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Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 20.03.2009, 11:59
von ipsheimer
Hallo Gemeinde
giebt es eine grobe Regel beim Schießen auf ein Ziel wenn man von unten nach oben schießen muss, bzw von oben nach unten.
Ich hab die vermutung das man da etwas drüber oder darunter halten muss je nach Situation.
Wie sind Euere Erfahrungen.
Ich schieße mit einem Langbogen ohne Visierung instinktiv !!
Danke im voraus.
Gruß Micha

Re: Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 20.03.2009, 13:02
von Ravenheart
Faustregel: Schräg hoch oder runter: drunter halten!
Grund:

1) Fliegt der Pfeil genau horizontal, wird seine Flugbahn durch die Erdanziehung maximal NACH UNTEN abgelenkt. Das MASS der Ablenkung hat ein erfahrener Schütze "im Hinterkopf gespeichert" und bezieht es ein.
2) Fliegt der Pfeil genau senkrecht-abwärts, wird seine Flugbahn durch die Erdanziehung NICHT abgelenkt - er wird nur schneller.
3) Fliegt der Pfeil genau senkrecht-aufwärts, wird seine Flugbahn durch die Erdanziehung NICHT abgelenkt - er wird nur langsamer.
4) Schräge Schüsse von 45° haben also nur noch die 1/2 Ablenkung nach unten, verglichen mit einem horizontalen Schuss.

Bei 2) und 3) muss man also die "gespeicherte" Ablenkung ausgleichen. Also muss man IN BEIDEN Fällen drunter halten, sonst gerät der Schuss zu hoch!
*Bei mittleren Schüssen ist das Maß des Drunter-Haltens bei beiden Fällen gleich.
*Bei weiten Schüssen geht es auseinander: Während mit zunehmender Weite die Verlangsamung bei Aufwärts-Schüssen die fehlende Ablenkung ausgleicht, ist dies abwärts nicht so.
*Bei sehr kurzen Schüssen wiederum wirkt sich der o.a. Effekt gar nicht mehr aus, da würde man auch Horizontal direkt drauf halten.

WAS "kuz-mittel-weit" ist, hängt etwas von der Bogenstärke ab.. Für mich gilt etwa:
*bis 10m = sehr kurz
*10 - 20m = mittel
*über 20m = weit

Rabe

Re: Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 20.03.2009, 13:02
von shortRec
Lies mal die Seite von [url=http://www.traditionelles-bogenschießen.at]Vorderegger[/url]

Da sind verschiedene Techniken beschrieben.

Re: Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 20.03.2009, 14:01
von walta
viel üben.
ich hab am anfang jede menge über das richige zielen gelesen (auch den vorderegger) - zum schluss hab ich nicht mehr gewusst in welche hand der bogen gehört. hab dann angefangen so viel als möglich zu vergessen und begonnen intuitiv zu schiessen - wenn ich das gefühl hatte das es passt hab ich losgelassen (die sehne - nicht den bogen). leider braucht das gehirn einige erfolgreiche versuche um sich alles einzuprägen aber dann funktioniert das hand - hirn - auge system automatisch.

grüsse
walta
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zu viele bedenken (der letzte samurai)

Re: Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 20.03.2009, 15:39
von Granjow
ravenheart hat geschrieben: 4) Schräge Schüsse von 45° haben also nur noch die 1/2 Ablenkung nach unten, verglichen mit einem horizontalen Schuss.
Nö, 1/Wurzel 2 = 0.707, also 70 %

Re: Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 20.03.2009, 15:47
von Dachs
Berg rauf Berg runter halte immer drunter wird beim Instiktivschießen funktionieren.
Probleme mit der Regel können beim Schießen mit Zieleinrichtungen auf kurze Distanz auftreten, da hier Visierlinie und Pfeilflug nicht identisch sind. Es ergibt sich so bei Schüssen bergab und auf kurze Distanz mit Visiereinrichtungen ein Tiefschuss.
Besonders interessant wird dies bei der Jagd, wo das Ziel 3 dimensional ist und lebenswichtige Organe verletzt werden müssen.

Re: Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 20.03.2009, 22:58
von ullrson
Physik:
Der Pfeil wird durch die Erdanziehungskraft mit 9,81m/s² senkrecht nach unten geholt (beschleunigt).
Bei waagerechten Schüssen senkrecht zur Flugbahn ergibt sich (nur) subjektiv der größte Fehler.
Bei Bergaufschüssen wird er gebremst, da die Erdanziehungskraft z.T. nach hinten, bezogen auf die Flugbahn, wirkt,
bei Bergabschüssen wird der Pfeil beschleunigt.
Interessant ist aber nur die reine Flugzeit. Nach 0,5 Sekunden ist der Pfeil 1,225m tiefer (senkrecht gemessen) als bei unabgelenkter Flugbahn(nach einer Sekunde 4,905m).
Bei Bergaufschüssen braucht der Pfeil aber länger für die gleiche Strecke, da er gebremst wird, also ist die Abweichung auch höher (der Pfeil steckt weiter unten in der Scheibe).

Wenn du instinktiv schiesst, hilft nur Übung.
Ansonsten hilft Mathematik (Kopfrechnen oder Taschenrechner).

Wenn du die Flugzeit messen willst: Nimm einen MP3-Player mit Aufnahmefunktion, klemme den in deinen Armschutz und nimm den Schuß auf.
Wenn Du die entstandene Tondatei in einem Audioeditor (z.B. Audacity) ansiehst, kannst Du Schuß und Einschlag im Ziel (bis ca. 30m) gut erkennen. Von der Ziel-Zeit mußt Du noch den Fehler durch die Schallgeschwindigkeit (Entfernung mal Schallgeschwindigkeit) abziehen. Dann hast Du die Flugdauer und damit den Fehler, den die Erdanziehungskraft verursacht. Teilst Du die ermittelte Flugzeit und durch die Entfernung, dann hast Du die mittlere Pfeilgeschwindigkeit.

Re: Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 22.03.2009, 22:06
von Ravenheart
Granjow hat geschrieben: Nö, 1/Wurzel 2 = 0.707, also 70 %
Hä? Bei einer konstanten Kraft senkrecht und 45° Flugbahn lässt sich die Kraft in 2 Wirkungsrichtungen zerlegen: Rechtwinklig zur Flugbahn und parallel zur Flugbahn. Beide Kraftanteile sind gleich groß, oder hab ich nen Knoten im Hirn?
Der Kraftanteil parallel bremst, der Kraftanteil rechtwinklig flacht die Flugbahn ab.

Bild

Rabe

Re: Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 22.03.2009, 22:23
von Granjow
Okay Rabe, wir lagen beide daneben :) ullrson hat natürlich recht mit dem Abbremsen oder Beschleunigen.

Ich hab nicht viel nachgedacht und mir nur das 45°-Dreieck vorgestellt, die kurzen Seiten sind ja nur 1/(2^.5) so lang wie die lange Seite.

@ullrson Das mit dem mp3-Player ist eine echt coole Idee :) Wenn man Freude hätte, könnte man so auch die Geschwindigkeit messen und so :)

Simon

Re: Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 23.03.2009, 17:57
von Ravenheart
Nö, tut mir leid, richtig ist:

Bei 45°- Aufwärts-Schüssen wird die Flugbahn noch tlw. direkt durch die Gravitation beeinflusst, indem sie den Pfeil nach unten zieht (Bild: blau), tlw. wirkt sie aber auch dadurch, dass sie den Pfeil verlangsamt, was eine Reduzierung der Weite und damit ein früheres Absinken zur Folge hat (Bild: pink).

Noch mal:

*Beim waagerechten Schuss zieht die Gravitation voll nach unten.
*Zum Ausgleich schießt man parabolisch, hält also etwas drüber, so landet der Pfeil im Ziel.
*45° bergauf wirkt nur noch die halbe Gravitation nach unten, 50% verlangsamen den Flug und reduzieren damit die Weite.
*Bei kürzeren Schüssen aber wirkt sich die Verlangsamung nicht wesentlich aus! Da die Ablenkung nach unten aber geringer ist, geht der Schuss über das Ziel hinweg, wenn man genau so drüber hält, wie waagerecht.
*Erst ab einer gewissen Weite gleicht die Verlangsamung die "fehlende" Ablenkung aus, man kann wieder so drauf halten, wie gewohnt.

Bergab ist es anders. Hier addieren sich geringere Ablenkung und Beschleunigung des Pfeil bei jeder Weite zu einer flacheren Flugbahn.
Darum muss man bergab immer (im Vergleich zum waagerechten!) drunter halten.

Rabe

Re: Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 23.03.2009, 18:50
von walta
ipsheimer hat geschrieben: giebt es eine grobe Regel beim Schießen
gut das er nicht nach einer genauen regel gefragt hat
:-)

grüsse
walta
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dem beim lesen schwindlig wurde :-P

Re: Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 23.03.2009, 20:04
von Ravenheart
:D :D :D

... gut dass DIE Frage schon in der 1. Antwort geklärt wurde...  ;)

Rabe

Re: Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 23.03.2009, 21:38
von ullrson
Hallo Rabe,

Das solltest Du Dir nochmals überlegen.
Bei waagerechten Schuß (Winkel 0°) wirkt die Gravitation senkrecht zur Schußbahn.
Bei schrägen Schuß ist der Anteil der rechtwinklig zur Schußbahn wirkt =Cos(Winkel)  und der Anteil, der den Pfeil bremst oder beschleunigt =sin(winkel)
Bei 45° sind cos und sin = 0,7071 oder 1/Wurzel2.
Die Abweichung senkrecht gemessen zur Fugbahn (nicht senkrecht zur Erde) des Pfeils ist beim Schrägschuß kleiner als beim waagerechten Schuß.
Wenn Du die Bremswirkung oder Beschleunigung vernachlässigst, ist die Abweichung in der Senkrechten zur Erdoberfläche gemessen aber bei gleicher Schußentfernung (Flugzeit) gleich. Da Du aber schräg auf diese Senkrechte (zur Erde) blickst, wirkt der Abstand etwas kleiner.

Zur Bremswirkung und Beschleunigung: Meine Pfeile verlassen den Bogen mit 60m/s. Für ein 30m entferntes Ziel fliegen sie also 0,5Sekunden.
beim waagerechten Schuß kommen Sie 0,5s*0,5s*9,81m/s²*1/2=1,22625m tiefer an.
Beim Schrägschuß 45° nach oben wird die Rechnung unhandlich (und hier nur angenähert):
In einer halben Sekunde wird er 0,7071 mal 9,81m/s² * 0,5s also um  ungefähr 3,47m/s gebremst. Dadurch verlängert sich die Flugzeit für 30m um  0,015s. Die Abweichung (senkrecht zur Erde) ist dann 0,515²s²*9,81m/s²*0,5= 1,301m also 7,5cm tiefer.


Bei Schuß nach unten ist das ganze umgekehrt (der Sinus macht einen Vorzeichenwechsel).

Die Pfeile, deren Geschwindigkeit ich gemessen habe, sind auf 30m ungefähr 3-4m/s langsamer geworden. Also verursacht der Luftwiderstand einen Fehler in ähnlicher Größenordnung wie ein 45° Schrägschuß.

Da das Ganze hier vom Bogen, vom Pfeil und vom Schützen abhängt, ist die Berechnung hier rein akademisch und dient nur dazu, die Größe der Abweichung zu zeigen.

In der Praxis hilft nur Übung.

Re: Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 23.03.2009, 23:19
von captainplanet
ravenheart hat geschrieben: *45° bergauf wirkt nur noch die halbe Gravitation nach unten, 50% verlangsamen den Flug und reduzieren damit die Weite.
Du hast zwar den Gravitationsvektor in die zwei betragsgleichen Vektoren Ablenkung und Abbremsung zerlegt, aber daraus zu schließen diese Vektoren würden jeweils der Hälfte der Gravitation entsprechen finde ich irreführend, denn die Beträge dieser Teilvektoren machen jeweils mehr als die Hälfte (nämlich 2^-0,5 bei 45° wie Granjow schon gesagt hat) aus.

Re: Suche hilfe beim Zielen

Verfasst: 24.03.2009, 11:58
von Ravenheart
Nö, das stimmt schon! Das zeichnerische Zerlegen ist eine übliche Methode zur Abschätzung der Kraftverteilung. Die beiden Teilkräfte müssen dabei rechtwinklig zueinander stehen und je parallel zu den Wirkungs-Ebenen verlaufen! Bei 45° ergibt das nun mal gleiche Kraftanteile.

MEHR können die Teilvektoren nicht ausmachen. Der Energiehaltungs-Satz besagt, dass Kräfte weder verschwinden noch aus dem Nichts zunehmen können. Also kann die Summe beider Teile nur 1 Ganzes ergeben. Zurück in's 1. Semester!
8)

Rabe