Hallo alle
Dass die Nocken-Geschichte jetzt nicht direkt in eine Nominierung fürs Bundesverdienstkreuz münden würde, das hatte ich mir fast gedacht
Entstanden ist die Idee aus dem Umstand, dass ich zwar kein konsequenter Veganer bin - mir aber die Viecher furchtbar leid tun und ich deswegen eine ausgeprägte Abneigung gegen Schlachthöfe habe. Nocken aus Horn erinnern mich jedes Mal, wenn ich sie sehe, an die genannte Herkunft. Ist für mich kein erstrebenswertes Gefühl, wenn ich meinen Bogen aufspanne. Also habe ich mich mit Alternativen befasst.
Overlays sind nett. Passen aber nicht zu Eibenlangbögen mit viel Zuggewicht. Nocken aus Holz dürften machbar sein, ich traue aber nicht der Belastbarkeit bei 100 lbs und mehr.
Was mich dagegen schon lange interessiert hat, ist Micarta: Belastbarkeit, Haltbarkeit, beides top. Dazu kommt, dass dieses Material ein wirklich großes kreatives Potenzial mitbringt.
Jetzt sind ELB-taugliche Nocken aus Micarta eine spezielle Geschichte. Normalerweise wird das Material mit viel Druck in Form eines Blockes gebracht und dann geschliffen/gefräst. Ich wollte die Herstellung dagegen möglichst direkt am Bogen hinkriegen, wegen der Verbindung mit dem Holz. Also habe ich einen kleinen Ast mit entsprechender Biegung und länge genommen, Rinde runter, dickes Ende rundgefeilt und dann ein Loch in den Bogen gebohrt, in der Flucht mit dem Rücken. Ast mit Epoxy rein und dann die Stoffstreifen in Epoxy und Holzkohle getränkt und vom Tip-Ende hin zum Ende des Astes gewickelt. Möglichst stramm.
Für den ersten Versuch, finde ich, hat das ganz gut geklappt. Die Fotos sind in der grellen Sonne wirklich nicht freundlich geworden. Im Alltag sehen die Nocken fast vollständig glatt aus und praktisch tief schwarz. Ähnlich wie Klavierlack. Die Maßerung vom Stoff kommt überhaupt nur bei extremer Beleuchtung heraus. Ein bisschen Nachbearbeitung ist aber auf jeden Fall noch nötig, weil der verwendete Lack auch nach über 24 Stunden in der Sehnenkerbe noch nicht komplett getrocknet war und jetzt aufgeraut ist. Das kommt noch noch weg.
Für meine Bedürfnisse ist das Material top, und ich freu mich drauf, rauszufinden, was damit so alles geht.
Der Bogen selber ist nicht perfekt geschliffen, das stimmt. Kann sein, das lag an dem Glas-Epoxy-Pflaster, so unbewusst. Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass ich kein perfektes Finish hinkriegen würde - also habe ich wohl geschludert. Es ist auch so, dass der Bogen von Anfang an einen ziemlich starken Deflex hatte, an mehreren Stellen (vermutlich sinnlos) gedübelt ist und auch noch der Rücken ziemlich stark verdreht ist. Irgendwie hat das dem guten Stück wohl zwischenzeitlich einen Stiefkind-Status bei mir eingebracht. Unverdienter Weise, ganz klar. Mittlerweile liebe ich das gute Stück, auch wenn es Mängel hat.
Beim nächsten wird alles besser
Ich habe noch sieben Eiben-Staves unterschiedlicher Qualität aus der gleichen Quelle. Den nächsten habe ich schon angefangen. Soll bei 100 - 120 lbs landen. Der kriegt dann perfektes Finish mit Leinöl-Firnis. Und wieder Micarta-Nocken. Ich bin sicher, dass ich mittelfristig welche hinkriegen werde, die zumindest in handwerklicher Hinsicht nix mehr zu bemängeln lassen. Hoffentlich
Neumi hat geschrieben: ↑08.03.2023, 11:06
Sieht gut aus. Das Gewicht würde mich noch sehr interessieren.
Laut meiner Küchenwaage kommt der Bogen auf 860 Gramm.
Zuggewicht bei 20" ist fast genau 50 lbs, Zuggewicht bei 32 " ist aktuell 100,2 lbs.
Viele Grüße!