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Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 28.07.2024, 12:23
von benzi
Der unterste Bogen auf Deinem Bild hat für mich die dünnste Sehnenaufnahme und dessen Sehnen Öhrchen ist am meisten verstärkt... Bestimmt kein Zufall...
Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 28.07.2024, 12:49
von Heidjer
Anasazi hat geschrieben: ↑27.07.2024, 14:40
Ist die FastFlight Tauglichkeit von den Nocken, Tips oder auch Sehnenkerben abhängig?
Ja und Nein.
FF ist dünner, leichter und härter als B50 oder andere Materialien.
Das ist der Grund, warum es mehr Energie aus den Wurfarmen auf den Pfeil überträgt.
Leider gibt es keinen Bogen der einen Wirkungsgrad über ca 90% bei sinnvollen Pfeilgewicht erreicht. So bleibt immer Energie übrig, die im System Bogen verbleibt.
Durch die Eigenschaften von FF wird Energie schneller und direkter/härter übertragen, auch die Reste wieder in den Bogen. Sie wird über die Nocken eingeleitet, darum müssen sie das auch aushalten. Aber auch die Wurfarmen und die Fadeouts bekommen die Restenergie schneller ab, das führt bei ungeeigneten Bögen zu delaminierungen und abplatzenden Griffen.
Eine Sehne die schwerer und elastischer ist, nimmt selber mehr von dieser Restenergie auf und schont dadurch den Bogen.
Nicht nur die Nocken, auch alles andere zum Bogen gehörende, muss mit schnelleren Energiestößen klar kommen.
Gruß Dirk
Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 28.07.2024, 13:59
von Anasazi
benzi hat geschrieben: ↑28.07.2024, 12:23
Der unterste Bogen auf Deinem Bild hat für mich die dünnste Sehnenaufnahme und dessen Sehnen Öhrchen ist am meisten verstärkt... Bestimmt kein Zufall...
Das Material der Sehne (8125) ist etwas dicker als FF+ oder Spectra. Bei gleicher Strangzahl, ist die Sehne einfach schon dicker, denn ich nehme immer 4 Fäden, die zusätzlich mit in das Öhrchen eingedreht werden.....( dafür brauche ich dann die Reste von B50 auf).
Und ja ich habe das schon bei Holzbögen gesehen, speziell bei den Griffstücken, die den modernen Glaslangbögen nachenpfunden werden, besonders, wenn Schussfenster ausgeschnitten werden....und von Griffabplatzungen habe ich auch schon einige gesehen und erlebt....
... und Heidjer hat meinen Infostand mit anderen Worten bestätigt
Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 28.07.2024, 15:30
von Alwin.K
@ Anasazi
Anasazi hat geschrieben: ↑28.07.2024, 11:03....trotzdem bezweifele ich, dass die Fastflight Tauglichkeit hauptsächlich an den Sehnenkerben festgemacht wird
Vielleicht nicht hauptsächlich, aber zumindest nicht zu unterschätzen. Die Sehnenkerben sind nun mal der Dreh- und Angelpunkt jeglicher Sehnenbewegung im gespannten und ungespannten Zustand sowie während des Schießens. Ich stelle mir das so vor, als wenn ich einen dünnen, sehr straffen Zwirn in meiner Hand halte und einen sehr, sehr festen Knoten ziehe. Wo schneidet der Zwirn am meisten ein? In meinen Fingergelenken.
Zu beachten ist auch, daß - meines Erachtens - Bogenholz immer längsfasrig zum Bogen ist und demzufolge die Sehne sich dort gut einarbeiten (reinfressen) kann und die Tips zerstören können
Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 28.07.2024, 15:39
von Alwin.K
@ Dirk
Heidjer hat geschrieben: ↑28.07.2024, 12:49Nicht nur die Nocken, auch alles andere zum Bogen gehörende, muss mit schnelleren Energiestößen klar kommen.
......und genau darauf zielte eigentlich meine Frage eingangs in diesem Post ab. Weil ich nichts falsch machen und den Bogen nicht letztlich zerstören will. Vermutlich bleibe ich bei dem betreffenden Bogen (Holzlaminate, reflexer Kompositbogen) bei der Dacronsehne.
Dennoch finde ich auch für´s Bogenschützenwissen und für mich perspektivisch unsere Diskussion und die verschiedenen Argumente sehr interessant - einschließlich Benzis Fotobeispiele, wie man Horn- und Micartaverstärkungen aufbringen oder einen Bambusdübel einsetzen könnte.
Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 28.07.2024, 18:43
von benzi
Alwin.K hat geschrieben: ↑28.07.2024, 15:30
Zu beachten ist auch, daß - meines Erachtens - Bogenholz immer längsfasrig zum Bogen ist und demzufolge die Sehne sich dort gut einarbeiten (reinfressen) kann und die Tips zerstören können
Das ist bei Reiterbogen mit angesetzten Enden nicht zwangsläufig so...
Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 29.07.2024, 11:10
von kra
Alwin.K hat geschrieben: ↑28.07.2024, 15:30
...Ich stelle mir das so vor, als wenn ich einen dünnen, sehr straffen Zwirn in meiner Hand halte und einen sehr, sehr festen Knoten ziehe. Wo schneidet der Zwirn am meisten ein? In meinen Fingergelenken.
Zu beachten ist auch, daß - meines Erachtens - Bogenholz immer längsfasrig zum Bogen ist und demzufolge die Sehne sich dort gut einarbeiten (reinfressen) kann und die Tips zerstören können
Nun gut, aber der Vergleich beschreibt die Bogensituation (zumindest für Kompositbögen) doch extrem verkürzt. Das war eher die Situation bei den ersten modernen Fita Recurves, bei denen die FF-Fasern ohne Wicklung frei in der Nockkerbe lagen.
Btw, ich hatte schon ziemlich am Anfang Karpowitz "zitiert", der beschrieben hat (wie Dirk), das es nicht alleine auf die Nockkerbe ankommt (die bei seinen Bögen ja teilweise verstärkt ist) sondern besonders auf die Energieaufnahme im Wurfarm. Sonst hätte er ja einfach schreiben können: "Die Nockkerbe wird mit einem Geweihdübel verstärkt um sie FF tauglich zu machen".
Vlt. noch eine Ableitung dazu aus der ottomanischen Bauweise - Die Ottomanen kannten Leinen und Flachs als Garnmaterial, warum haben sie dann, trotz ihrer "Besessenheit für Weitschüsse" (die sie ja bis zum Excess getrieben haben
) auf Seide als Sehnenmaterial gesetzt, obwohl mit Leinen/Flachs/Ramin durchaus noch ein paar fps (und damit Weite) möglich gewesen wären?
Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 29.07.2024, 11:42
von benzi
Ich denke, dass wir uns einig sind, dass die beschriebenen Kräfte in Kompositbogen, Holzbogen, laminierte Bogen, reine Glasfaser Bogen und glasbelegte laminierte Bogen unterschiedliche Auswirkungen in den WAs und den Griffen haben..
Bei dem Bogen um den es hier geht, handelt es sich um einen laminierten Bogen, ob mit oder ohne Glas konnte ich noch nicht herausfinden...
Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 29.07.2024, 11:46
von benzi
@kra
Wieso denkst Du, dass Leinen Sehnen schneller sind als Seiden Sehnen?
Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 29.07.2024, 14:24
von Anasazi
Vielleicht ist die von kra beschriebene Geschwindigkeitsbessenheit und die relativ leichten Pfeile, die für die Weitschüsse genommen wurden auch die Ursache dafür, dass genau diese Kombination nicht mit dehnungsarmen Sehnen funktioniert...?
Sehr leichte Pfeile nehmen nicht genügend Energie aus dem Bogen / Sehnensystem mit und die Sehne "federt" durch ihre Dehnbarkeit die Belastungen im Bogen durch die verbliebene Energie ab. Eine sich nicht dehnende Sehne führt dazu, dass die "Restenergie" sich im Bogen entladen muss.
Hornkompositbögen, die mit relativ schweren Pfeilen geschossen werden, können vielleicht eher dehnungsarmes Sehnenmaterial vertragen?
Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 29.07.2024, 15:34
von Heidjer
Das ist nicht nur vielleicht so, das ist sicher so.
Ob man es damals nur auf Grund der Erfahrung so machte oder man die Physik die dahinter steht, schon vollumfänglich verstand, lässt sich wohl nicht mehr klären.
Gruß Dirk
Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 29.07.2024, 16:08
von kra
Anasazi hat geschrieben: ↑29.07.2024, 14:24
Vielleicht ist die von kra beschriebene Geschwindigkeitsbessenheit und die relativ leichten Pfeile, die für die Weitschüsse genommen wurden auch die Ursache dafür, dass genau diese Kombination nicht mit dehnungsarmen Sehnen funktioniert...?
Sehr leichte Pfeile nehmen nicht genügend Energie aus dem Bogen / Sehnensystem mit und die Sehne "federt" durch ihre Dehnbarkeit die Belastungen im Bogen durch die verbliebene Energie ab. Eine sich nicht dehnende Sehne führt dazu, dass die "Restenergie" sich im Bogen entladen muss.
Hornkompositbögen, die mit relativ schweren Pfeilen geschossen werden, können vielleicht eher dehnungsarmes Sehnenmaterial vertragen?
Da verweise ich mal auf die zitierte Quelle, die das ausprobiert hat.... Man kann viel über Physik usw. diskutieren, aber "the proof of the pudding is the eating"
. Wenn das also bereits jemand getestet hat...? Und natürlich werden sich verschiedene Bauformen etwas unterschiedlich verhalten, aber vom reinen Polyester/Glas "Komposit" abgesehen sind in Allen sogen. Reiterbögen verschiedene Lagen verarbeitet, die sich unterschiedlich verhalten, was bei schlagartigen Belastungen die Kontaktstellen zu potentiellen Schwachstellen machen kann.
@Benzi, hast du da anderweitige Informationen zu Leinensehnen? Aber ich lasse mich gerne falsifizieren. Allerdings waren auch die Kriegspfeile der Osmanen nicht mit den "englischen Besenstielen" vergleichbar. Weder beim Gewicht noch dem Durchmesser noch der Länge. Btw, wie du ja weißt hat Karpowitz Geschwindigkeitstests mit seinen Bögen durchgeführt (s.u.), bis hinab zu einem Pfeilgewicht von <2 grain/#. Und dabei nichts von Delamination oder Schäden an Bögen berichtet.
@Anasazi, vielleicht hilft nicht weiter. Wie oben geschrieben, die Osmanen hatten "the eating" schon hinter sich. Und die Königsdisziplin der Osmanen war schon das Weitschießen (und auch die Kriegspfeile der Osmanen waren eher leicht und dünn ...) .
Zudem hat Karpowitz, der hier die umfassendste experimentelle Untersuchungen durchgeführt (Anhang 1, S. 183 ff) hat, durchaus Unterschiede im Design von Kriegsbögen und Weitschußbögen herausgearbeitet, allerdings liegen die Unterschiede eher in der Robustheit bzw. Leichtigkeit des Aufbaus. Vom unterschiedlichem Sehnenmaterial ist dort nie die Rede.
Zum Anderen, er hat dort auch die Effizienz der verschiedenen Kombinationen berechnet und kommt für die heftigste Kombination (125# Flightbogen und 203 grain Pfeil) auf einen Wirkungsgrad von 48%. Von daher nehme ich stark an das es nicht auf die absolute vom Bogen zu absorbierende Energie ankommt (also das Integral aus Belastung und Zeit) sondern auf die absolute Höhe des Energiestoßes. Aber hierzu hat er nichts geschrieben, von daher ist das MEINE Vermutung.
Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 30.07.2024, 08:51
von benzi
kra hat geschrieben: ↑29.07.2024, 16:08
@Benzi, hast du da anderweitige Informationen zu Leinensehnen?
Ich hatte lediglich nach DEINER Quelle fragen wollen?
Ich habe viele Bücher, aber im Regal, nicht im Kopf...
Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 02.08.2024, 17:24
von Alwin.K
benzi hat geschrieben: ↑29.07.2024, 11:46 @kra: Wieso denkst Du, dass Leinen Sehnen schneller sind als Seiden Sehnen?
Interessante Frage, die ich mir beim Lesen insgeheim auch gestellt habe
Re: Micarta- oder Hornverstärkung nachrüsten?
Verfasst: 02.08.2024, 18:14
von benzi
Ok, ich habe mal in mein Bücherregal geschaut...
Tim Baker schreibt in TBB 2 Seite 235, dass Leinen so leistungsfähig sei wie Dacron und Karpowicz schreibt auf Seite 147, dass Seide sich wie Dacron verhält, daraus schließe ich, dass Seide und Leinen identisch sind in ihrer Leistung...