Was ist die Kunst in der Kampfkunst?

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benzi
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Re: Was ist die Kunst in der Kampfkunst?

Beitrag von benzi »

@Yabusame
Buch ist angekommen... 😊
Wenn ich ein neues Buch bekomme, dann schlage ich es zuerst irgendwo auf und lese rein... Was schlage ich hier auf?
"Affinität zum Faschismus"....
Das Buch scheint mir auch nach fast 100 Jahren höchst aktuell zu sein...
Danke nochmal! 😊 🙏
"Du hast den Verstand verloren, weißt Du das?" "Dafür hab ich ein Leben lang üben müssen"
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Yabusame
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Re: Was ist die Kunst in der Kampfkunst?

Beitrag von Yabusame »

@benzi
Wenn ich ein neues Buch bekomme, dann schlage ich es zuerst irgendwo auf und lese rein... Was schlage ich hier auf?
"Affinität zum Faschismus"....
Das Buch scheint mir auch nach fast 100 Jahren höchst aktuell zu sein...
Mit Faschismus ist sicherlich kein diktatorisches Regierungssystem europäischer Art gemeint, man kann hier bestenfalls von „Kaiser-Faschismus“ sprechen, also mehr auf traditionelle Werte ausgerichtet, nicht so sehr als ganz neue Ordnung. Die Affinität geht also mehr in Richtung von „Wunsch nach tradierter Autorität“ – Ausuferungen infolge starker National-Identifikation sind, wie in anderen Völkern auch, nicht ausgeschlossen.

Diese Vorliebe ist auch in den japanischen Verhaltensregeln zu finden, ist aber nicht ideologischer sondern pragmatischer Natur. Eine autoritäre Gesellschaftsform begünstigt schnelle Entscheidungen.

Was Nicht-Japaner gerne übersehen oder nicht erfassen können, ist die Tatsache, dass alle Handlungsweisen der Allgemeinheit zu dienen haben, Rang und Autorität zu persönlichen Zwecken einzusetzen, gilt als Schande.

Diese Meinung eines deutschen 5.Dan:
„Im Kyudo ist es ganz einfach, die höchste Graduierung hat das Sagen“
ist eine primitive Fehlinterpretation.

Der Japaner mag zwar von Haus aus autoritätsrespektierend sein, unterwürfig ist er nicht. Eine höhere Position muss seine Stellung durch Authentizität untermauern, die Einheit von Denken und Handeln muss da sein. Die scheinbare Widersprüchlichkeit zwischen Autorität ja und Unterwürfigkeit nein, wird in einer Art und Weise aufgelöst, die für Europäer nicht nachvollziehbar ist. Wer das nicht akzeptiert und meint, er kann japanische Verhaltensweisen formal adaptieren, der irrt, im Ergebnis kommt es zu Anmaßungen persönlicher Natur.

Grüße
Yabusame
Yabusame
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Re: Was ist die Kunst in der Kampfkunst?

Beitrag von Yabusame »

Im Zusammenhang mit Kunst ein Textausschnitt zu Weihnachten, von einem Mann, der einer vergangenen Kultur angehört hat:
„Ich will dich warnen,“ beginnt er, „mich nicht! zu kopieren, sondern deine eigene Methode zu entwickeln. Unsere Ahnen bedeuten uns originell zu sein. Falls du meine Methode und wie ich verfahre beobachten kannst, erhältst du vielleicht einige Ideen, was du machen könntest und um was es für dich geht. Danach entwickelst du deine eigenen Lieder. Deine eigenen Gebete und all das, was damit einhergeht. Etwas zu kopieren ist nichts Gutes. Werde du selbst!“
Das hat weniger mit Kunst direkt zu tun, es beschreibt mehr die Voraussetzung, die ein Künstler haben sollte: Originalität, die eine bestimmte Qualität von Individualität ist.

Die Warnung vor dem Kopieren ist interessant und wirft speziell auf Kyudo bezogen die Frage auf, ab wann, bzw. in wie weit, kann der Schütze seine individuelle Originalität in eine Disziplin einbringen, die so stark tradiert ist?

Die Frage „ab wann“ kann relativ einfach beantwortet werden: Wenn die tradierte Technik gemeistert wurde.

Womit die zweite Frage, nach dem wie weit, so beantwortet werden kann: Da bei 99,?% die Meisterung der Technik nicht erreichbar ist ( weil allein schon die Voraussetzung der täglichen Übung fehlt), erübrigt sich die Frage - das ist die brutale Realität.

Und nun, mit Kyudo aufhören?

Nein, damit die 0,?% durchkommen (zu denen sich natürlich jeder zugehörig fühlen darf) braucht es die organisierend helfende Masse - also weitermachen.

Grüße
Yabusame
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benzi
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Re: Was ist die Kunst in der Kampfkunst?

Beitrag von benzi »

Danke! 🙏
Ein wundervoller Text, von wem stammt er?
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(Peaceful Warrior, Film)
Yabusame
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Re: Was ist die Kunst in der Kampfkunst?

Beitrag von Yabusame »

@benzi
Ein wundervoller Text, von wem stammt er?
Texte, die von sich heraus ihre Wirkung haben, sollte man besser nicht zuordnen, weil es dann zu einer Einordnung kommt, die dem Text ihre Wirkung nimmt, also zu einer Voreingenommenheit.

Das wird hier sicher früher oder später passieren, dann werden die „Was hast du geraucht“-Mentalitäten den Ursprung herausfinden und entsprechend ihrer Mentalität reagieren.

Deshalb vorgreifend: Der Autor ist ein inzwischen verstorbener indianischer Medizinmann, der sich Rolling Thunder genannt hat.

Ich kenne mich in dem Metier gar nicht so gut aus, habe sein Buch zwar vor vielen Jahren gelesen, aber tiefer eingedrungen bin ich in die Thematik nicht, ist für mich nicht so leicht zugänglich. Ich respektiere aber Dinge die jenseits rationaler Denkweise liegen aufgrund von Erfahrungen, die ebenfalls rational nicht erklärbar sind. Allein die Art und Weise wie ich zum Kyudo gekommen bin, ist rätselhaft.

Zurück zum Autor, er ist unter Seinesgleichen umstritten, man wirft ihm quasi vor Perlen vor die Säue geworfen zu haben. Das heißt in diesem Fall, er hat Dinge in die Öffentlichkeit getragen, die auf Grund der unweigerlich stattfindenden Reaktionen eine Entkräftung erfahren, denn jeder der um nicht rational zugängliche Dinge weiß und sie der Rationalität vor die Füße wirft, beraubt sie ihrer Kraft - so in etwa die Argumentation.

Das ist kein einfaches Thema, dass auch Budo insgesamt tangiert, auch da kann man sich fragen, ob der Transfer in andere Ethnien zu einem Verlust geführt hat und wenn ja, wie ist dieser Verlust zu definieren und zu minimieren (da hätte ich in Bezug zum Kyudo schon Ideen, ganz einfache sogar).

Wenn man sich z.B. Judo anschaut, ist die Sache klar, der „Sanfte Weg“ ist so sehr versportlicht worden, dass das wohl mehr eine Rauferei geworden ist. Die ursprüngliche Intension, den Gegner mit dessen eigener Kraft ohne viel eigenen Kraftaufwand außer Gefecht zu setzen, ist nicht mehr erkennbar.

Beim Kyudo ist eine Versportlichung schwieriger und vielleicht auch nur temporär möglich, da hat man außerhalb Japans mehr einen Status-Weg daraus gemacht.

Grüße
Yabusame
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