Osage Recurve mit Sehnenbacking

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Snake-Jo
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von Snake-Jo »

Jaha, das mag alles sein. ich hatte auch schon sehnenbelegte Composits, deren Sehnenbelag ich max. 4 Wochen trocknen ließ und danach den Bogen geschossen habe. Nachdem er dann widerum ein halbes Jahr an der Wand hing, hatte er deutlich an Zuggewicht zugelegt, dies aber nach tagelangem Schießen zum großen Teil wieder verloren.
Nun denn: hier geht es darum, einen kurzen Holzbogen mit Auszug von max. 24" auf 28" zu bringen. Dazu muss der Bogen nicht ewig polymerisieren. Der Sehnenbelag hält auch, ohne das er sich völlig versteift. ;)
Oder mit anderen Worten: Wenn Krieg ist, wird der Bogen von der Wand genommen, auch wenn er da eigentlich noch 5 Jahre hängen sollte.... ::) ::) ::) :o
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acker
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von acker »

und ich bin gespannt was sie leisten werden ;)
Der junge Mensch lernt, was die Erwachsenen wissen und verlernt was er als Kind gewusst hat.
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stefan kaletsch
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von stefan kaletsch »

Blacky: Danke für die Unterstützung! Wieso denkst Du,dass die PM keinen Einfluss auf die Bruchsicherheit hat? Ich bin mir sicher;
dass mir früher diverse Bögen um die Ohren geflogen sind,weil ich NICHT lange genug gewartet habe!

Chirion: Keine Angst,das sind keine unantastbaren Glaubenssätze.Meine persönliche Erfahrung reicht auch nur bis 6 Monate,
alles andere habe ich nur weitergegeben wie ich´s gehört habe.Du wirst wohl Recht haben,dass es irgendwo eine zeitliche Grenze
gibt,hinter der sich nichts mehr tut.Mit 5 Jahren ist auch eher die max. Herstellungszeit für einen Komposit gemeint,d.h. zBsp.
auch die aufwendige Verzierung und Bemalung in eigenen Werkstätten für besondere Bögen,die als Geschenke für Könige etc.
gedacht waren,fliesst da mit ein.Auch fällt es mir schwer zu glauben,dass die Türken bei solch exorbitanten Wartezeiten
überhaupt einen Krieg mit Bögen hätten führen können.Aber wie bei fast allem gibt es auch da ein sinnvolles Maß.

Jo: Ich habe da die gleichen Erfahrungen wie Du gemacht,denke aber dass ein Bogen mit hohem Wurfgewicht und enger
Biegezone schon seine 3 Monate bekommen sollte.

Stefan




























mit Bögen führen zu können.
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Snake-Jo
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von Snake-Jo »

stefan kaletsch hat geschrieben:Jo: Ich habe da die gleichen Erfahrungen wie Du gemacht,denke aber dass ein Bogen mit hohem Wurfgewicht und enger Biegezone schon seine 3 Monate bekommen sollte.
Ja, bei einem Composit könnte das passen, aber:
die Trocknungszeiten sind abhängig von:
- Materialdichte und- stärke (Dicke der Sehnenschicht, umlaufend oder nur am Rücken, Holzstärke)
- Dauer der Trocknung
- Art der Trocknung (draußen in Wind und Wetter, im Zelt, im Raum, in der Klimakammeretc.)
- Temperatur bei Trocknung
- Feuchtegehalt der Umgebung
Somit ist für meinen Geschmack die reine Zeitangabe (6 Monate bzw. 6 Jahre) viel zu schwammig. ;)

Hier aber (und das soll nochmals betont werden), handelt es sich um einen Selfbow mit Sehnenbacking als Bruchschutz. Also: dicker Knüppel, wenig Sehnenmaterial im Verhältnis. Da wird auch 6 Jahre der Trocknung nicht viel bringen. Wir brauchen aber nicht zu spekulieren: ich habe das Zuggewicht vor dem Sehnenauftrag genau gemessen und wir werden die Differenz exakt bestimmen können. :)
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Chirion
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von Chirion »

Hab mich ein wenig schlau gemacht und muss jetzt zugeben das die chemischen Vorgänge in einem Sehnenbackig doch recht komplex sein dürften, dies liegt allerdings vor allem daran, dass Hasenhautleim ein Gemisch verschiedenster Eiweisskörper beinhaltet und die Interaktionen dieser komplex sind. der Hauptbestandteil des HHL ist hydrolysiertes Kollagen, sprich im Herstellungsprozess des HHL wird das Kollagen durch thermische Einwirkung unter Einlagerung von Wasser in kleinere Moleküle aufgespalten so entsteht das Glutin (C13H20N4O). Dieses Glutin verbindet sich beim erkalten untereinander und mit anderen Werkstoffen durch die Ausbildung von unzähligen Wasserstoffbrückenbindungen. Der Begriff der Polymerisation beschreibt eine kovalente Bindung bei der aus einem Monomer (Chemische Untereinheit) ein Polymer entsteht. Uns allen bekanntes Beispiel: Epoxy. Polymere sind nach der Polymerisation nicht wasserlöslich. Hasehautleim ist auch nach der Verfestigung wasserlöslich aber eine Vernetzung findet statt nur das diese keine Polymerisation darstellt.

Das beschriebene Phänomen, dass eine zu frühe Belastung des Sehnenbelags zu verminderter Belastbarkeit führt könnte durch Ausbildung einer Primärstruktur bedingt sein, dabei legen sich die Eiwessmoleküle so aneinander das sich die größtmögliche Anzahl an Wasserstoffbrücken ausbilden kann. eine Störung in dieser Phase könnte einen irreversieblen Verlust an Zugbelastbarkeit zur Folge haben. diese Ausbildung der Primärstruktur sollte allerdings nicht ewig dauern.

Das zweite Phänomen, dass läneres Ruhen zur Erhöhung der Zugstärke führt, könnte darauf zurückzuführen sein das sich bei Belastung ein gewisser Teil der Wasserstoffbrücken mechanisch gelöst werden ohne die Ordnung der Eiweissmoleküle massiv zu beeinträchtigen, dieser Prozess ist reversiebel. Die Wiederausbildung der Wasserstoffbrücken kann einen langen Zeitraum beanspruchen

Wenn man also ewig wartet wird ein Bogen höheres Zuggewicht haben, allerdimgs bei Beanspruchung einen Teil davon wieder verlieren, hängt man ihn wieder 3 Monate an die Wand steigt das Zuggewicht wieder usw.

Belastet man den Bogen estmalig zu früh ist mit einem irreversieblen Verlust von Zugkraft zu rechnen, allerdings weiss offensichtlich keiner so genau wann der eine irreversible Prozess der Primärstrukturbildung in den reversieblen der Wasserstoffbrückenoptimierung übergeht, aber alles über 3 Monate scheint eher nur noch den 2. Prozess zu betreffen.

dieser Beitrag erhebt nicht den Anspruch die biochemischen Vorgänge in einem Sehnenbacking vollständig und absolut zutreffend wiederzugeben.
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Snake-Jo
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von Snake-Jo »

@Chirion: Danke für die Erklärungen. So ähnlich würde ich mir das vorstellen. :)

Ich denke auch, dass selbst auf ATARN kein exakter Versuch unter standardisierten Laborbedingungen unternommen wurde, um den exakten Zeitpunkt der Aushärtung eines definierten Leimes unter definierten Bedingungen zu testen.
Wir sind allerdings hier ein wenig OT mit dem Thema bei unseren Osageknüppeln. Ich würde das Thema auch nicht auslagern wollen (damit in einem neuen Thread die Diskussion weitergeführt werden kann), da einfach zuwenig Wissen hierzu existiert. Auch die alten Quellen bei den Türkenbogen haben keine exakten Messwerte zu bieten.
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stefan kaletsch
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von stefan kaletsch »

Chirion: Danke,super recherchiert,sehr aufschlussreich!

Jo: OK,Captain,back to the roots!
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kra
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von kra »

Eine kleine Weiterführung der Abschweifung sei gestattet.
Bei Karpowitz wird beschrieben, das die Türkischen Flightbögen vor dem Wettbewerb in einer dicht geschlossenen, warmen/temperierten und mit Fell ausgeschlagenen "Kiste" vorbereitet wurden - und er führt die Wirkung dieses Vorbereitens auf eben die von Chirion so klar beschriebenen Vorgänge zurück. 2 Parameter werden da als relevant beschrieben: eine erhöhte Luftfeuchtigkeit und erhöhte Temperatur, beides notwendig um die Wasserstoffbrückenbindungen "mobil" (reparaturfähig) werden zu lassen bzw. neue WB sich ausbilden zu lassen.
Zudem wird bei den Osmanen darauf Wert gelegt, das der Sehnenbelag sehr langsam und kontrolliert, über eine lange Zeit hin trocknet, so das wieder genug Zeit und innere Mobilität vorhanden ist, das sich viele Wasserstoffbrückenbindungen ausbilden können (auch deshalb der Zusatz von Fischleim). Dort soll der Belag in einem kühlen Raum, nahe dem Boden (Naturboden, kein fußbodengeheizter Estrich... ) mit der Sehnenseite zum Boden getrocknet werden.

@Snake Jo, deine Methode mehrere, sehr dünne LAgen aufzubringen ist der Methode - einmal eine dicke Schicht und gut is - überlegen. Habe es (mein 2. Vornahme ist _nicht_ Geduld ;) ) mit letzterer versucht und das Ergebnis ist deutlich schlechter und schwerer zu kontrollieren.
“Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.”
– George Bernard Shaw
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Lord Hurny
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von Lord Hurny »

Ich hab vor 2 Tagen etwas ausprobiert, weil ich einfach nicht verstehen konnte/wollte wieso mein SB sowas von undurchsichtig und hässlich ist:
Paul Comstock schreibt, er bevorzugt die Sehnen vor dem Auflegen nur im warmen Wasser einzuweichen, auf den grundierten Bogen legen und mit Leim überpinseln - und das bei jeder Lage wiederholen. Das hab ich jetzt bei meinem Sehnenabschluss mit einer Wicklung ausprobiert - was soll ich sagen, ich bin begeistert!
1) Die Kleckserei ist auf ein sehr angenehmes Minimum reduziert (fast kein Leim auf den Fingern und im Rest der Küche ;D )
2) Die angefeuchteten Bündel werden durch die finger gezogen, somit vom Wasser befreit und kurz zur seite gelegt. Dieser fertige, leicht getrocknete Verbund lässt sich sowas von leicht und präziese auf den Bogen aufbringen (ohne jede Hektik!)
3) Die so behandelte Sehne ist wirklich fast durchsichtig und bernsteinfarben nach dem trocknen. (ich kann das hässliche Backing ganz klar unter der Wicklung werkennen :P )

Wie schon oben erwähnt, ich gönne meinem Bogen 1 Monat Trocknung, dann wird er aufgespannt und geschossen - wenn er das bei ca. 55# bis 28" überlebt (500 Schuss minimum) bekommt er eine (hoffentlich) schöne Bemalung und wird gefinished.

ich kanns kaum erwarten den nächsten Bogen zu belegen... ;D
lg,
Lord Hurny

der manchmal den Bogen überspannt...
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Chirion
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von Chirion »

ich mach das auch so, lauwarmes Wasser einen Spritzer Geschirrspülmitel und eine Stunde die Fasern darin Quellen lassen, die Fasern einzeln zwischen den Fingern ausstreichen, auflegen und mit einem kleinen Borstenpinsel zügig mit Hautleim einstreichen, ohne große Hektik kann man sauber Nass in Nass areiten.
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laurin
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von laurin »

Lord,
das vorherige Einweichen hat auch den Effekt, dass sich die Sehnen leicht dehnen. Diese gedehneten Sehen aufzuleimen und einer langsamen Trocknung auszusetzten führt wiederum zu einer Schrumpfung des Sehnen - Leim Gemisches, was die Leistungsfähigkeit eines Bogens erhöht.
Ich würde die Sehnen mindestens 24 Stunden im lauwarmen Wasser einweichen. (Sehne aufs Backblech, ausreichend Wasser drauf, mit Alufolie abdecken und in den Ofen damit. Alle paar Stunden handwarm erwärmen)
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von Galighenna »

Ja ich denke das anfeuchten der Sehnen bevor sie verleimt werden ist nicht ganz unwichtig. Die Sehne entzieht dadurch dem Leim kein Wasser. Der Leim bleibt also an der Kontaktstelle zwischen Sehne und Leim flüssiger. Dadurch dringt er sicherlich tiefer und besser in die Struktur ein, so das die Sehne dadurch viel besser mit Leim durchtränkt und dadurch sogar durchsichtig wird. Das Wasser stellt dann so eine Art Netzmittel dar, das die Benetzung der Oberfläche mit Leim erleichtert.

Sowas ähnliches hat chirion ja schon mit seinen Epoxy-Hanf-Backings gemacht. Den Hanf hat er vor der Epoxy-Behandlung mit Silikon-Entferner behandelt, damit der Hanf besser vom Epoxy benetzt wird. In diesem Fall wird dadurch wohl die Oberflächenspannung des Epoxy gesenkt.
Übel übel sprach der Dübel,
als er elegant und entspannt
in der harten Wand verschwand

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Snake-Jo
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von Snake-Jo »

Ja, ich denke auch, dass das so gemacht werden sollte.
- Je mehr die Sehne aufgefasert wird, umso leichter nimmt sie Wasser oder Leim auf und umso besser legt sie sich in Fugen bzw. bildet glatte Oberflächen
- dicke, fette Sehnen müssen entsprechend länger eingeweicht werden und "stellen sich leichter quer"

Je länger man sich mit der Materie beschäftigt, umso feiner arbeitet man. Jedoch muss alles praktikabel sein und darf nicht zuviel Zeit kosten.

@kra: Ja, es wird wohl so sein, dass sich drei dünne Schichten besser verlegen lassen als eine dicke. Jedoch ist dies auch meiner Arbeitszeit geschuldet: Länger als 30-60 min hab ich keine Lust, Sehnen zu klopfen und zu rupfen, also langt es meist nur für eine dünne Schicht auf einem hlaben Bogen. ;D
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kra
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von kra »

Sehnen vorbereiten/klopfen und ins Büro mitnehmen. In drögen Zeiten auffasern --> Vorrat für mehrere Bögen. Davon zehre ich noch ;D
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Re: Osage Recurve mit Sehnenbacking

Beitrag von lonbow »

Wird eigentlich die Gefahr des Bogenbruchs größer, wenn die Sehnen nicht so fein zerfasert sind?
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