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Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 16.09.2010, 21:14
von Stamperl
Also,..hust, wenn ich auch was dazu beitragen darf, ich muss allerdings dazusagen, das mir alles fernöstliche "Lebens"philosophie
zu tun hat, so gut wie garnichts sagt.
Aber den Zustand höchster Wachsamsamkeit, sowie ausschalten aller Ängste, Vergessen aller Fragen, habe ich öfter beim Paintball in den Wäldern(nicht in Deutschland) bei einem One to One Spiel erlebt. Egal, wie es ausging, der Zustand danach, war wie beschrieben, dermaßen entspannt. Ich weiß nicht, ob man das unbedingt gleichsetzen kann, aber als ich mir diesen Thread so durchgelesen habe, kamen mir ein paar Sachen dann doch bekannt vor.
Ich habe auch bis heute jedes einzelne der Spiele nie vergessen.

Beste Grüße, Stamperl.

Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 16.09.2010, 23:16
von Yabusame
cetus2002 hat geschrieben:Ich denke, hiermit ist der sog. Flow gemeint. Ich kenne den Begriff aus Bernt Spiegels "Die obere Hälfte des Motorrads". Beim Bogenschiessen habe ich ihn leider noch nicht erfahren dürfen.
Gruß
cetus
Die Beschreibung von Flow umfasst eine so große Spannbreite, dass die beiden Enden schon nichts mehr miteinander zu tun haben - inhaltliche Mängel wurden von Wikipedia ja auch selbst festgestellt.
Das was ich meine hat mit Erlebnissen der Sinne bis zum Sinnesrausch nichts zu tun, es geht eigentlich mehr in Richtung absoluter Ernüchterung, als Glücksgefühl würde ich den Zustand nicht einordnen.

Ich würde hier Goethe ins Spiel bringen, der das Staunen als das Höchste bezeichnet, was der Mensch erreichen kann - ich würde Erstaunen sagen.

Parallelen gibt es, man nennt die Tür (bei mir traditionelles Kyudo), den Raum beschreibt man nicht, weil man ihn bestenfalls umschreiben kann.

Bleibt auf Kyudo bezogen die Frage, was der Unterschied in den erlebbaren „Flow“-Zuständen im traditionellen und modernen Kyudo ist. Herr Inagaki hat auf Unterschiede verwiesen, die Unterschiede müssen für ihn so groß gewesen sein, dass er es nicht zugelassen hat, das die gravierenden Merkmale seiner Schule in einem Einheits-Kyudo untergehen.


Grüße
Yabusame

Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 16.09.2010, 23:41
von benzi
es gibt meiner Meinung nach nicht einen Begriff der diesen Zustand umfassend beschreibt, in der buddhistischen Meditation wird er mit "ruhigem Verweilen" umschrieben, dabei spielen die zwei Begriffe "Aufmerksamkeit" und "Achtsamkeit" die tragende Rolle, die keinesfalls identisch sind

Grüße benzi

Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 17.09.2010, 08:36
von Hexer
Hab ich beim Bogenschießen bisher noch nicht erlebt, dafür in einigen anderen Situationen. Ich würde das, was ich meine auch nicht als Rauschzustand oder ähnliches beschreiben. Der Begriff Staunen/Erstaunen den Yabusame benutzt kommt schon etwas eher hin, da ich in diesen Situationen wirklich gewissermaßen erstaunt darüber war was ich da tue und wie ich es tue. Ich würde sagen es ist in gewisser Weiße das Gefühl viel mehr seines Potentials zu nutzen als man es üblicherweiße tut. Ein hochkonzentrierter Zustand in dem die Wahrnehmung wesentlich weiter und besser zu sein scheint als sonst, man "alles gleichzeitig" wahrnimmt, berücksichtigt und verarbeitet und mehr leistet als man eigentlich für möglich gehalten hätte.

Ist mir beispielsweiße einige male beim Gitarre Spielen passiert. Außerdem kann ich mich an eine Situation in einem Elektronik-Praktikum während der Schulzeit erinnern als ich einen Schaltplan zu entwerfen hatte. Zunächst hatte ich noch Probleme mit der Sache, doch irgendwann merkte ich, dass ich beim Entwurf plötzlich die gesamte Schaltung komplett berücksichtigte und bearbeitete, was ich vorher so nicht für möglich gehalten hätte. Ähnliches beim Gitarre Spielen: plötzlich beginnt alles "zu fließen", man ist voll konzentriert und bringt auf einmal eine Leistung auf die alles genau so funktionieren lässt wie gewünscht.

Das ist zumindest das was ich momentan an Beschreibung dazu zusammenkriege

Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 17.09.2010, 09:25
von EddieDean
Da Galighenna mich darauf aufmerksam gemacht hat das das nicht der Krieg... äh...Kyudobereich ist, will ich doch etwas ausführlicher heute schreiben. Gerade im Hinblick der hohen Qualität des Freds, will ich dies ein wenig ausführlich von islamisch mystischer Seite beleuchten. Allerdings will ich mir dafür heute, im Laufe des Tages, Zeit nehmen.
Vielleicht wäre es hilfreich den Begriff "Ego" genauer zu erläutern, vielleicht Yabusame?
Am besten Egofreundlich ;)
Auch wird der Begriff "Identität" zum tragen kommen, falls wir das Thema ernsthaft weiter verfolgen wollen.

Jetzt wird aber erstmal gefrühstückt mit meiner Frau ;)

Gruß
Stephan

Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 17.09.2010, 12:07
von Yabusame
Janitschar hat geschrieben:Da mir Galighenna mich ja daran aufmerksam gemacht hat das ich nicht im Krieg... äh...Kyudobereich bin, will ich doch etwas ausführlicher heute schreiben. Gerade im Hinblick der hohen Qualität des Freds, will ich dies ein wenig ausführlich von islamisch mystischer Seite beleuchten. Allerdings will ich mir dafür heute, im Laufe des Tages, Zeit nehmen.
Vielleicht wäre es hilfreich den Begriff "Ego" genauer zu erläutern, vielleicht Yabusame?
Am besten Egofreundlich ;)
Auch wird der Begriff "Identität" zum tragen kommen, falls wir das Thema ernsthaft weiter verfolgen wollen.

Jetzt wird aber erstmal gefrühstückt mit meiner Frau ;)

Gruß
Stephan
Richtig, Begriffsklarheit ist notwendig.

Ich versuche es mal mit meinen Worten (selbstverständlich diskutierbar):

Ego:
Ich-Bewußtsein bzw. Persönlichkeits-Bewußtsein.
An sich nicht negativ, erst durch programmierte Anerkennung von Wertigkeiten grenzt das Ego sich ab und versucht Vorteile im gegebenen Wertigkeitssystem zu erlangen. Da das vorherrschend ist, wird Ego als ein Bewusstsein wahrgenommen, das nach Anerkennung, Vorteilen und der Anhebung seiner persönlichen Wertigkeit strebt. In diesem Zusammenhang nenne ich mal eine nicht geläufige Definition von Sünde: Sondersein bzw. etwas besonders sein wollen, was zur Abtrennung führt.

In der Diskussion müssen aber noch weitere Begriffe klar sein:

Person:
Körper+Gefühl (Psyche)+Verstand
personare= Maske / persona= durchklingen, durchscheinen
Woraus man ableiten kann, dass der Sinn der Person ist, etwas in Erscheinung treten zu lassen.

Persönlichkeit:
Eigenschaften der Person (Im Prinzip ein durch Erbgut, Erziehung und Erfahrung geprägtes Programm und damit begrenzt und unfrei)
Man könnte die Persönlichkeit als Betriebsprogramm sehen.

Geist:
Nach Goethe „Das was antwortet und nicht fragt“, also ein Bewußtseinszustand, der kein Wissen erfragen muss, er nennt es auch reines SEIN – für den rationalen Verstand nicht erklärbar.

Seele:
individueller Geist, i.d.R. vom Persönlichkeitsbewußtsein überschattet
Ein ganzes Leben damit beschäftigt das Betriebsprogramm (Persönlichkeit) in seine Gewalt zu bringen um den Geist in der materiellen Welt über die Person in Erscheinung bringen zu lassen

Mensch:
Person+Seele+Geist (Eine Persönlichkeit ist weiter vorhanden, ist aber kein sich verselbstständigtes Programm mehr sondern an der Seele angejocht, kein Ego-Bewußtsein)

Resümee: Es gibt keine bzw. nur wenige Menschen

Man muss sich fragen, wie es kommt, dass das Thema hier überhaupt aufgekommen ist.

Vielleicht liegt es daran, das der Bogenschütze ein wichtiges mythologisches Symbol im Alten Testament mit folgende Bedeutung ist: „Der, der Himmel und Erde verbindet und in diesem Spannungsfeld seinen Pfeil (sein ICH) ins Ziel (Menschwerdung) bringt“.
Die Bedeutung wird dadurch unterstrichen, dass der erste Sohn Abrahams Bogenschütze war.


Grüße
Yabusame

Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 17.09.2010, 17:05
von the_Toaster (✝)
Interessant in welche Richtung sich das hier zu bewegen scheint.

Macht mal weiter. Ich bin gespannt.

Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 18.09.2010, 07:23
von SeKan
Hexer hat geschrieben: Ein hochkonzentrierter Zustand in dem die Wahrnehmung wesentlich weiter und besser zu sein scheint als sonst, man "alles gleichzeitig" wahrnimmt, berücksichtigt und verarbeitet und mehr leistet als man eigentlich für möglich gehalten hätte.
Ich finde das sehr schön beschrieben. Bleibt nur die Frage offen, wer oder was da wahrnimmt und wodurch das verursacht wird.

Ein schönes Wochenende!
SeKan

Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 18.09.2010, 20:30
von Yabusame
Hexer hat geschrieben:
Ein hochkonzentrierter Zustand in dem die Wahrnehmung wesentlich weiter und besser zu sein scheint als sonst, man "alles gleichzeitig" wahrnimmt, berücksichtigt und verarbeitet und mehr leistet als man eigentlich für möglich gehalten hätte.
Auch der weltbeste Fußballer Pele hat ähnliches im WM-Endspiel 1958 als 18-jähriger erlebt. Er beschrieb einen Zustand, in dem er immer gewusst hat, was auf dem gesamten Platz geschah und was seine Gegenspieler vorhatten, als wenn alles eins gewesen wäre.


Um den Bezug zum Bogenschießen nicht zu verlieren, möchte ich die von mir erwähnte Bogenschützen-Symbolik weiter betrachten.
„Der, der Himmel und Erde verbindet und in diesem Spannungsfeld seinen Pfeil (sein ICH) ins Ziel (Menschwerdung) bringt“.

Die Verbindung von Himmel und Erde stellt der i.d.R. senkrecht gehaltene Bogen dar. Insbesondere im Kyudo gibt es aber auch einen vertikalen Krafteinsatz, man steht fest auf der Erde, der Hinterkopf sollte in der Vorstellung während des Kraftaufbaues in den Himmel wachsen (ob es in der westlichen Tradition auch einen vertikalen Krafteinsatz gibt, weiß ich nicht). Geschieht das nicht, gerät der Schuss zu kurz, das Ziel wird nicht erreicht.
Weiter kann man in den beiden Kraftrichtungen als auch zwischen Pfeil und Bogen das Kreuz entdecken – das Symbol ist also extrem stark.
Die Bedeutung wird dadurch unterstrichen, dass der erste Sohn Abrahams Bogenschütze war.
Auch hierzu noch ein paar Hinweise:
Ismael wurde in die Wüste geschickt und wurde dort zum Bogenschützen. Das heißt, er erlebte die Einsamkeit, die Reduktion auf Leben oder Tod und meisterte diese Situation mit Hilfe des Bogens. Er wandte sich also dem Himmel zu und ihm wurde geholfen (ob er in Trance verfiel ist nicht überliefert) - ein starkes Volk ging aus ihm hervor, die Ismaeliten, die als das tolerante Gesicht des Islam gelten.

Grüße
Yabusame

Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 20.09.2010, 10:25
von Yabusame
SeKan hat geschrieben: Ich finde das sehr schön beschrieben. Bleibt nur die Frage offen, wer oder was da wahrnimmt und wodurch das verursacht wird.

Ein schönes Wochenende!
SeKan
Diese Frage lässt sich nicht wirklich beantworten, deshalb ein Umschreibungsversuch:
Egal in welchem Bewußtseinszustand wir uns befinden, wir können uns immer identifizieren, unsere Sicht und Reaktionsweise verändert sich aber.
Solange das persönliche Programm läuft, solange man sich also in der persönlichen vorhersehbaren Konditionierung befindet, sind unsere Wahrnehmungen und Reaktionen abhängig von unserer körperlichen, psychischen und mentalen Befindlichkeit.
Die Spannbreite reicht von heißblütig emotionaler bis kaltblütig rationaler Reaktionsweise. Es kann zu einer Harmonie zwischen Körper, Psyche und Verstand kommen, die soweit gehen kann, dass man Zustände erreicht, die offensichtlich unter der neudeutschen Bezeichnung „Flow“ laufen.

Das Überschreiten des persönlich konditionierten Bewusstseins hat aber immer eine sehr markante Änderung des Bewusstseins zur Folge, welche i.d.R. erschütternd ist, weil man augenblicklich erkennt, in welchem vernebelten und begrenzten Zustand man sich vorher befunden hat.

Solange uns die persönliche Konditionierung beherrscht, solange leben wir wie ein Mistkäfer in einem Misthaufen, der sich am Rande einer Blumenwiese befindet. Uns interessiert nur Mist, darauf sind wir programmiert, mit Blumendüften können wir nichts anfangen, mit Schmetterlingen können wir nicht kommunizieren.

Den Schalter umzulegen ist selten eine Willens- Angelegenheit, es ist i.d.R. ein Wink oder Schlag des Schicksals und Zufall im eigentlichen Sinn (es ist reif, es fällt Dir zu), die Hintergründe sind uns verborgen.

Ob der Griff zum Bogen ein Zufall ist oder ob es eine Zufälligkeit (hätte auch was anderes sein können), muss jeder selbst erkennen – der Symbolik des Bogenschützen entsprechen oder Scheiben lochen bzw. Kimono-Schleifen binden – wohl dem der zu unterscheiden weiß.

Grüße
Yabusame

Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 20.09.2010, 15:14
von SeKan
Geht es darum, das persönliche Programm "auszumisten", den Schalter zu schmieren?
Üben Kyuodokas das?
Oder üben sie die Stärkung des Geistes?
Oder beides?

(nur vorsichtshalber, um evtl. mißverständnissen vorzubeugen: die fragen sind absolut ernst gemeint)

Gruß
Sekan

Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 20.09.2010, 15:52
von benzi
Yabusame hat geschrieben:
Das Überschreiten des persönlich konditionierten Bewusstseins hat aber immer eine sehr markante Änderung des Bewusstseins zur Folge, welche i.d.R. erschütternd ist, weil man augenblicklich erkennt, in welchem vernebelten und begrenzten Zustand man sich vorher befunden hat.
mh......... ich verstehe was Du sagen willst, kann aber nicht ganz zustimmen. Wenn es als "erschütternd" empfunden wird, ist irgendwas falsch gelaufen......... es sollte als Befreiung empfunden werden........ wie das Ausbrechen aus einem Kokon........
Yabusame hat geschrieben: Den Schalter umzulegen ist selten eine Willens- Angelegenheit, es ist i.d.R. ein Wink oder Schlag des Schicksals und Zufall im eigentlichen Sinn (es ist reif, es fällt Dir zu), die Hintergründe sind uns verborgen.
Diese Art der Überschreitung kommt z.B. in Todesangst vor (ich glaube Du hast das mal woanders geschrieben) und ich kenne diesen Zustand aus solchen Situationen. Das hinterläßt aber in der Regel keine dauerhafte Veränderung. Um dauerhaft das persönlich konditionierte Bewußtsein zu erweitern, bedarf es meiner Meinung nach einer täglichen Übung. Und dieser Prozess ist nicht ein "Wink" oder ein "Schlag", sondern eine langsame Veränderung hin zu der Welt außerhalb des Misthaufens.......

lG benzi

Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 20.09.2010, 16:03
von Markus
SeKan hat geschrieben:Geht es darum, das persönliche Programm "auszumisten", den Schalter zu schmieren?
Üben Kyuodokas das?
Oder üben sie die Stärkung des Geistes?
Oder beides?

(nur vorsichtshalber, um evtl. mißverständnissen vorzubeugen: die fragen sind absolut ernst gemeint)
Hallo SeKan,
ich bin zwar nicht angesprochen, möchte aber zumindest aus meiner Sicht antworten.
Ich übe, weil mir Kyudo Spaß macht. Mein Ziel ist es nicht, mit Hilfe von Kyudo diesen Flow oder wie immer man den Zustand benennen möchte, zu erreichen. Dass man diesen Zustand über das Bogenschiessen erreichen kann, scheint außer Frage zu stehen, wenn ich die Diskussion hier verfolge. Aber es nicht mein Ziel, deswegen ich übe.
Ich übe eine anspruchsvolle Technik, um sie irgendwann vielleicht mal zu beherrschen. Nicht mehr, aber (hoffentlich) auch nicht weniger.

Markus

Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 20.09.2010, 16:15
von Galighenna
Hehe Erschütternd muss aber ja kein negativer Aspekt eines solchen Erignisses sein. Für mich bedeutet es nur das man etwas erkennt oder erfahren hat das die Sichtweise auf vorher bekannte Dinge eben Erschüttert/verändert. Von daher finde ich Erschütternd nicht so sehr daneben...

@SeKan
Ich glaube nicht das es das Ziel von Kyudo ist das Bewustsein zu erweitern oder dieses "persönliche Programm" auszumisten. Ich würde eher sagen, es ist ein Effekt der sich bei intensiver Ausübung durchaus von allein einstellen kann, zu einem gewissen Grad.
Denn es gibt viele Methoden und Möglichkeiten soetwas zu erreichen. Denke nur mal an verschiedene Meditationstechniken...
Interessanterweise findet man aber bei Fernöstlichen Kampf-/Sportarten sehr häufig bzw. eigentlich fast immer eine Einbeziehung des Geistes in die Ausübung des Sportes. Aus dem Glauben/der Erkenntnis herraus, das erst im Einklang aller Komponenten eines Menschen ein effektives und perfektes Ganzes entstehen kann. Sozusagen der perfekte Kämpfer, Bogenschütze, Schwertkämpfer, was auch immer.
Wenn sich jemand also sehr intensiv und ausgiebig in einer solchen Sportart betätigt erfährt er oft ganz von selbst eine Veränderung seines Geistes und damit der Sichtweise auf die Umwelt. Das ist wirklich sehr interessant...
Es muss dabei ja auch nicht immer diese "Große Erleuchtung" passieren. Manchmal bemerkt man die Veränderungen erst nach und nach.

Re: Tranceähnliche Zustände beim Bogeschießen

Verfasst: 20.09.2010, 16:50
von Rexxar
Eine sehr interessante Diskussion!
Ich denke, mit diesem "Erstaunen" verhält es sich - grundlegend - ähnlich wie mit dem Atmen. Korrekterweise müsste man nämlich statt "Ich atme" sagen: "Es atmet mich". Atmen ist ein vollkommen selbstständig ablaufender Vorgang. Es ist schließlich unmöglich, sich durch Luftanhalten umzubringen oder dadurch, den Kopf in Wasser zu stecken - irgendwann holt der Körper einfach Luft ;).
Damit, den Atem zu harmonisieren, ihn in seiner Natürlichlichkeit zu vervollkommen und diese mit dem alltäglichen Tun in Einklang zu bringen, beschäftigen sich besonders die fernöstlichen Meditationsschulen sehr. Ich persönlich kann da aus dem Qi-Gong berichten. Es ist wirklich keine Trance - keine psychedelische Exkursion in eine höhere Ebene, sondern eben die hiesige Ebene in ihrer maximalen Genauigkeit. Aufmerksamkeit und Achtsamkeit, wie Benzi schon so schön gesagt hat. Das Ganze ist aber, um den Bogen zum automatisierten Atmen zurückzuschlagen, nicht bewusst erreichbar, jedenfalls nicht "schaltermäßig".
Es ist eine wunderbare Erfahrung, und ich persönlich kann aus diesem "Überzustand" immer etwas mitnehmen. Egal ob ich da jetzt kurzfristig denke, wie z.B. das Lösen aktueller Probleme oder Gedankenkonstrukte, oder langfristig an meine Einstellung zum Leben.