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Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 08.12.2009, 19:38
von Galighenna
Ich schieße ja noch nicht so lange (erst seit diesem Sommer, und das Autodidaktisch). Ist also ein wirklich spannendes Thema gerade hier.

Meine bisherigen Erfahrungen sind folgende:

Schussablauf und -aufbau:

1. festen Stand finden (Atmung normal)
2. Pfeil einnocken (Atmung normal)
3. Bogen ganz leicht vorspannen (Atmung normal aber bewusst beruhigt, zum Schluss der Phase ausatmen)
4. während das Ziel fixiert und angesehen wird, den Bogen langsam heben und ausziehen (konzentriert einatmen bis der Bogen etwas über das Ziel gehalten ist)
5. den Bogen senken, weiter ausziehen bis zum Vollauszug.
6. Im Idealfall ist bei Erreichen des Vollauszuges das Ziel korrekt erfasst, ohne bewusstes Visieren (Danke Snake-Jo für die Trennung zwischen Zielen und Visieren)
7. Lösen und die gesamte Energie (Körperspannung, Konzentration), die sich durch das Einatmen im Körper gesammelt hat, beim Lösen wieder freigeben
8. Ziel fixiert halten, Bogenhand und Zughand nachhalten, Pfeil beim Einschlag ins Ziel beobachten
9. Komplett entspannen und den Schuss verinnerlichen

Wenn ich mich ganz bewusst an diesen Ablauf halte, dann klappt es bis jetzt am Besten bei mir. Ich treffe zwar noch nicht sauber, aber nur ganz selten geht ein Schuss völlig in die Hose. Ich treffe fast immer die Scheibe (aus 15m) Die Herausforderung ist, finde ich, diesen Ablauf tatsächlich jedesmal immer gleich durchzuführen. Ganz oft macht man gerade am Anfang irgendwas immer anders. Mal etwas zu schnell, mal nicht auf die Atmung geachtet usw...

Die Atmung ist für mich eine Art Konzentrationshilfe. Durch das gezielte Einatmen lässt sich die Körperspannung viel bewusster und besser kontrollieren. Es hilft mir auch dabei, nur auf das Ziel und meinen Körper zu achten, in dem ich einfach auf meine Atmung "höre".
Ich denke da geht es vielen Ähnlich.
Wie ist das bei euch, die ihr regelmäßig und gut schießt? Atmet ihr bewusst (oder unbewusst vielleicht auch?) auf eine Kontrollierte Art und Weise? Braucht ihr das, um sauber treffen zu können? Vielleicht achtet ihr mal drauf... Bin gespannt ob das viele vielleicht auch unbewusst sowieso so machen

gruß
Gali

Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 08.12.2009, 20:17
von kra
@Jo, so leicht ist das mit dem erzählen nicht ;).
Versuche es mal andersrum: ich hab mich gewundet, warum ein befreundeter, sehr guter Schütze mit seinem Holzbogen einen ungewöhnlich schnellen Pfeil schießt, und der Schuß ausgesprochen dynamisch wirkt.

Wenn ich mir den Bogenarm im Abschuß ansehe, scheint er beim Abschuß noch einen ganz leichten "push-pull"-Zyklus einzulegen, so als ob er den Bogenarm gegen ein Hindernis drückt.

Aber - es ist schwer zu beschreiben.Und noch schwerer selber nachzuvollziehen  ???. Aber ich arbeite daran. Das Problem ist, den Bogenarm trotz dem Druck im Ziel zu halten.

Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 08.12.2009, 20:39
von Anuk
Hm, das klingt interessant. Ich denke, er drückt entweder wirklich nochmal aktiv gegen den Bogen oder er bringt in dem Moment die Schulterblätter weiter zusammen. Etwas anderes fällt mir dazu nicht ein - kann man den Mann fragen?

@walta: Der Vorteil des geraderen Pfeilflugs ist bestimmt bei den stärkeren Bögen vorhanden. Aber das nützt alles nichts, wenn der Bogen für einen selbst zu stark ist, man(n) also das Zittern bekommt und dann auch nicht mehr schießen kann. Ich bin mir auch nicht so sicher, ob sich dieser Vorteil wirklich bei jedem Schuss einstellt oder nur, wenn es z.B. gilt, zwischen irgendwelchen überflüssigen Ästen durchzuschießen. Da ist es natürlich blöd, wenn ich parabolisch was machen will, dafür aber entweder kein Platz ist oder ich die Göttin der Flugberechnung genau meines Pfeils sein muss!Dasbvon abgesehen gehen Pfeile, die von schweren Bögen geschossen werden, auch schlechter aus dem Ziel, finde ich jedenfalls.
Um nochmal zum Ablass zurück zu kommen: Ich finde, das ist der am schwersten an sich selbst zu beobachtende/beachtende Teil des Schusses. Ich bin da jedenfalls so nach vorne fixiert, dass mir dafür keine Denkressourcen mehr zur Verfügung stehen.
Und nachhalten...? Nachdem ich wie blöd mit dem Reiterbogen "nachladen" geübt habe, ist das fast gar nicht mehr drin. Übel!

@Galighenna: Regelmäßig UND gut ist keine stehende Verbindung! Leider! Es dauert alles ewig...

Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 08.12.2009, 20:47
von kra
Fragen kann man schon (habs schon öfters angesprochen) - es ist ihm allerdings nicht in der analytischen Form bewußt, das er es ausdrücken wollte oder könnte.

Ich habs mir zu Beginn so versucht zu übersetzen: er setzt einen Schuß so ab wie dir ein sehr guter Kellner einen Teller vorsetzt.
Der Vergleich ist zwar schief, krumm und hinkt auf allen Gliedern  ;D, aber das war mein erster Eindruck als ich seinen Schußaufbau zum ersten Mal bewußt wahrgenoimmen habe.

Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 08.12.2009, 20:52
von kra
Noch eines wegen den zu schweren Bögen: Icxh empfinde es als am angenehmsten, wenn der Bogen so stark ist, das ich ihm sauber ausziehen kann und immer noch das Gefühl habe, da ist noch ein bisschen Reserve bei mir. Nicht viel, aber gerade genug, um ihn bei meiner Technik noch beherrschen zu können.

Idealerweise: zu jedem Moment den Schuß abbrechen und absetzen zu können.

Btw, das ist für mich das Schwerste am Schießen. Einen einmal eingeleiteten Schußablauf wieder abzubrechen, auch wenn ich ganz kurz vor dem Ablaß bin.
Wenn ich das mal erreicht haben werde - Halleluja!!

Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 01.07.2010, 10:52
von Karnickel
Anuk hat geschrieben: Um nochmal die Frage aufzunehmen: Wer hat das erfunden, mit dem Vorbeugen? Die Schweizer? Und was soll es bringen?
Zitat aus "Der befreite Schuss":  Kapitel "Der Stand" Die Knie- und Hüftgelenke sind leicht angebeugt (deblockiert) und du schiebst das Becken leicht nach hinten raus (leichten Entenhintern machen). Beim Blankbogenschießen ist es günstiger, anders als beim Viesierschießen, nicht völlig aufrecht zu stehen. Warum s.h. Kapitel Ankerpunkt

Du solltest deinen Ankerpunkt so wählen, dass bei deiner Körperhaltung der Pfeil mit der Nocke unterhalb deines Führungsauge liegt. Deswegen beugen sich Blankbogner .. oft etwas vor und stehen nicht völlig aufrecht.

Den Kopf neigst du so weit nach vorne wie es nötig ist, um dein Führungsauge über den Pfeil zu positionieren. Den Oberkörper im Hüftgelenk vorbeugen, aber mit gestreckter Wirbelsäule. Wichtig: Nur so weit wie nötig beugen, und so wenig wie möglich.

Zitat Ende

@Anuk, ich hoffe dieser Unsinn mit gebeugtem Rücken (Schilkrötenbuckel) hat sich nun erledigt oder war es nur ein Missverständnis?

Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 01.07.2010, 12:20
von djingis
kra hat geschrieben: Einen einmal eingeleiteten Schußablauf wieder abzubrechen, auch wenn ich ganz kurz vor dem Ablaß bin.
Wenn ich das mal erreicht haben werde - Halleluja!!
versuche mal, nach dem vollständigen ziehen der sehne so lange auszuatmen, bis fast keine luft mehr in den lungen ist, und erst dann den schuss zu lösen.
hat viel mit selbstkontrolle zu tun (meine erfahrung aus trainingslagern in ungarn). dort habe ich denen stets zu schnell geschossen.
seit diesem hinweis beginne ich jedes training mit einer derartigen "langsam kontrollierten" sequenz und versuche, damit den inneren schweinehund des "hektischen" zu besiegen. somit kannst auch den schuss jederzeit abbrechen.
war´s das, was du meintest?

Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 01.07.2010, 14:04
von Galighenna
Ich vermute, er meint diesen einen kurzen Moment bevor sich der Schuss löst.

Kleines beispiel: Du möchtest einen Stein werfen, holst aus und ganz kurz bevor du wirfst siehst du, das dir jemand in den Weg läuft. Dir ist in dem Moment bewusst, das du denjenigen treffen könntest und vermutlich auch wirst, aber du bist nicht mehr in der Lage den Vorgang des Werfens aufzuhalten und auch das wird dir bewusst. Und dann siehst du den Stein nur noch fliegen...

Das hatte ich beim schießen schonmal so ähnlich. Ich wollte einen Hochschuss machen... einfach nach oben in die Luft.
Ich habe den Bogen gespannt und mir wurde gerade bewusst, das ich jetzt gleich löse, als ich einen Vogel in mein Blickfeld fliegen sah. Ich wusste ich würde ihn treffen und trotzdem hatte sich der Schuss danach dann noch gelöst. Sowas spielt sich dann innerhalb eines Bruchteiles einer Sekunde ab und ich denke, das das Gehirn sich da schwer tut, eine einmal in die Wege geleitete Entscheidung zu revidieren...
(Ich hab den Vogel nicht verletzt, nur die Federn gestreift)

Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 01.07.2010, 17:05
von Anuk
@Karnickel: Wie du weißt, weiß ich, was da steht, ich habe es mir auch oft genug angehört und außerdem zeigen lassen können. Insofern frage ich mich nicht, ob es das sein SOLL, sondern wer diese Kackstelzenhaltung mit welchem Sinn kreiert hat. Aber selbst, wenn mir jemand einen Namen und einen Grund nennt, werd ich das nicht gut finden. Manchmal halte ich auch zweckfrei auf eine würdevolle Haltung  :-\ (Das soll jetzt aber kein Angriff werden, bitte!)

@Galighenna und kra:
Es kommt doch wirklich oft vor, dass man während des Schusses merkt, dass es mit diesem Schuss nichts Gutes werden wird. Ich frage mich, ob das die Rückmeldung des Körpers ist, die vor dem Ablass Unwohlsein auslöst - dann könnte man über Stoppversuche nachdenken. Wenn das aber die Rückmeldung mit/nach Ablass ist, kann man das Projekt logischerweise begraben.

In jedem Fall ist mal eins für mich klar: Nichts geht über das Hochgefühl, das einen umfängt / durchströmt, wenn man einen guten Schuss hinbekommen hat. Dafür nehm ich den Rest gern in Kauf.

Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 01.07.2010, 19:06
von Karnickel
Ok, der Sinn des leichten Vorbeugens: Den Pfeil leichter gerade unter das führende Auge zu bekommen.

Und damit du nicht um fällst, hat dir die Natur ein Ausgleichsgewicht mit auf den Weg gegeben. Das solltest du dann entsprechen einsetzen.

Jetzt verstanden?

Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 02.07.2010, 09:18
von Anuk
Ich denke, wir reden von zweierlei Dingen. ...aber ich weiß, was du meinst...

Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 02.07.2010, 09:25
von kra
@Djingis, so ähnlich, wenn auch nicht so ausgeprägt, schieße ich ja. Ausathmen beim Ziehen des Bogens und noch innerhalb des ausathmens ablassen - soweit klappt es auch ganz gut. Nur eben sind bei mir im Kopf diese Vorgänge so fest gekoppelt, das es extrem schwer ist, den einmal eingeleiteten Schußablauf, ab dem Moment, in dem ich den Bogen hoch genommen habe und mit den Ziehen (und ausathmen) beginne, ohne Schuß abzubrechen.

Ich schieße Holzbögen und da ist es eher nicht angebracht, den Bogen bis zum vollen Ausathmen gespant zu halten. Das ich keinen "definierten" Ankerpunkt habe und zudem nicht "halte" macht es nochmal schwerer.

Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 02.07.2010, 10:31
von djingis
hallo kra,
vielleicht mal mit einem relativ leichten (recurve oder reiter-)bogen diesen physischen und mentalen bewegungsablauf üben?! da kann nix kaputt gehen und du hast kein problem, dich auf "kräfteraubendes" halten konzentrieren zu müssen, könntest aber genau darum in dieses erfüllende stadium vordringen, das du ansprichst. evtl. klappts so......... bei mir war das zumindest der weg. :)
grüße
djingis 

Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 02.07.2010, 10:56
von benzi
Die Kackstellung kommt von Fred Asbell und sie wurde in D durch Rainer Blacky Schwarz verbreitet (Artikel serie in Bogensportmagazin ca 1996) und ist sehr effektiv, sie fördert die Fokusierung auf das Ziel bei rein instiktivem Schiessen.

PS wie ich eben gesehen habe ist die Artikelserie online:

http://www.blackysarchery.com/instinkti ... -index.htm

benzi

Re: Schuss-Aufbau

Verfasst: 24.09.2010, 21:10
von Treibholzhai
walta hat geschrieben:nun - einige bei uns im verein schiessen starke bögen (60pfund und mehr) mittels schnellen bzw kurzen anker. sie sagen das die starken bögen insofern besser sind weil die pfeile "gerader" fliegen als bei schwachen (gemeint ist der parabolische flug von pfeilen). die praxis scheint ihnen recht zu geben, die trefferquote ist relativ hoch.
Nun, die Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der eher wenig Bogenschießen betreibt, hohe Zuggewichte bewältigt, ist eher geringer.
Aber die Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der 60# und stärkere Dinger zieht, in seinem Leben schon eher mehr mit sowas beschäftigt war, ist eher größer.
Und wer mehr schießt, wird wahrscheinlich eher besser schießen als jemand, der selten schießt.
So ähnlich könnte man die Trefferquote erklären.
Andreas