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Algonquin Flachbogen

Verfasst: 27.07.2024, 14:41
von Strawanski
Hallo zusammen,

Mich würde interessieren, was ihr zu dem Bogen zu sagen habt. Mich faszinieren die nordamerikanischen Bögen mit biegendem Griff.
Aus ästhetischer Sicht finde ich den linken der beiden Bögen mega.
Nur: wie realistisch ist es, dass so ein Bogen tatsächlich eingesetzt wurde? Oder ist es nicht realistischer, dass es sich eher um einen zeremoniellen Bogen handelt. Immerhin ist es aus physikalischer Sicht kontraproduktiv die Spitzen nicht kleiner zu halten und den Bogenrücken nicht einzuschnitzen.

Oder denke ich da zu technisch und in der Praxis machte das für die Leute damals keinen Unterschied in Jagd und Krieg, ob da was eingekehrt ist und die Spitzen etwas schwerer?

Was meint ihr?

LG
Markus

Re: Algonquin Flachbogen

Verfasst: 27.07.2024, 16:35
von benzi
Die Schnitzereien sind außen und im Griff, dort wo sich nichts oder nur wenig biegt, sollte also gehen...
In spirituellen Kulturen fließen Zeremonien und Alltag ineinander... 😊
So kann gerade der verzierte Bogen das Jagd Glück bedeuten... 😊
Ab einem gewissen Zuggewicht und Pfeilgewicht spielen etwas schwere Bogen Enden keine so große Rolle mehr, treffen wir ja bei vielen Originalen auf der ganzen Welt an... 😊
Ich würde mich freuen den Bogen nachgebaut hier sehen zu können... 😊

Re: Algonquin Flachbogen

Verfasst: 27.07.2024, 17:21
von benzi
Aus welcher Publikation ist die Abbildung?

Re: Algonquin Flachbogen

Verfasst: 27.07.2024, 18:58
von Strawanski
Das ist eine gute Frage! Ich habe es von https://www.worldhistory.biz/modern-his ... -bows.html
Ein Artikel von Al Herrin.

Ich dachte, es wär aus "Native American Bows" von Hamilton, ist es aber nicht. Weiß jemand mehr?

Re: Algonquin Flachbogen

Verfasst: 27.07.2024, 19:01
von Strawanski
benzi hat geschrieben: 27.07.2024, 16:35 Die Schnitzereien sind außen und im Griff, dort wo sich nichts oder nur wenig biegt, sollte also gehen...
Es sind aber auch Kerben an den Enden der Wurfarme, diese sollten sich schon etwas biegen, oder? Und der Griff biegt sich bei dem Design ja auch leicht, aber ist vermutlich nicht der Punkt mit der stärksten Spannung.

Re: Algonquin Flachbogen

Verfasst: 27.07.2024, 19:39
von fatz
Da aussen biegt nix. Der WA wird vor den Tips breiter und bleibt gleich dick.
Wenn dann ist die Mitte kritisch, aber das laesst sich nur im Auszug bewerten

Re: Algonquin Flachbogen

Verfasst: 27.07.2024, 22:06
von Strawanski
Die Abbildung ist aus "Encyclopedia of Native American Bows, Arrows & Quivers: Northeast, southeast, and midwest"

Re: Algonquin Flachbogen

Verfasst: 28.07.2024, 13:01
von benzi
Eindeutig eine Lücke in meinem Bücher Regal... 😊

Re: Algonquin Flachbogen

Verfasst: 28.07.2024, 21:48
von Chirurg
Das ist kein Flachbogen, sondern ein Stabbogen, habe einen solchen aus Osage gebaut, gleichmäßige Breite von 2cm von Nock zu Nock, allerdings mit Pin-Nocken und auf einer Seite mit Pferdehaar (Plainsbogen). 140cm lang, 40 Pfund auf 25 Zoll, schießt hervorragend, schnell und präzise, überhaupt kein störender Handschock. Komischerweise Null Set und das nach 5 Jahren! Die verzierte Nocke ist sicherlich größer gezeichnet, als diese in Wirklichkeit ist, die Schnitzereien am Bogenrücken würde ich im biegenden Bereich nicht machen, sondern dort aufmalen. Die Nocke zarter bauen als gezeichnet und unbedingt mit Schnitzereien verzieren. Also, unbedingt den Bogen nachbauen!! Das beste Holz für den Bogen ist sicherlich Osage orange. LG Stephan

Re: Algonquin Flachbogen

Verfasst: 29.07.2024, 16:34
von kra
Der linke Bogen auf dem Bild ist in der ganzen Länge im Profil und seitlich auf dem Bild gezeichnet. Demnach verjüngt er sich in der Breite nicht zu den Enden hin.
Die Schnitzereien sind, wie Fatz richtigerweise schreibt, in nicht-biegenden Teilen und somit eher unkritisch. Und die Schildkröte in der Mitte ist, der Zeichnung nach, nur sehr flach angelegt.

Beim rechten Bogen sind keine Schnitzereien vermerkt und das Muster auf dem Rücken danach eher Bemalung.

Ich bin immer etwas zweifelnd wenn unsere heutigen Ansprüche an "Performance" eines (Sport-)Bogens direkt auf die Anforderungen eines damaligen "Arbeits"gerätes übertragen werden. Heute ist der Anspruch höchste Performance was @Chirurg ja schön gezeigt hat. Damals war die primäre Anforderung ein dauerhafter, robuster und mit vernünftigem Aufwand zu bauender Bogen, schließlich hing das Leben (als Nahrungslieferant oder im Kampf) davon ab. Für Spielereien war da weniger Platz als heute.

Re: Algonquin Flachbogen

Verfasst: 29.07.2024, 22:41
von Chirurg
Wenn die Jahresringe 4-5mm dick sind, dann würde ich mir bei Osage auch getrauen 1mm tiefe Schnitzereien (besser gesagt Abschabungen) anzubringen, bei 2mm dicken Jahresringen würde ich eher malen, der Griff biegt bei dieser Bogenlänge mit, die Algonquin hatten keine starken Bögen, dafür vergiftete Pfeile.

Re: Algonquin Flachbogen

Verfasst: 30.07.2024, 09:14
von benzi
kra hat geschrieben: 29.07.2024, 16:34 Ich bin immer etwas zweifelnd wenn unsere heutigen Ansprüche an "Performance" eines (Sport-)Bogens direkt auf die Anforderungen eines damaligen "Arbeits"gerätes übertragen werden. Heute ist der Anspruch höchste Performance was @Chirurg ja schön gezeigt hat. Damals war die primäre Anforderung ein dauerhafter, robuster und mit vernünftigem Aufwand zu bauender Bogen, schließlich hing das Leben (als Nahrungslieferant oder im Kampf) davon ab. Für Spielereien war da weniger Platz als heute.
Dem stimme ich voll zu und so baue ich meine Bogen auch heute... 😊
Allerdings definieren wir heute Spielereien oftmals anders als in alten Kulturen, Stichwort Spiritualität... 😊

Re: Algonquin Flachbogen

Verfasst: 30.07.2024, 10:38
von Anasazi
Nur der linke Bogen wird den Algonquin (Northeast) zugeordnet. Hickory, ca. 1700, die Tips sind geschnitzt und das, was hier allgemein als Carving bezeichnet wird, sind wahrscheinlich burned designs ( "Brandmalerei").
Einige Designs tauchen bei verschiedenen Bögen auf, evt. sowas wie eine "Marke". Die Bögen sind alle aus Hickory und aus dem NordOsten bzw. den Stämmen dort.


Der rechte Bogen wird den Choctaw (South-East) zugeschrieben. Osage, mit schwarzen Malereien.

Re: Algonquin Flachbogen

Verfasst: 30.07.2024, 12:39
von Strawanski
So, Dritter Versuch meine Antwort zu senden... Wurden irgendwie nicht abgesendet...

Ich hatte den selben Gedanken mit Brandmalerei, das wäre eine Alternative, die die Fasern nicht beschädigt, solange die Temperatur niedrig ist.

Ich wollte den Bogen aus Robinie nachbauen, spricht da was dagegen?

Re: Algonquin Flachbogen

Verfasst: 30.07.2024, 13:02
von Anasazi
Im Buch von Allely und Hamm sind beide Bögen verewigt - allerdings nicht auf einer Seite, da sie aus unterschiedlichen Gegenden stammen.
Im Text zum linken Bogen wird auf einen anderen Bogen hingewiesen und bei diesem Bogen steht explizit: "burned designs on belly"

Die Bögen aus der NordOstRegion sind überwiegend aus Hickory gefolgt von Ulme und es werden noch allgemein White Wood, Maulbeere, Esche, Coniferen genannt.

Bei den Bögen aus dem SüdOsten kommen dann auch Bögen aus Black Locust vor neben Osage, Hickory, etc.
Die Bögen aus BL haben ein teilweise ähnliches Designs, werden den Cherokee zugeordnet (Ist Al Herrin nicht auch Cherokee?) und sind ohne Schnitzereien. Bei den BL Bögen wurde teilweise nur Kernholz verwendet.