Ballistisches Schießen.. auch in der Realität?

Bogenschiessen in der Praxis, mediterran, Daumentechnik u.a.
kalleklopps
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Ballistisches Schießen.. auch in der Realität?

Beitrag von kalleklopps »

Hey liebe FCler,

ich habe vor einiger Zeit hier im Forum das erste mal vom "ballistischen Schießen" gelesen. Auf Show-Turnieren z.B. Den Sinn habe ich (denke ich) verstanden, denn der Pfeil kommt mit sehr wenig Wucht unten an, wenn man ihn sehr hoch abschießt, um in einem hohen Bogen zu fliegen. Jetzt habe ich grad zufällig HDR nochmals gesehen, und dachte auch an Filme wie Braveheart, in denen die Elben oder Engländischen Bogenschützen Salven um Salven Pfeile auf die Gegner abgeben. Auch da wird ja, um Distanz zu gewinnen, hoch geschossen. Aber verliert der Pfeil nicht ungemein Druck/Schwung, so das eigentlich auch keine Schilde oder Rüstungen mehr durchschlagen werden können?

Wenn ich auf dem Feld schieße mit 55 Pfund, in veschieden hohen Bögen, steckt der Pfeil zwar auch fest im Boden (bei weichem Boden), aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der Schwung ausreichen würde, um einen Gegner niederzustrecken.

Oder liegt es an den weit stärkeren Bögen des MAs? Ich hörte von 100Pfündern..?


Wer kann mir auf die Sprünge helfen?

Gruß
Kalle
"... denn Murmeln kann man nicht stapeln"
Hegges
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Beitrag von Hegges »

ein Pfeil der nach oben geschossen wird bremst irgendwann auf null Km/h, dann fällt er wieder runter und beschleunigt durch die Erdanziehung 9,.. m/s.

Bei 55lbs und einem Pfeilgewicht von pauschal 30 gramm möchte ich nicht den Kopf dort haben wo er runterkommt. Zum Niederstrecken eines Gegner reichts.

Je höher (auch Zuggewicht) desto Bumms

Im MA waren die Pfeile etwas schwerer.

Gruß Hegges
Wer andern eine Bratwurst brät, braucht ein Bratwurstbratgerät
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mbf
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Beitrag von mbf »

Naja, wie Du schon gesagt hast, es heißt nicht umsonst "Bogenschießen". Der Pfeil fliegt nun mal nicht geradeaus. ;-)

Der Bogen ist nun mal eine Fernwaffe, auf maximaler Durchschlagsleistung eingesetzt (so 5 m) bringt er auch nicht mehr viel.

Und wenn nun auf weitere Distanzen geschossen wird, dann ist ein "ballistisches Schießen" nun mal die einzige Möglichkeit. Das heute noch praktizierte Cloutschießen gibt einen guten Eindruck davon.

Panzerungen werden dann zwar u. U. nicht mehr durchschlagen, aber bei genug Pfeilen in der Luft (bis zu 50000 innerhalb einer Minute) wird sich auch mal eine Lücke finden, zumal Pferde z.B. auch keinen Vollschutz trugen. Die Engländer hatten in der Tat so um die 100 lbs auf den Fingern, in Kombination mit (aus heutiger Sicht) sehr schweren Pfeilen, da waren auch ganz andere Energien unterwegs, d.h der Verlust durch Luftreibung war auch geringer.
Der Pfeil fliegt hoch, der Pfeil fliegt weit.
Warum nicht - er hat ja Zeit!
-- Modifiziert nach einer Vorlage von Heinz Erhardt
soemmi
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Beitrag von soemmi »

ich hab da ein anschauliches Video aus England zuhause, in welchem balistische schusstests gemacht wurden.

Um einen gepanzerten Ritter der Franzosen durch die Rüstung zu töten musste er mind. 20m nahe sein. Getestet wurde dies mit einem 150lbs langbogen welcher nach dem vorbild der auf der Mary Rose gefundenen Bögen nachgebaut wurde.

jedoch wurde auf grosse distanzen vorwiegend auf die pferde geschossen (Crecy) welche dann den Französischen fuss-rittern den Weg versperrten und die bowmen leichtes spiel mit ihnen hatten.
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Steini
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Beitrag von Steini »

Ein Pfeil bremst nur auf 0 fps ab, wenn er senkrecht nach oben abgeschossen wird. Man muß den Pfeilflug in zwei Vektoren zerlegen. Die Geschwindikeit des Abschusses (minus Luftwiderstand) in horizontaler Richung behält er natürlich.

Die Schlüssel zur Durchschlagskraft (z.B. Angriff von gepanzerten Rittern) heißen Bodkinspitze und Pfeilgewicht. Die hohen Zuggewichte der alten Bögen wurden genutzt um sehr schwere Pfeile mit panzerbrechenden Nadelbodkins zu verschiessen. Das ist mit unseren Turnierpfeile mit Scheibenspitzen nicht zu vergleichen.

Steini
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Atheos
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Beitrag von Atheos »

Da diese MA-Pfeile sehr schwer waren haben sie nicht viel an Geschwindigkeit verloren, durch Luftwiderstand, wie oben schon erwähnt wurde.

Das Problem, beim Durchschlagen einer Rüstung, ist der Aufprallwinkel der Spitze.
Es war nur möglich die Rüstung zu durchschlagen, wenn der Pfeil annähernd im 90°-Winkel, und nicht unbedingt an der stärksten Stelle, den Panzer trifft.

Deshalb war meines Erachtens die effektive Entfernung nur bis zu ca. 20 Meter.

Sonst gilt, dass ohne Berücksichtigung des Luftwiderstandes die Anfangs- und Endgeschwindigkeit gleich hoch ist.

LG, A.
Das Bogenschießen war so einfach, bevor wir alle anfingen nachzulesen, wie wir es tun sollen.

frei nach Ben Wyld
kalleklopps
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RE:

Beitrag von kalleklopps »

Original geschrieben von Atheos


Deshalb war meines Erachtens die effektive Entfernung nur bis zu ca. 20 Meter.

Ja, das dachte ich mir ja auch.. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, was für eine Wucht bei meinen abgeschossenen "ballistischen" Schüssen beim Aufprall dahinter ist. Aber es ist wohl mehr als man denkt.

Mich würde mal interessieren, wie schwer solche MA-Pfeile waren..

und 150 Pfund= arme Bowmen..
aber die konntens ja auch
Original geschrieben von soemmi

ich hab da ein anschauliches Video aus England zuhause, in welchem balistische schusstests gemacht wurden.
ist das ein original oder ein Fernsehmitschnitt? Vielleicht könnte man das irgendwie digitaliesieren? Wenn legal, dann evtl sogar ins Netz stellen?

Gruß
Kalle
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Brennende-Seele
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RE:

Beitrag von Brennende-Seele »

Original geschrieben von Atheos


Das Problem, beim Durchschlagen einer Rüstung, ist der Aufprallwinkel der Spitze.
Es war nur möglich die Rüstung zu durchschlagen, wenn der Pfeil annähernd im 90°-Winkel, und nicht unbedingt an der stärksten Stelle, den Panzer trifft.

Deshalb war meines Erachtens die effektive Entfernung nur bis zu ca. 20 Meter.

LG, A.
erücks

es kommt vor allem auf die Art der Rüstung an.ein kettenhemd kann man selbst auf 50 Metern mit einem ordentlichen Zuggewicht und entsprechender Spitze locker durschschlagen,während ein Pfeil einem Plattenharnisch selbst auf einem Meter nichts anhaben kann...
die erste Rüstung,die aus eisernen Platten bstand,war ein sog. Plattenrock,der aus unzähligen,auf ein Untermaterial aufgenieteten Platten bestand und um ca.1300 aufkam.

Liebe Grüße

Dominic
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arcus
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...war zwar micht dabei---

Beitrag von arcus »

...aber ich könnt mir folgendes vorstellen:

Die schwergepanzerten französischen Ritter wurden nicht so sehr von den Pfeilen getötet oder verwundes, sondern mehr von dem Chaos, was entstand, wenn tausende Pfeile auf sie gerabprasselten, die Pferde verwundeten, diese durchgingen oder zu Fall kamen.
Pferde wurden damals trainiert, auf Kommando auch seitwärts zu gehen, um schnelle Richtungswechsel durchführen zu können.
Wenn also ein, oder mehrere getroffene Pferde in der Angriffsformation plötzlich seitwärts gehen, haben die sicherlich noch andere Pferde und Ihre Reiter mitgenommen.
Zudem die Angreiffstaktik damals in einer Keilformation bestand und nicht, wie manchmal in "Schlechten Filmen ! auf einer kilometerlangen Front angegriffen wurde.

Außerdem ist ein vom Pferd gefallener, schwergepanzerter Ritter eigentlich nur wie eine Konservendose, die vom Fussvolk geöffnet werden wollte.

Das ist dasselbe, wie wenn heut ein Panzer mit defekter Kanone und "Plattfuss" auf dem Schlachtfeld liegenbleibt.


Rolf
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Rado
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Rüstungen knacken nur auf 20 Meter?!

Beitrag von Rado »

Ich würds ja auch gern mal mit eigenen Augen(und mit eigenem Bogen) sehen, aber ich glaube es sind mehr als zwanzig Meter drin.
Oder ist das hier ein fake:Langbogenschießversuch ? 1,5mm Stahl auf 80m !
In etwa 5 - 6 Jahren stehe ich entweder mit einem gebrochenen Eibenstock da, habe eine üble Zerrung oder kann aus erster Hand berichten,was 100lbs Eibe so alles durchschlägt.
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locksley
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Beitrag von locksley »

Und wie Brennende Seele auch schon erwähnte, Panzerung bei der Reiterei hieß nicht in erster Linie Plattenpanzer sondern Kettenhemd, mit bestenfalls teilweise Arm- oder Beinschienen aus Platte. Evtl noch Schulterpanzerung und das wars so ziemlich. Die Vollplattenrüstungen die euch so im Kopf herumspuken und die man in diversen Museen besichtigen kann, sind überwiegend Turnierrüstungen von profesionellen Turnierkämpfern des 15. und 16. Jhd.

@Kalleklops

Das durchnittliche Gewicht eines englischen Kriegpfeils aus Esche oder einem ähnlichen schweren Holz dürfte bei 32" Länge und einem Durchmesser von 1/2" mit Spitze und Horninlay bei deutlich > 50g gelegen haben. Also kein Vergleich mit modernen Scheibenpfeilen.
Ein grosser Mann wird weder vor dem Kaiser kriechen, noch einen Wurm zertreten (Benjamin Franklin)

Wenn das Atmen schwieriger waere, haetten wir weniger Zeit um Unsinn zu reden.

Wer die Wahrheit sagt, braucht ein verdammt schnelles Pferd (Sprichwort)
kalleklopps
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Beitrag von kalleklopps »

Wow.. danke für die sehr sehr guten Auskünfte, ich bin um einiges Wissen reicher. :fcsmilie

@Rado: ein sehr geiler Bericht und Video, danke!!

Beste Grüße
Kalle
"... denn Murmeln kann man nicht stapeln"
Fledertier
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Beitrag von Fledertier »

AUßerdem muss man bedenken, dass auch bei den Plattenpanzer (die teuer und damit nicht für alle vorhanden waren) der Übergang Schultern/Hals nur schwer zu schützen war, was für Pfeile, die mit einem Winkel von annähernd 45° auf ihre Opfer treffen eben diese ungeschützen/ bzw. mangelhaft geschützen Stellen "ein gefundenes Fressen" waren. Speziell gezielt wurde auf diese Stellen natürlich nicht, aber bei enstprechenden Pfeilmengen verirren sich doch mehr Pfeile an diese Stellen als man annimmt.

schönen Gruß
Thies
gian-luca
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konservendosenmythos

Beitrag von gian-luca »

die auffassung, dass ein vom pferd gefallener ritter, wie ein käfer auf dem rücken lag und gemütlich abgestochen werden konnte, ist wohl leider aus filmen entnommen und stimmt überhaupt nicht.

das waren durchtrainierte söldner mit gut angepassten rüstungen, deren gewicht sich auf en ganzen körper vereteilte. sie waren sehr wohl fähig zu fuss zu kämpfen und taten dies auch regelmässig. gerade von deutschen rittern gibt es einige belege zur bestätigung.

die unheimlich schweren rüstungen kamen zu turnierzwecken auf und sollten als spezifische entwicklung angesehen werden, die wenig mit 'echtem' krieg zu tun hatten.

ich kann meine quellen im moment ncht angeben, aber für mich spricht schon die logik dagegen, dass ein kriegsprofi beim pferdeverlust eine solche hilflose situation akzeptieren sollte, zumal ja das pferd nicht voll gepanzert war und oft das hauptangriffsziel darstellte.

gruss,
gianni
schiefa
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Beitrag von schiefa »

Bei solchen Schussversuchen muss man vorsichtig sein. Ein Tiefziehblech ist nicht mit einem gehärteten, gewölbten, mit 20 Lagen Leinen unterlegten Harnisch zu vergleichen.
Bei Agincourt (1415) waren die Franzosen schon durchwegs mit Plattenrüstung ausgerüstet. Die meisten Historiker (z.B. John Keegan) gehen davon aus, dass die Schutzwirkung gegen die Pfeile gut war, aber die Pferde nur schlecht geschützt waren. Die Hauptgründe für die Niederlage der Franzosen waren: Disziplin der Engländer, Arroganz und schlechte Führung bei den Franzosen, schlammiger Untergrund, Bogenschützen die auch im Nahkampf effektiv waren.
Wunderwaffe war der LB sicher keine.
lg
ANdreas
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