Hallo, wie versprochen ein paar Literaturangaben und -belege zum Thema Flügelpfeilspitzen.
Zunächst die Pfeilspitzenklassifikation des Britischen Museums:
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Beginnen wir mit Robert Hardy: Longbow, 3rd Ed., ISBN 1 85260 412 3 (sicher ein Standardwerk):
Auf S. 55 wird diese Klassifikation dargestellt mit dem Begleittext: "Numbers 7, 8, 9, and 10 represent bodkins; number 16 appears to be the most common medieval type, comparatively light and effective at long distance"
"Nummer 7, 8, 9 und 10 repräsentieren Bodkins, Nummer 16 scheint der gebräuchlichste mittelalterliche Typ zu sein, vergleichsweise leicht und effektiv auf große Distanz."
Auf Seite 229 steht unter "Design and construction of arrowheads": "For hunting-arrows, a wide cutting blade is the most effective against animals and types 13, 14 and 15 are representative of those broad-heads to be found in museums. Ward-Perkins suggests that the more developed types 14 and 15 were designed exclusively for hunting and there seems little reason to doubt this."
"Für Jagdpfeile ist eine breitschneidende Spitze am effektivsten gegen Tiere und die Typen 13, 14 und 15 sind repräsentativ für diese Broadheads, wie man sie in Museen findet. Ward-Perkins geht davon aus, daß die mehr ausgeprägten Typen 14 und 15 ausschließlich für die Jagd entworfen wurden und es gibt kaum Gründe, daran zu zweifeln."
Ich denke, das belegt, daß Flügelspitzen bei den Engländern in erster Linie zur Jagd eingesetzt wurden.
Holger Riesch: Pfeil und Bogen zur Merowingerzeit, Wald-Michelbach 2002, ISBN 3-935616-09-0, S. 60:
"Allerdings existiert aus dem um 1388 n.Chr. verfassten Jagdbuch des französischen Adeligen Gaston de Foix ein Kapitel zum Gebrauch von Pfeil und Bogen, in dem zur Rotwildjagd Widerhakenspitzen mit einem Abstand von vier Fingern zwischen den Enden empfohlen werden. Solche Spitzen mit Schneidkanten von 4 - 6 cm Länge sind deshalb sehr effizient, weil sie breite Wunden erzeugen und die langen Dorne eines im Gewebe steckenden Projektils bei Bewegung Schmerzen bereiten, so dass eine weite Flucht nicht sofort tödlich getroffener Tiere verhindert werden kann. ...
Auf rekonstruierte Lederschilde hatten solch ausladende Pfeilspitzen im oben beschriebenen Versuch vergleichsweise geringe Effizienz - man konnte sie meist ohne viel Kraftaufwand wieder aus dem Schildholz herausziehen.
Somit sollten also 3 bis 4 cm breite Flachspitzen im Frühmittelalter ebenfalls primär Jagdwerkzeuge gewesen sein. Eine effiziente kriegerische Nutzung käme zwar beim Beschuss gegnerischer Pferde in Betracht, doch machte die Reiterei in westgermanischen Aufgeboten der Merowingerzeit, verglichen mit dem Fußvolk, einen in der Regel nur geringen Anteil aus.
Bemerkenswerterweise erscheinen in fränkischen Fundhorizonten breite Widerhaken in größerer Häufigkeit besonders während der 2. Hälfte des 7. Jh. Im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen Jahrhunderten war dieser Zeitabschnitt eine Periode relativen Friedens (...). Bestand vielleicht eine stärkere Neigung dazu, Bogenschützen im Beigabengebrauch auch als Jäger zu repräsentieren, während man zuvor mehr die kriegerische Komponente hervorhob?"
H. Riesch hat mit Ulrich Stehli zusammen Schmiedeversuche unternommen, dieser brauchte für die Rekonstruktion einer Kriegsspitze mit schmalem rautenförmigem Blatt ca 15 min, für eine geflügelte jedoch ca 40 min. Solch aufwendige Fertigung spricht eher für Jagd- als für Kriegsspitzen, die ja in hohen Stückzahlen hergestellt werden mußten.
Ich denke, das belegt 1. die Verwendung bärtiger Pfeilspitzen als Jagdspitzen auch im hochmittelalterlichen Frankreich und 2. im fränkischen Frühmittelalter.
Bernd Zimmermann: Mittelalterliche Geschossspitzen, Basel 2000, ISBN 3-908182-10-7, S. 64: "TYP T5-8: Geschoßspitzen, die ein "bärtiges", d.h. doppelt geflügeltes Blatt aufweisen, werden als Typ T 5-8 klassifiziert (...). Dieser Typ ist im Hoch- und Spätmittelalter eher selten. Bärtige Geschossspitzen besitzen ein flach geschmiedetes Blatt mit scharfen, unterschiedlich langen Widerhaken, die sehr korrosionsanfällig sind, weswegen die Flügel meist angebrochen sind. Die meisten Geschoßspitzen sieses Typs sind zierlich und leicht, doch kommen im archäologischen Fundmaterial zuweilen auch massivere Exemplare vor, wie zwei mit über 30 bzw. 40g belegen. Dieser Geschoßspitzen-Typ dürfte wohl vor allem auf der Jagd eingesetzt worden sein - es gibt ikonographische Belege, die diese Vermutung nahelegen." (Anm.: hier verweist der Autor wieder auf Abbildungen aus dem Jagdbuch von Gaston de Foix)
Ich denke, das belegt die Verwendung von geflügelten Pfeilspitzen als Jagdspitzen auch im Deutschen Raum im Hoch- und Spätmittelalter. Die Seltenheit der Funde kann daher resultieren, daß Zimmermann ausschließlich Burgfunde und daher in der Regel Kriegsspitzen verwertete. Jagspitzen werden in der Regel als Streufunde oder als Grabbeigaben gefunden.
@Harbardr: Okay, jetzt bist Du dran! Auf welchem Schlachtfeld wurden Typ 15 -Spitzen gefunden?
Gruß, horsebow