zum Bogenbau.
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Anschi
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Anschi »

shokunin hat geschrieben:
http://www.thelatinlibrary.com/notitia1.html

"Ticenensis arcuaria"

in Ticinum (südwestlich vom heutigen Milan) gab es eine Bogenmanufaktur (ARCUARIA).
Darf ich fragen, wie du auf arcuarius= Bogen (im Sinne eines schießenden Bogen) kommst?

Klar legt "fabricae infrascriptae Ticenensis arcuaria" es irgendwie nahe, aber soweit ich weiß bedeutet arcuarius, a, um eher so etwas wie bogenförmig, und war im lateinischen eher nicht das gebräuchliche Wort für Bogenschießen.
Siehe knapp oberhalb der von dir genannten Stelle "Concordensis sagittaria".
Natürlich könnte man daraus schließen, dass das eine eine Manufaktur für Pfeile und das andere eine Manufaktur für Bögen war, ich bin mir nur nicht ganz schlüssig ob das ein definitiver Beweis ist.

Letzten Endes ist ja die Interpretation lateinischer Texte immer nur eine Interpretation mit Spielraum für Irrungen und Wirrungen XD

Liebe Grüße, Diana (deren großes Latimun nur auch schon ein paar Jahre her ist ;) )
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Spanmacher
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Spanmacher »

;) Irgendwie bringen es die Römer fertig, bis heute Ärger zu machen.............. ;)
Ein zu hohes Zuggewicht ist nichts anderes als Körperverletzung und verhindert darüber hinaus einen brauchbaren Trainingseffekt.
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benzi
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von benzi »

@Spanmacher nicht Ärger! Aufgaben! spannende Aufgaben! ;)

@Anubis die Beschläge aus Deinem link: http://www.romancoins.info/MilitaryEqui ... html#Arrow weisen auf einen stark asymmetrischen Bogen des hunnischen Typs hin (vergleiche auch dazu Riesch und Rutschke, Waffen - und Kostümkunde, 1/2012, Seite 77).

Deine Rekonstruktion scheint ebenfalls asymmetrisch zu sein, sich aber in seinem Gesamtdesign stark vom "Hunnenbogen" zu unterscheiden, woher stammt Deine Annahme diesbezüglich?

liebe Grüße benzi
"Du hast den Verstand verloren, weißt Du das?" "Dafür hab ich ein Leben lang üben müssen"
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Sjaunja
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Sjaunja »

arcuārius, a, um (arcus), zum Bogen (für die Pfeile) gehörig, Bogen-, fabrica, Veget. mil. 2, 11. – subst., arcuārius, ī, m., der Bogenverfertiger, Tarunt. Pat. dig. 50, 6, 6.

Mvh,
Sjaunja
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shokunin
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von shokunin »

gerade hatte ich es auch geschrieben... oder zumindest ähnlich... ;)

@anschi,
"...deren großes Latimun nur auch schon ein paar Jahre her ist" ... bei mir 28 Jahre ::) Bist Du überhaupt schon so alt...? ;D

Wenn Du den Text im ND ansiehst, wirst Du sehen, dass es eine Liste, nach Regionen geordnet, von Manufakturen für militärisches Gerät ist.
Eine Manufaktur für Rankgitter oder was sonst noch "bogenförmig" gewesen sein mag ist in einer Liste von militärischen Einrichtungen doch eher unwahrscheinlich, oder? ;)
Arcuarius ist übrigens nicht gleich "Bogen", Arcus ist der Bogen, Arcuaria sind "zum Bogen gehörige Dinge"... Bogenherstellung
Analog gibt es in der selben Liste:
Saggitaria - von Saggita, der Pfeil
Loricaria - von Loricum, Brustpanzer
Scutaria - von Scutum, dem Schild.

Arcuaria ist schon der Begriff für Bogenmanufakturen im Sinne von: "Bögen zum Pfeile-Schiessen"... ;)

Man kann es auch googeln, dann findet man Texte die sich mit all diesen Fabricae befassen. Es gab viele und verschiedene. Manche waren sehr generell und stellten halt all-irgendwelches Rüstzeug her. Andere waren sehr spezialisiert.
Quelle wäre da z.B.
http://en.wikipedia.org/wiki/Late_Roman_army (unter 8.3. Weapons Manufacture)
oder M. C. Bishop, J. C. N. Coulston: Roman Military Equipment from the Punic Wars to the Fall of Rome.


Interessant an dieser Stelle auch noch ein weiterer Fund bei Vegetius' Epitoma Rei Militaris, Buch II, XI

Habet praeterea legio fabros tignarios structores carpentarios ferrarios, pictores reliquosque artifices ad hibernorum aedificia fabricanda, ad machinas turres ligneas ceteraque, quibus uel expugnantur aduersariorum ciuitates uel defenduntur propriae, praeparatos, qui arma uehicula ceteraque genera tormentorum uel noua facerent uel quassata repararent. Habebant etiam fabricas scutarias loricarias arcuarias, in quibus sagittae missibilia cassides omniaque armorum genera formabantur. Haec enim erat cura praecipua, ut quicquid exercitui necessarium uidebatur numquam deesset in castris, usque eo, ut etiam cunicularios haberent, qui ad morem Bessorum ducto sub terris cuniculo murisque intra fundamenta perfossis inprouisi emergerent ad urbes hostium capiendas. Horum iudex proprius erat praefectus fabrum.

Es geht um die den Legionen zugehörigen Handwerker und deren Vorsteher...
Es gab Schreiner, Schmiede, Maler, Steinmetze,... usw
und hier kommt es...
"Habebant etiam fabricas scutarias loricarias arcuarias, in quibus sagittae missibilia cassides omniaque armorum genera formabantur."
"Sie hatten auch mitziehende Werkstätten in denen Schilde, Panzer, Bögen, Pfeile, Speere und allgemeine Waffen jeder Art gefertigt wurden."

Nicht nur hatte man Bogen-Manufakturen - mindestens eine direkt im Land - man hatte mit den Legionen mitziehende Handwerker - inklusive Bogenbauer!

Gruss,
Mark
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Anschi
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Anschi »

Sjaunja hat geschrieben:arcuārius, a, um (arcus), zum Bogen (für die Pfeile) gehörig, Bogen-, fabrica, Veget. mil. 2, 11. – subst., arcuārius, ī, m., der Bogenverfertiger, Tarunt. Pat. dig. 50, 6, 6.

Mvh,
Sjaunja
Danke.
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benzi
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von benzi »

@shokunin ich bewundere Deine Hartnäckigkeit! im Ernst!
all zu oft schreiben wir gegenseitig "Wahrheiten" ab (Römer hatten keine eigenen Bogenschützen geschweige denn Bogenbauer)....

es ist aus meiner Sicht richtig diese "Wahrheiten" zu hinterfragen, auch wenn erstmal nur ein Bauchgefühl der Antrieb dafür ist!
shokunin hat geschrieben: "Sie hatten auch mitziehende Werkstätten in denen Schilde, Panzer, Bögen, Pfeile, Speere und allgemeine Waffen jeder Art gefertigt wurden."

Nicht nur hatte man Bogen-Manufakturen - mindestens eine direkt im Land - man hatte mit den Legionen mitziehende Handwerker - inklusive Bogenbauer!

Gruss,
Mark
was aber noch nicht beweist, dass diese Bogenbauer Römer (von ihrer Abstammung her) waren, oder doch?

liebe Grüße benzi
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Anschi
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Anschi »

shokunin hat geschrieben: @anschi,
"...deren großes Latimun nur auch schon ein paar Jahre her ist" ... bei mir 28 Jahre ::) Bist Du überhaupt schon so alt...? ;D
ähm.. ja :P Mein Latinum ist 12 Jahre her, und ich bin knapp älter als deines ;D
shokunin hat geschrieben:Wenn Du den Text im ND ansiehst, wirst Du sehen, dass es eine Liste, nach Regionen geordnet, von Manufakturen für militärisches Gerät ist.
Eine Manufaktur für Rankgitter oder was sonst noch "bogenförmig" gewesen sein mag ist in einer Liste von militärischen Einrichtungen doch eher unwahrscheinlich, oder? ;)
Ja auf jeden Fall! Deswegen schrieb ich ja auch, dass der Verdacht nahe liegt.
Und jetzt sehe ich vor mir das Bild eines römischen Rankgitter-Bauers, der die Legionäre zur Schlacht begleitet... danke liebe Fantasie ^^
shokunin hat geschrieben: Nicht nur hatte man Bogen-Manufakturen - mindestens eine direkt im Land - man hatte mit den Legionen mitziehende Handwerker - inklusive Bogenbauer!
Ich glaube dieser Punkt ist dann jetzt ausreichend belegt. Für mich jedenfalls. Auch wenn ich gar nicht daran gezweifelt hatte.
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Spanmacher
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Spanmacher »

Ich freue mich darüber, was hier alles an Informationen zu Tage tritt.
Das ist wohl ein Faktor unter vielen, der dieses Forum und seine Angehörigfen auszeichnet.

Spanmacher
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shokunin
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von shokunin »

@benzi
naja, wo das Personal konkret her war kann man natürlich nicht sagen. Rom war sehr "multi-kulti" ;)

Ich hatte auch irgendwo auf meinen Recherchen heute morgen gelesen, dass sich in Concordensis sagittaria viele Syrer aufgehalten haben sollen... wohl in Erwartung neuen Materials ;D , ...oder eben als Handwerker. Wer weiss...

Prinzipiell war die Technik natürlich immer "importiert".
Die Römer haben sie wohl von den Griechen (sieht man z.B. in hellenistisch geprägter Kunst - auch schon bei den Etruskern) - aber weder die Griechen, noch die Syrer, Assyrer, Perser,... haben den Bogen erfunden so wie er in der Antike im Mittelmeerraum verbreitet war. Da muss man schon sehr weit nach Osten um an die Wurzel dieser Technologie zu gelangen und ein Volk zu finden, das sie nicht irgendwie "importiert" hat.

Es mag also schon sein, dass man in Rom Handwerker importierte.

Und es stimmt natürlich auch, dass die Römer kein Volk von Bogenkriegern waren.
Andere Kulturen haben ihr gesamtes Kriegswesen rein um den Bogen herum gestaltet, Rom hatte eine breitere Palette an Strategien. Der Bogen war in Rom sicher nicht Mittel der ersten Wahl. Das sehe ich absolut.

Er war aber wenigstens bekannt und verbreitet und ist in der Jagd genau so belegt wie in militärischer Nutzung. Das war mein Punkt hier. "Den Bogen gab es nicht" wollte ich so halt nicht ungeprüft stehen lassen.
Die Idee, dass man in der gesamten damals bekannten Welt den Bogen nutzte und baute, nur in Rom nicht, ist für mich einfach etwas zu abstrus, ...für Dich nicht?

Wer genau in Ticinum Bögen bastelte werden wir wohl nicht erfahren. Dass auf römischen Boden Bogenbau stattfand, und dass Römer zumindest einen Teil dieser Bögen schossen, und auch ausgebildet waren zu wissen wie, das ist nun aber hoffentlich soweit akzeptiert, oder?

Squid...?

Gruss,
Mark
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Squid (✝)
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Squid (✝) »

Na sicher doch, etwas anderes habe ich ja nie behauptet.

Selbst wenn man spezielle "Importtruppen" verwendet, macht es Sinn, auch deren Ausrüstung pflegen / reparieren zu können.

Klar kann man denen auch was "Abgucken" und ein Bogen zur Jagd ist bekanntlich schnell gebaut. Und wenns einem der Keltische oder Skythische Sklave zeigt...
Es ist mir egal ob schon mal jemand sowas gebaut hat.
Ich will ja nicht unken, aber in der überwiegenden Zahl der Fälle geht das schief.
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Geoffrey (✝)
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Geoffrey (✝) »

@Spanmacher:

Ganz genau! Es ist faszinierend, zu sehen, wieviel Wissen hier in diesem Forum zusammenkommt und es ist unglaublich spannend, solche Diskussionen zu verfolgen, auch wenn man selbst in der Sache nichts beitragen kann. Ein fesselnder Diskurs. Hut ab vor den Diskutanten.

Geoffrey
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benzi
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von benzi »

eine Frage ist noch offen, gab es eine speziell römische Bogenform? Grozer hat eine auf dem Markt mit diesem Namen.... Anubis stellt hier einen Bogen vor der sich vom Grozer Modell erheblich unterscheidet. (Sehnenbänckchen gab es meines derzeitigen Wissens nach erst nach Dschingis Khan.... was nichts heißen muß....)
Anubis hat geschrieben:Den Sehnenstuhl könnte ich weglassen, aber es gibt Funde von diesen durchbohrten Röhrenknochen.
Also eine mögliche Verwendung.
naja einfach weglassen geht glaube ich nicht wirklich.... entweder müßte dann der Syiah-Winkel ein anderer sein, oder die Standhöhe wird enorm groß.... aber wie gesagt... meines Wissens nach gab es diese Kontaktbogen zu dieser Zeit nicht. Ich lasse mich da aber gerne eines besseren belehren!

bei Grozer macht das für mich mehr Sinn:

Bild

Oder anders formuliert: waren die Designs der Bogen einfach von anderen Kulturen übernommen oder wurde daraus was eigenes entwickelt?

liebe Grüße benzi

PS Mark die beste Pizza esse ich beim Italiener und das beste chin. Essen beim Chinesen...... klar gibt es beides mittlerweile auch in Supermarkt.... ;)
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luki0704
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von luki0704 »

Vor gar nicht allzu langer Zeit habe ich eine Dokumentation zu antiken Ägyptischen Waffen unter Ramses dem was weiß ich wie vielten und da wurde sehr ausführlich auch über dessen gefürchtete Bogenschützen vom Wägen aus berichtet da eben diese Streitwagen von Römern aufgegriffen wurden frage ich mich wieso die nicht diese Bögen auch übernommen haben sollen, immerhin konnten da manche Verbände 1000 Schuss in einer Minute abgeben damit haben die damals ihre Grenzen gesichert. (ZDFinfo ist total informativ :-))

Kann sein dass das hier schon mal erwähnt wurde aber such mal nach diesen Bögen
"Den Tod als Gewissheit, geringe Aussicht auf Erfolg; worauf warten wir noch?!"

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Ahenobarbus
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Re: Bögen in der Antike: Römer und deren Gegner

Beitrag von Ahenobarbus »

Hallo Gemeinde,
mein erstes posting ist leider nicht angekommen - warum auch immer. Also ein erneuter Versuch, hoffentlich werde ich danach nicht gesteinigt.

Vieles hier ist einfach Kraut und Rüben ... sorry, aber ich betreibe die "Römerei" schon seit 14 Jahren und die überwiegende Zeit als palmyrisch/parthischer Bogenschütze. Ich kenne die Typen in den sogenannten "Fachforen" der Geschichte und verkneife mir einen Kommentar. Zu den wenigen, die Ahnung haben, gehört David, der sich ja hier auch zu Worte gemeldet hat.

Die Akzeptanz des Bogens als Waffe ist im östlichen Raum eine gänzlich andere als in den westlichen Breiten. Bei Kelten, Germanen, Römern und Griechen ist die Hauptwaffe Schwert, Schild oder Speer(mit allen möglichen Arten) - die Helden, Krieger etc. benutzen diese in ihren Kämpfen. Gelegentlich tauchen zwar Helden mit Bogen auf (Odysseus, Herakles) doch sind das eher Ausnahmen und hinterlassen immer einen eher untapferen Beigeschmack. Im östlichen Raum sieht es ganz anders aus. Könige, menschliche Götter (Pharao) und Helden benutzen den Bogen in der Schlacht und zur Jagd.

Die Römer haben diese Bogenkultur nie gehabt. Hinweise auf Bogenschützen in der klassischen Zeit gibt es nur wenige, im 1. Krieg gegen Karthago versucht eine römische Delegation auf Sizilien Söldner (Bogenschützen aus Kreta) anzuwerben. Ansonsten werden Bogenschützen in Hannibals Heer aufgeführt, genau wie die balearischen Schleuderer. Die Schleuder, sowie die leichten Wurfspeere wurden von Plänklern, der leichten Infantrie der Römer eingesetzt. Nicht zu vergessen, dass in der Zeit des Marius diverse Änderungen in der römischen Heeresstruktur die Taktik und die Art zu kämpfen völlig änderten - die Bürgermiliz wurde durch Berufssoldaten ersetzt. Männer mit römischen Bürgerrecht durften in die Legion eintreten und bildeten die schwere Infanterie, Reiterei etc. wurde von Verbündeten gestellt(keine Auxiliare!!!). Unter Augustus waren die Grenzen dann so langgezogen, dass die mit Bürgerrecht ausgestatteten Legionäre diese Genzen nicht mehr schützen konnten. Man rekrutierte nun bei den Klientelstaaten und befreundeten Nationen - alternativ auch in den unterworfenen Gebieten, um die eventuell aufmüpfige Jugend abzuschöpfen und gleich auch zu romanisieren. Spezialeinheiten(Bogenschützen) wurden hauptsächlich vor Feldzügen eingefordert - wer wollte es sich denn mit den mächtigen Römern verderben. Diese Einheiten hatten ihre eigenen Führer, eigene Ausrüstung, wurden aber von den Römern verpflegt und bezahlt. Meine Palmyrer zB. wurden für Trajans Dakerfeldzüge vom heutigen Tadmur(Syrien) an die Donau geschickt, müssen dort sehr gut gekämpft haben, wurden dann in die reguläre römische Armee aufgenommen(als Auxiliare/Hilfstruppen) und erhielten dann nach nur 6 Jahren das Bürgerrecht(normalerweise erst nach 25 Jahren). Mitte des 3. Jahrhunderts ist von den alten römischen Tugenden nicht mehr viel übrig - alle die im römischen Reich leben sind Römer - und alle wollen scheinbar vom Kuchen etwas abbekommen und ... sorry ich schwafle ab ... es werden schnelle Eingreiftruppen aufgestellt mit vielen berittenen Bogenschützen und Reiterei.

Es ist so einiges hier, was ich noch "kurz" anmerken möchte:

<Klugschissmodus on>
Im "De bello gallico" ruft Vercingetorix die Bogenschützen Galliens nach Alesia - nicht Caesar.
Wofür eine Bogenmanufaktur in Rom??? Damit Kaiser Commodus genügend Bögen zur Jagd auf Strausse in der Arena hat??? Waffen braucht man vor Ort und die wurden dort produziert, wo sie benötigt wurden. Für den Feldzüge nach Britannien kamen Schwerter aus Gallien.
Ein bogenschießender Römer(mit Bürgerrecht) geht in die Auxilia zu den Sagittarii - das wäre für einen Römer ein sozialer Abstieg sondergleichen - und weniger Geld gab es obendrein.
Bogenschützeneinheiten wurden im "Ausland" aufgestellt, nach der Ethnie bezeichnet und erhielten Ersatz aus der römischen Welt.

Es gibt weder einen römischen Bögen, noch römische Pfeilspitzen ... und die Quelle, in der 40 Pfeile in einen römischen Köcher passen, würde ich gerne näher genannt bekommen. Darstellungen von Bögen (auf der Trajansäule oder anderen Steindenkmälern) sind idealisiert. Seht Euch doch mal die "syrischen Bogenschützen" auf der Trajanssäule an. Ein knapp 30 cm langes schmalen Röhrchen auf dem Rücken - da möchte ich gerne sehen, wie der Schütze im Kettenhemd/Schuppenpanzer Pfeile zieht.

Das Wissen um Bogenschützen in römischer Zeit resultiert aus wenigen Textstellen, einige Darstellungen auf Steindenkmälern, Bogenfragmenten. Es gibt keinen gefundenen Bogen, nicht mal soviel, dass man ihn daraus rekonstruieren könnte (einzig der Yrzi-Bogen passt von Form und Zeitrahmen, ist aber parthisch/sassanidisch). Die gefundenen Pfeile und Pfeilspitzen findet man auch bei anderen Völkern, sind also nicht römisch.

Meiner bescheidenen Meinung nach kommen die Bögen aus dem skythischen/persischen Umfeld und gelangen über Griechenland (Ikonografie-Götterstatuen) und den Kämpfen an den Grenzen mit den Reitervölkern- besonders nach Niederlagen - durch angeheuerte Söldner/Socci/Foederaten in die römische Armee.

Wirkungsvoll werden Bogenschützen im Masseneinsatz - sie sollen für Verwirrung und Panik sorgen, den Vormarsch stoppen oder verlangsamen. Hinter einer Schlachtreihe sieht man sie praktisch nicht und sieht man die Pfeile runterregnen ist es zu spät.

Und nicht zu vergessen, die römische Armee bestand aus trainierten Berufssoldaten, die nach einer Auseinandersetzung Dach über dem Kopf, Bett, Nahrung und ärztliche Versorgung (mit einer gewissen Überlebenschance) hatten. Die besondere Leistung lag für mich in der Logistik.

<Klugschiss out>

Duck und weg ...

Titus Gordius Ahenobarbus
Primus Sagittarius der Palmyrenischen Bogenschützen
Antworten

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