Noch ein paar Ergänzungen zu den jeweiligen Finishes mit Fotos, die auch die Oberfläche vom behandelten Holz wiedergeben. Einige sind matt, andere glänzend. Alle Finishes wurden vor dem Test 4 Monate gelagert.
Leinöl mit 4 Anstrichen, Trockenzeit 24 Stunden pro Anstrich. Fühlt sich immer noch wie Holz an (wie bei allen Ölen; die Holzfasern wurden ja nicht mit einer Schicht bedeckt). Seidenmatt. Ich habe Leinölfirnis verwendet; Leinöl alleine würde sehr langsam «trocknen» — genau genommen trocknet es nicht, sondern es findet eine Polymerisation statt, d.h. das Öl verändert sich chemisch. Dieser Vorgang benötigt Sauerstoff und ist langsam, darum fügt man dem Leinöl Sikkative zu: Trockenbeschleuniger, meist einfach Schwermetalle. Weil der Vorgang Sauerstoff benötigt, ist auch klar, warum man a) den Deckel wieder dicht schliessen sollte und b) zwei dünne Anstriche schneller polymerisieren als ein dicker!
Schellack, hier die orange Variante (die farblose färbt natürlich weniger), Trockenzeit jeweils mindestens so lange, bis die Oberfläche nicht mehr klebte. Das dauert beim ersten Anstrich ein paar Sekunden, weil alles gleich einzieht, beim letzten kann es sich schon um ein, zwei Stunden handeln. Ich habe so viele Anstriche aufgetragen, bis die Oberfläche geschlossen war. Die Schicht ist wesentlich dünner als bei den lösungsmittelbasierten Lacken.
Schellack wird von Lackschildläusen gewonnen und löst sich in Alkohol (Brennspiritus zum Beispiel). Man bekommt ihn
in trockener Form (manchmal auch flüssig, wobei man sagt, dass flüssiger Schellack, wenn zu lange gelagert, schlecht wird). Ich fülle jeweils kleine Portionen in einem Fläschchen mit Alkohol auf, bis alle Plättchen davon bedeckt sind, und lasse es dann stehen, bis sich der Schellack aufgelöst hat (dauert einen halben Tag oder so; mit hin und wieder Schütteln etwas weniger). Er ist dann noch dickflüssig und hat beim Umrühren eine leicht ölige Konsistenz. Für den ersten Anstrich verdünne ich so stark, bis er wieder so flüssig ist wie Wasser; durchs Verdunsten vom Alkohol wird die Lösung gegen Ende automatisch etwas dicker.
Bienenwachs mit Carnaubawachs in Terpentinöl gelöst und so aufgetragen. Unter dem Mikroskop sieht man, dass die Oberfläche sehr unregelmässig und durchlöchert ist (auch durch das verdunstete Terpentinöl), ganz anders als beim über der Flamme geschmolzenen Wachs, diese ist durchgehend geschlossen. Fühlt sich angenehm und leicht weich an.
Carnaubawachs macht man zum Beispiel um Orangen herum, damit diese weniger schnell austrocknen. Es wird von Palmen gewonnen und ist härter als Bienenwachs, ein frisch aufgetragenes Gemisch fühlt sich auch weniger klebrig an als Bienenwachs alleine. Wenn ich mich richtig erinnere, stammt das Rezept von
hier (ganz unten) und das Verhältnis Bienenwachs:Carnaubawachs war 2:1. Habe ich auch auf einem der Holzregale oben verwendet, ist sehr schön!
Unbehandelt zum Farbvergleich. Die Farbe ändert sich (hier bei hellem Holz) durch Wachse und den Parkettlack (enthält Additive, wahrscheinlich weisses Zinkoxid oder ähnliches) am wenigsten. Leinöl färbt leicht orange, Tungöl rötlich, die lösungsmittelbasierten Lacke eher grünlich und Wachs leicht weisslich.
Bienenwachs geschmolzen zieht beim Schmelzen ins Holz ein, hier sind zwei Schichten Wachs aufgetragen. Das Wachs habe ich wie
hier beschrieben in Benzin aufgelöst, dann aufgetragen und das Holzstück über die Flamme gehalten. Glänzt etwas mehr als das ungeschmolzene Wachs oben, Aussehen und Haptik ansonsten gleich.
Schellack+Leinöl besteht aus zwei Schichten Schellack (also eine relativ dünne Schicht) und zwei Schichten Leinöl. Da das Leinöl nicht ins Holz einzieht, dauert es hier wesentlich länger, bis sich die Oberfläche trocken anfühlt, hier zwei Tage mit Leinölfirnis. Fühlt sich leicht klebrig an nach einer Weile im Wasser, ansonsten etwas weniger hart als Schellack und leicht ölig.
Acrylfarbe, zwei Anstriche mit Zwischenschliff. Acrylfarbe kann mit Wasser verdünnt werden (was praktisch ist, wenn man den Pinsel reinigen will). Meine Farbe ist eher weich und fühlt sich leicht nach Plastik oder Gummi an, aber das kommt wohl stark auf die genauen Inhaltsstoffe an. Deckend.
PUR-Alkydharz-Lack mit drei Anstrichen und jeweils Zwischenschliff mit 150er-Papier. Das ist notwendig, da die nächste Schicht sonst nicht hält. Glänzt sehr stark.
Dieser Lack ist nicht ein reiner PUR-Lack (Polyurethan-Lack); Diese sind Zweikomponentenlacke (die zweite Komponente ist der Härter) und sind oft chemikalienresistent und hart. Alkydharzlacke werden hart, wenn das Lösungsmittel verdunstet (hier benötigt man auch Pinselreiniger, um den Pinsel wieder sauber zu bekommen).
Bootslack auch mit 3 Anstrichen und Zwischenschliff. Wie der vorherige trocknet er sehr langsam (viel langsamer als der Treppenlack zuunterst), bei stehenden Flächen können sich Tropfen bilden, weil der Lack doch noch ganz langsam nach unten gleitet. Glänzt stark, beide fühlen sich mit der glatten Oberfläche auch typisch nach Lack an.
Mein Bootslack ist auch ein PUR-Lack auf Alkydharzbasis. Allgemein sind diese Lacke meiner Meinung nach mühsam in der Handhabung, sie bleiben lange klebrig, der Pinsel muss sofort ausgewaschen werden (und zwar mit Pinselreiniger), und das gleich mehrere Male (drei Anstriche, plus kann man nicht den ganzen Bogen auf einmal lackieren, ausser man kann ihm das Schweben beibringen), und Hautkontakt sollte vermieden werden.
Tungöl ist etwas speziell. Das Klötzli riecht immer noch danach. 4 Anstriche, der erste verdünnt mit Terpentinöl — das ist üblich bei Ölen, denn so dringen sie tiefer ins Holz ein. Bei Tungöl ist es wichtig, dass jeder Anstrich zuerst gründlich durchtrocknet (dann liessen sich vielleicht bessere Resultate erzielen als in meinem Test). Es trocknet
nicht von sich aus (bzw. nur sehr langsam) unter normalen Bedingungen. Sehr gut trocknet es an der Sonne, sonst bei bis 50 °C und geringer Luftfeuchtigkeit.
Auch hier ist «trocknen» eigentlich falsch, da Tungöl wie Leinöl polymerisiert. Mein Tungöl (von dictum) enthält keine Sikkative, die längere Trockenzeit ist deshalb zu erwarten. Es darf vor Gebrauch nicht erwärmt werden, denn feste Klötze lassen sich nur mit Mühe aufpinseln.
Zum Teil wird wegen möglicher Allergiebildung vor Hautkontakt gewarnt.
Tungöl+Leinöl im Verhältnis 3:1, 3 Anstriche. Damit soll man noch bessere Resultate erzielen können als mit Tungöl alleine (was wiederum schon besser sein soll als Leinöl alleine). Tungölgemische fühlen sich ähnlich an wie Leinöl, allerdings etwas härter: Tungöl wird relativ hart, wenn es eine Weile an der Sonne liegt.
Tungöl ist rötlicher als Leinöl und riecht anfangs nach Tungöl (und nicht nach Schweinefett, wie auf der Wikipedia beschrieben). Und das relativ stark bei grösseren Flächen. Ein Brett auf meinem Regal (siehe oben) ist auch mit Tungöl behandelt. Nach einem Tag in der prallen Sommersonne ist der Geruch absolut weg und das Öl hart; der Finger glänzt auch nicht mehr, wenn man ihn über das Holz zieht.
PU-Acrylat-Lack, hier Treppenlack, 3 Anstriche, die ersten zwei verdünnt, danach Zwischenschliff. Durch die Additive (der Lack selbst ist weisslich) wird die Farbe vom Holz nicht verändert (zumindest hier beim Ahornholz). Glänzt, allerdings etwas weniger stark als die PUR-Alkydharz-Lacke oben, fühlt sich auch lackartig an, aber trockener (die lösungsmittelbasierten fühlen sich eine Spur klebrig/harzig an).
Der Lack ist Polyurethanlack auf Acrylbasis, das heisst, er kann mit Wasser verdünnt werden. Trocknet viel schneller als die lösungsmittelbasierten Lacke (etwa eine Stunde reicht!) und benötigt keinen Pinselreiniger.
Abgeblätterter Lack an der Stirnseite; hier konnte das Wasser eindringen. Wahrscheinlich hat sich das Holz dann ausgedehnt, wodurch mehr Lack abblätterte. Ob das mit allen Lacken gleich stark geschieht, müsste man testen.
Simon