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Re: Übungsbogen aus Kieferbohle

Verfasst: 29.02.2012, 21:50
von Gornarak
GottfriedM hat geschrieben:Hast Du vorher schon Bögen gebaut ?
Ja, aber heil geblieben sind erst zwei und es waren bisher auch nicht soooo viele. Deswegen hab ich mir ja hier auch extra kein Eibenstück zum Experimentieren genommen :)

Man muss sich mal reinziehen, was ich an dem Gerät alles ausprobieren konnte: Jahresring freilegen, Griffstück kleben, verdrehte Wurfarme bearbeiten, Sidenocks bauen, Zuggewicht durch Einkürzen erhöhen, Limit von Kiefer (annähernd) rausfinden, ...
Dabei hab ich nur fünf Euro für den "Stave" ausgegeben und bin nicht, wie für meine anderen, stundenlang durch den Wald gerobbt und hab Stämme durchs Unterholz gezerrt.
Frankster hat geschrieben:Tut mir leid wg. dem Bruch.
Muss es nicht. Zum Schluss hab ich es ja drauf angelegt, das Holz über sein Limit zu bringen. Hatte eigentlich gehofft, nen Bruch am Bauch zu fabrizieren, aber da hat mir meine Schlampigkeit mit den Schmarren am Rücken einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Leid tut mir eigentlich nur, dass die Kamera direkt vor dem Bruch aufgegeben hat und ich keine Videostudie mit Zeitlupe und Co davon machen konnte.

Die Sidenocks wurden ja schon erklärt. Außerdem habe ich zum Schluss ja exzessiv eingekürzt. Da war es schneller, nur eine Seite einzukerben.

Geschossen habe ich den Bogen leider nicht, weil die Scheibe bei meinen Eltern steht.

Re: Übungsbogen aus Kieferbohle

Verfasst: 29.02.2012, 22:43
von Ravenheart
Also ich fand das als Experiment geil, lehrreich und spannend!

Danke! :)

Rabe

Re: Übungsbogen aus Kieferbohle

Verfasst: 29.02.2012, 22:56
von Markus
Ich habe nun nicht jeden Beitrag gelesen und eigentlich schon nach den ersten Tillerversuchen den Bogenbruch erwartet. Daher bin ich überrascht, was Du aus der Kiefer herausgeholt hast und wie Du mit dem Bogenbruch umgehst. Respekt von meiner Seite. Wenn Du beim nächsten Mal bogentauglicheres Holz verwendest, muss das ein guter Bogen werden.
Viel Erfolg dabei.

Markus

Re: Übungsbogen aus Kieferbohle

Verfasst: 01.03.2012, 11:05
von Gornarak
Erklärt mich für bekloppt, aber ich spiele mit dem Gedanken, das Projekt mit nem halbpyramidialen Design (das aktuelle war ja vollpyramidial) bei Gelegenheit zu wiederholen.

Zunächst hab ich aber noch ausreichend andere Bogenprojekte in der Warteschleife.

Re: Übungsbogen aus Kieferbohle

Verfasst: 01.03.2012, 12:04
von Archive
Ja, du bist bekloppt! ::)

(Geht es dir jetzt besser? ;) )

Re: Übungsbogen aus Kieferbohle

Verfasst: 01.03.2012, 12:07
von Galighenna
Hey ich will auch sowas sagen!!!

*gg* Du bist verrückt! *lach*

Mensch, du hast da doch die Eberesche... mach dich ran da! Die will gebogen werden! Von wegen Kiefer... *koppschüttel* unglaublich!

Re: Übungsbogen aus Kieferbohle

Verfasst: 01.03.2012, 12:21
von Frankster
Naja Gali,

Hasel wurde auch lange belächelt, bis irgendwann Jemand einen Flightrekord mit einer getoasteten Hasel geholt hat, soweit ich weiß. Kiefer ist vor allen Dingen leicht. Und Irgendjemand hier im Forum hat mal gesagt "es kommt nur auf das Design an". *schmunzel*

Ich bin z.B. davon abgekommen mit Eberesche zu bauen - oder ich hatte einfach nur Pech mit meiner Holzwahl...

Re: Übungsbogen aus Kieferbohle

Verfasst: 01.03.2012, 13:02
von Galighenna
Ja Eberesche ist nicht gleich Eberesche. Es gibt ja durchaus große Schwankungen in der Holzqualität...

Das Problem bei Kiefer ist und bleibt halt die mangelnde Druckfestigkeit und -toleranz. Es knittert einfach zu schnell.
Dennoch: Es gibt Bögen aus Kiefer und soweit ich mich erinnere gab/gibt es ein Volk das Bögen daraus gebaut hat. Ich meine irgendwie in Sibirien oder dort in der Ecke so.
Sagen wir so: Es ist so ziemlich allen Bogenbautauglichen Laubhölzern unterlegen, aber es ist das tauglichste Nadelgehölz wenn man Eibe und Wacholder ausnimmt.

Re: Übungsbogen aus Kieferbohle

Verfasst: 01.03.2012, 13:41
von baschdler
Das war ja ein herrlicher Bogenbau-Krimi. Schade das es nicht zu Feldversuchen gekommen ist !
Und für den nächsten Versuch: Es ist nicht die "Breitigkeit" die den Bogen am Brechen hindert, sondern die "Dünnigkeit" !

Gruß Martin

Re: Übungsbogen aus Kieferbohle

Verfasst: 01.03.2012, 14:20
von Galighenna
@bashdler
Das ist zu allgemein ;)
Genaugenommen ist es das Zusammenspiel zwischen innerem Biegeradius (dem auf dem Bogenbauch) und dem äußeren Biegeradius (über den Rücken) Die differenz der Länge zwischen Rücken und Bauch die beim Biegen entsteht ergibt sich aus der Bogenlänge und seiner Dicke.

Bogenbreite:
Wie viel Kraft dabei entsteht hängt, bei fester Länge, von der Dicke und der Breite ab. Die Breite hat keinen Einfluss auf die Differenz der Bogenlängen am Rücken und Bauch, deshalb führt eine Zuggewichtssteigerung durch größere Breite auch nicht zu einer größeren Belastung für das Holz. Ergo: im Grenzfall gibt es bei einem breiteren Bogen keine Stauchbrüche oder keinen Rückenbruch.

Bogenlänge:
Ähnliches gilt aber für die Länge. Da das Zuggewicht in der 3. Potenz mit der Dicke steigt, kann man darüber mit sehr wenig Material das Zuggewicht steigern. Holz bekommt Stauchbrüche wenn die Drucklast zu groß wird und die Fasern dadurch einknicken. Mit steigendem Zuggewicht nimmt also die Drucklast zu. Damit der Bogen keine Stauchbrüche bekommt, macht man ihn Länger, und zwar so viel, das die Längendifferenz zwischen dem Bauch und dem Rücken im Verhältnis zur Gesamtlänge wieder einen Gewissen Wert unterschreitet (Für die Mathematiker: Ich glaube hier liegt ein Differential vor, kann das sein?). Dadurch sinkt die Drucklast pro Fläche am Bogenbauch, das Zuggewicht ist trotzdem höher und der Bogen bekommt keine Stauchbrüche, oder reißt nicht am Rücken.
Da die Länge das Zuggewicht weniger stark senkt als die zunehmende Dicke das Zuggewicht erhöht, kann man in gewissen Grenzen (irgendwann wird der Bogen einfach ineffizient und langsam) eine erhöhte Bruch-/Stauchgefahr durch eine größere Länge kompensieren.

Bei manchen Hölzern ist das sogar aufgrund ihrer relativ hohen Dichte vorteilhafter als eine größere Breite. Und bei Robinie ist es wegen seiner sehr geringen Drucktoleranz evtl sogar besser gegen Stauchbrüche, die Länge zu vergrößern statt die Breite zu erhöhen.

Re: Übungsbogen aus Kieferbohle

Verfasst: 01.03.2012, 16:00
von baschdler
@Gali - zu allgemein ? Ich finde das ist ne Verallgemeinerung die man sich leisten kann, wenn die vielzitierte BB sowas zum Besten gibt:
"...und hab in der Bibel des traditionellen Bogenbaus gelesen, dass man nen Bogen auch aus Kiefer bauen kann, wenn man ihn nur breit genug macht."

Gruß Martin

Re: Übungsbogen aus Kieferbohle

Verfasst: 01.03.2012, 16:14
von Galighenna
Das Problem ist, das man das zwar so verallgemeinern kann, aber irgendwan heißt es nur noch: Um Stauchbrüche zu verhindern mach den Bogen breiter. Damit sich solche Vereinfachungen nicht zu stark festsetzen, wollte ich darauf mal näher eingehen. Denn das stimmt halt eben nicht immer. Manchmal ist es klüger den Bogen länger zu machen.
Ein ELB mit 60#@28" funktioniert mit 1,8m Länge super, mit 120#@28" Explodiert sie aber mit lautem Knall weil es den Rücken zerreißt. Wenn man das ELB Profil behalten will und trotzdem 120# ohne Explosion erreichen möchte ist es nicht möglich, den Bogen breiter zu machen, denn dann wird es ein Flachbogen. Also muss man die Länge erhöhen.

Bei Robinie ist es so, wenn man einen Flachbogen daraus baut, für 28" dann hat man die Wahl ihn sehr sehr viel Breiter zu machen als das normal ist, also locker mal 50-60mm, damit er bei 1,7m Länge Stauchbruchfrei funktioniert (hängt auch stark von der Holzqualität ab) Oder man macht ihn einfach 10-15cm länger und baut dafür eine "normale" Breite von 35-40mm.
Ich persönlich finde letzteres schöner, und ich glaube der leicht längere, aber schmalere Bogen ist auch etwas schneller.

Ob man nun lieber breiter oder lieber länger baut ist abhängig vom Holz und vom Zweck welchen der Bogen erfüllen soll, und zuletzt natürlich auch vom Design-Geschmack.

Re: Übungsbogen aus Kieferbohle

Verfasst: 01.03.2012, 17:44
von OlliZ
also von meiner Seite erstmal herzlichen Dank an Gornarak für die ausführliche Dokumentation, habe fleissig mitgelesen und extrem viel gelernt für mein nächstes Holunder-Projekt das schon entrindet in der Werkstatt auf mich wartet. (am Wochenende wird die Grobform gebandsägt)

vor allem die Maßnahmen gegen mit kippende und verdrehte Wurfarme war sehr interessant aber auch ganz am Anfang das freilegen der Jahrringe und die vielen Photos und Beschreibungen.

Einfach super.