Holz (und mehr) stabilisieren
Verfasst: 13.01.2015, 14:53
Hallo
Dieser Beitrag ist jetzt vielleicht nicht so wichtig für Bogenbauer, aber es gibt hier sicher noch mehr so verrückte wie mich die Dinge einfach selber machen und probieren wollen. Also stelle ich das hier mal rein, falls im falschen Faden bitte ich die Admins es zu verschieben.
Als Messermacher verwende ich gerne stabilisierte Hölzer als Griffmaterial. Bisher habe ich diese entweder:
• Fertig gekauft
• Stabilisieren lassen
Da ich mittlerweile einen Vorrat an Griffholz lagere (Birne, Apfel, Zwetschge, Wacholder ...) habe ich mich entschieden meine „Fertigungstiefe“ zu erhöhen und selbst zu stabilisieren.
Ich habe lange darüber nachgedacht und von den ersten Recherchen bis zum ersten Versuch gingen fast 10 Monate ins Land.
Das erste Problem ist das beschaffen des Harzes. Ich habe für Wolf Borger vor einigen Jahren mal recherchiert und damals waren diese Harze nur in Großgebinden zu beziehen. Ich habe einen Lieferanten gefunden der bereit war 25 l abzufüllen. Das ist immer noch ein Lebensbedarf wenn man bedenkt dass diese Harze altern und nach langer Benutzung durch Verunreinigungen ihre Wirkung verlieren (d.h. nicht mehr aushärten).
Mittlerweile habe ich im Drechselzubehör zwei Lieferanten entdeckt die Harze in Kleingebinden anbiete.
• Ein deutscher Lieferant der zeithärtende Harze anbietet.
• Ein US Lieferant der thermisch härtende Harze anbietet.
Beide bieten auch die Kammer an. Der hiesige Lieferant liefert Exsikkatoren während der US Lieferant seine eigenen Kammer baut.
Ich habe mich für die US Variante entschieden (Portokosten aus den USA kann ich ja vermeiden). Mit gefällt das thermisch härtende Harz besser, da kann ich meine Gerätschaften mit Seifenwasser reinigen während das zeithärtende Harz ein Lösungsmittel benötigt. Beide Harze haben eine Verfallszeit, die Preise sind vergleichbar.
Und zumindest war zum Zeitpunkt meiner Bestellung die US Vakuumkammer um Faktor 2,7 preiswerter als ein Exsikkator, ca. um Weihnachten rum wurden die Preise dort allerdings erhöht.
Hier liste ich mal die wesentlichen Gerätschaften und die Prozessschritte.
Vakuumkammer:
Das ist im wesentlichen ein dickwandiges klares PVC-Rohr mit O-Ringdichtung, Manometer , den entsprechenden Anschlüssen und ganz wichtig einem Leckventil. Die Grundplatte hab ich selbst angebracht. Durchmesser der Kammer 4“ Länge 14“. Vakuumpumpe:
Einkammer Vakuumpumpe, 84 l/min Förderleistung, Unterdruck 10Pa. Die Förderleistung ist nicht wichtig da kein großes Volumen zu evakuieren ist. Der erreichbare Unterdruck ist wichtiger. Kaum gebraucht zu bekommen also habe ich die preisewerteste Pumpe gekauft die ich finden konnte, es ist trotzdem die teuerste Komponente. Ofen:
Da ich thermisch härtendes Harz habe brauche ich einen Ofen. Also habe ich mir im Secondhandladen den billigste Ofen geholt der verfügbar war. Dieser Ofen ist sicher nicht ideal. Erstens ist die Aushärtetemperatur des Harzes idealerweise 95°C der unterste Regelbereich des Ofens fängt aber bei 100°C an. Zweitens ist die Regelgenauigkeit mehr als bescheiden. Aber Temperaturüberschreitung macht den Harz wohl nichts aus es führt nur zu einem stärkeren ausbluten des Harzes aus dem Holz. Trocknen:
Das Stabilisiergut muss so trocken als möglich sein, idealerweise 0% Restfeuchte. Ich habe meine Hölzer einige Zeit bei 90°C im Backofen “getrocknet“. Das war sicher mehr nur ein Alibischritt, ich kann es eh nicht messen und zudem wollte ich nicht über Stunden den Backofen laufen lassen.
Vakuum ziehen:
Holz in die Kammer, Aufschwimmsperre aufsetzen, Harz mit 2-3 cm Überstand einfüllen, Deckel drauf und die Pumpe bei geöffneten Leckventil einschalten. Es ist wichtig das Ventil langsam zu schließen um das aufschäumen zu kontrollieren. Sonst läuft man Gefahr Harz in die Pumpe zu ziehen. Ich habe keine Lust die Pumpe zum reinigen auseinander zu nehmen. Diese Phase kann je nach Dicke und Feuchtigkeit einige Stunden dauern – bei meinem zweiten Lauf habe ich 6 Stunden evakuiert.
Hier ein kurzes Video der Anfangsphase http://flecomedia.de/watch_video.php?v=6A6NYK6X9O9U
Einwirken/Ruhephase:
Wenn sich beim Evakuieren keine (nun keine ist relative, ich habe gewartet bis wenig Bläschenbildung vorhanden war) mehr zeigen kann das Vakuum gebrochen werden. Das Gut muss jetzt mehrere Stunden, d.h. mindestens so lange wie evakuiert wurde in Harz ruhen. Hier geschieht die eigentliche Harzaufnahme. Ich habe das über Nacht ruhen lassen. Ich kann mir vorstellen dass die Aufgabe von Druck das ganze verkürzt, ich muss mir mal einen alten Schnellkochtopf suchen und umbauen. Aushärten:
Nach dem Einwirken das Gut in Alufolie einwickeln und ab in den Ofen. Die Folie verhindert dass sich der Ofen einsaut und ausblutendes Harz am Holz bleibt.
Bei möglichst 95°C so lange im Ofen lassen damit die Stücke vollständig durchhärten. Das kann ich nicht messen also verlängere ich die Zeit, hier 3 Stunden. Länger schadet nicht, kürzer schon. Wenn das Gut kalt wird ohne im Kern durchgehärtet zu sein kann man es laut Harzlieferant wegwerfen, es härtet dann nicht mehr aus. Ob das ausbluten jetzt übermäßig stark war kann ich nicht sagen, da fehlt mir die Erfahrung. Ergebnis:
Die Stücke sind alle durchgehärtet, ob ganz im Kern werde ich sehen wenn ich diese zu Griffen verarbeite. Ich will diese jetzt nicht einfach so aufsägen. Ich habe bei zwei Proben mal die Gewichte ermittelt
Wacholder:
Gewicht vor dem trocknen: 238 g
Gewicht nach dem trocknen: 234 g
Gewicht stabilisiert: 324 g
Harzaufnahme: 90 g
Apfel, diese Stück war letztes Jahr in meinem Wichtelpaket (von Gervase)
Gewicht vor dem trocknen: 144 g
Gewicht nach dem trocknen: 142 g
Gewicht stabilisiert: 212 g
Harzaufnahme: 70 g Einige werden mich jetzt wohl fragen, lohnt sich das? Nun es ist ein Hobby da schau ich ja erst mal nicht so genau auf die Kosten. Ich vergleiche es trotzdem mal. Ich habe schon in den USA stabilisieren lassen da müsste ich selbst ca. 28 Stücke machen für den break-even. Wenn ich die Preise für Lohnstabilisieren in Deutschland vergleiche wird das sogar eher günstiger für mich, da liegt der break-even zwischen 12 und 28 Stück je nach Menge.
Viel Spaß beim lesen und schauen
Gruß
Roland
Dieser Beitrag ist jetzt vielleicht nicht so wichtig für Bogenbauer, aber es gibt hier sicher noch mehr so verrückte wie mich die Dinge einfach selber machen und probieren wollen. Also stelle ich das hier mal rein, falls im falschen Faden bitte ich die Admins es zu verschieben.
Als Messermacher verwende ich gerne stabilisierte Hölzer als Griffmaterial. Bisher habe ich diese entweder:
• Fertig gekauft
• Stabilisieren lassen
Da ich mittlerweile einen Vorrat an Griffholz lagere (Birne, Apfel, Zwetschge, Wacholder ...) habe ich mich entschieden meine „Fertigungstiefe“ zu erhöhen und selbst zu stabilisieren.
Ich habe lange darüber nachgedacht und von den ersten Recherchen bis zum ersten Versuch gingen fast 10 Monate ins Land.
Das erste Problem ist das beschaffen des Harzes. Ich habe für Wolf Borger vor einigen Jahren mal recherchiert und damals waren diese Harze nur in Großgebinden zu beziehen. Ich habe einen Lieferanten gefunden der bereit war 25 l abzufüllen. Das ist immer noch ein Lebensbedarf wenn man bedenkt dass diese Harze altern und nach langer Benutzung durch Verunreinigungen ihre Wirkung verlieren (d.h. nicht mehr aushärten).
Mittlerweile habe ich im Drechselzubehör zwei Lieferanten entdeckt die Harze in Kleingebinden anbiete.
• Ein deutscher Lieferant der zeithärtende Harze anbietet.
• Ein US Lieferant der thermisch härtende Harze anbietet.
Beide bieten auch die Kammer an. Der hiesige Lieferant liefert Exsikkatoren während der US Lieferant seine eigenen Kammer baut.
Ich habe mich für die US Variante entschieden (Portokosten aus den USA kann ich ja vermeiden). Mit gefällt das thermisch härtende Harz besser, da kann ich meine Gerätschaften mit Seifenwasser reinigen während das zeithärtende Harz ein Lösungsmittel benötigt. Beide Harze haben eine Verfallszeit, die Preise sind vergleichbar.
Und zumindest war zum Zeitpunkt meiner Bestellung die US Vakuumkammer um Faktor 2,7 preiswerter als ein Exsikkator, ca. um Weihnachten rum wurden die Preise dort allerdings erhöht.
Hier liste ich mal die wesentlichen Gerätschaften und die Prozessschritte.
Vakuumkammer:
Das ist im wesentlichen ein dickwandiges klares PVC-Rohr mit O-Ringdichtung, Manometer , den entsprechenden Anschlüssen und ganz wichtig einem Leckventil. Die Grundplatte hab ich selbst angebracht. Durchmesser der Kammer 4“ Länge 14“. Vakuumpumpe:
Einkammer Vakuumpumpe, 84 l/min Förderleistung, Unterdruck 10Pa. Die Förderleistung ist nicht wichtig da kein großes Volumen zu evakuieren ist. Der erreichbare Unterdruck ist wichtiger. Kaum gebraucht zu bekommen also habe ich die preisewerteste Pumpe gekauft die ich finden konnte, es ist trotzdem die teuerste Komponente. Ofen:
Da ich thermisch härtendes Harz habe brauche ich einen Ofen. Also habe ich mir im Secondhandladen den billigste Ofen geholt der verfügbar war. Dieser Ofen ist sicher nicht ideal. Erstens ist die Aushärtetemperatur des Harzes idealerweise 95°C der unterste Regelbereich des Ofens fängt aber bei 100°C an. Zweitens ist die Regelgenauigkeit mehr als bescheiden. Aber Temperaturüberschreitung macht den Harz wohl nichts aus es führt nur zu einem stärkeren ausbluten des Harzes aus dem Holz. Trocknen:
Das Stabilisiergut muss so trocken als möglich sein, idealerweise 0% Restfeuchte. Ich habe meine Hölzer einige Zeit bei 90°C im Backofen “getrocknet“. Das war sicher mehr nur ein Alibischritt, ich kann es eh nicht messen und zudem wollte ich nicht über Stunden den Backofen laufen lassen.
Vakuum ziehen:
Holz in die Kammer, Aufschwimmsperre aufsetzen, Harz mit 2-3 cm Überstand einfüllen, Deckel drauf und die Pumpe bei geöffneten Leckventil einschalten. Es ist wichtig das Ventil langsam zu schließen um das aufschäumen zu kontrollieren. Sonst läuft man Gefahr Harz in die Pumpe zu ziehen. Ich habe keine Lust die Pumpe zum reinigen auseinander zu nehmen. Diese Phase kann je nach Dicke und Feuchtigkeit einige Stunden dauern – bei meinem zweiten Lauf habe ich 6 Stunden evakuiert.
Hier ein kurzes Video der Anfangsphase http://flecomedia.de/watch_video.php?v=6A6NYK6X9O9U
Einwirken/Ruhephase:
Wenn sich beim Evakuieren keine (nun keine ist relative, ich habe gewartet bis wenig Bläschenbildung vorhanden war) mehr zeigen kann das Vakuum gebrochen werden. Das Gut muss jetzt mehrere Stunden, d.h. mindestens so lange wie evakuiert wurde in Harz ruhen. Hier geschieht die eigentliche Harzaufnahme. Ich habe das über Nacht ruhen lassen. Ich kann mir vorstellen dass die Aufgabe von Druck das ganze verkürzt, ich muss mir mal einen alten Schnellkochtopf suchen und umbauen. Aushärten:
Nach dem Einwirken das Gut in Alufolie einwickeln und ab in den Ofen. Die Folie verhindert dass sich der Ofen einsaut und ausblutendes Harz am Holz bleibt.
Bei möglichst 95°C so lange im Ofen lassen damit die Stücke vollständig durchhärten. Das kann ich nicht messen also verlängere ich die Zeit, hier 3 Stunden. Länger schadet nicht, kürzer schon. Wenn das Gut kalt wird ohne im Kern durchgehärtet zu sein kann man es laut Harzlieferant wegwerfen, es härtet dann nicht mehr aus. Ob das ausbluten jetzt übermäßig stark war kann ich nicht sagen, da fehlt mir die Erfahrung. Ergebnis:
Die Stücke sind alle durchgehärtet, ob ganz im Kern werde ich sehen wenn ich diese zu Griffen verarbeite. Ich will diese jetzt nicht einfach so aufsägen. Ich habe bei zwei Proben mal die Gewichte ermittelt
Wacholder:
Gewicht vor dem trocknen: 238 g
Gewicht nach dem trocknen: 234 g
Gewicht stabilisiert: 324 g
Harzaufnahme: 90 g
Apfel, diese Stück war letztes Jahr in meinem Wichtelpaket (von Gervase)
Gewicht vor dem trocknen: 144 g
Gewicht nach dem trocknen: 142 g
Gewicht stabilisiert: 212 g
Harzaufnahme: 70 g Einige werden mich jetzt wohl fragen, lohnt sich das? Nun es ist ein Hobby da schau ich ja erst mal nicht so genau auf die Kosten. Ich vergleiche es trotzdem mal. Ich habe schon in den USA stabilisieren lassen da müsste ich selbst ca. 28 Stücke machen für den break-even. Wenn ich die Preise für Lohnstabilisieren in Deutschland vergleiche wird das sogar eher günstiger für mich, da liegt der break-even zwischen 12 und 28 Stück je nach Menge.
Viel Spaß beim lesen und schauen
Gruß
Roland